Es gibt Menschen, die uns scheinbar mühelos zur Weißglut treiben können. Oftmals können wir nicht einmal genau benennen, was uns an ihnen so stört. Es ist fast so, als ob ihre bloße Anwesenheit oder eine bestimmte Eigenart ausreicht, um uns innerlich aufzubringen. Doch warum ist das so? Warum regen uns manche Personen so viel schneller und intensiver auf als andere? Psychologen sind sich einig: Die Antwort liegt tiefer, oft in uns selbst.
Die Projektion eigener Gefühle
Die Psychologie deutet darauf hin, dass unsere Reaktionen auf andere oft mehr über uns aussagen als über die betreffenden Personen. In vielen Fällen projizieren wir unbewusst unsere eigenen Gefühle, Eigenschaften und inneren Konflikte auf andere. Anstatt uns mit diesen auseinanderzusetzen, spiegeln wir unsere Traumata und laden sie auf die Person ab, die uns vermeintlich so aufregt.
Die Therapeutin Jodie Cariss erklärt dieses Phänomen so: "Wenn wir eine sehr starke Reaktion auf eine Person haben, kann das oft eine Projektion sein." Das bedeutet, dass unsere Gefühle in solchen Situationen unverhältnismäßig stark sein können, selbst wenn wir das Gefühl haben, dass unsere Reaktion zumindest teilweise gerechtfertigt ist. Wir projizieren Schattenelemente unserer selbst auf die Situation, unbewusste Aspekte unserer Persönlichkeit, ungelöste Konflikte, innere Verletzungen oder Eigenschaften, die wir lieber verdrängen möchten.
Diese Verhaltensweise ist in der Regel kein böser Wille, sondern ein Schutzmechanismus. Wir möchten uns unbewusst vor der Auseinandersetzung mit unliebsamen Persönlichkeitsanteilen bewahren, da dies unangenehm oder schmerzhaft sein könnte. Langfristig bringt uns das Verdrängen jedoch nicht weiter.
Selbstreflexion als Schlüssel
Wenn Sie also das nächste Mal irrational von einer Kollegin oder einem Bekannten genervt sind, sollten Sie in sich hineinhorchen. Es ist wahrscheinlich, dass das Klischee zutrifft: Es liegt nicht an dir, es liegt an mir.
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Das Phänomen der "sozialen Allergie"
Der Psychologe Michael Cunningham hat den Begriff der "sozialen Allergene" geprägt, um Verhaltensweisen anderer Menschen zu beschreiben, die uns anfänglich nur leicht stören, mit der Zeit aber heftige Reaktionen auslösen können. Je öfter wir mit einem bestimmten Verhalten konfrontiert werden, desto sensibler werden wir, bis es auf Dauer zu heftigen Reaktionen kommt.
Cunninghams Studien zeigen, dass jeder Mensch zu sozialen Allergien neigt. In seinen Untersuchungen konnte jeder Teilnehmer auf Anhieb jemanden benennen, dessen Verhalten ihn nervt. Freunde, Lebensgefährten, Kollegen, Vorgesetzte, Lehrer und Familienmitglieder können gleichermaßen Auslöser sein.
Wenn die Nervensäge zum Problem wird
Nervensägen haben oft selbst ein Problem mit ihrem Verhalten, selbst wenn sie sich nicht daran stören, dass andere von ihnen genervt sind. Irgendwann sind alle so verärgert, dass die Nervensäge ihre Vorschläge oder Ziele nicht mehr umsetzen kann. Der Tipp lautet daher: ein klein wenig mehr Rücksichtnahme und Kompromissbereitschaft. Das gilt für alle Beziehungen, ob zwischen Staaten oder Kollegen.
Wann nerve ich im digitalen Zeitalter? Dating-Knigge für das 21. Jahrhundert
In der Kennenlernphase, besonders im digitalen Zeitalter, stellt sich oft die Frage: Wann soll ich ihm/ihr schreiben, und wann besser nicht? Die Unsicherheit und der Zweifel sind allgegenwärtig.
Wann sich das Schreiben lohnt
- Auf der Suche nach Klarheit: Wenn Unsicherheiten und offene Fragen bestehen, kann eine Nachricht helfen, Klarheit zu schaffen.
- Das erste Mal anschreiben nach dem Kennenlernen: Auch Frauen können den ersten Schritt machen und authentisch bleiben.
- Nach Ghosting: Wenn der Kontakt ins Stocken geraten ist, kann man sich noch einmal erkundigen oder ein Treffen vorschlagen. Bei gezieltem Ignorieren sollte man sich den zweiten Anlauf sparen.
- Positive Signale: Wenn positive Signale gesendet wurden, sollte man nicht zögern, seine Gedanken mitzuteilen.
- Gedanken teilen: Wenn man etwas erlebt hat, das einen an den anderen erinnert hat, kann man es ihm/ihr erzählen.
- Zweifel respektvoll formulieren: Zweifel sollten klar und respektvoll formuliert werden, beginnend mit den eigenen Gefühlen und ohne Vorwürfe.
Wann man besser nicht schreiben sollte
- Unsicherheit über die eigenen Gefühle: Bevor man schreibt, sollte man sich Zeit nehmen, um seine Emotionen zu sortieren.
- Impulsive Emotionen: In angestauten Gefühlen sollte man das Handy beiseitelegen und überlegen, ob man die Nachricht wirklich senden möchte. Negative Emotionen sollten besser persönlich oder telefonisch besprochen werden.
- Wenn er/sie in einer Beziehung ist: Die aktuelle Situation des anderen sollte respektiert werden.
- (Frisch) getrennt dem Ex schreiben: Nach einer Trennung sind die Emotionen oft noch frisch und verletzlich. Abstand kann helfen, die Dinge zu verarbeiten.
- Entscheidung des Gegenübers respektieren: Wenn der andere sich nicht auf eine Beziehung einlassen möchte, sollte man dies respektieren.
Destruktive Kritik in Beziehungen
Kritik ist ein Beziehungskiller Nummer eins. Sie wertet das Verhalten des anderen ab und fordert ihn dazu auf, sich den eigenen Vorstellungen oder Prinzipien zu unterwerfen. Kritik löst Trotzreaktionen und Wut aus, was konstruktive Gespräche erschwert.
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Der Unterschied zwischen Kritik und Feedback
Anstatt zu kritisieren, sollte man konstruktives Feedback geben. Während Kritik sich darauf konzentriert, was falsch läuft, konzentriert sich Feedback darauf, wie man zusammen erarbeiten kann, was besser funktionieren könnte. Kritik nimmt die Person des anderen ins Visier, Feedback konzentriert sich auf ein konkretes Verhalten. Kritik wertet ab, Feedback ermutigt. Kritik beschuldigt und erpresst, Feedback strebt auf eine Lösung hin und verharrt nicht in Schuldzuweisungen. Kritik kontrolliert, Feedback respektiert die Autonomie und Eigenständigkeit des anderen.
Konstruktive Kritik mit gewaltfreier Kommunikation
Um das Zusammenleben und die Beziehung zu verbessern, ist es wichtig, vorwurfsfrei zu kommunizieren. Der Kritisierende sollte den Dialog positiv beginnen, Begriffe wie "immer" oder "nie" vermeiden und Lösungsvorschläge anbieten. Die eigenen Gefühle sollten offengelegt und die Meinung des Partners berücksichtigt werden. Der Kritisierte sollte aktiv zuhören und nachfragen. Ziel der konstruktiven Kritik sollte ein Konsens sein, mit dem beide Partner leben können.
Sich fremd fühlen: Wenn man sich nicht zugehörig fühlt
Viele Menschen kennen das Gefühl, sich inmitten anderer Menschen fremd zu fühlen. Manchmal liegt es daran, dass man die Menschen nicht kennt, manchmal aber auch daran, dass man sich unter bekannten Menschen fremd fühlt. Dieses Gefühl kann dazu führen, dass man sich selbst in Frage stellt und versucht, sich anzupassen, was jedoch oft zu noch größerer Entfremdung führt.
Ursachen und Lösungen
- Hochsensibilität: Hochsensible Menschen haben oft ein feineres Gespür für Energien, Reize und Wahrnehmungen und sehnen sich nach einem tieferen Austausch.
- Mangelndes Selbstwertgefühl: Eine fehlende und lieblose Beziehung zu sich selbst kann dazu führen, dass man sich fremd und allein unter seinen Mitmenschen fühlt.
- Unpassendes Umfeld: Manchmal befindet man sich in einem Umfeld, das nicht der eigenen Denk- und Lebensweise entspricht.
Der Schlüssel zu mehr Verbundenheit und Selbstsicherheit liegt darin, eine liebevolle Beziehung zu sich selbst zu entwickeln. Man sollte lernen, sich zu mögen und sich in allem, was man ist, liebevoll anzunehmen. Dann wird man eine Sicherheit in sich finden, die einen von innen trägt und schützt.
Nervige Verhaltensweisen, die wir selbst oft nicht bemerken
Es gibt Verhaltensweisen, die andere Menschen nerven, die wir selbst aber oft nicht bemerken. Dazu gehören:
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- Gespräche in öffentlichen Verkehrsmitteln führen.
- Den Hund nicht anleinen.
- Das letzte Stück Pizza immer wieder anbieten.
- Auf der Rolltreppe im Weg stehen.
- Nie um Hilfe bitten.
- Sich lange rechtfertigen.
Zum Glück liegt es ja auch an jedem selbst, sich einfach nicht nerven zu lassen!
Das Hin- und Herschreiben in der Kennenlernphase
Das Hin- und Herschreiben in der Kennenlernphase kann kompliziert sein. Einerseits besteht die Angst vor Zurückweisung, andererseits möchte man sich nicht zu schnell öffnen. Menschen mit stabilem Selbstwertgefühl gehen gelassener mit dem Thema um und verstellen sich nicht. Wenn beide an einer echten Beziehung interessiert sind, passt sich der Rhythmus des Zurückschreibens meist schnell aneinander an. Gefühle und Interesse zeigen - ja. Sich von dem anderen abhängig machen und sehnsüchtig nur auf seine Nachrichten warten - nein. Letztlich gilt, wenn beide sich aufrichtig und gleichermaßen toll finden, dann ist alles ganz einfach und das mit dem Zurückschreiben kein Problem. Und falls die Konversation mehrmals länger ins Stocken gerät, dann mag das schade sein, gehört jedoch dazu.
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