Neurologische Reha-Therapiemethoden: Ein umfassender Überblick

Neurologische Erkrankungen können das Leben von Betroffenen und ihren Angehörigen von einem Moment auf den anderen verändern. Ein Schlaganfall, eine Hirnblutung oder eine andere Schädigung des Nervensystems sind oft ein Schock und ziehen gravierende Einschränkungen nach sich. Die neurologische Rehabilitation bietet hier einen wichtigen Ansatz, um verloren gegangene Fähigkeiten wiederzuerlangen, die Selbstständigkeit zu fördern und die Lebensqualität zu verbessern.

Was ist neurologische Rehabilitation?

Die neurologische Rehabilitation unterstützt Menschen mit Störungen des zentralen und peripheren Nervensystems. Sie kommt in Form einer Anschlussheilbehandlung oder eines Heilverfahrens zum Einsatz. Ziel ist es, neurologische Ausfälle, Lähmungen und weitere Folgeschäden nach einem Schlaganfall, Hirnblutungen oder anderen Erkrankungen des Nervensystems zu behandeln oder zu lindern. Neben der Verbesserung der motorischen und kognitiven Funktionen steht die Wiederherstellung der Selbstständigkeit der Patientinnen und Patienten im Vordergrund.

Wann ist eine neurologische Reha notwendig?

Eine neurologische Reha wird empfohlen, wenn nach einer Erkrankung oder Schädigung des Nervensystems Unterstützung bei der Wiederherstellung körperlicher, kognitiver oder motorischer Fähigkeiten benötigt wird. Ob eine neurologische Rehabilitation notwendig ist, entscheidet sich jedoch im Einzelfall. Wenn Ihre Ärzt:in Ihnen oder einem Ihrer Angehörigen eine neurologische Rehabilitation nahelegt, sollten Sie diese Chance wahrnehmen, um den Erfolg einer Akutbehandlung langfristig zu verbessern.

Grundlegende Voraussetzungen für eine neurologische Reha:

  • Rehabilitationsbedarf: Es muss eine Einschränkung der Selbstständigkeit, Mobilität oder Alltagsbewältigung vorliegen.
  • Rehabilitationsfähigkeit: Die Patientinnen und Patienten müssen aktiv an den Therapien teilnehmen können und eine ausreichende Belastbarkeit aufweisen.
  • Rehabilitationsprognose: Durch gezielte Maßnahmen muss eine Verbesserung des Gesundheitszustandes oder eine Stabilisierung zu erwarten sein.
  • Ärztliche Verordnung: Eine neurologische Reha wird von Ärztinnen und Ärzten verordnet und erfordert eine medizinische Einschätzung.
  • Kostenübernahme: Die Genehmigung erfolgt durch Krankenkassen, Rentenversicherungsträger oder andere Kostenträger.

Welche neurologischen Erkrankungen werden in der Reha behandelt?

Die Behandlung in einer neurologischen Klinik oder Rehaklinik wird nach verschiedenen Erkrankungen verordnet, darunter:

  • Schlaganfall: Entsteht durch eine plötzliche Durchblutungsstörung im Gehirn.
  • Hirnblutung: Kommt es zum Platzen oder Einreißen eines Blutgefäßes im Gehirn.
  • Schädel-Hirn-Trauma: Unfälle oder andere Einwirkungen können das zentrale oder periphere Nervensystem schädigen.
  • Entzündliche Erkrankungen des Nervensystems: Diese können durch Erreger wie Bakterien, Viren oder Pilze verursacht werden, aber auch autoimmun bedingt sein.
  • Hypoxische Hirnschädigung: Entsteht durch eine unzureichende Sauerstoffversorgung des Gehirns, z. B. infolge eines Herzstillstands.
  • Erkrankungen der Nerven und Muskeln: Wie z. B. Muskeldystrophie oder Polyneuropathie.

Ziele der neurologischen Reha

Das wichtigste Ziel der neurologischen Reha ist es, Patientinnen und Patienten dabei zu unterstützen, wieder am öffentlichen und sozialen Leben teilzunehmen und ihren Alltag mit größtmöglicher Selbstständigkeit zu bewältigen.

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Weitere Ziele sind:

  • Förderung der Selbstständigkeit: Unterstützung bei der Rückkehr in den Alltag durch gezielte Maßnahmen zur Wiederherstellung grundlegender Fähigkeiten.
  • Verbesserung motorischer und kognitiver Funktionen: Therapie zur Wiederherstellung von Beweglichkeit, Koordination und Denkprozessen.
  • Wiedererlangung der Kommunikationsfähigkeit: Behandlung von Sprachstörungen, die z. B. nach einem Schlaganfall auftreten können.
  • Schmerzreduktion und Symptomlinderung: Maßnahmen zur Behandlung von Folgebeschwerden neurologischer Erkrankungen.
  • Individuelle Therapieplanung: Anpassung der Reha-Maßnahmen an die persönlichen Bedürfnisse und Fortschritte der Patientinnen und Patienten.
  • Unterstützung bei der beruflichen und sozialen Wiedereingliederung: Vorbereitung auf den Wiedereinstieg in das Berufsleben oder soziale Aktivitäten.

Therapieformen und Behandlungsmethoden in der neurologischen Reha

Der Fokus der Therapie im Rahmen der neurologischen Reha liegt auf der Bewältigung alltäglicher Lebenssituationen sowie der Verbesserung der Beweglichkeit, Kommunikationsfähigkeit und Gedächtnisleistung. Der genaue Therapieplan wird individuell auf die neurologische Erkrankung, die Schwere der neurologischen Schädigung sowie den aktuellen Gesundheitszustand abgestimmt.

Zu den häufig eingesetzten Therapieformen gehören:

Physiotherapie

Die Physiotherapie zielt darauf ab, die Beweglichkeit, Kraft, Koordination und Ausdauer der Patientinnen und Patienten zu verbessern. Durch gezielte Übungen und Techniken werden beispielsweise Lähmungen behandelt, das Gleichgewicht geschult und die Gehfähigkeit verbessert.

Eine spezielle Bewegungstherapie bei Parkinson, die gegen die krankheitsspezifische Verlangsamung (Bradykinese) und Verkleinerung (Hypokinese) von Alltagsbewegungen, z.B. des Gehens, vorgeht. Posturale Therapieformen zur Verbesserung des Gleichgewichts. Lokomotionstherapie zur Verbesserung der Gehfähigkeit. Defizitorientiertes Training von Muskelfunktion, Ausdauer und Bewegungskoordination durch eine neurologisch orientierte Medizinische Trainingstherapie.

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Ergotherapie

Im Rahmen eines ganzheitlichen Therapiekonzepts ist die Ergotherapie ein wichtiger Bestandteil der Behandlung in der neurologischen Rehaklinik. Ziel ist es, Patientinnen und Patienten durch gezielte Aktivitäten dabei zu unterstützen, ihre Selbstständigkeit und Handlungsfähigkeit im Alltag wiederzuerlangen. Das Behandlungskonzept in der Ergotherapie wird individuell auf die bestehenden Fähigkeiten, die zugrunde liegende neurologische Erkrankung oder Verletzung sowie die persönlichen Ziele der Patientinnen und Patienten abgestimmt. In der ergotherapeutischen Behandlung stehen das Wiedererlangen oder das Erhalten der Handlungsfähigkeit des Patienten im Mittelpunkt.

Logopädie

Nach einem Schlaganfall, einer Hirnblutung oder anderen neurologischen Erkrankungen und Verletzungen kann die Kommunikationsfähigkeit der Patientinnen und Patienten erheblich beeinträchtigt sein. Um die kommunikativen Fähigkeiten wiederherzustellen und zu verbessern, ist die Logopädie ein zentraler Bestandteil der neurologischen Reha. Durch gezielte logopädische Therapien wird daran gearbeitet, Sprache, Sprechmotorik und Stimmfunktion zu trainieren sowie das sichere Schlucken zu fördern. In der Logopädie werden vor allem Sprach-, Sprech- und Stimmstörungen sowie Schluckstörungen diagnostiziert und behandelt.

Neuropsychologie

Neuropsychologie ist eine wissenschaftliche Disziplin, die sich mit den Zusammenhängen zwischen den Funktionen des Gehirns auf der einen Seite und den geistigen Leistungen bzw. psychischen Prozessen auf der anderen Seite beschäftigt.

Psychologische Betreuung

Ein Schlaganfall, eine Hirnblutung oder eine chronisch verlaufende neurologische Erkrankung stellen nicht nur eine körperliche Herausforderung dar, sondern belasten auch die psychische Gesundheit der Betroffenen und ihrer Angehörigen. Deshalb ist die psychologische Betreuung ein wichtiger Bestandteil der neurologischen Rehabilitation.

Weitere Therapieansätze

  • Therapieformen auf der Grundlage des „Motorischen Lernens“
  • Physikalische Therapie (Bewegungsbäder, Wärme-/Kältetherapie)
  • Sporttherapeutische Interventionen zur Anregung und Förderung von Eigenaktivität und Selbstständigkeit, Verbesserung der Körperwahrnehmung und Körpererfahrung oder dem Erwerb alltagsrelevanter Fertigkeiten.
  • Musiktherapie

Phasen der neurologischen Rehabilitation

Die neurologische Rehabilitation ist in mehrere Phasen unterteilt, die sich nach dem Schweregrad der Erkrankung und dem individuellen Rehabilitationsbedarf richten:

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  • Phase A - Akutbehandlung: Erste medizinische Versorgung im Krankenhaus oder auf einer Intensivstation, um lebensbedrohliche Zustände zu stabilisieren.
  • Phase B - Frührehabilitation: Intensive medizinische und therapeutische Betreuung für schwer betroffene Patientinnen und Patienten, die noch auf umfassende Unterstützung angewiesen sind. Für die Aufnahme in die Phase B der neurologischen Rehabilitation müssen Patient:innen außer Lebensgefahr sein, sind in der Regel bettlägerig und benötigen intensivmedizinische Betreuung. In Phase B sind Patienten in der Regel bewusstlos oder haben schwere Bewusstseinsstörungen. Sie sind vollständig auf pflegerische Hilfe angewiesen, werden meist künstlich ernährt und können ihre Ausscheidungsfunktionen nicht kontrollieren. Das Hauptziel der neurologischen Frührehabilitation ist es, die betroffenen Patient:innen medizinisch zu stabilisieren, ihre vitalen Funktionen zu verbessern und sie schrittweise auf die weiteren Phasen der Rehabilitation vorzubereiten.
  • Phase C - Weiterführende Rehabilitation: Patientinnen und Patienten können aktiv an Therapien teilnehmen, um ihre Selbstständigkeit wiederzuerlangen. Patientinnen und Patienten wechseln in der Regel direkt von der neurologischen Frühreha (Phase B) in die Phase C. In Phase C haben Patienten überwiegend ein klares Bewusstsein und können einfache Aufforderungen befolgen. Auch wenn sie noch einen hohen pflegerischen Betreuungsbedarf haben, können sie an der Therapie aktiv teilnehmen. Wiederherstellung der Selbstständigkeit bei alltäglichen Verrichtungen und Alltagsaktivitäten (z.B. Verbesserung der Kommunikationsfähigkeit (z.B. Wiederherstellung einfacher Aufmerksamkeits- und Gedächtnisleistungen (z.B. Das übergeordnete Ziel ist die volle Handlungsfähigkeit des Patienten, sodass in Phase C eine Langzeitperspektive erarbeitet und die weitere Versorgung geplant und eingeleitet wird.
  • Phase D - Medizinische Rehabilitation: Fokus auf die Rückkehr in den Alltag oder ins Berufsleben durch gezielte Therapieprogramme. Wenn ein Patient ausreichend belastbar und so weit mobilisiert ist, dass er sich z.B. selbst fortbewegen und eigenständig essen kann, beginnt die Phase der medizinischen Rehabilitation. Sie soll verhindern, dass es z.B. zu einer Pflegebedürftigkeit oder bleibenden Behinderungen kommt bzw. diese verringern oder einer Verschlechterung vorbeugen. Mit Phase D kann die Rehabilitation abgeschlossen sein, z.B. wenn anschließend wieder ein selbstständiges Leben in der eigenen Wohnung möglich ist. Wenn der Patient nach der Akutbehandlung selbstständig kommunizieren und handeln kann und sich auf Stationsebene frei bewegen kann, ist direkt im Anschluss an die Akutklinik eine Anschlussrehabilitation möglich. Sie zählt zur medizinischen Rehabilitation (Phase D) und soll Patienten wieder an die Belastungen des Alltags und ggf.
  • Phase E - Nachsorge und berufliche Wiedereingliederung: Ambulante oder teilstationäre Maßnahmen zur langfristigen Stabilisierung und Integration. In Phase E geht es um Nachsorge, vor allem um die Sicherung des Behandlungserfolgs und die berufliche Wiedereingliederung. Berufliche Rehamaßnahmen sollen Menschen mit Behinderungen oder drohenden Behinderungen eine Erwerbstätigkeit ermöglichen bzw. Ist die Leistungsfähigkeit so stark beeinträchtigt, dass nur noch eine zeitlich eingeschränkte Erwerbstätigkeit möglich ist oder Betroffene gar nicht mehr arbeiten können, liegt eine Erwerbsminderung vor. Häufig kontaktieren Krankenkassen bei langer Krankheit die behandelnden Ärzte und wollen von diesen eine Einschätzung, ob die Erwerbsfähigkeit ihres Patienten erheblich gemindert oder gefährdet ist. Die Patient:innen können wieder zu Hause wohnen und ggf.
  • Phase F - Aktivierende, zustandserhaltende Langzeitpflege: Betreuung von Patientinnen und Patienten, die langfristig auf Pflege und therapeutische Maßnahmen angewiesen sind. Bei manchen Patienten kann es zu dauerhaften schweren Beeinträchtigungen und bleibenden Behinderungen kommen, z.B. bei schweren Hirnschäden. Sie brauchen dauerhaft Unterstützung und Betreuung, damit sich ihr Zustand nicht verschlechtert. Phase F reduziert im besten Fall die Einschränkungen der Betroffenen, sodass sie wieder mehr am sozialen Leben teilhaben können. Ist eine Pflege zuhause nicht möglich, können Einrichtungen mit aktivierender Langzeitpflege in Frage kommen.
  • Phase G: Ggf.

Dauer und Ablauf der neurologischen Reha

Eine neurologische Rehabilitation kann entweder als Anschlussrehabilitation direkt nach einem Krankenhausaufenthalt oder als Heilverfahren unabhängig von einer akuten stationären Behandlung durchgeführt werden. Die Dauer einer stationären neurologischen Rehabilitation kann je nach Krankheitsbild, Therapiefortschritt und individuellen Bedürfnissen variieren. Ein Aufenthalt in der Frührehabilitation dauert durchschnittlich etwa 25 Tage. Während einige Patientinnen und Patienten nach drei bis sechs Wochen bereits deutliche Verbesserungen erzielen, kann die Therapie in schwereren Fällen über einen längeren Zeitraum erforderlich sein. Ambulante oder teilstationäre Reha-Maßnahmen in Phase E können sich über mehrere Monate erstrecken.

Der Ablauf einer neurologischen Rehabilitation verläuft nicht starr von Phase A bis Phase G. Nach der Erstversorgung in Phase A (in der Regel in einer Akutklinik) teilen die Spezialisten der Klinik die Patient:innen in eine der Phasen B bis G ein. Es können auch Phasen übersprungen werden, wenn Patienten z.B. schnell wieder selbstständig handeln und sich bewegen können. Bei einer Verschlechterung des Zustands kann auch ein Wechsel in eine frühere Phase notwendig werden.

Auswahl der richtigen Rehaklinik

Sie haben das Recht, sich Ihre ambulante oder stationäre Rehaklinik selbst auszusuchen. Die beste Rehaklinik für Neurologie hängt von den individuellen Bedürfnissen, der Art der neurologischen Erkrankung und den verfügbaren Behandlungsmöglichkeiten ab.

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