Neurochirurgie Inselspital Team: Fortschrittliche Behandlungen und Innovationen in Bern

Die Neurochirurgie am Inselspital in Bern hat sich als ein führendes Zentrum für hochspezialisierte neurochirurgische Behandlungen etabliert. Durch interdisziplinäre Zusammenarbeit, innovative Technologien und engagierte Forschung trägt das Team massgeblich zur Verbesserung der Patientenversorgung bei. Dieser Artikel beleuchtet die verschiedenen Aspekte der Neurochirurgie am Inselspital, von der Behandlung von Hirnblutungen und Depressionen bis hin zur Entwicklung von 4D-Simulatoren und neuen Mikroskopen.

Behandlung des hämorrhagischen Schlaganfalls: Ein Hoffnungsschimmer

Jährlich erleiden mehr als 50.000 Menschen in Deutschland eine spontane Blutung im Gehirn, auch bekannt als hämorrhagischer Schlaganfall. Diese Blutungen, insbesondere wenn sie tief im Gehirn liegen, sind lebensgefährlich und können massive Schäden verursachen. Bisher gab es keine wirksame Therapie, doch eine aktuelle Studie unter Beteiligung von Ärzt*innen der Universitätskliniken Freiburg und des Inselspitals Bern zeigt vielversprechende Ergebnisse.

Die SWITCH-Studie: Ein neuer Ansatz zur Druckentlastung

Die SWITCH-Studie, unter der Leitung von Prof. Dr. Jürgen Beck (Universitätsklinikum Freiburg) und Prof. Dr. Urs Fischer (Inselspital Bern), untersuchte die Wirkung einer Kraniektomie zur Druckentlastung bei Patienten mit schwerem, tiefliegenden hämorrhagischen Schlaganfall. Bei diesem Eingriff wird ein Teil der Schädeldecke entfernt, um den Druck auf das Gehirn zu reduzieren. Nach Rückgang der Schwellung wird das Knochenstück wieder eingesetzt.

Die Studie umfasste 197 Teilnehmerinnen aus 42 Schlaganfallzentren in verschiedenen europäischen Ländern. Obwohl das ursprüngliche Ziel von 300 Teilnehmenden aufgrund finanzieller Engpässe nicht erreicht werden konnte, zeigten die Ergebnisse einen positiven Trend: Ein halbes Jahr nach dem Eingriff wurden 44 Prozent der Patientinnen nach Kombinationstherapie den schlechtesten Stufen 5-6 zugeordnet, während es ohne neurochirurgischen Eingriff 58 Prozent waren.

Bedeutung und Ausblick

Obwohl die statistische Signifikanz knapp verfehlt wurde (p=0,057), sehen die Autorinnen darin einen Hinweis darauf, dass die Kraniektomie der bisherigen Therapie überlegen sein könnte. Prof. Dr. Jürgen Beck betont, dass dies ein wertvoller Hoffnungsschimmer sei, um das Leiden dieser Patientinnen zu mildern. Typische Risikofaktoren für einen hämorrhagischen Schlaganfall sind hoher Blutdruck, die Einnahme blutverdünnender Medikamente sowie Alkoholkonsum und Rauchen. Die Anzeichen eines solchen Schlaganfalls können Übelkeit, Erbrechen, Schläfrigkeit und Bewusstseinsverlust sein.

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Tiefe Hirnstimulation bei Depression: Ein innovativer Ansatz

Das Universitäre Neurozentrum Bern hat am Inselspital erstmals eine tiefe Hirnstimulation bei einer Patientin mit schwerer, therapieresistenter chronischer Depression durchgeführt. Dieses Verfahren, das sich bereits in der Behandlung von Bewegungsstörungen wie Morbus Parkinson etabliert hat, steckt in der Psychiatrie noch in den Kinderschuhen.

Die Methode der tiefen Hirnstimulation

Bei der tiefen Hirnstimulation (Deep Brain Stimulation, DBS) werden kleinste Elektroden in einem minimalinvasiven neurochirurgischen Eingriff ins Gehirn implantiert. Diese Elektroden senden chronische elektrische Impulse über einen Hirnschrittmacher, der unter dem Schlüsselbein im Brustbereich implantiert wird. Neurolog*innen stellen den Hirnschrittmacher über ein externes Programmiergerät ein.

Interdisziplinäre Zusammenarbeit

Das interdisziplinäre Team, bestehend aus Prof. Dr. med. Claudio Pollo (Universitätsklinik für Neurochirurgie), Dr. med. Ines Debove und Dr. med. Lenard Lachenmayer (Universitätsklinik für Neurologie) sowie PD Dr. med. Sebastian Walther (Universitätsklinik für Psychiatrie und Psychotherapie), arbeitet eng zusammen, um die bestmögliche Behandlung für die Patientin zu gewährleisten. Weltweit wurden bisher rund 150 Fälle von tiefer Hirnstimulation bei Depressionen publiziert, meist im Rahmen von Studien.

Innovationen in der Neurochirurgie: Visualisierungssysteme und 4D-Simulatoren

Das Inselspital Bern setzt auf modernste Technologien, um die Effizienz und Wirksamkeit neurochirurgischer Eingriffe zu verbessern. Dazu gehören innovative Visualisierungssysteme und 4D-Simulatoren, die es den Ärzt*innen ermöglichen, Operationen präzise zu planen und zu üben.

Neuartiges Visualisierungssystem für mikrochirurgische Eingriffe

Ein Forscherteam unter der Leitung von Prof. Dr. med. Michelangelo Masini und Frank Seitzinger hat ein neuartiges Visualisierungssystem für mikrochirurgische Eingriffe entwickelt. Dieses System unterstützt Chirurg*innen bei Eingriffen an der Wirbelsäule oder am Gehirn durch automatisierte Funktionen und einzigartige Einblicke in den Körper. Michelangelo Masini hat das auf Robotertechnik basierende System mit drei zentralen Innovationen ausgestattet, die dem Chirurgen und seinem Team alle erforderlichen Informationen liefern, um während des Eingriffs fundierte Entscheidungen treffen zu können. Frank Seitzinger war für die Produktdefinition und Markteinführung des Systems verantwortlich.

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Der 4D-Simulator: Planung und Übung in Echtzeit

Ein am Inselspital, Universitätsspital Bern und am Artorg Center, Universität Bern entwickelter neuer 4D-Simulator ermöglicht die Planung, Erprobung und Optimierung des Eingriffes an einem exakten 4D-Modell inklusive Blut, Blutgefäßen und Puls des Patienten. Der Simulator bietet eine realistische optische und haptische Übungsmöglichkeit an einer 3D-Print-Kopie des Schädels, des Hirns und neu der Blutbahnen des Patienten. Die Fachleute finden im Simulator 1:1 die Situation vor, die sich ihnen später während der realen Operation stellen wird.

Der 4D-Simulator wird sowohl für die Planung des Eingriffs wie auch für Echtzeitübungen am konkreten Fall eingesetzt. Durch die weitgehend perfektionierte Planung und Übung können Risiken durch Komplikationen weiter gesenkt werden. Chirurgische Eingriffe am Hirn haben für Patienten eine ausgeprägte emotionale Komponente. Der Erfolg eines Eingriffes wird auch durch eine positive Einstellung und das Ausräumen von Ängsten begünstigt. Der neu entwickelte 4D-Simulator öffnet hierzu völlig neue Möglichkeiten, indem die Ärztin bzw. der Arzt den Eingriff, das Vorgehen und die konkreten Schritte 1:1 zeigen und erklären und so die Motivation der Patientinnen und Patienten positiv unterstützen kann.

SurgeonsLab: Ein Start-up für die Weiterentwicklung des 4D-Simulators

Der Neurochirurg Dr. David Bervini und der Biomechanik-Ingenieur und PhD-Student Fredrick Johnson Joseph stehen im Begriff das Start-up-Unternehmen SurgeonsLab zu gründen. Dieses dynamische Unternehmen wird die Produktion und Weiterentwicklung des 4D-Simulators übernehmen und Innovationen und Dienstleistungen in der Hirnchirurgie entwickeln. Die beiden Gründer können sich dabei auf ein Top-Unterstützerteam verlassen, in dem u.a. auch Prof. Dr. med. Andreas Raabe und Prof. Dr.-Ing. Stefan Weber mitmachen.

Kooperation für modernste Hirnchirurgie

Die Insel Gruppe und das Swiss Medical Network kooperieren für modernste Hirnchirurgie. Im Kanton Bern entsteht ein neues Zentrum für hochpräzise Neurochirurgie: Die Insel Gruppe und das Swiss Medical Network haben eine Kooperation zur Weiterentwicklung der funktionellen Neurochirurgie geschlossen. Das gemeinsame Ziel: neue Standards für die Behandlung chronischer und therapieresistenter Erkrankungen zu setzen.

Magnetresonanztomografie-gesteuerte fokussierte Ultraschallchirurgie (MRgFUS)

Patient:innen mit komplexen neurologischen Erkrankungen wie essentiellem Tremor, Parkinson oder neuropathischen Schmerzen sollen dabei zusätzlich von einer innovativen Therapieform profitieren: der Magnetresonanztomografie-gesteuerten fokussierten Ultraschallchirurgie (MRgFUS). Diese erlaubt Eingriffe tief im Gehirn ohne operative Öffnung des Schädels - präzise, risikoarm und mit kürzerer Erholungszeit. Die Eingriffe finden im Medizinischen Zentrum Ostermundigen statt, die medizinische Betreuung erfolgt im Neurozentrum des Inselspitals.

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Vorteile der Kooperation

«Die Kooperation mit Swiss Medical Network erweitert unser Spektrum an hochspezialisierten neurochirurgischen Behandlungen», erklärt Andreas Raabe, Klinikdirektor der Neurochirurgie am Inselspital. Auch Urs Fischer von der Universitätsklinik für Neurologie betont, dass die Partnerschaft ein entscheidender Fortschritt ist und nicht nur klinisch, sondern auch wissenschaftlich neue Perspektiven bringt. Neben der verbesserten Patient:innenversorgung soll auch die medizinische Forschung und Ausbildung von der Kooperation profitieren - und damit langfristig der gesamte Gesundheitsstandort Bern gestärkt werden.

HORAO-Projekt: Auf der Suche nach dem ultimativen Mikroskop

Um die Entwicklung eines noch stärkeren Mikroskopes voranzutreiben, hat ein Team rund um den Neurochirurgen Prof. Dr. med. Philippe Schucht, Leitender Arzt in der Universitätsklinik für Neurochirurgie am Inselspital Bern, das Projekt HORAO ins Leben gerufen. Auf dem im vergangenen November lancierten Kanal „Science Booster“ der Schweizer Crowdfunding-Plattform wemakeit sammelt Philippe Schucht mit seinem Team Spenden. Die Zielsumme beläuft sich auf 50 000 CHF.

Ein globaler Wettbewerb für innovative Lösungen

Das Geld kommt weder seinem Team noch der Universitätsklinik für Neurochirurgie am Inselspital Bern zugute, sondern soll Ansporn für die hellsten Köpfe weltweit sein, ein solches Mikroskop zu entwickeln. „Wir sind überzeugt, dass es bereits heute Experten gibt, wenn auch in anderen Gebieten oder aus anderen Branchen, die die Lösung auf unser Problem kennen. Wir müssen sie nur darauf aufmerksam machen, sie zusammenführen und sie motivieren, an einer Lösung mitzuarbeiten“, erklärt Philippe Schucht.

Gelingt es dem Team, die angestrebten 50 000 CHF zu erreichen, startet es in einem zweiten Schritt einen globalen Wettbewerb zwischen Forscher- und Entwicklerteams. „Wir sind uns bewusst, dass unsere Ziele hoch gesteckt und 50 000 Schweizer Franken sehr viel Geld sind. Die letzten Jahre haben uns jedoch gezeigt, dass wir auch neue Wege gehen müssen, um die Behandlung für unsere Patientinnen und Patienten zu verbessern”, ist Philippe Schucht überzeugt.

4-D-Simulation zur Schulung von Clipping und Coiling von Hirnaneurysmen

Ein Team von Fachleuten aus der Neurochirurgie und der Interventionellen Neuroradiologie des Inselspitals hat zusammen mit dem ARTORG-Center der Universität Bern ein neues, bereits mehrfach ausgezeichnetes 4-D-Simulationssystem zur Schulung von Clipping (Aneurysma abklemmen) und Coiling (Aneurysma ausfüllen) entwickelt.

Realistische Übungsmöglichkeiten

Der Simulator bietet eine realistische optische und haptische Übungsmöglichkeit an einer 3-D-Print-Kopie des Schädels, des Hirns und neu der Blutbahnen des Patienten beziehungsweise der Patientin. Die Fachleute finden im Simulator 1:1 die Situation vor, die sich ihnen später während der realen Operation stellen wird. Weltweit einzigartig sei die Erweiterung auf eine 4-D-Simulation, indem die Blutbahnen mit Puls und Blutfluss auch die zeitlichen Aspekte korrekt simulieren.

Vorteile der 4-D-Simulation

Komplikationen können weiter gesenkt werden. Der 4-D-Simulator wird sowohl für die Planung des Eingriffs als auch für Echtzeitübungen am konkreten Fall eingesetzt. Durch die weitgehend perfektionierte Planung und Übung können Risiken durch Komplikationen weiter gesenkt werden. Der neu entwickelte 4-D-Simulator öffnet hierzu völlig neue Möglichkeiten, indem die Ärztin oder der Arzt den Eingriff, das Vorgehen und die konkreten Schritte 1:1 zeigen und erklären und so die Motivation der Patientinnen und Patienten positiv unterstützen kann.

Der 4-D-Simulator bietet neue Dimensionen der Aus- und Weiterbildung von neurochirurgischen und neuroradiologischen Fachleuten. Ärztinnen und Ärzte können sowohl in der fachärztlichen Ausbildung als auch bei späteren vertiefenden Expertenkursen am 4-D-Simulator arbeiten und neuartige Erfahrungen sammeln. Speziell im Umfeld von Schulungen kommt dann noch die Möglichkeit hinzu, die Leistungen der Operateure untereinander zu quantifizieren und zu vergleichen.

Einblick in den Arbeitsalltag in der Neurochirurgie am Inselspital

Die Neurochirurgie befindet sich im Neubau des Inselspitals auf einer hohen Etage mit einem schönen Ausblick auf die Innenstadt und die Alpen. Der Dienst beginnt offiziell um 7:00 Uhr mit der Visite, wobei es empfehlenswert ist, bereits um 6:45 Uhr anwesend zu sein, um sich einen Überblick über die Patienten auf Station zu verschaffen.

Organisation und Aufgabenverteilung

Die Patienten auf Station sind in 5 Teams eingeteilt (zB Team Wirbelsäule, Team Tumor, Team Schädelbasis/Vaskulär) - es ist jeweils ein Assistenzarzt/ärztin für ein Team zuständig. Die PJler (UHUs) teilen sich ebenfalls morgens auf die Teams auf (meist nach Patientengröße) und begleitet dann den Assistenzarzt/ärztin auf Visite. Anschliessend geht es je nach Wochentag um 7:35 oder 7:45 zur Frühbesprechung, wo die Fälle mit CT/MRT/etc vorgestellt werden, die notfallmässig im Spätdienst oder Nachtdienst kamen.

Im Anschluss gehen die meisten Assistenzärzte und Oberärzte in den OP. Die PJler dokumentieren die Visite, organisieren Rehas, Verlegungen, Konsile, verordnen Medikamente und Untersuchungen und dokumentieren dies. Die zweite Hauptaufgabe des Tages sind die Neuaufnahmen, die von den PJlern neurologisch untersucht und in der Mittagsbesprechung den Assistenzärzten und Oberärzten vorgestellt werden.

Möglichkeiten zur Weiterbildung und Teilnahme an Operationen

Neben den Stationsaufgaben besteht jederzeit die Möglichkeit, in den OP zu gehen und bei den Operationen zuzusehen. Es gibt auch die Möglichkeit, einen Arzt/eine Ärztin im Spätdienst zu begleiten und bei Notfällen zu assistieren. Alternativ kann man auch in die Sprechstunde gehen, mithören/mituntersuchen oder mit auf die Intensivstation oder IMC gehen.

Ein positives Arbeitsumfeld

Das Team ist sehr freundlich und hilfsbereit. Die Assistenzärzte/ärztinnen sind sehr lieb und nehmen die PJler gerne mit. Auch die Oberärzte sind sehr nett und interessiert. Man ist ein vollwertiges Mitglied im Team und wird für die Arbeit geschätzt. Die Pflege auf Station ist ebenfalls sehr hilfsbereit und unterstützt bei der Einarbeitung.

Fortbildungen und Journal Club

Jeden Dienstag gibt es einen Journal Club, bei dem Assistenz- oder Oberärzte neue Studien aus der Neurochirurgie vorstellen. Jeden Donnerstag finden Fortbildungen für alle Ärztinnen und Ärzte statt.

Fazit zum Arbeitsalltag

Insgesamt ist es eine zeitlich anspruchsvolle, aber auch sehr spannende Zeit. Man lernt coole Leute kennen, lebt in einer schönen Stadt und hat Wochenenden und Feiertage immer frei. Die Schweiz ist zwar etwas teurer, aber mit etwas Planung lässt es sich gut leben.

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