Am 6. August 2025 beschloss das Bundeskabinett den Gesetzentwurf zur Befugniserweiterung und Entbürokratisierung in der Pflege. Bundesgesundheitsministerin Nina Warken besuchte am selben Tag das Seniorenzentrum St. Elisabeth-Stift in Berlin. Ziel des Gesetzes ist es, die Pflege umfassend zu entbürokratisieren und die Kompetenzen von Pflegefachpersonen zu erweitern, um in einer alternden Gesellschaft gute Arbeitsbedingungen zu schaffen und mehr Menschen für den Pflegeberuf zu begeistern.
Kernpunkte des neuen Pflegegesetzes
Befugniserweiterung für Pflegefachpersonen
Pflegefachpersonen erhalten die Befugnis zur eigenverantwortlichen Heilkundeausübung für bestimmte Leistungen. Sie können in einem bestimmten Rahmen eigenverantwortlich und weisungsfrei Leistungen erbringen, die bisher Ärzten vorbehalten waren. Voraussetzung dafür sind heilkundliche Kompetenzen, die Pflegefachpersonen bereits durch ihre Ausbildung oder ihr Pflegestudium erworben haben, sowie Kompetenzen in den Bereichen Diabetes, Wundmanagement und Demenz. Diese Kompetenzen werden seit 2025 im Rahmen der hochschulischen Pflegeausbildung regelhaft vermittelt. Zusätzlich sollen entsprechende Kompetenzen auch über bundeseinheitliche, staatlich anerkannte Weiterbildungen vermittelt werden können. Der Umfang der ärztlichen Leistungen, der durch Pflegefachpersonen erbracht werden kann, wird in Verträgen durch die Selbstverwaltung unter Beteiligung der Pflegeberufsverbände konkretisiert. Zur weitergehenden fachlichen Klärung wird wissenschaftlich eine Aufgabenbeschreibung für berufliche Pflege, auf Grundlage ihrer Kompetenzen, erarbeitet („Scope of Practice“).
Stärkung der Pflegeberufe auf Bundesebene
Die Vertretung der Pflegeberufe auf Bundesebene wird einheitlich geregelt und damit gestärkt. Pflege soll dort mitreden dürfen, wo sie betroffen ist.
Förderung innovativer Wohnformen
Um die pflegerische Versorgung in innovativen gemeinschaftlichen Wohnformen zu fördern, werden neue Regelungen in das Vertragsrecht, das Leistungsrecht sowie in das Qualitätssicherungsrecht der Pflegeversicherung aufgenommen. Damit werden für Betreibende attraktive und rechtlich sichere Gestaltungsmöglichkeiten geschaffen, um die ambulante pflegerische Versorgung in einer Vielzahl neuer Wohnformen abbilden zu können. Um innovative quartiernahe Wohnformen zu fördern, sollen neue Regelungen in das Vertragsrecht, das Leistungsrecht sowie in das Qualitätssicherungsrecht der Pflegeversicherung aufgenommen werden.
Verbesserte kommunale Pflegeplanung
Im Hinblick auf die kommunale Pflegeplanung soll die Zusammenarbeit zwischen Pflegekassen und Kommunen weiter verbessert werden. Die Kommunen erhalten künftig mehr verbindliche Mitwirkungsmöglichkeiten bei der Zulassung von Pflegeeinrichtungen. Der Ausbau der Förderung regionaler Netzwerke in der Pflege wird unterstützt. Die Zusammenarbeit und der Austausch von Daten zur Versorgungssituation zwischen Pflegekassen und Kommunen sollen verbessert werden, damit die Versorgung auf regionaler Ebene künftig besser erfasst und entsprechend bedarfsgerecht im Rahmen der kommunalen Pflegestrukturplanungen geplant werden kann.
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Bürokratieabbau in der Pflegedokumentation
Der Umfang der Pflegedokumentation wird gesetzlich auf das notwendige Maß begrenzt. Anträge und Formulare für Pflegeleistungen sollen vereinfacht werden.
Effizienzsteigerung bei Qualitätsprüfungen
Um Qualitätsprüfungen störungsfrei durchzuführen und gleichzeitig die pflegerische Versorgung gut zu gewährleisten, werden die Prüfungen durch die Medizinischen Dienste (MD) künftig frühzeitiger angekündigt. Zudem sollen Heimaufsicht und MD bei Prüfungen noch besser zusammenarbeiten. Wie für die vollstationäre Pflege bereits eingeführt, soll künftig auch für ambulante Pflegedienste und teilstationäre Pflegeeinrichtungen, die eine Qualitätsprüfung mit dem Ergebnis eines hohen Qualitätsniveaus bestehen, der Zeitraum bis zur nächsten Prüfung von ein auf zwei Jahre verlängert werden.
Digitalisierung und Automatisierung in der Pflege
Bei Verhandlungen der Rahmenverträge durch die Pflegeselbstverwaltung ist künftig immer auch zu prüfen, wie Versorgungsprozesse effizienter werden, indem sie beschleunigt, digitalisiert oder automatisiert werden.
Flexiblere Beratung für Pflegegeldempfänger
Pflegebedürftige mit Pflegegrad 4 oder 5, die ausschließlich Pflegegeld beziehen, müssen die Beratung in der eigenen Häuslichkeit künftig nur noch halbjährlich einmal abrufen, statt zuvor vierteljährlich einmal. Sie erhalten jedoch weiterhin die Möglichkeit, bei Bedarf die Beratung vierteljährlich einmal in Anspruch zu nehmen.
Schlankere Verfahren im Pflegevergütungsrecht
Es sind Regelungen im Pflegevergütungsrecht vorgesehen, um den Vereinbarungspartnern schlankere Verfahren und zügigere Abschlüsse zu ermöglichen und damit zu einer zeitnahen Finanzierung der Aufwendungen bei den Pflegeeinrichtungen beizutragen.
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Stärkung des vertragsärztlichen Notdienstes
Zudem umfasst der Gesetzentwurf auch verschiedene Regelungen im Bereich der gesetzlichen Krankenversicherung. Diese zielen unter anderem darauf ab, den vertragsärztlichen Notdienst zu stärken und die digitale Transformation des Gesundheitswesens und der Pflege weiter voranzubringen.
Einheitliche Pflegefachassistenzausbildung
Mit dem Gesetzentwurf zur Pflegefachassistenzausbildung (21/1493) will die Bundesregierung ein eigenständiges und bundesweit einheitliches Berufsbild schaffen. Die Neuregelung ersetzt die bisher 27 landesrechtlichen Pflegehilfe- und Pflegeassistenzausbildungen. Die Reform soll dazu beitragen, zusätzliche Fachkräfte für die Pflege zu gewinnen. Zudem soll künftig auch die Anerkennung ausländischer Berufsabschlüsse erleichtert werden. In allen Versorgungsbereichen würden dringend mehr Pflegekräfte benötigt, heißt es in der Vorlage. Die Personalausstattung der Pflegeeinrichtungen und Krankenhäuser werde künftig aber nicht allein durch eine weitere Steigerung der Zahl der vorhandenen Pflegefachpersonen sichergestellt werden können. Vielmehr bedürfe es eines neuen Personalmixes mit einer kompetenzorientierten Aufgabenverteilung insbesondere zwischen Personen mit einer Pflegefachassistenzausbildung und Pflegefachpersonen. Künftig würden laut Modellrechnungen für die vollstationäre Langzeitpflege neben mehr Pflegefachpersonen bis zu 100.000 zusätzliche Personen mit einer Pflegehilfe- oder Pflegeassistenzausbildung benötigt.
Regelausbildungszeit von 18 Monaten
Die Ausbildung ist generalistisch angelegt und beinhaltet Pflichteinsätze in der stationären Langzeitpflege, der ambulanten Langzeitpflege und der stationären Akutpflege. Die Ausbildungszeit umfasst in der Regel 18 Monate, wobei eine Verkürzung bei einschlägiger Berufserfahrung möglich ist. Voraussetzung für die Ausbildung ist regelhaft ein Hauptschulabschluss, bei einer positiven Prognose der Pflegeschule können aber auch Bewerber ohne formalen Abschluss eine Ausbildung beginnen. Das Gesetz regelt auch die einheitliche Finanzierung der Ausbildung. Nach dem Modell des Pflegeberufegesetzes werde für die ausbildenden Einrichtungen wie auch die Pflegeschulen eine verlässliche und sektorenübergreifende Finanzierungsgrundlage geschaffen, heißt es im Entwurf. Die Auszubildenden erhalten eine Vergütung. Nach der Ausbildung ist eine Weiterbildung zur Pflegefachperson möglich. Für Pflegekräfte mit ausländischen Abschlüssen ist eine einheitliche Regelung mit Kenntnisprüfung oder Anpassungslehrgang statt umfassender Gleichwertigkeitsprüfung vorgesehen. Die neu strukturierte Pflegefachassistenzausbildung soll 2027 beginnen.
Kritik und Debatte im Bundestag
Die Abgeordneten berieten den Gesetzentwurf der Bundesregierung „zur Befugniserweiterung und Entbürokratisierung in der Pflege“ (21/1511, 21/1935) am 11. September 2025 in erster Lesung. Nach der Debatte überwiesen die Abgeordneten die Vorlage zur weiteren Beratung in den Gesundheitsausschuss. Mitberaten wurde ein zweiter Gesetzentwurf der Bundesregierung (21/1493) zur Pflegefachassistenzausbildung, der im Ausschuss für Bildung, Familie, Senioren, Frauen und Jugend weiterberaten werden soll.
Positionen der Parteien
- CDU/CSU: Die CDU/CSU-Abgeordnete Astrid Timmermann-Fechter widersprach dem Eindruck, es werde an der Ausbildung gespart. Qualifiziertes Fachpersonal sei der Schlüssel für eine gute Pflege. Die neue Pflegefachassistenzausbildung könne dazu beitragen, die Versorgung zu verbessern.
- SPD: Sabine Dittmar (SPD) sprach von einem guten Tag für die Pflege und zwei wichtigen Bausteinen, um den Pflegeberuf attraktiver, kompetenzorientierter und flexibler zu gestalten.
- Grüne: Simone Fischer (Bündnis 90/Die Grünen) beklagte, die Koalition lege Stückwerk vor. Die Entwürfe würden als Aufbruch verkauft, es sei aber kein großer Reformschritt, zumal schon die Ampel-Koalition gute Entwürfe vorgelegt habe mit mutigen Vorschlägen.
- Die Linke: Julia-Christina Stange (Die Linke) mahnte: „Wenn wir den Fachkräftemangel ernsthaft bekämpfen wollen, brauchen wir eine attraktive Pflegefachassistenzausbildung, keine Billiglösung für Profite.“
- AfD: Joachim Bloch (AfD) kritisierte, dass der Gesetzentwurf für mehr Pflegekompetenzen unausgereift sei und viele Details nicht regele.
Die Rolle der Pflegeversicherung bei Demenz
Pflegegrade und finanzielle Leistungen
Wer Pflegegeld oder andere Leistungen der Pflegeversicherung erhalten möchte, muss zunächst einen Pflegegrad beantragen. Dieser bestimmt, wie viel Unterstützung jemand braucht und wie hoch die Leistungen ausfallen. Seit 2017 gibt es statt der früheren Pflegestufen fünf Pflegegrade. Die Gutachterinnen und Gutachter des Medizinischen Dienstes erfassen alle Informationen anhand eines standardisierten Fragenkatalogs. Spätestens 25 Arbeitstage nach dem Termin mit Gutachterin oder Gutachter muss die Pflegekasse entscheiden, ob ein Pflegegrad vorliegt - und wenn ja, welcher. In dringenden Fällen ist eine frühere Entscheidung möglich. Wird ein Pflegegrad bewilligt, erfolgt die Leistung rückwirkend ab dem Datum des Erstantrags. Alle Antragsteller haben außerdem Anspruch auf eine persönliche Pflegeberatung. Wird die Pflege durch Angehörige übernommen, wird Pflegegeld gezahlt. Wird ein ambulanter Pflegedienst beauftragt, übernimmt die Pflegeversicherung die Kosten als Sachleistung. Auch eine Kombination beider Leistungen ist möglich. Es besteht außerdem Anspruch auf Übergangspflege im Krankenhaus, wenn die Versorgung zu Hause nicht sichergestellt werden kann. Wird kein Pflegegrad bewilligt oder erscheint die Einstufung zu niedrig, können Sie Widerspruch einlegen. Je höher der Pflegegrad, desto umfangreicher sind die Leistungen der Pflegeversicherung.
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Vorbereitung auf die Begutachtung
Eine gute Vorbereitung hilft, Unsicherheiten zu reduzieren. Hilfreich sind:
- Arztberichte
- Medikamentenpläne
- Dokumentationen des ambulanten Pflegedienstes (sofern vorhanden)
- den Schwerbehindertenausweis
- ein Pflegetagebuch
Umgang mit Fassadenverhalten
Viele Angehörige erleben es beim Besuch des Medizinischen Dienstes: Die erkrankte Person wirkt plötzlich erstaunlich wach, klar und selbstständig. Im Gespräch werden Probleme heruntergespielt oder ganz verschwiegen. Fachleute sprechen in solchen Fällen von Fassadenverhalten. Nehmen Sie die Gutachterin oder den Gutachter am besten beiseite, und beschreiben Sie ehrlich, in welchen Situationen tatsächlich Hilfe notwendig ist.
Unterstützung bei Ablehnung
Nicht jede erkrankte Person ist bereit, Hilfe anzunehmen - selbst wenn der Alltag spürbar schwerer fällt. Der Antrag auf einen Pflegegrad wird dann abgeleht, aufgeschoben oder gar nicht erst angesprochen. Für Angehörige ist das oft belastend. Hinter Sätzen wie „Ich brauche keine Hilfe“ oder „Das geht schon noch“ steckt häufig der Wunsch, die Kontrolle zu behalten. Bei Demenz kommt hinzu, dass viele ihre Einschränkungen selbst nicht wahrnehmen oder sie sich anders erklären. Sprechen Sie das Thema frühzeitig an: Es ist leichter, eine Haushaltshilfe zu akzeptieren als eine Tagespflege. Beginnen Sie mit kleinen, konkreten Schritten - etwa der Frage: „Wollen wir den Antrag einfach mal stellen und schauen, was passiert?“ Fragen wirken oft weniger bedrohlich als Vorschläge: „Wäre es nicht gut zu wissen, was es überhaupt für Möglichkeiten gibt?“ Zeigen Sie Verständnis. Tipp: Neben Pflegeleistungen wird oft auch Unterstützung in rechtlichen oder finanziellen Fragen nötig - etwa durch eine Vorsorgevollmacht.
Aktuelle Zahlen und Fakten zu Demenz in Deutschland
Prävalenz und Inzidenz
In Deutschland leben derzeit rund 1,84 Millionen Menschen mit Demenz, davon etwa 1,2 Millionen Frauen. Ohne Fortschritte in Prävention oder Therapie könnte die Zahl bis 2050 auf bis zu 2,8 Millionen steigen. Pro Jahr erkranken in der Altersgruppe 65+ zwischen 364.000 und 445.000 Menschen neu an Demenz, das entspricht rund 900 Neuerkrankungen pro Tag.
Risikofaktoren
Das Alter ist der wichtigste Risikofaktor für Demenzerkrankungen. Die Wahrscheinlichkeit, an einer Demenz zu erkranken, steigt mit zunehmendem Alter stark an. Frauen sind überproportional betroffen. Bildung wirkt sich auf frühe Erkennung aus: 38,3 % der Menschen mit hohem Bildungsniveau sind mit Demenz vertraut, im Vergleich zu 30,2 % bei geringerem Abschluss. Personen mit Einkommen unter 15 000 € weisen eine Häufigkeit von 24,1 pro 1000 auf .
Kosten der Versorgung
Für leichte Verläufe entstehen jährliche Kosten von etwa 15 000 €, bei schwerer Demenz steigen sie auf rund 42 000 €. Medikamente machen unter 5 % der Ausgaben aus, den Hauptanteil bilden professionelle Pflege und unbezahlte Angehörigenpflege . Angehörige übernehmen den Großteil der Versorgung unbezahlt, was mit emotionaler, physischer und finanzieller Belastung sowie Herausforderungen bei Beruf und Alltag einhergeht .
Regionale Unterschiede
In Nordrhein-Westfalen, Bayern und Baden-Württemberg leben die meisten Betroffenen, bezogen auf den Bevölkerungsanteil liegen Sachsen und Sachsen-Anhalt vorne (2,6 %). Altersstruktur, sozioökonomische Faktoren und regionale Versorgungsstrukturen erklären die Unterschiede.
Unterstützungsmöglichkeiten für Betroffene und Angehörige
Frühzeitige Maßnahmen
Sie können frühzeitig eine Diagnose anstreben, Tagesstrukturen mit Gedächtnistraining und Bewegung etablieren sowie Vollmachten und Patientenverfügung regeln.
Entlastung für Angehörige
Angehörige finden Entlastung durch Fortbildungen, Tages-/Kurzzeitpflege, Betreuungsgruppen, Austausch und sollten auf Pausen und eigene Gesundheit achten.
Leistungen der Pflegeversicherung
Leistungen der Pflegeversicherung schließen einen monatlichen Entlastungsbetrag von 125 € sowie Pflegegeld bei häuslicher Pflege durch Angehörige ein; diese finanzielle Unterstützung erleichtert Betreuung zu Hause.
Fazit
Das bestehende Pflegesystem stößt an Grenzen. Reformen sind nötig, um regionale Bedürfnisse zu adressieren, Versorgungskonzepte lokal anzupassen und Angehörige besser zu entlasten. Die steigenden Zahlen von Demenzerkrankungen stellen unsere Gesellschaft vor große Herausforderungen. Die Daten zeigen: Demenz betrifft nicht nur ältere Menschen, sondern zunehmend auch Personen unter 65 Jahren. Die regionalen Unterschiede verdeutlichen, dass passgenaue Lösungen für verschiedene Gebiete in Deutschland notwendig sind. Die Pflege von Menschen mit Demenz findet überwiegend im familiären Umfeld statt und verursacht erhebliche Kosten - nicht nur finanziell, sondern auch emotional und physisch für die pflegenden Angehörigen. Eine gute Versorgungsstruktur, die sowohl auf die Bedürfnisse der Betroffenen als auch der Pflegepersonen eingeht, ist daher unerlässlich. Wir benötigen mehr gesellschaftliche Aufmerksamkeit für das Thema Demenz, bessere Unterstützungsangebote und Reformen im Pflegesystem.
Änderungen durch das Pflegeunterstützungs- und -entlastungsgesetz (PUEG)
Das Pflegeunterstützungs- und entlastungsgesetz (PUEG) ist eine groß angelegte Pflegereform, die in Teilen 2023, 2024 und 2025 in Kraft getreten ist. Fast alle Pflegeleistungen werden zum 01.01.2025 erhöht. Zum 01.07.2025 tritt das Entlastungsbudget (im Gesetz heißt es dann: “Gemeinsamer Jahresbetrag”) für sämtliche Pflegebedürftige ab dem Pflegegrad 2 in Kraft (unabhängig vom Alter!). Verhinderungs- und Kurzzeitpflege können damit flexibel genutzt werden. Es entfällt für alle Pflegebedürftigen ab dem Pflegegrad 2 die Voraussetzung einer sechsmonatigen Vorpflegezeit und es verlängert sich der Nutzungszeitraum von sechs auf acht Wochen. Auch das hälftige Pflegegeld wird dann für acht Wochen gezahlt. Außerdem stellt § 39 Abs. 1 S. 2 SGB XI ab 01.07.2025 klar, dass ein Antrag auf Gewährung der Verhinderungspflege - vor ihrer Durchführung - nicht erforderlich ist. Nur die spätere Kostenerstattung muss beantragt werden.
Anspruch auf Leistungen der Pflegeversicherung
Die Leistungen der sozialen Pflegeversicherung nach dem Sozialgesetzbuch 11 (SGB XI) erhält, wer:
- einen Pflegegrad hat
- einen Antrag bei der Pflegekasse stellt.
Der pflegebedürftige Mensch muss außerdem in den letzten zehn Jahren vor der Antragstellung mindestens zwei Jahre (Vorversicherungszeit) pflegeversichert gewesen und immer noch versichert sein. Bei pflegebedürftigen Kindern kommt es auf die Vorversicherungszeit der Eltern an. Der Anspruch darf nicht ruhen (das ist zum Beispiel manchmal bei Auslandsaufenthalten der Fall), ausgeschlossen (wegen Missbrauch) oder erloschen sein (wegen Beendigung der Mitgliedschaft in der Versicherung). Wichtig zu wissen: Die Leistung der Pflegeversicherung hängt außerdem von der Wohnform des Menschen ab. Ja, privat Pflegeversicherte müssen Verträge haben, die nach Art und Umfang mit den oben genannten Leistungen der sozialen Pflegeversicherung gleichwertig sind (§ 23, § 110 SGB XI).
Verfahren zur Beantragung eines Pflegegrades
- Der pflegebedürftige Mensch stellt einen Antrag bei der Pflegekasse. Das kann auch ein Angehöriger oder eine andere Person seines Vertrauens übernehmen (dann eine Vollmacht beifügen). Ein Antrag ist auch dann zu stellen, wenn ein höherer Pflegegrad angestrebt wird (sogenannte Höherstufung).
- Danach gibt es in der Regel eine Begutachtung durch den Medizinischen Dienst Bund oder anderer Gutachter. (Was bei der Begutachtung zu beachten ist, steht in den sogenannten Begutachtungsrichtlinien vom 21. August 2024, die Sie auf den Seiten des Medizinischen Dienstes Bund finden.) Dieser untersucht und befragt den pflegebedürftigen Menschen meistens zu Hause. Nur ausnahmsweise darf die Untersuchung in der Häuslichkeit unterbleiben. Dann kommt unter Umständen ein Telefoninterview in Betracht (§ 142a SGB XI). So kann die Gutachter*in feststellen, ob und in welchem Maß Pflegebedarf besteht. Dafür werden die Fähigkeiten geprüft und es wird eingeschätzt, ob die Pflegedürftigkeit voraussichtlich länger als sechs Monate andauern wird. Für den pflegebedürftigen Menschen kann es eine Hilfe sein, wenn bei diesem Termin ein Angehöriger oder eine andere Vertrauensperson dabei ist. Tipp: Beginnen Sie am besten einige Wochen vor Ihrer Begutachtung damit, ein Pflegetagebuch zu führen (Probleme aus dem Alltagsleben notieren) und halten Sie zu dem Termin ärztliche Atteste, Krankenhausberichte usw.
Zusätzliche Leistungen der Pflegeversicherung
Viele Menschen, die in häuslicher Umgebung gepflegt werden, bekommen neben dem Pflegegeld oder der Pflegesachleistung auch noch Hilfsmittel von der Pflegeversicherung. Es gibt Hilfsmittel, die zum Verbrauch bestimmt sind (z. B. Windeln) und technische Hilfsmittel (z. B. Rollstuhl, Pflegebett usw.). Die Hilfsmittel sollen das Leben erleichtern. Wer in einer besonderen Wohnform lebt, bekommt diese Hilfsmittel entweder von dem Träger der Wohnform oder der Krankenkasse. Ein Anspruch gegen die Pflegeversicherung besteht dann nicht. Die Pflegekasse muss über einen Antrag auf Pflegehilfsmittel (Ausnahme: zum Verbrauch bestimmte Hilfsmittel) zügig, d. h. spätestens bis zum Ablauf von drei Wochen nach Antragseingang entscheiden. Für die Entscheidung sind fünf Wochen ab Antragseingang Zeit, wenn die Pflegekasse eine Pflegefachkraft oder den Medizinischen Dienst dazu befragt, ob die Versorgung mit den Hilfsmitteln notwendig ist. Falls die Pflegekasse die oben genannten Fristen (drei oder fünf Wochen) nicht einhalten kann, hat sie dies dem Pflegebedürftigen mitzuteilen und muss auch begründen, weshalb sie die Frist nicht einhalten kann. Unterlässt die Pflegekasse diese Mitteilung, gilt die Leistung mit Ablauf der Frist als genehmigt. Für Anträge auf einen Zuschuss für wohnumfeldverbessernden Maßnahmen (z. B. Umbau des Bads; barrierefreie Wohnung, ggf. auch die Umzugskosten usw.) gilt die gleiche Frist für die Pflegekasse wie für die Entscheidung über Anträge auf Pflegehilfsmittel (siehe oben). Der Zuschuss beträgt ab 01.01.2025 maximal 4.180 Euro je Maßnahme bzw.
Verhinderungspflege
Wird ein pflegebedürftiger Mensch zu Hause gepflegt, kann es passieren, dass die Pflegeperson - z. B. ein Elternteil - krank wird oder aus anderen Gründen verhindert ist (daher Verhinderungspflege). Bisher gilt noch: Hatte die Pflegeperson den pflegebedürftigen Menschen schon mindestens sechs Monate gepflegt, bevor sie das erste Mal ausfällt, kommt die Verhinderungspflege (§ 39 Sozialgesetzbuch XI) in Betracht. Diese Voraussetzung wird für alle Pflegebedürftigen ab Pflegegrad 2 zum 01.07.2025 entfallen. Bis zum 30.06.2025 entfällt die sogenannte Vorpflegezeit nur für Pflegebedürftige mit dem Pflegegrad 4 oder 5, sofern sie noch nicht das 25. Die Ersatzpflege bzw. Verhinderungspflege kann auch stundenweise abgerufen werden, was sie für pflegebedürftige Menschen bzw. Ab 01.01.2024 ist die Ersatzpflege in bestimmten Fällen für längstens acht Wochen möglich (siehe oben unter “Aktuelles” ab 2025: Entlastungsbudget/Gemeinsamer Jahresbetrag). Ab 01.07.2025 wird die Ersatzpflege für alle Pflegebedürftigen ab Pflegegrad 2 für längstens acht Wochen möglich sein.
Wichtige Gesetze und Reformen im Überblick
- Gesetz zur Beschleunigung der Digitalisierung des Gesundheitswesens (DigiG): Soll seit 2024 ärztliche Behandlungen vereinfachen und verbessern.
- Pflegeunterstützungs- und entlastungsgesetz (PUEG): Eine groß angelegte Pflegereform, die in Teilen 2023, 2024 und 2025 in Kraft getreten ist.
- Gesetz zur Weiterentwicklung der Gesundheitsversorgung (GVWG): Sollte ab 2022 pflegebedürftige Menschen finanziell entlasten.
- Gesetz zur digitalen Modernisierung von Versorgung und Pflege (DVPMG): Wurde 2021 geschaffen, damit die Pflege zukünftig von der Digitalisierung stärker profitieren kann.
- Gesetz zur Stärkung des Pflegepersonals (PpSG): Trat 2019 in Kraft.
- Gesetz zur Stärkung der Gesundheitsförderung und der Prävention (PrävG): Greift seit Jahresbeginn 2016.
- Pflegestärkungsgesetze (PSG): In den Jahren 2014 bis 2016 wurden wichtige Weichen für die Pflege und Betreuung der zunehmenden Zahl von Pflege- und Betreuungsbedürftigen in Deutschland gestellt.
Die Bedeutung der Vorsorge
Mit den richtigen Vorsorgedokumenten sind Sie für den Ernstfall abgesichert. Wer pflegebedürftig wird, hat mit dem Pflegegrad, Leistungsanträgen und der praktischen Versorgung erst einmal mehr als genug zu tun.
Nachteilsausgleiche bei Behinderung
Wird eine Behinderung offiziell anerkannt, erhält man einen offiziellen Grad der Behinderung (GdB). Damit sind bereits einige Nachteilsausgleiche verbunden, wie etwa Steuervorteile. Deutlich mehr Nachteilsausgleiche erhalten schwerbehinderte Personen. Dafür ist ein GdB von mindestens 50 notwendig.
Vereinbarkeit von Beruf und Pflege
Die Pflege eines Angehörigen beansprucht viel Zeit. So wird es oft schwierig, Beruf und Pflege gut miteinander zu vereinbaren.
- Pflegeunterstützungsgeld: In akuten Situationen bei der häuslichen Pflege können Pflegende kurzfristig für bis zu 10 Arbeitstage freigestellt werden.
- Pflegezeit: Berufstätige Pflegende können sich bis zu sechs Monate ganz oder teilweise freistellen lassen. Als Lohnersatz können sie ein zinsloses Darlehen in Anspruch nehmen.
- Familienpflegezeit: Damit ist es möglich, die eigene Arbeitszeit für bis zu zwei Jahre stark zu reduzieren, um Zeit für die Pflege zu haben.
Gesundheit und Finanzierung in der Pflege
Die Themen Gesundheit und Finanzierung sind wie zwei ständige Begleiter in den meisten Pflegesituationen: Wie gehe ich mit Erkrankungen um? Wie entwickelt sich der Gesundheitszustand weiter?
Digitalisierung im Gesundheitswesen
Die Digitalisierung soll auch im Gesundheitssystem vieles vereinfachen und verbessern. Ein wichtiges Beispiel ist das E-Rezept, das nach und nach fast alle Papierrezepte ablösen soll. Die elektronische Patientenakte (ePA) macht es möglich, dass behandelnde Ärzte und Therapeuten schnell und einfach auf Diagnosen und wichtige medizinische Dokumente zugreifen können.
Patientenrechte
Als Patient haben Sie ganz klare Rechte, die Ihre Einbindung in therapeutische Prozesse und Ihre Selbstbestimmung gewährleisten. Auch bei Behandlungsfehlern ist klar festgelegt, welche Ansprüche Sie haben und was Sie einfordern können.
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