Berufsunfähigkeitsgutachten bei Radikulopathie: Voraussetzungen und Durchsetzung Ihrer Ansprüche

Eine private Berufsunfähigkeitsversicherung (BU) ist eine der wichtigsten Absicherungen für Erwerbstätige. Sie sichert die Fähigkeit, den Beruf auszuüben. Wenn man seinen Beruf aus gesundheitlichen Gründen nicht mehr ausüben kann, führt dies dazu, dass man keine Einkünfte mehr erwirtschaften kann. Einen gesetzlichen Schutz vor dem Verlust der Fähigkeit, den eigenen Beruf auszuüben, gibt es seit 2001 nicht mehr. Um in den Schutz einer privaten BU-Versicherung zu kommen, muss diese erst von Erwerbstätigen abgeschlossen werden. Um eine private BU-Rente zu erhalten, muss eine Krankheit, Erkrankung oder die Folge eines Unfalls so starke Einschränkungen auslösen, dass die Fähigkeit, den eigenen und zuletzt ausgeübten Beruf auszuüben, eingeschränkt ist.

Berufsunfähigkeit versus Arbeitsunfähigkeit

Der Begriff der Berufsunfähigkeit unterscheidet sich maßgeblich von der klassischen Arbeitsunfähigkeit, wie sie etwa bei kurzzeitigen Erkrankungen oder nach einem Unfall besteht. Arbeitsunfähigkeit beschreibt einen vorübergehenden Zustand. Berufsunfähigkeit hingegen meint eine andauernde oder voraussichtlich länger als sechs Monate bestehende Beeinträchtigung, die das Ausüben des zuletzt ausgeübten Berufs, so wie er im gesunden Zustand bestand, unmöglich macht. Im Versicherungsrecht ist die Definition der Berufsunfähigkeit vor allem im Versicherungsvertragsgesetz (§ 172 Abs. 2 VVG) verankert. Demnach ist berufsunfähig, wer wegen Krankheit, Körperverletzung oder Kräfteverfalls seinen zuletzt ausgeübten Beruf (wie er in gesunden Tagen aussah) ganz oder teilweise voraussichtlich dauerhaft nicht mehr ausüben kann.

Radikulopathie: Ursachen, Symptome und Auswirkungen

Wer schon einmal einen Bandscheibenvorfall erlitten hat, kennt die starken Schmerzen und Einschränkungen, die damit einhergehen können. Bei einer Radikulopathie, die bei einem Bandscheibenvorfall auftreten kann, handelt es sich um eine spezifischere Erkrankung, die die Lebensqualität und die berufliche Leistungsfähigkeit erheblich beeinflussen kann. Der Begriff beschreibt eine Schädigung oder Reizung einer Nervenwurzel im Bereich der Wirbelsäule. Diese Nervenwurzeln treten aus dem Rückenmark aus und versorgen bestimmte Körperregionen mit Empfindungen und Bewegungsimpulsen. Wird eine dieser Wurzeln durch Druck, Entzündung oder Verletzungen beeinträchtigt, entstehen typische Symptome, die weit über einfache Rückenschmerzen hinausgehen. Die häufigste Ursache ist ein Bandscheibenvorfall, bei dem ausgetretenes Bandscheibenmaterial auf die Nervenwurzel drückt. Daneben können auch degenerative Veränderungen der Wirbelsäule (z.B. Osteopathien), Verletzungen (z.B. durch Hämatome), Tumore oder entzündliche Prozesse (z.B. Gürtelrose, Lyme-Borreliose) Auslöser sein. Auch Alterserscheinungen wie Wirbelgleiten oder Arthrose der kleinen Wirbelgelenke können eine Radikulopathie auslösen.

Eine Radikulopathie äußert sich durch eine Kombination von Beschwerden, die je nach betroffener Nervenwurzel variieren. Häufig treten starke Schmerzen auf, die nicht nur im Rücken spürbar sind, sondern auch in Arme oder Beine ausstrahlen können. Hinzu kommen können Taubheitsgefühle, Kribbeln oder ein Gefühl von „Ameisenlaufen“. Während manche Patienten durch eine konservative Therapie, die beispielsweise aus Physiotherapie, Schmerzmitteln und Schonung besteht, wieder weitgehend beschwerdefrei werden, entwickelt sich bei anderen ein chronischer Verlauf. In diesen Fällen bleibt eine dauerhafte Einschränkung bestehen, selbst nach Operationen oder Rehabilitationsmaßnahmen. Die Schmerzen und neurologischen Symptome betreffen nicht nur die Arbeits- oder Berufsfähigkeit. Viele Betroffene berichten, dass selbst alltägliche Handlungen wie längeres Sitzen, Gehen oder das Tragen von Einkäufen zur Qual werden.

Radikulopathie und Berufsunfähigkeit: Die 50-Prozent-Regel

Radikulopathie kann die Fähigkeit, den Beruf auszuüben, je nach Beruf und Intensität der Beschwerden unterschiedlich stark beeinträchtigen. Stellen Sie sich beispielsweise einen Handwerker oder Mechaniker vor, der ständig mit Werkzeugen arbeitet und dabei präzise sein muss. Schon geringfügige Taubheitsgefühle in den Fingern können dazu führen, dass er seine Arbeit nicht mehr sicher und zuverlässig ausführen kann. Bürotätige bemerken die Einschränkungen meist dann, wenn sie selbst mit ergonomischen Hilfsmitteln keine längeren Arbeitsphasen am Schreibtisch mehr verbringen können. Die entscheidenden Symptome der Radikulopathie für die Bewertung der Berufsunfähigkeit sind ausstrahlende Schmerzen in Arme oder Beine, Taubheitsgefühle, Kribbeln und Muskelschwäche bis hin zu Lähmungserscheinungen. Wie stark die Auswirkungen sind, hängt sehr von der Art der Tätigkeit und der Intensität der Symptome ab. Je nach betroffener Nervenregion und Intensität der Symptome können selbst routinierte Tätigkeiten unmöglich werden. Die motorischen und sensiblen Ausfälle führen dazu, dass grundlegende berufliche Anforderungen nicht mehr zuverlässig erfüllt werden können.

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Büroangestellte oder Beschäftigte in administrativen Berufen bleiben von den Folgen einer Radikulopathie nicht verschont. Langes Sitzen verstärkt die Schmerzen oft erheblich, während monotone Haltungen die Nerven zusätzlich reizen. Dies belastet nicht nur den Körper, sondern führt auch zu Konzentrationsproblemen und einer verminderten Leistungsfähigkeit. Lang anhaltende Beschwerden bleiben selten ohne psychische Folgen. Ständige Schmerzen, der Druck, im Beruf zu bestehen, und die Angst vor Arbeitsplatzverlust führen häufig zu Stress, Erschöpfung oder sogar Depressionen.

Wer an einer Radikulopathie leidet, hat nicht automatisch Anspruch auf eine Berufsunfähigkeitsrente. Grundlage für die Leistungspflicht der Versicherung ist die 50-Prozent-Regel, die in den meisten Versicherungsbedingungen einer BU-Versicherung enthalten ist. Sie besagt, dass der Versicherte seinen zuletzt ausgeübten Beruf zu mindestens 50 Prozent aus gesundheitlichen Gründen nicht mehr ausüben können muss. Viele Betroffene glauben, dass sie vollständig arbeitsunfähig sein müssen, um eine BU-Rente zu erhalten. Das ist nicht korrekt. Es reicht aus, wenn die Tätigkeit im bisherigen Beruf nur noch zur Hälfte oder weniger ausgeübt werden kann. Ebenso ist es nicht entscheidend, ob der Versicherte theoretisch auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt noch eine andere Tätigkeit verrichten könnte. Eine kurzfristige Arbeitsunfähigkeit reicht nicht aus, um eine BU-Rente zu erhalten. Ob die Voraussetzungen erfüllt sind, wird in der Regel durch ein ärztliches Gutachten festgestellt. Bei der Radikulopathie sind orthopädische und neurologische Befunde besonders wichtig.

Das ärztliche Gutachten: Ein entscheidender Faktor

Grundsätzlich kann dies jede Krankheit sein, wenn sie sich konkret auf die für den eigenen Beruf nötigen Fähigkeiten auswirkt. Entscheidend für die Anerkennung einer Berufsunfähigkeit ist nicht der medizinische Befund an sich, sondern vor allem die konkrete Auswirkung der jeweiligen Erkrankung auf die Ausübung des zuletzt ausgeübten Berufs. Ausschlaggebend ist der Grad der Beeinträchtigung im Alltag und bei beruflichen Aufgaben, nicht aber die Diagnose auf dem Papier. Eine Radikulopathie kann beispielsweise in manchen Berufen, etwa bei Tätigkeiten, die hohe Konzentration, Fingergeschick oder Kraft erfordern, sehr schnell zur Berufsunfähigkeit führen.

Die Auswirkungen einer Erkrankung werden je nach Beruf sehr unterschiedlich bewertet. Körperlich stark belastete Berufsgruppen wie Handwerker, Pflegekräfte oder Erzieher erreichen die Grenze von 50 Prozent deutlich schneller als Büroangestellte. Maßgeblich ist dabei immer die tatsächlich gelebte berufliche Tätigkeit, also die täglichen Arbeitsabläufe, Belastungen und Anforderungen.

Ein ärztliches Gutachten muss aktuell sein. ​Aus dem ärztlichen Gutachten muss hervorgehen, dass zwischen der gesundheitlichen objektivierbaren Beeinträchtigung und dem Eintritt einer Berufsunfähigkeit ein direkter Zusammenhang besteht. Die gesundheitliche Beeinträchtigung muss ursächlich dafür sein, dass der Versicherungsnehmer seine berufliche Tätigkeit nicht mehr ausüben kann. Liegt ein diesbezügliches ärztliches, fachärztliches, nervenärztliches, neurologisches oder psychiatrisches Gutachten vor, prüft der Versicherer die Anspruchsvoraussetzungen für eine Bewilligung der Berufsunfähigkeitsrente. Aus diesem Gutachten muss hervorgehen, dass der Versicherungsnehmer nicht mehr in der Lage ist, seine Berufstätigkeit zumindest 50 % oder im vollen Umfang auszuüben. Insofern ist das ärztliche, fachärztliche Gutachten die Voraussetzung für die Feststellung der Berufsunfähigkeit. Das ärztliche, fachärztliche Gutachten dient eben auch dazu, Betrugsversuchen vorzubeugen, denn erst wenn das Gutachten für den Prognosezeitraum die andauernde Berufsunfähigkeit bestätigt, wird der Versicherer weitere Anspruchsvoraussetzungen prüfen. Auch fordern Versicherer meist regelmäßig Auskünfte für die Nachprüfung zum Bestehen einer Berufsunfähigkeit. Besteht die Berufsunfähigkeit über einen längeren Zeitraum fort, wird regelmäßig, in meist jährlichen Abständen weiter begutachtet, weitere ärztliche Gutachten eingefordert, weitere Fachärztliche Gutachten eingefordert als Nachweis der Berufsunfähigkeit. Auf diese Weise sichern sich die Versicherer ab, dass Zahlungen aus der Berufsunfähigkeitsversicherung gerechtfertigt sind und weiter gerechtfertigt sind.

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​Ziel einer ärztlichen Begutachtung ist die Prüfung, ob angegebene und behauptete Beschwerden realistisch, wahrheitsgemäß und stimmig sind und auch, wie sich dies auf den genauen Berufsalltag auswirkt. Der Gutachter ist angehalten, Beschwerden und Beeinträchtigungen kritisch zu hinterfragen und diese mithilfe medizinischer Untersuchung zu objektivieren. Ein Gutachter stellt medizinische Sachverhalte fest. Ein Gutachter entscheidet nicht, ob bedingungsgemäß eine Berufsunfähigkeit vorliegt. Der unabhängige gutachtende Arzt ist fachkundiger unparteiischer Berater des Gerichtes, seine Aufgabe besteht darin, unparteiisch und unabhängig medizinische Befunde zu erheben und diese unter Berücksichtigung der sonstigen ihm zugänglich gemachten Informationen auf der Basis aktueller medizinisch - wissenschaftlicher Erkenntnisse und seines umfangreichen und umfassenden ärztlichen und wissenschaftlichen Erfahrungswissens zu bewerten, um so dem hierfür allein zuständigen Auftraggeber eine Entscheidung der rechtlich erheblichen Fragen zu ermöglichen. Bei Gerichtsgutachten ist der unabhängige Sachverständige stets an Beweisfragen und Weisungen gebunden, für eine sachgerechte Begutachtung ist die unparteiische Erfassung aller relevanten Sachverhaltsaspekte unverzichtbar.

Typische Argumente der Versicherer und wie man ihnen begegnet

Versicherer argumentieren nach einem Gutachten häufig, dass durch eine Reha oder eine Operation eine Besserung möglich sei. Ein weiterer häufiger Einwand ist, dass der Betroffene auf eine andere Tätigkeit verwiesen werden könnte. Eine genaue Darstellung der täglichen Arbeitsabläufe ist entscheidend. Nur wenn klar dokumentiert ist, welche konkreten Anforderungen der Beruf stellt, kann nachvollzogen werden, in welchem Umfang die Radikulopathie die Arbeitsfähigkeit einschränkt.

Der Weg zur BU-Rente: Antragstellung und Durchsetzung

Ein Verfahren zur Durchsetzung einer Berufsunfähigkeitsrente bedeutet für Betroffene meist eine große Belastung und Herausforderung. Neben den gesundheitlichen Einschränkungen kommen Unsicherheiten bezüglich der finanziellen Zukunft sowie die häufig komplexe und langwierige Auseinandersetzung mit der Versicherung hinzu. Der erste Schritt ist die Antragstellung bei der Versicherung. Schon hierbei werden häufig Fehler gemacht, die später zu Problemen führen können. Ein spezialisierter Anwalt hilft dabei, den Antrag korrekt und vollständig auszufüllen. Er achtet darauf, dass die Angaben zur beruflichen Tätigkeit und zu den Einschränkungen präzise dargestellt werden und nicht zu Missverständnissen führen. Jeder Vertrag über eine Berufsunfähigkeitsversicherung hat eigene Bedingungen. Diese sind oft schwer verständlich und enthalten juristische Formulierungen, die für Laien unklar sind. Damit eine Berufsunfähigkeit anerkannt wird, sind medizinische Gutachten unverzichtbar. Wir wissen, welche Gutachten erforderlich sind und wie diese beschafft werden können. Bei Radikulopathie sind in der Regel orthopädische und neurologische Gutachten entscheidend, in manchen Fällen auch psychologische Berichte. Viele Versicherer lehnen den ersten Antrag ab oder versuchen, die Zahlungen hinauszuzögern. Mit Hilfe der Kanzlei Ostheim & Klaus können Sie Ihre Ansprüche außergerichtlich geltend machen und notfalls auch vor Gericht durchsetzen. Gerade bei Radikulopathien sind die Argumente der Versicherer oft ähnlich. Sie verweisen auf mögliche Behandlungen oder bestreiten die Dauerhaftigkeit der Beschwerden. Wir kennen diese Vorgehensweisen und können mit gezielten rechtlichen und medizinischen Argumenten dagegenhalten.

Fallbeispiele und Gerichtsurteile

Ein 45-jähriger Krankenpfleger muss bei seiner Arbeit täglich Patienten betten, Materialien tragen und ist permanent auf den Beinen. Nach einem Bandscheibenvorfall mit Radikulopathie leidet er unter starken Schmerzen, Taubheitsgefühlen und massiven Bewegungseinschränkungen. Er kann seine Arbeit kaum noch bewältigen, obwohl er nicht vollständig arbeitsunfähig ist.

Allianz - Berufsunfähigkeitsversicherung zur Leistung verurteilt: Die Gutachten von Dr. Gabriela Henze und Nicole Schmitz-Bernt vom IMB München sind in sich widersprüchlich.

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LG Berlin, Urteil v. 15.04.2025: BVV zur Zahlung einer Berufsunfähigkeitsrente verurteilt, die Privat-Gutachter Dr. Gabriela Henze und Dr. Marcus Hieber vom IMB - Institut für Interdisziplinäre Begutachtungen - werden durch die gerichtliche Sachverständige widerlegt.

LG Nürnberg-Fürth, Urteil v. 14.02.2014: HUK-Coburg wird verurteilt, ein Krankentagegeld i.H.v. 51.045 Euro nachzuzahlen. IMB Gutachter Dr. Schweyer und Dr. Hieber werden widerlegt.

LG Deggendorf, Urteil v. 09.03.2024: Proxalto LV muss die Berufsunfähigkeit einer Heilpraktikerin nach überstandener Brustkrebserkrankung anerkennen. Dr. Käfferlein hatte mittels sog. „Beschwerdevalidierungstests“ vorschnell eine Simulation unterstellt.

Psychologische Zusatzgutachten und Beschwerdevalidierungstests

Seit einiger Zeit zeichnet sich insbesondere im Rahmen der neurologisch-psychiatrischen Begutachtung in der privaten Berufsunfähigkeitsversicherung ein neuer Trend dahingehend ab, dass sich die mit dem Gutachten beauftragten Psychiater sogenannter Beschwerdevalidierungstests (BVT) bedienen, mit dem Ziel ein angebliches suboptimales Leistungsverhalten und negative Antwortverzerrungen durch den Probanden nachzuweisen. Diese Tests finden bei der Bewertung ganz verschiedener psychiatrischer Erkrankungen Anwendung, z.B. von Leistungseinschränkungen infolge hirnorganischen Psychosyndroms, depressiven Erkrankungen und Erschöpfungssyndromen ( Burnout ) oder auch somatoformen Schmerzstörungen.Da in der privaten Berufsunfähigkeitsversicherung unterdessen ca. 40% der angemeldeten Leistungsfälle aus dem Bereich der psychischen Erkrankungen kommen, versucht man auf der Seite der Versicherer gegenzusteuern. Häufig kommen die von der Berufsunfähigkeitsversicherung beauftragten Psychiater zu einem nicht wirklich handhabbaren Ergebnis, so dass auf der Sachbearbeiterseite unterdessen die Durchführung entsprechender Beschwerdevalidierungstests bereits im Gutachtenauftrag vorgegeben wird.Diese Entwicklung muss aus mehreren Gründen als problematisch angesehen werden, da die juristische Zulässigkeit derartiger, von Psychologen erhobenen testpsychologischer Gutachten ebenso zweifelhaft ist, wie die deren medizinischer Nutzen.Grundsätzlich ist in allen Bedingungswerken in der privaten Berufsunfähigkeitsversicherung vorgesehen, dass die Begutachtung der bedingungsgemäßen Berufsunfähigkeit allein durch Ärzte erfolgen darf. Den Kreis der Sachverständigen dahingehend zu erweitern, dass ein Psychologe durch mit seinen Beschwerdevalidierungstests im Ergebnis die Grundlage für die Einschätzung des Psychiaters liefert, muss als unzulässig und insofern bedingungswidrig angesehen werden.Mindestens genauso entscheidend ist jedoch die Kritik in fachlicher Hinsicht. Es gilt in der psychiatrischen Wissenschaft als gesichert, dass die Beschwerdeschilderung durch Probanden, welche eine Leistungserwartung an einen Versorgungsträger haben, nicht selten von Überhöhungstendenzen geprägt ist. Die Möglichkeit dieses Verhaltens ( Aggravation, Simulation ) muss vom Gutachter prinzipiell in seine Bewertung mit einbezogen werden und er hat diese im Rahmen einer sog. Konsistenzprüfung zur würdigen. Innerhalb der Konsistenzprüfung kann die Durchführung von Beschwerdevalidierungstests unter bestimmten Voraussetzungen angezeigt sein.Im Unterschied zu dieser wohl herrschenden Auffassung in der psychiatrischen Begutachtungsliteratur[1] wird von einer anderen Seite der flächendeckende Einsatz von sog. Beschwerdevalidierungstests bei der Begutachtung von psychischen Störungen gefordert.[2] Zur Begründung werden - fachlich hoch umstrittene - Studien angeführt, welche von den gleichen Autoren erarbeitet worden sind[3] und wonach ca. 45% der Probanden ein angeblich „suboptimales Leistungsverhalten“ an den Tag legen würden. Zu beachten ist, dass die Autoren dieser Studien als psychiatrische und psychologische Gutachter tätig sind und in einer Vielzahl von Fällen von Versicherungsgesellschaften mit genau diesen Fragestellungen befasst werden.Es soll an dieser Stelle zu den Kritikpunkten am generellen Einsatz von testpsychologischen Gutachten nicht weiter vertieft werden, insbesondere auch deshalb, weil es sich hier um eine von Medizinern zu behandelnde fachspezifische Problematik handelt. Festgehalten werden muss jedoch, dass es zum Einsatz von Beschwerdevalidierungstests bisher keine interdisziplinären Begutachtungsleitlinien gibt, so dass diese nicht generell, sondern nur im begründeten Ausnahmefall zur Anwendung kommen dürfen und auch in diesen Fällen vorher festgelegt und begründet werden muss, welche und wie viele der zahlreich verfügbaren Testreihen zur Anwendung kommen sollen.Unterdessen wird dieses Problem auch von einigen Gerichten erkannt und dargestellt (z.B. LG Heidelberg v. 22.01.2013)Fakt ist, dass im Rahmen der Leistungsprüfung der Berufsunfähigkeitsversicherungen, in aller Regel testpsychologische Zusatzbegutachtungen bzw. sog. Beschwerdenvalidierungstests ausdrücklich beauftragt und als zwingender Bestandteil von Psychiatrischen Begutachtungen angesehen werden. Die Ergebnisse sind dann in der Regel interessengerecht, so dass den Antragstellern entweder Simulation- bzw. Aggravation unterstellt oder aber volle Leistungsfähigkeit unterstellt wird.

Ist ein Leistungsantrag in der privaten Berufsunfähigkeitsversicherung aufgrund von eines neben der psychiatrischen Begutachtung gleichzeitig - bzw. i.d.R vorab - durchgeführten testpsychologischen Zusatzgutachtens abgelehnt worden, ist bereits aus diesem Grund die anwaltliche Überprüfung der Entscheidung angeraten.

Die Rolle des Neurologen bei der Feststellung der Berufsunfähigkeit

Ein fachärztliches Gutachten eines Facharztes für Neurologie ist Voraussetzung für die Feststellung der Berufsunfähigkeit im Fach Neurologie bzw. Nervenheilkunde.

Testierfähigkeit und neurologische Erkrankungen

Die Testierfähigkeit, also die Fähigkeit, ein gültiges Testament zu errichten, ist ein wesentliches Element im Erbrecht. Bei Zweifeln an der Testierfähigkeit einer Person kann ein neurologischer Gutachter eine entscheidende Rolle spielen. Ein solcher Gutachter hilft dabei, den geistigen Zustand des Erblassers zum Zeitpunkt der Testamentserrichtung zu bewerten. Die Testierfähigkeit ist in § 2229 Abs. 4 BGB geregelt. Demnach ist testierunfähig, wer wegen krankhafter Störung der Geistestätigkeit, wegen Geistesschwäche oder wegen Bewusstseinsstörung nicht in der Lage ist, die Bedeutung seiner Willenserklärung zu verstehen und nach dieser Einsicht zu handeln. Ein neurologischer Gutachter wird herangezogen, um festzustellen, ob beim Erblasser zum Zeitpunkt der Testamentserrichtung neurologische Erkrankungen vorlagen, die seine Testierfähigkeit beeinträchtigen konnten. Solche Erkrankungen umfassen unter anderem Demenz, Alzheimer, Schlaganfälle und andere neurodegenerative Erkrankungen.

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