Ein Vitamin-B12-Mangel ist ein weit verbreitetes Problem, das insbesondere ältere Menschen und Veganer betrifft. In Deutschland hat etwa jeder zehnte Mensch zu wenig Vitamin B12 im Blut, wobei dieser Anteil bei über 65-Jährigen sogar auf jeden vierten ansteigt. Dieser Mangel kann schwerwiegende Folgen haben, insbesondere für das Nervensystem.
Die Bedeutung von Vitamin B12 für den Körper
Vitamin B12, auch Cobalamin genannt, ist ein essenzielles Vitamin, das der Körper für verschiedene Stoffwechselprozesse benötigt. Es spielt eine zentrale Rolle im Energiestoffwechsel, bei der Bildung von Blutzellen und beim Aufbau der Nervenhüllen. Da der Körper Vitamin B12 nicht selbst herstellen kann, muss es über die Nahrung aufgenommen werden.
Vorkommen und Aufnahme von Vitamin B12
Größere Mengen an Vitamin B12 finden sich vor allem in tierischen Lebensmitteln wie Fleisch, Fisch, Eiern und Milchprodukten. Die Freisetzung von Vitamin B12 im Körper erfolgt durch Magensäure und Verdauungsenzyme. Ein spezielles Protein, der sogenannte "Intrinsic Factor", transportiert das Vitamin dann zu den Dünndarmzellen, wo es aufgenommen wird. Der Körper verfügt über große Vitamin-B12-Depots in der Leber, weshalb ein Mangel oft erst Jahre nach Beginn der Unterversorgung auffällt.
Ursachen für einen Vitamin-B12-Mangel
Ein Mangel an Vitamin B12 kann verschiedene Ursachen haben:
- Unzureichende Zufuhr: Besonders bei veganer Ernährung, aber auch bei einseitiger oder mangelhafter Ernährung im Alter, kann es zu einer zu geringen Aufnahme von Vitamin B12 kommen.
- Gestörte Aufnahme: Mit zunehmendem Alter sinkt die Leistungsfähigkeit des Magen-Darm-Trakts, was die Aufnahme von Vitamin B12 beeinträchtigen kann. Auch Erkrankungen wie chronische Magenschleimhautentzündungen, Morbus Crohn oder eine Bauchspeicheldrüsenschwäche können die Aufnahme stören. Bestimmte Medikamente, insbesondere Magenschutzpräparate und das Diabetes-Medikament Metformin, können ebenfalls die Aufnahme von Vitamin B12 behindern.
- Erhöhter Bedarf: In bestimmten Lebensphasen, wie Schwangerschaft und Stillzeit, oder bei chronischen Erkrankungen kann der Bedarf an Vitamin B12 erhöht sein, sodass eine normale Zufuhr nicht ausreicht.
- Malabsorption: Bei älteren Patienten kann eine Vitamin-B12-Malabsorption auftreten, der keine der genannten Ursachen zugrunde liegt. Risikofaktoren sind hierbei fortgeschrittenes Alter, Pharmakotherapien, die die Absorption von Vitamin B12 beeinträchtigen (z.B. Metformin, Magensäureblocker, L-Dopa), Magen-Darm-Erkrankungen wie Morbus Crohn oder atrophische Gastritis, Magenoperationen / Dünndarm-Resektion, Antikörper gegen Parietalzellen oder Intrinsic Factor, Perniziöse Anämie in der Familiengeschichte, Autoimmunkrankheiten und Missbrauch von Lachgas.
Neurologische Symptome eines Vitamin-B12-Mangels
Ein Vitamin-B12-Mangel kann sich durch eine Vielzahl neurologischer Symptome äußern, da der Nährstoff für die normale Funktion der Nerven unerlässlich ist. Diese Symptome können unspezifisch sein und sich schleichend entwickeln, was die Diagnose erschwert.
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Auswirkungen auf das Nervensystem
Vitamin B12 schützt die Nervenzellen vor Schäden und ist maßgeblich an der Bildung der Myelinscheide beteiligt. Diese Schicht umgibt die Nervenzellfasern und sorgt für eine schnelle und reibungslose Weiterleitung von Signalen. Ein Mangel an Vitamin B12 kann die Produktion der Myelinscheide beeinträchtigen, was zu einer gestörten Signalübertragung führen kann.
Darüber hinaus ist Vitamin B12 an der Bildung von Neurotransmittern wie Serotonin und Dopamin beteiligt, die für die Kommunikation der Nervenzellen untereinander wichtig sind und unsere Stimmung, Gefühle und unseren Schlaf beeinflussen.
Mögliche neurologische Ausfälle
Ein schwerwiegender Vitamin-B12-Mangel kann das Rückenmark (funikuläre Myelose) und das Gehirn schädigen. Die Schädigungen am Rückenmark können sich durch Missempfindungen um die Unterschenkel und Fußgelenke zeigen, während die Schädigung des Gehirns psychiatrische Symptome wie Verwirrung, Reizbarkeit, Apathie und Depressionen verursachen kann. Auch Konzentrationsschwäche, Gedächtnisstörungen bis hin zur Demenz können auftreten.
Das periphere Nervensystem kann ebenfalls betroffen sein, was zu Empfindungsstörungen an Händen und Füßen führen kann.
Spezifische und unspezifische neurologische Störungen
Zu den eher unspezifischen neurologischen Symptomen eines Vitamin-B12-Mangels zählen Konzentrationsstörungen und Vergesslichkeit. Spezifischere Anzeichen sind beispielsweise die Ataxie, eine Störung der Koordination der Bewegung, die zu Unsicherheiten beim Gehen und Stehen führt. Auch Missempfindungen in den Händen und Füßen, die sich zu Nervenschmerzen entwickeln können, sowie Sehstörungen aufgrund einer Schädigung des Sehnervs können auftreten.
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Häufige Empfindungsstörungen
Das häufigste neurologische Symptom sind symmetrische Gefühlsstörungen in Händen und Füßen, die sich als "pelziges" Taubheitsgefühl, Kribbeln oder Ameisenlaufen äußern können. Diese Empfindungen können sich zu stechenden und brennenden Schmerzen entwickeln, insbesondere bei Ruhe. Auch ein Gefühl des Einschnürens oder einer Manschette um die Unterschenkel und Füße kann hinzukommen.
Gefährlich werden Gefühlsstörungen, wenn die Wahrnehmung von Bewegung und Druck nicht mehr richtig funktioniert, was zu Unsicherheit beim Stehen und Gehen und somit zu einem erhöhten Sturzrisiko führen kann.
Diagnose eines Vitamin-B12-Mangels
Die Diagnose eines Vitamin-B12-Mangels erfordert ein Gespräch mit dem Arzt, in dem der Betroffene seine Beschwerden genau schildert. Der Arzt kann in der Praxis einfache Tests durchführen, um beispielsweise unsicheres Gehen und Stehen zu überprüfen.
Blutuntersuchungen
Um den Verdacht auf einen Vitamin-B12-Mangel zu bestätigen, ist eine Blutuntersuchung erforderlich. Dabei werden verschiedene Marker des Vitamin-B12-Mangels bestimmt.
- Gesamt-B12-Serumspiegel: Dies ist ein unspezifischer Wert, der jedoch als erster Anhaltspunkt dienen kann. Liegt der Wert unter 200 Nanogramm pro Liter, spricht das klar für einen Mangel. Allerdings können auch bei normalen Werten Mangelzustände vorliegen.
- Holotranscobalamin (Holo-TC): Die Messung dieser Verbindung, des Holotranscobalamin (Holo-TC), ist aussagekräftiger. Holo-TC gilt als Frühmarker und zeigt den Status des tatsächlich aktiven Vitamins an.
- Methylmalonsäure (MMA): MMA entsteht vermehrt, sobald in den Zellen zu wenig Vitamin B12 verfügbar ist. Erhöhte MMA-Werte in Blut und Urin geben den frühesten messbaren Hinweis auf einen Vitamin-B12-Mangel.
- Homocystein: Ein erhöhter Homocysteinspiegel kann ebenfalls auf einen Vitamin-B12-Mangel hindeuten.
Weitere Untersuchungen
Ergänzend können weitere Untersuchungen durchgeführt werden, um die Ursache des Mangels zu ermitteln, wie beispielsweise die Bestimmung von Antikörpern gegen Parietalzellen oder den Intrinsic Factor.
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Behandlung eines Vitamin-B12-Mangels
Die Behandlung eines Vitamin-B12-Mangels richtet sich nach der Schwere des Mangels und der zugrunde liegenden Ursache. Ziel ist es, das Vitamindefizit so schnell wie möglich auszugleichen, um die Symptome zu lindern und weitere gesundheitliche Folgen aufzuhalten.
Vitamin-B12-Gabe
- Orale Therapie: Bei leichteren Mangelzuständen oder wenn keine Aufnahmestörung vorliegt, kann Vitamin B12 in Tablettenform eingenommen werden. Hierfür eignen sich hochdosierte Präparate mit 1.000 Mikrogramm Vitamin B12.
- Parenterale Therapie: Bei schweren Mangelzuständen oder bei Vorliegen einer Aufnahmestörung wird Vitamin B12 meist per Spritze verabreicht, entweder in den Muskel, unter die Haut oder direkt in die Vene.
B12 Ankermann®
B12 Ankermann® ist ein in Deutschland erhältliches Vitamin-B12-Arzneimittel, das sowohl in Form von Injektionslösung als auch als Tabletten erhältlich ist. B12 Ankermann® Injekt enthält 1.000 Mikrogramm Vitamin B12 pro Ampulle und kann die Konzentration von Vitamin B12 im Blut rasch erhöhen. B12 Ankermann® Tabletten enthalten ebenfalls 1.000 Mikrogramm Vitamin B12 und sorgen für eine wirksame Aufnahme des Nährstoffs in den Körper.
Weitere Maßnahmen
Neben der Vitamin-B12-Gabe sollte auch die zugrunde liegende Ursache des Mangels behandelt werden, wie beispielsweise eine chronische Magenschleimhautentzündung oder ein Darmleiden. Zudem sollte auf die Einnahme bestimmter Medikamente geachtet werden, die die Aufnahme oder Verwertung von Vitamin B12 beeinträchtigen.
Dauer der Behandlung
Die Geschwindigkeit, mit der sich die Beschwerden zurückbilden, hängt von der Schwere des Mangels und der Dauer der Symptome ab. Das Blutbild bessert sich oft schon innerhalb weniger Tage bis Wochen. Neurologische Symptome wie ein Kribbelgefühl oder Lähmungen brauchen hingegen länger. Hier kann es Wochen oder sogar Monate dauern, bis eine spürbare Besserung eintritt - und nicht immer verschwinden die Beschwerden vollständig. Bestehen Nervenschäden bereits über längere Zeit, können sie dauerhaft bleiben.
Vorbeugung eines Vitamin-B12-Mangels
In vielen Fällen lässt sich ein Mangel an Vitamin B12 einfach verhindern. Neben der frühzeitigen Behandlung möglicher Grunderkrankungen spielt die Ernährung eine zentrale Rolle.
Ernährung
Die empfohlene tägliche Zufuhr an Vitamin B12 über die Nahrung liegt für Erwachsene bei etwa 4 Mikrogramm. Vitamin B12 kommt fast ausschließlich in tierischen Lebensmitteln vor. Besonders reich an Vitamin B12 sind Rinderleber und Muscheln. Weitere gute Quellen sind Fisch, Fleisch, Eier und Milchprodukte.
Nahrungsergänzung
Wer sich vegan ernährt, sollte in Absprache mit einer Ärztin oder einem Arzt Vitamin B12 dauerhaft über Nahrungsergänzungsmittel zuführen. Auch bei einer vegetarischen Ernährung kann es langfristig zu einer Unterversorgung kommen, wenn tierische Produkte wie Milch oder Käse nur selten auf dem Teller landen.
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