Die Charité - Universitätsmedizin Berlin ist eine der renommiertesten Universitätskliniken Europas. Ihre Klinik für Neurologie ist an drei Standorten in Berlin vertreten: Berlin-Mitte (CCM), Berlin-Steglitz (CBF) und Berlin-Wedding (CVK). Die Klinik deckt das gesamte Spektrum neurologischer Erkrankungen ab und ist sowohl in der Patientenversorgung als auch in der Forschung aktiv. Jährlich werden hier auf insgesamt 170 Betten über 8.000 neurologische Fälle stationär behandelt.
Leitung und Struktur der Klinik für Neurologie
Die Klinik für Neurologie der Charité wird von einem Direktor und mehreren stellvertretenden Direktoren geleitet, die für die einzelnen Standorte verantwortlich sind.
- Direktor: Prof. Dr. med. Matthias Endres ist der Direktor der Klinik für Neurologie an allen drei Standorten. Er ist zudem Vorstandsmitglied des Centrums für Schlaganfallforschung Berlin. Prof. Endres ist Mitglied der Nationalen Akademie der Wissenschaften Leopoldina und wurde mit zahlreichen wissenschaftlichen Preisen ausgezeichnet. Seine Forschungstätigkeit deckt ein breites Spektrum von der experimentellen und klinischen Forschung bis zur Versorgungsforschung ab.
- Stellvertretende Direktoren: Die jeweiligen Standorte werden von den stellvertretenden Klinikdirektoren geleitet:
- Prof. Dr. med. Stephan Brandt (CCM)
- Prof. Dr. med. Heinrich Audebert (CBF)
- Prof. Dr. med. Christoph Ploner (CVK)
- Weitere Direktoren:
- Prof. Dr. med. Harald Prüß ist Direktor der Abteilung für Experimentelle Neurologie (CCM).
- Prof. Dr. Andrea Kühn ist Direktorin der Sektion Bewegungsstörungen und Neuromodulation (CCM und CVK).
Schwerpunkte und Expertise der Chefärzte
Die Chefärzte der Neurologie an der Charité verfügen über unterschiedliche Schwerpunkte und Expertisebereiche, die die Vielfalt und das hohe Niveau der Klinik ausmachen.
- Prof. Dr. med. Matthias Endres: Als Direktor der Klinik für Neurologie und Vorstandsmitglied des Centrums für Schlaganfallforschung Berlin liegt ein Schwerpunkt seiner Arbeit auf der Schlaganfallforschung und -versorgung.
- Prof. Dr. med. Heinrich Audebert: Er ist ärztlicher Leiter der Klinik für Neurologie am Charité Campus Benjamin Franklin und gilt als international renommierter klinischer Schlaganfallexperte. Er ist Mitglied im Board of Directors der European Stroke Organisation. Prof. Audebert hat sich über viele Jahre einen reichen Erfahrungsschatz in der Telemedizin erarbeitet, unter anderem durch die Etablierung des telemedizinischen Projekts zur integrierten Schlaganfallversorgung (TEMPIS) in Süd-Ost-Bayern sowie in der Koordination des Stroke-Einsatz-Mobil-Projektes (STEMO) in Berlin.
- PD Dr. Franziska Scheibe: Sie übernahm die Nachfolge von Prof. Dr. Rudolf Friedrich Töpper als Chefärztin. Zuvor war sie als Oberärztin für die interdisziplinäre Neuro-Intensivstation sowie die neurologische Station an der Charité tätig. Als Wissenschaftlerin mit Schwerpunkt in der neurologischen Intensivmedizin entwickelte sie für Patient:innen mit besonders schweren Verläufen neuroimmunologischer Erkrankungen neue Therapiekonzepte. Sie implementierte neue digitale Technologien, unter anderem ein Data Warehouse System für das Patienten-Monitoring, um intensivmedizinische Verlaufsdaten aus der Gesundheitsversorgung mittels Künstlicher Intelligenz für die neurologische Prognostik und für Therapieentscheidungen nutzbar zu machen.
- Dr. med. Martin Ebinger: Er leitet die Abteilung Neurologie der Rehaklinik Medical Park Berlin Humboldtmühle und gilt als ausgewiesener Spezialist für die gesamte Bandbreite der Schlaganfallmedizin. Dr. Ebinger hat sowohl in Medizin als auch in Philosophie promoviert. Er ist Vorstandsmitglied am Centrum für Schlaganfallforschung Berlin und leitete den ärztlichen Stützpunkt des Stroke Einsatz-Mobils (STEMO).
Historische Entwicklung der Neurologie an der Charité
Die Neurologie an der Charité hat eine lange und bedeutende Geschichte, die eng mit der Entwicklung des Fachs in Deutschland verbunden ist.
- Frühe Anfänge: Die Unterbringung von Geisteskranken wurde in Preußen erst durch ein Reglement von 1702 für "irre und tolle Leute" und eine Kabinettsorder Friedrichs I von 1709 bestimmt. Berlins erste eigene "Irrenanstalt" ging interessanterweise aus der Hinterlassenschaft eines Geisteskranken hervor, der 1718 ohne Erben verstarb. 1798 brannte die Irrenanstalt in der Krausenstraße völlig aus und ein Teil der Kranken musste in die Charité.
- Etablierung der Psychiatrie: Im Flügel der "Alten Charité" (erbaut von 1785-1800) entstand die größte Abteilung für "Irre und Wahnwitzige" im deutschen Raum. In dieser Zeit wurde Ernst Horn (1774-1848) von der Charité Verwaltung 1808 als erster Professor für Psychiatrie in Deutschland berufen. Obwohl Horn, wie später Griesinger, der Ansicht war, dass Geisteskrankheiten körperliche Leiden sind, ist er als glühender Verfechter und "phantasievoller" Entwickler von aktiven Zwangsmaßnahmen bekannt geworden.
- Trennung von Neurologie und Psychiatrie: Heinrich-Moritz Romberg (1795-1873), Leiter der Medizinischen Poliklinik der Charité, begründete durch die Herausgabe des ersten "Lehrbuch der Nerven-Krankheiten des Menschen" (1840) eine Neugestaltung der Medizin, in der der Neurologie neben der Inneren Medizin und Psychiatrie ein eigener Platz zugewiesen wurde.
- Wilhelm Griesinger: Wilhelm Griesinger (1817-1868) leitete zwischen 1865 und 1868 als erster Direktor die kombinierte neurologische und psychiatrische Abteilung und formulierte in einem klaren Bekenntnis das Dogma der neuen Generation von ´Irrenärzten´: "Geisteskrankheiten sind Hirnkrankheiten". Er konzipierte damit in Berlin eine neue Form der "Irrenanstalt", die nun mehr einem Krankenhaus als einem Gefängnis glich.
- Carl Westphal: Sein Schüler und Nachfolger Carl Westphal (1833-1890) war als erster ordentlicher Professor für Neurologie/Psychiatrie (1874) für die Einführung der Nervenheilkunde zum Lehrfach verantwortlich. Seine Name ist unter anderem mit der Entdeckung und Beschreibung des Kniesehnenreflexes des Edinger-Westphal Kernes, der Pseudosklerose (Morbus Wilson) und der Forschungen zu Erkrankungen des Rückenmarks verbunden.
- Carl Wernicke und Hermann Oppenheim: Carl Wernicke (1848-1905) und Hermann Oppenheim (1858-1919) sind die wohl bekanntesten Mitarbeiter Westphals und Vertreter einer neuen Generation von auch neuropathologisch arbeitenden Neurologen, die sich in besonderer Weise der Korrelation morphologischer Veränderungen im Nervensystem mit klinischen Symptomen widmeten.
- Nationalsozialismus: Im Exodus ab 1933 mussten eine Reihe bedeutender jüdischer Wissenschaftler, Neurologen und Psychiater wie z.B. Paul Schuster, Franz Kramer, Erwin Straus, Arthur Kronfeld, Kurt Goldstein, Robert Hirschfeld, Max Bielschowski die Berliner Universität verlassen und emigrierten zumeist in die USA, nach England und Kanada. Nach Karl Bonhoeffers Emeritierung 1938 wurde ein Mitglied der NSDAP und der SS, Max de Crinis (1889-1945), neuer Leiter der Klinik.
- Nachkriegszeit: Mit Karl Leonhard wurde dann 1957 ein Psychiater und Neurologe berufen, der besonders durch und die bislang differenzierteste Klassifikation der endogenen Psychosen nach nosologischen Kriterien für internationales Renommé sorgte.
- Teilung Berlins: Ab 1989 wurden dann selbstständige Lehrstühle für Neurologie, Psychiatrie und Kinder- und Jugendpsychiatrie eingerichtet. Die Neurologische Klinik der Charité wurde seit 1993 von Karl Max Einhäupl geleitet.
- Zusammenführung: Nach Eremitierung von Peter Marx im Jahre 2004 wurden die Neurologischen Kliniken aller drei Standorte durch den verbleibenden Lehrstuhl für Neurologie von Karl Max Einhäupl zusammengeführt.
Forschungsschwerpunkte
Die Klinik für Neurologie der Charité ist auch in der Forschung sehr aktiv. Die Forscherinnen und Forscher der Neurologie untersuchen neurologische Erkrankungen auch in Verbundprojekten. In enger räumlicher, personeller und inhaltlicher Verzahnung mit der Neurologischen Klinik widmet sich die Abteilung unter der Leitung von Ulrich Dirnagl insbesondere der Schlaganfallforschung, der Erforschung der Mechanismen der Regulation der Hirndurchblutung sowie der Etablierung und Validierung von funktionellen und molekularen hirnbildgebenden Verfahren. Als weitere Forschungsschwerpunkte etablierte die Arbeitsgruppe Neurophysik unter Leitung von Gabriel Curio, die neuromagnetische Messtechnik (mit der Physikalisch-Technischen Bundesanstalt Berlin), das Berliner EEG-basierte Brain-Computer Interface (mit der TU Berlin) sowie die Koordination der Charité-Projekte im Bernstein Center for Computational Neuroscience Berlin.
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