Neurologie: Definition, Grundlagen und Anwendungsbereiche

Das menschliche Nervensystem ist ein hochkomplexes Geflecht, das Bewegung, Sprache, Denken und Fühlen steuert. Es besteht aus über 100 Milliarden Nervenzellen und umfasst nicht nur das Gehirn, sondern auch Rückenmark, Nerven und die Muskulatur. Die Neurologie ist ein medizinisches Fachgebiet, das sich mit der Diagnose, Therapie und Rehabilitation von Erkrankungen dieses komplexen Systems befasst.

Was ist Neurologie? Eine Definition

Die Neurologie ist ein Fachbereich der Medizin, der sich mit dem Aufbau, den Funktionen und den Erkrankungen des Nervensystems beschäftigt. Dazu gehören das zentrale Nervensystem (Gehirn und Rückenmark), das periphere Nervensystem (Nerven außerhalb des Gehirns und Rückenmarks) sowie die damit verbundenen Muskeln und Blutgefäße. Einfach erklärt ist die Neurologie die Lehre von den Nerven, abgeleitet von den griechischen Wörtern „neuron“ (Nerv) und „logos“ (Lehre).

Die Neurologie befasst sich mit einer Vielzahl von Krankheitsbildern, die den Alltag der Patientinnen und Patienten stark beeinflussen und in akuten medizinischen Notfällen lebensrettende Maßnahmen erfordern können. Das Spektrum reicht von chronischen Krankheiten wie Morbus Parkinson, Migräne oder Multiple Sklerose bis hin zu Notfällen wie einem Schlaganfall oder einer Hirnblutung.

Die Aufgaben eines Neurologen

Ein Neurologe ist ein Facharzt, der sich auf die Diagnostik und Behandlung von Erkrankungen des Nervensystems spezialisiert hat. Hierzu gehören das Gehirn, das Rückenmark sowie die peripheren Nerven. Die Aufgaben eines Neurologen lassen sich in drei Hauptbereiche unterteilen:

  1. Ausführliche Anamnese: Erhebung der Krankengeschichte des Patienten, um mögliche Ursachen für die Beschwerden zu ermitteln.
  2. Diagnostische Verfahren: Einsatz moderner bildgebender Verfahren (MRT, CT) und elektrophysiologischer Untersuchungen (EEG, EMG, NLG) sowie Laboruntersuchungen, um die Erkrankung präzise zu erkennen.
  3. Individuell angepasste Therapie: Entwicklung und Einleitung einer auf den Patienten und seine Erkrankung zugeschnittenen Therapie.

Zusätzlich spielen Neurologen eine wichtige Rolle bei der langfristigen Betreuung von chronischen Erkrankungen wie Multiple Sklerose, Epilepsie oder Morbus Parkinson. Sie sind somit wichtige Ansprechpartner für Menschen mit neurologischen Beschwerden und deren Angehörige.

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Diagnostische Verfahren in der Neurologie

In der Neurologie kommen verschiedene diagnostische Methoden zum Einsatz, um neurologische Erkrankungen präzise zu erkennen. Zentrales Element ist zunächst eine gründliche Befragung (Anamnese) der Patientinnen und Patienten. Dabei erkundigt sich der Arzt nach Beschwerden, Vorerkrankungen und Medikamenteneinnahmen. Im Anschluss erfolgen spezifische neurologische Untersuchungen, darunter:

  • Laboruntersuchungen von Blut und Liquor: Die Analyse von Gehirn- oder Nervenwasser hilft bei der Diagnostik von durch Erreger ausgelösten Erkrankungen des Nervensystems. Der Liquor wird durch eine Punktion im Rückenmark entnommen.
  • Ultraschalluntersuchungen: Mit einem Ultraschall der hirnversorgenden Gefäße können mögliche Durchblutungsstörungen und die Versorgung des Gehirns überprüft werden.
  • Elektrophysiologische Diagnostik (EEG): Diese Methode misst die Hirnströme und wird beispielsweise bei Epilepsie eingesetzt.
  • Bildgebende Verfahren: CT und MRT sind in der Neurologie unverzichtbar. Sie erlauben eine detaillierte Darstellung der Gehirnstrukturen und werden sowohl bei Schlaganfällen oder Hirnblutungen als auch zur Diagnose degenerativer Erkrankungen genutzt. Die funktionelle MRT (fMRT) ermöglicht zudem Einblicke in die Gehirnaktivität bei verschiedenen Aufgaben und Zuständen.

Der Fachbereich Neurologie verfügt über eine Vielzahl moderner diagnostischer Verfahren, um Erkrankungen wie Multiple Sklerose, Morbus Parkinson oder Demenz frühzeitig und genau zu erkennen.

Ursachen und Arten neurologischer Erkrankungen

Neurologische Erkrankungen können durch vielfältige Ursachen ausgelöst werden, wie genetische Veranlagungen, Autoimmunprozesse oder Durchblutungsstörungen. Auch Entzündungen, Verletzungen oder neurodegenerative Vorgänge spielen eine Rolle. Das Spektrum reicht von Erkrankungen des zentralen Nervensystems, wie Gehirn und Rückenmark, über das periphere Nervensystem bis hin zu neuromuskulären Krankheiten.

Zu den häufigsten neurologischen Erkrankungen gehören:

  • Multiple Sklerose: Eine chronische Autoimmunerkrankung, die durch Entzündungen in Gehirn oder Rückenmark ausgelöst wird. Typische Beschwerden sind z. B. Sehstörungen, Lähmungen, Gefühlsstörungen oder Sprachstörungen.
  • Schlaganfall: Eine Gefäßerkrankung des Gehirns, bei der die Verengung eines Gefäßes durch ein Gerinnsel zu einer Minderdurchblutung führt. Teilweise kommt es auch durch den Einriss des Gefäßes zu einer Hirnblutung.
  • Epilepsie: Hierbei wird die elektrische Übertragung der Nervenzellen gestört, was zu anfallsartigen Störungen wie Zuckungen, Bewusstseinsstörungen oder Ohnmacht führt.
  • Demenz: Die häufigste Erkrankung im Alter, wobei man zwischen verschiedenen Demenzformen unterscheidet.
  • Morbus Parkinson: Hier führen veränderte Neurotransmittersysteme zu fortschreitenden Bewegungsstörungen, Muskelsteifigkeit, Zittern oder auch Standunsicherheit.
  • Migräne: Ein neurologisches Krankheitsbild, das typischerweise mit anfallsartigen Kopfschmerzen einhergeht. Neben pulsierenden Kopfschmerzen sind Übelkeit sowie Lärm- und Lichtempfindlichkeit typische Begleiterscheinungen.
  • Hirnblutung: Eine Blutung im Gehirn kann verschiedene Ursachen haben und zu massiven Beeinträchtigungen und Schädigungen führen.
  • Myopathien: Hierbei handelt es sich um Muskelerkrankungen, die mit einer allgemeinen Schwäche der Muskulatur, Muskelschwund sowie Muskelschmerzen einhergehen.

Behandlung neurologischer Erkrankungen

Die Behandlung neurologischer Erkrankungen erfolgt individuell und orientiert sich an der jeweiligen Ursache sowie den Symptomen. Viele Krankheitsbilder, wie Migräne, Myopathien oder Epilepsie, lassen sich heute durch moderne medikamentöse Therapien gut behandeln. Welche Maßnahmen für den Patienten geeignet sind, wird gemeinsam mit dem behandelnden Arzt für Neurologie individuell auf die Krankengeschichte abgestimmt.

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Erkrankungen wie ein Schlaganfall oder eine Hirnblutung gehören zu den medizinischen Notfällen, die eine sofortige Behandlung erfordern. Schlaganfälle und Hirninfarkte werden heute schwerpunktmäßig in spezialisierten Schlaganfallstationen, den sogenannten Stroke Units, behandelt. Diese bieten eine engmaschige Überwachung und ermöglichen eine schnelle Reaktion bei Komplikationen. Bei einer Hirnblutung stehen zudem neurochirurgische Therapien zur Verfügung, die darauf abzielen, die Blutung zu stoppen und Folgeschäden zu minimieren.

Spezialisierungen innerhalb der Neurologie

Die Neurologie umfasst eine Vielzahl spezialisierter Teilbereiche, die auf unterschiedliche Aspekte des Nervensystems und seiner Erkrankungen eingehen. Diese Fachbereiche ermöglichen eine umfassende Versorgung von Patientinnen und Patienten, angefangen bei der präzisen Diagnostik bis hin zur Therapie und Rehabilitation. Ein zentraler Fokus der Neurologie liegt auf der interdisziplinären Zusammenarbeit mit anderen medizinischen Disziplinen, wie der Radiologie oder Chirurgie.

Zu den wichtigsten Spezialgebieten gehören:

  • Neuroradiologie: Konzentriert sich auf die diagnostische Darstellung und Beurteilung von Gehirn und Nervensystem mit Hilfe von bildgebenden Verfahren wie MRT, CT oder Sonographie.
  • Neurochirurgie: Befasst sich mit der operativen Behandlung von Erkrankungen des zentralen und peripheren Nervensystems, einschließlich Eingriffen am Gehirn, Rückenmark und an den peripheren Nerven.
  • Neuropädiatrie: Spezialisiert auf die Diagnostik und Therapie neurologischer Erkrankungen bei Kindern und Jugendlichen.
  • Neurologische Rehabilitation: Unterstützt Patientinnen und Patienten nach Schlaganfällen, Hirnblutungen oder anderen neurologischen Erkrankungen bei der Wiedererlangung ihrer Selbstständigkeit durch individuell abgestimmte Therapieprogramme, die Physiotherapie, Ergotherapie und Logopädie umfassen.
  • Epileptologie: Spezialgebiet zur Diagnose und Behandlung von Epilepsie.
  • Neuroimmunologie: Untersuchung von Erkrankungen, bei denen das Immunsystem das Nervensystem angreift, wie Multiple Sklerose.
  • Neuroonkologie: Beschäftigung mit Tumoren des Nervensystems und deren Behandlung.
  • Neurootologie: Behandlung von Schwindelkrankheiten mit neurologischen Ursachen im Grenzbereich zum HNO-ärztlichen Fachgebiet.
  • Neuroophthalmologie: Behandlung neurologischer Krankheiten der Sehnerven, des sehverarbeitenden Teils des Gehirns und der Augenmuskeln im Grenzbereich zur Augenheilkunde.

Wann sollte man einen Neurologen aufsuchen?

Neurologische Symptome wie Kopfschmerzen, Bewegungsstörungen oder Schwindel können zwar harmlos sein, aber auch auf ernsthafte Erkrankungen des Gehirns und des Nervensystems hindeuten. Man sollte eine Neurologin oder einen Neurologen aufsuchen, wenn Beschwerden auftreten, die auf Erkrankungen des Gehirns, des Rückenmarks, der Nerven oder der Muskulatur hinweisen könnten. Dazu zählen Symptome wie anhaltende Kopfschmerzen, Schwindel, Lähmungen, Kribbeln oder Sehstörungen. Auch bei plötzlichen Anfällen, Gedächtnisverlust oder Bewegungsstörungen kann ein Besuch in der Neurologie notwendig sein.

Ausbildung zum Neurologen

Um Neurologe zu werden, ist ein klar strukturierter Ausbildungsweg notwendig, der in mehrere Phasen unterteilt ist. Der Einstieg erfolgt über ein Studium der Humanmedizin, gefolgt von einer Facharztausbildung, die auf Neurologie spezialisiert ist.

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  1. Medizinstudium: Das Medizinstudium bildet die Grundlage für die Karriere als Neurologe. Es dauert in der Regel sechs Jahre und gliedert sich in drei Abschnitte: Vorklinik, Klinik und das Praktische Jahr (PJ).
  2. Facharzausbildung: Nach dem erfolgreichen Abschluss des Medizinstudiums mit dem dritten Staatsexamen erfolgt die Facharztausbildung zum Neurologen. Diese dauert insgesamt fünf Jahre und wird in einer neurologischen Klinik mit Weiterbildungsermächtigung absolviert.

Die Ausbildung ist detailliert strukturiert und folgt den Vorgaben der Musterweiterbildungsordnung der Bundesärztekammer. Sie umfasst unter anderem:

  • Stationäre neurologische Patientenversorgung (24 Monate)
  • Psychiatrie und Psychotherapie (12 Monate)
  • Intensivmedizinische Versorgung (6 Monate)
  • Ambulante und weitere stationäre Versorgung (bis zu 24 Monate)

Nach Abschluss der Facharztausbildung haben Neurologen die Möglichkeit, sich auf bestimmte Teilgebiete der Neurologie zu spezialisieren.

Gehalt eines Neurologen

Das Durchschnittsgehalt eines Neurologen liegt in Deutschland bei etwa 85.000 bis 90.000 € brutto im Jahr. Das genaue Einkommen variiert jedoch je nach Berufserfahrung, Arbeitsort und Position. Ein Berufseinsteiger, der als Assistenzarzt in der Neurologie tätig ist, verdient im ersten Jahr durchschnittlich rund 58.000 € jährlich. Mit zunehmender Erfahrung und Verantwortung steigt das Gehalt erheblich. So kann ein erfahrener Oberarzt in einer neurologischen Abteilung etwa 100.000 bis 130.000 € pro Jahr verdienen.

Neben dem Grundgehalt haben Neurologen auch die Möglichkeit, durch Bereitschaftsdienste, Gutachtertätigkeiten oder die Leitung spezialisierter Abteilungen ihr Einkommen zu steigern. In der niedergelassenen Praxis hängt das Einkommen stark von der Anzahl der Patienten und der regionalen Nachfrage ab.

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