Nerve Flossing Übungen: Mobilität und Schmerzlinderung durch neuronales Gleiten

Im Bereich der Therapie etablieren sich stetig neue Behandlungsmethoden, darunter das sogenannte Flossing, ein momentan führender Trend. Doch auch Nerve Flossing Übungen, auch bekannt als neuronales Gleiten, erfreuen sich immer größerer Beliebtheit. Dieser Artikel beleuchtet beide Methoden und ihre Anwendung zur Verbesserung der Mobilität und zur Schmerzlinderung.

Was ist Flossing?

Beim Flossing wird ein elastisches Latexband mit Zug um eine Extremität gewickelt. Das Ziel ist, das Gewebe für etwa 2 Minuten durch das Band zu komprimieren und die Strukturen mit passiver, assistiver oder aktiver Bewegung anzusteuern. Das Latex-Band ist in der Regel 2 m lang und 5 cm breit. Je nach Anwendungsgebiet gibt es auch schmalere Bänder für Anwendungen an Fingern oder längere Bänder für großflächige Partien wie den Oberschenkel. Der Zug, mit dem das Band auf der Haut fixiert wird, ist entscheidend und variiert je nach Behandlungsfortschritt und Patientenempfinden.

Wie wirkt Flossing?

Ziel einer Flossingbehandlung ist primär die Bewegungserweiterung und Schmerzlinderung. Dies soll erreicht werden, indem die Mobilität der Gelenke, Muskeln, Haut, Faszien und des Gewebes trainiert wird. Durch den Druck des Bandes wird eine Ödemminderung erreicht, und im Anschluss kommt es zu einer Mehrdurchblutung, die den Austausch der Gewebsflüssigkeit positiv beeinflusst. Bei einem Ödem kann nährstoffreiche Flüssigkeit die belasteten Strukturen aufgrund des verminderten Gewebswasseraustauschs oft nicht erreichen, wodurch keine optimale Gewebsversorgung gewährleistet ist.

Die Wirkungsweise von Flossing lässt sich durch verschiedene Theorien erklären:

  1. Schwammeffekt: Durch die Umwicklung mit Zug (50-90%) wird das Gewebe wie ein Schwamm ausgedrückt. Nach dem Lösen des Bandes durchspült die einfließende Flüssigkeit das Gewebe.
  2. Gate-Control-Theorie: Die Schmerzlinderung könnte durch die Überlagerung der Schmerzsignale durch Druckempfindungen erklärt werden. Die Signale der Schmerzrezeptoren (Nozizeptoren) und der drucksensitiven Mechanorezeptoren werden über den gleichen Nerv geleitet. Dieser Nerv kann aber nicht zwischen den beiden Empfindungen unterscheiden, weshalb nach der Gate-Control-Theorie nur der stärkere Druckreiz weitergeleitet bzw. im Gehirn verarbeitet wird.
  3. Kinetic Resolve: Es wird vermutet, dass die mechanische Wirkung der Bandanlage inter- und intrafasziale Crosslinks löst, indem Gewebsschichten gegeneinander mobilisiert werden. Faszien sind form- und haltgebendes Bindegewebe, das sich durch Stress, Unfälle oder Fehlstellungen verändern kann. Flossing kann dazu beitragen, die normale Funktion der Faszie wiederherzustellen.

Anwendung von Flossing

Flossing besitzt vielfältige Einsatzmöglichkeiten, wobei bei akuten Verletzungen Vorsicht geboten ist. Alle Anwendungen mit dem Flossband haben eines gemeinsam: die Behandlung wird oft als unangenehm empfunden. Dies liegt am Druck und Zug des Latexbandes auf der Haut, wodurch die Gewebsschichten aneinandergepresst und verschoben werden, alte Gewebsflüssigkeit ausgepresst sowie der venöse Rückfluss unterbrochen und die arterielle Versorgung gehemmt wird.

Lesen Sie auch: Radialnerv: Anatomie, Funktion & Therapie

Einige Anwendungsbeispiele:

  • Oberarm: Wickeln Sie das Band um den Oberarm oberhalb des Ellenbogens und machen Sie kleine Kreisbewegungen der Schulter nach vorne und hinten.
  • Unterarm: Wickeln Sie das Band um den Unterarm unterhalb des Ellenbogens.
  • Oberschenkel: Wickeln Sie das Band um den Oberschenkel oberhalb des Knies.
  • Unterschenkel: Wickeln Sie das Band um den Unterschenkel unterhalb des Knöchels.

Wichtig ist, dass das Band nicht zu fest oder zu locker gewickelt wird. Die Dauer einer Flossingbehandlung sollte in der Regel zwei Minuten pro Körperteil nicht überschreiten.

Pflege der Flossingbänder

Flossbänder sind recht unempfindlich, jedoch sollten die Pflegehinweise der Hersteller beachtet werden. Generell ist eine Reinigung mit Wasser und ggf. herkömmlichen Desinfektionsmittel angeraten. Vor dem Aufrollen muss das Band vollständig getrocknet sein.

Was ist Nerve Flossing (neuronales Gleiten)?

Nerven-Flossing, auch Nerven-Gleiten oder neuronales Gleiten genannt, wird als das nächste Level des Dehnens betrachtet. Es zielt darauf ab, die Nerven von Kopf bis Fuß durchzubewegen. Neben der Beweglichkeit verbessert es auch die Kraft, da Muskeln nur gut arbeiten können, wenn die Nerven ihnen den richtigen Impuls dazu geben. Die mobilisierenden Bewegungen sorgen dafür, dass die Nerven besser durch das umgebende Gewebe gleiten können.

Verspannungen hängen oft damit zusammen, dass eine Nervenbahn sich nicht frei bewegen kann oder nicht gut durch das umliegende Gewebe gleitet. Dies trifft besonders auf die unteren Extremitäten (Hüften, Beine und Füße) zu. Im Yoga begegnet uns der Ischiasnerv besonders in Vorwärtsbeugen, da er hier gedehnt wird.

Lesen Sie auch: Was Sie über "Nerve" wissen sollten

Übungen zum Nerve Flossing

Hier werden einige Übungen vorgestellt, die zur Mobilisation des Nervus ischiadicus dienen und die auch im Alltag leicht integriert werden können.

Wichtiger Hinweis: Bei Nervenmobilisationen sollte man sehr achtsam üben. Ein leichtes Kribbeln oder Ziepen ist in einem schmerzfreien Ausmaß unproblematisch. Wenn die Übung jedoch sehr unangenehm wird oder ein Taubheitsgefühl auftritt, sollte man die Bewegung abbrechen. Bei einer bestehenden Ischialgie sollte man vorab einen Arzt oder Physiotherapeuten konsultieren.

Übung 1A (im Sitzen):

  1. Sitzen Sie aufrecht auf einem Hocker und lassen Sie die Arme neben sich hängen.
  2. Strecken Sie Ihr rechtes Bein nach vorne aus und ziehen Sie die Zehen sanft nach oben. Halten Sie den Rücken aufrecht und heben Sie den Kopf etwas.
  3. Stellen Sie den Fuß wieder auf und lassen Sie gleichzeitig Ihren Kopf nach vorne sinken.
  4. Wiederholen Sie diese Bewegung mindestens 10 Mal im Wechsel.
  5. Machen Sie dann das Gleiche mit dem linken Bein.

Übung 1B (im Sitzen mit rundem Rücken):

  1. Wiederholen Sie Übung 1A mit gerundetem Rücken.
  2. Strecken Sie ein Bein nach vorne aus, heben Sie den Kopf und ziehen Sie die Zehen sanft nach oben.
  3. Senken Sie den Kopf sanft nach unten, während Sie den Fuß wieder aufstellen.
  4. Wiederholen Sie diese Bewegung mindestens 10 Mal im Wechsel, bevor Sie zur anderen Seite wechseln.

Übung 2 (in Rückenlage):

  1. Legen Sie sich auf den Rücken und strecken Sie die Beine so gut es geht Richtung Decke.
  2. Beugen Sie dann beide Beine und heben Sie gleichzeitig den Kopf vom Boden an. Sie können mit den Händen die Beinrückseiten greifen oder sie hinter dem Kopf verschränken.
  3. Lassen Sie die Hände in ihrer Position und wiederholen Sie diese beiden Bewegungen 10 Mal geschmeidig im Wechsel: Beine strecken und Kopf absenken, Knie anziehen und Kopf heben.

Nerven-Flossing für Hals und Nacken

Die regelmäßige Mobilisation der Nerven kann einen Teufelskreis aus Verspannungen im Halsdreieck durchbrechen und zu einem nachhaltig entspannten Nacken führen.

Übung 1:

  1. Setzen Sie sich auf den Boden, stellen Sie die Füße auf und umfassen Sie Ihre Knie.
  2. Machen Sie Ihren Rücken lang und dann bewegen Sie den Kopf vor und zurück: Kinn Richtung Brust und dann Richtung Decke.

Übung 2:

  1. Setzen Sie sich ans Ende Ihrer Matte und stellen Sie die Füße so auf, dass sie nicht auf der Matte stehen.
  2. Setzen Sie die Hände hinter sich auf und lehnen Sie sich leicht zurück.
  3. Schieben Sie den einen Fuß nach vorn, bis das Bein gestreckt ist. Anschließend lösen Sie den “Griff”, beugen das Knie und ziehen Ihre Zehen nach oben, während Sie die Ferse wieder Richtung Sitzfläche gleiten lassen.
  4. Wiederholen Sie diese Bewegungen achtsam und langsam 10 Mal.

Übung 3:

  1. Die Beinbewegung ist hier genau dieselbe wie in der zweiten Variante, nur führen Sie zugleich den Kopf nach vorn und zurück: Während Sie den Fuß nach vorne schieben, senken Sie den Kopf und bewegen das Kinn Richtung Brust.
  2. Dann ziehen Sie den Fuß wieder wie beschrieben heran und führen den Kopf dabei sanft nach hinten: Das Kinn hebt sich, der Hinterkopf sinkt Richtung Nacken.
  3. Wiederholen Sie auch diese Bewegungen 10 Mal, bevor Sie zur anderen Seite wechseln.

Weitere Anwendungsbereiche

Flossing kann im präventiven und rehabilitativen Bereich eingesetzt werden, beispielsweise bei Verstauchungen, Problemen mit den Sprunggelenken oder Knieschmerzen. Es wird auch bei der Behandlung von Störungen des zentralen Nervensystems angewandt. Zudem kann es zur Verbesserung der Heilungskräfte eingesetzt werden.

Nerve Flossing kann sich positiv auf Verspannungen, Beweglichkeit und Schmerzen auswirken. Unser Nervensystem spiegelt sich in unserer Haltung wider. Eine angespannte Körperhaltung aufgrund nicht mobiler Nerven kann auf Dauer auch zu einer Anpassung unserer Emotionen führen, da das Nervensystem immer in beide Richtungen funktioniert.

Lesen Sie auch: Harmonie in der Beziehung wiederherstellen

tags: #Nerve #flossing #Übungen