Eine Nervenentzündung, in der Fachsprache Neuritis genannt, ist eine Entzündung der Nerven, die oft mit Schmerzen verbunden ist. Betroffen sein können sowohl die peripheren Nerven (also Nerven außerhalb des zentralen Nervensystems) als auch die Hirnnerven. Die Entzündung kann verschiedene Ursachen haben und unterschiedliche Beschwerden verursachen, je nachdem, welcher Nerv betroffen ist.
Ursachen von Nervenentzündungen
Die Gründe für die Entstehung von Nervenentzündungen sind vielfältig. Eine Hauptursache ist mechanischer Druck auf den Nerv, wodurch sich dieser entzündet. Dies geschieht vor allem bei einem Bandscheibenvorfall, Tumoren oder dem Karpaltunnelsyndrom. Beim Karpaltunnelsyndrom wird beispielsweise mechanischer Druck auf den mittleren Handnerv (Nervus medianus) ausgeübt, wodurch eine Entzündung entstehen kann.
Weitere mögliche Ursachen sind:
- Infektionen: Erreger wie Viren oder Bakterien können für die Entzündung der Nerven verantwortlich sein, wie etwa bei einer Gehirnentzündung (Enzephalitis), Masern, Mumps oder Borreliose.
- Medikamente: Bestimmte Medikamente können als Nebenwirkung Nervenschädigungen verursachen.
- Erkrankungen: Stoffwechselerkrankungen wie Diabetes mellitus (diabetische Polyneuropathie) können Nervenschäden hervorrufen. Auch Multiple Sklerose kann mit einer Trigeminusneuralgie einhergehen.
- Übermäßiger Alkoholkonsum: Alkohol und seine Abbauprodukte sind Gift für die Nervenzellen und können die Neurotransmitter stören, was zu einer falschen oder verfälschten Informationsübertragung führt.
- Verletzungen: Verletzungen durch Unfälle können ebenfalls Nervenentzündungen verursachen.
- Weitere Faktoren: Auch Überlastungen, Fehlbelastungen, Muskelverhärtungen oder Zugluft können zu Nervenreizungen und Entzündungen führen. In seltenen Fällen können infektiöse Erreger die Ursache sein.
Symptome einer Nervenentzündung
Werden Nerven gereizt oder entzünden sie sich, können verschiedene Beschwerden auftreten, abhängig davon, welcher Nerv betroffen ist. Typische Symptome umfassen:
- Schmerzen: Stechende, brennende oder elektrisierende Schmerzen im Versorgungsgebiet des betroffenen Nervs (Neuralgie oder neuropathische Schmerzen).
- Gefühlsstörungen: Taubheitsgefühle, Kribbeln oder Missempfindungen.
- Motorische Beeinträchtigungen: Muskelschwäche, Einschränkungen in der Feinmotorik oder Lähmungserscheinungen.
- Weitere Symptome: Durchblutungsstörungen, Schweißausbruch, verminderte Empfindlichkeit gegenüber Hitze-, Kälte-, Druck- oder Berührungsreizen im Bereich der Haut.
Die Symptome können akut oder chronisch auftreten und die Lebensqualität der Betroffenen stark beeinträchtigen.
Lesen Sie auch: Symptome einer Nervenentzündung erkennen
Diagnose einer Nervenentzündung
Bei Missempfindungen, Taubheitsgefühlen und Nervenschmerzen sollte man unbedingt einen Arzt aufsuchen. Eine gute erste Anlaufstelle ist der Allgemeinarzt, der bei Verdacht auf eine entzündliche Nervenschädigung an einen Neurologen überweisen kann.
Die Diagnose beginnt mit einer ausführlichen Befragung (Anamnese) des Patienten, um Informationen über den Beginn, die Art und den Ort der Beschwerden zu sammeln. Ein zuvor erstelltes "Schmerztagebuch" kann hierbei hilfreich sein. Der Arzt erkundigt sich auch nach Vorerkrankungen des Patienten und seiner Familie.
Anschließend erfolgt eine neurologische Untersuchung, bei der verschiedene Überprüfungstests durchgeführt werden:
- Sinneswahrnehmungen: Tast-, Hör-, Seh-, Riech- und Geschmackstests.
- Mimik und Augenbewegung: Der Patient soll bestimmte Bewegungen ausführen.
- Motorische Fähigkeiten: Überprüfung der Motorik, Koordination und Reflexe.
- Sonstige Körperfunktionen: Untersuchung von Herzschlag, Atmung, Schweißproduktion und Verdauung.
Bei Verdacht auf eine Nervenentzündung kann das Blut auf Erreger einer Infektion untersucht werden. In seltenen Fällen wird Liquor (Gehirn- beziehungsweise Rückenmarksflüssigkeit) über eine Lumbalpunktion im Lendenbereich entnommen und im Labor überprüft.
Weitere Untersuchungsmöglichkeiten sind:
Lesen Sie auch: Behandlungsmöglichkeiten bei chronischer Nervenentzündung im Rücken
- Bildgebende Verfahren: Magnetresonanztomographie (MRT) zur Darstellung von Entzündungsherden im zentralen Nervensystem.
- Messung der Nervenleitgeschwindigkeit: Elektroneurographie zur Überprüfung der Nervenfunktion.
- Elektromyogramm (EMG): Messung der elektrischen Impulse in den Muskeln, um muskuläre Fehlbelastungen zu erkennen.
- Videorasterstenografie: Strahlungsfreie Methode zur Vermessung der Wirbelsäule und Erkennung von Fehlbelastungen.
Behandlung von Nervenentzündungen
Wenn der Arzt eine Nervenentzündung beziehungsweise Nervenschmerzen diagnostiziert, wird er mit dem Patienten die Möglichkeiten der Behandlung besprechen. Um sich ausreichend auskurieren zu können, stellt der Mediziner üblicherweise eine Krankschreibung aus. Die Dauer der Krankschreibung ist jedoch abhängig von der Ursache und der Stärke der Beschwerden.
Die Behandlung richtet sich nach der Ursache der Entzündung und kann folgende Maßnahmen umfassen:
- Medikamentöse Therapie:
- Antibiotika oder Virostatika: Bei bakteriellen oder viralen Infektionen.
- Schmerzmittel:
- Nicht-opioid-Analgetika (z.B. Acetylsalicylsäure (ASS), Paracetamol oder Ibuprofen) zur Reduzierung der Schmerzproduktion. Ihre Wirkung bei Nervenschmerzen wird jedoch eher als gering eingestuft.
- Opioid-Analgetika bei schweren und akuten Schmerzen. Sie wirken im zentralen Nervensystem und hindern die Nervenzellen an der Schmerzweiterleitung.
- Alternative Schmerzmedikamente aus der Epilepsie- oder Depressions-Therapie (z.B. Antikonvulsiva oder Antidepressiva) zur Beeinflussung der Nervenzellaktivität und der schmerzleitenden Nervenbahnen.
- Lokalanästhetika: Pflaster oder Salben mit lokal betäubend wirkenden Mitteln (z.B. Lidocain) zur Linderung von Schmerzen unmittelbar unter der Haut.
- Capsaicin-Pflaster: Zur Behandlung von Nervenschmerzen nach einer Gürtelrose (postherpetische Neuralgie). Capsaicin führt dazu, dass sich geschädigte Nervenfasern aus der betroffenen Haut zurückziehen und die Nervenschmerzen in diesem Bereich für 2-3 Monate verschwinden.
- Kortison: Infiltration des entzündeten Nervs mit Kortison zur Linderung der Beschwerden.
- Chirurgischer Eingriff: Bei verletzungs- oder druckbedingten Nervenentzündungen, beispielsweise nach einem Unfall oder bei einem Karpaltunnelsyndrom, kann eine Operation in Betracht gezogen werden, um die Verengung beziehungsweise die reizende Stelle zu beseitigen und Platz für den Nerv zu schaffen.
- Alternative Heilmethoden: Ergänzend zur schulmedizinischen Behandlung können nach Absprache mit dem Arzt auch alternative Heilmethoden wie homöopathische Mittel angewendet werden.
- Weitere Maßnahmen:
- Physiotherapie: Gezielte Übungen zur Förderung der Regeneration, Linderung von Schmerzen und Senkung des Risikos für erneute Entzündungen.
- Entspannungstechniken: Progressive Muskelentspannung, autogenes Training oder Yoga zur Stressreduktion.
- Anpassung orthopädischer Schuheinlagen: Bei muskulären Fehlbelastungen.
- Kühle Kompressen, warme Auflagen oder Bäder: Zur Linderung von Schmerzen.
Teil der Behandlung ist auch die durch den Arzt kontrollierte Absetzung beziehungsweise Ersetzung von Medikamenten, die als potenzielle Nebenwirkung zu Nervenschädigungen führen können. Auch der Konsum von Alkohol sollte bei alkoholbedingten Nervenschmerzen sofort eingestellt werden, um weitere Belastungen zu verhindern.
Vorbeugung von Nervenentzündungen
Eine Nervenentzündung lässt sich nicht mit Sicherheit verhindern. Es ist jedoch möglich, die Gefahr von Nervenschmerzen durch eine gesunde Lebensweise zu reduzieren:
- Stress vermeiden: Stress - ob im Job oder in der Freizeit - vermeiden und den Nerven ausreichend Erholung, Ruhe und Schlaf gönnen.
- Alkohol in Maßen: Den täglichen Alkoholkonsum einschränken.
- Gesunde Ernährung: Ernährung mit vielen Vitaminen, Rohkost, Obst sowie Milchprodukte und wenig Fleisch.
- Regelmäßiger Sport: Sport dient dazu, Stress abzubauen.
Nervenschmerzen durch Nervenentzündungen
Da eine Nervenentzündung (medizinisch Neuritis) grundsätzlich alle Nerven im Körper betreffen kann, sind Nervenschmerzen prinzipiell in jeder Region des Körpers denkbar. Nervenschmerzen werden häufig als elektrisierend, einschießend oder brennend beschrieben. Sie entstehen im Unterschied zu anderen Schmerzarten als direkte Folge einer Schädigung von Gefühlsnerven. Es können Gefühlsstörungen wie Taubheit oder eine Überempfindlichkeit auftreten.
Lesen Sie auch: Ursachen und Behandlung von Hautnervenentzündungen
Trigeminusneuralgie
Die Trigeminusneuralgie ist eine spezielle Form von Nervenschmerz im Gesichtsbereich. Sie ist durch attackenartige, heftige, blitzartige Schmerzen im Versorgungsgebiet des Nervus trigeminus gekennzeichnet. Die Schmerzen können durch minimale Reize wie Sprechen, Rasieren, Kauen, Zähneputzen, eine Berührung, kaltes Wasser oder ein kalter Luftzug ausgelöst werden (Triggerfaktoren).
Die Behandlung der Trigeminusneuralgie kann medikamentös (z.B. mit Carbamazepin, Oxacarbazepin oder Gabapentin) oder operativ erfolgen. Operative Verfahren umfassen die mikrovaskuläre Dekompression, perkutane Operationsverfahren und die radiochirurgische Behandlung (Gamma-Knife-Behandlung).
tags: #Nervenentzündung #Kopf #Behandlung