Nicht-epileptische Anfälle: Symptome, Ursachen und Diagnose

Epilepsie ist eine neurologische Erkrankung, die durch wiederholte epileptische Anfälle gekennzeichnet ist. Allerdings sind nicht alle Anfälle epileptisch. Psychogene nicht-epileptische Anfälle (PNEA) sind Anfälle, die epileptischen Anfällen ähneln, aber psychische Ursachen haben. Es ist wichtig, zwischen epileptischen und nicht-epileptischen Anfällen zu unterscheiden, da die Behandlung unterschiedlich ist.

Epilepsie: Ein Überblick

Epilepsie ist eine Erkrankung des Gehirns, die durch kurze Störungen der elektrochemischen Signalübertragung im Gehirn gekennzeichnet ist. Diese Störungen äußern sich in Form von Anfällen, die verschiedene Formen annehmen können. Epileptische Anfälle dauern meist nur wenige Sekunden oder Minuten und haben sehr verschiedene Formen. Die Anfälle können von kurzen, unauffälligen Bewusstseinsaussetzern (Absencen) über fokale Anfälle mit Missempfindungen, Sprachstörungen oder Zuckungen bis hin zum Krampfanfall mit Sturz reichen. Umgangssprachlich wird Epilepsie als "Fallsucht" oder "Krampfleiden" bezeichnet.

Ursachen von Epilepsie

Epilepsie kann verschiedene Ursachen haben, darunter:

  • Genetische Faktoren: Epilepsie kann genetisch bedingt sein.
  • Krankheitsbedingte Ursachen: Hirnschäden durch Krankheiten wie Meningitis oder Enzephalitis können Epilepsie verursachen.
  • Unfallfolgen: Schädel-Hirn-Traumata können zu Epilepsie führen.
  • Unbekannte Ursachen: In vielen Fällen ist die Ursache der Epilepsie unbekannt.

Arten von epileptischen Anfällen

Epileptische Anfälle werden in verschiedene Kategorien eingeteilt, darunter:

  • Motorische Anfälle: Diese Anfälle gehen mit unwillkürlichen Bewegungen einher, z.B. Muskelzuckungen und/oder Krämpfe in einzelnen Körperteilen.
  • Nichtmotorische Anfälle: Diese Anfälle äußern sich nicht in Bewegungen, sondern z.B. in Halluzinationen oder Missempfindungen.
  • Tonisch-klonische Anfälle mit generalisiertem Beginn: Diese Anfälle, früher als Grand-mal-Anfälle bezeichnet, sind durch Bewusstlosigkeit, Versteifung des Körpers (tonische Phase) und anschließende Zuckungen (klonische Phase) gekennzeichnet. Weitere typische Symptome sind bläuliche Hautverfärbungen, Einnässen, Speichelaustritt und Bissverletzungen an der Zunge. Viele müssen sich nach einem Grand-mal-Anfall lange erholen.
  • Absencen: Diese milde Form des generalisierten Anfalls, die oft als "Verträumtheit" oder "Aussetzer" verkannt wird, ist durch kurze Bewusstseinsaussetzer ohne Stürze oder ausgeprägte Krämpfe gekennzeichnet. Manchmal zucken die Augenlider leicht. Absencen sind bei Kindern und Jugendlichen besonders häufig.
  • Fokal zu bilateral tonisch-klonisch: Das sind Anfälle, die fokal (in einer Gehirnhälfte) beginnen, die sich dann aber zu einem tonisch-klonischen Anfall in beiden Gehirnhälften (= bilateral) weiterentwickeln.

Erste Hilfe bei epileptischen Anfällen

Bei einem epileptischen Anfall ist es wichtig, Ruhe zu bewahren und folgende Maßnahmen zu ergreifen:

Lesen Sie auch: Ursachen und Risikofaktoren für Schlaganfälle bei Katzen

  • Nicht festhalten: Versuchen Sie nicht, die Person während des Anfalls festzuhalten.
  • Keinen Beißkeil oder ähnliches zwischen die Zähne: Dies kann zu Verletzungen führen.
  • Verletzungen verhindern: Sorgen Sie dafür, dass die Person sich während des Anfalls nicht verletzt. Entfernen Sie ggf. Gegenstände in der Umgebung.
  • Nach dem Anfall dabeibleiben: Bleiben Sie bei der Person, bis das Bewusstsein wieder klar ist.

Psychogene nicht-epileptische Anfälle (PNEA)

Psychogene nichtepileptische Anfälle (PNEA) sind Anfälle, die epileptischen Anfällen ähneln, aber psychische Ursachen haben. Sie werden oft mit epileptischen Anfällen verwechselt und können auch zusätzlich zu einer Epilepsie vorkommen. Psychosomatische Anfälle sind weder vorgetäuscht noch eingebildet.

Ursachen von PNEA

Mögliche Ursachen für PNEA sind z.B. traumatische Erlebnisse oder belastende Lebensumstände, aber sie können auch ohne solche Umstände auftreten. Dissoziative Anfälle sind meist Folge unbewusster seelischer Belastung. Manchmal stehen frühere medizinische Ereignisse wie ein epileptischer Anfall oder eine Ohnmacht am Anfang. Menschen mit anderen chronischen Erkrankungen wie Epilepsie, Migräne, Depression, Angst- oder Schlafstörungen haben ein erhöhtes Risiko.

Symptome von PNEA

Typische Anzeichen für PNEA sind plötzliche Bewegungsstörungen oder Bewusstseinsveränderungen ohne eine organische Ursache im Gehirn. Bei Dissoziativen Anfällen verlieren Betroffene vorübergehend die Kontrolle über ihren Körper - mit Zuckungen, Ohnmachtsanfällen oder Verkrampfungen. Es kann sich anfühlen, als würde man sich von seinem eigenen Körper oder seinen eigenen Emotionen entfernt selbst beobachten. Typisch ist ein plötzlicher Kontrollverlust über den Körper. Es kann zu Zuckungen, Verkrampfungen oder einem Ohnmachtsanfall kommen. Anders als bei Epilepsie fehlt jedoch eine krankhafte elektrische Entladung im Gehirn. Die Anfälle entstehen ohne erkennbare körperliche Ursache und dauern oft mehrere Minuten. Bei den dissoziativen Krampfanfällen treten selten die für epileptische Anfälle typischen Symptome Zungenbiss, Verletzungen beim Sturz oder Einnässen (Inkontinenz) auf. Die dissoziativen Anfälle kennzeichnen sich zum Beispiel durch krampfartige Zuckungen, verrenkungsähnliche Bewegungen, Überstreckungen des Kopfes, Grimassierungen oder schüttelnde Bewegungen der Arme, Beine oder des Kopfes.

Diagnose von PNEA

Die Diagnose von PNEA kann schwierig sein, da die Symptome epileptischen Anfällen ähneln können. Bei häufigen Anfällen kann ein Langzeit-EEG die Hirnströme während des Anfalls messen und so bei der Abgrenzung helfen. Anfall-Videos und Berichte von Angehörigen können wertvolle Hinweise über die Anfallsart liefern. Die Diagnose stützt sich auf das typische Erscheinungsbild der Anfälle. Durch Video-EEG-Monitoring (EEG = Elektroenzephalographie) kann mit nahezu vollständiger Sicherheit eine Epilepsie ausgeschlossen werden. Die Betroffenen werden dabei während den Anfällen gefilmt und deren elektrische Gehirn-Aktivitäten gemessen.

Behandlung von PNEA

Gegen PNEA helfen Psychoedukation (= Aufklärung über PNEA) und, wenn das nicht reicht, Psychotherapie, Antiepileptika sind hier wirkungslos. Zentral ist eine individuell angepasste Psychotherapie. Jeder zweite Betroffene wird mit Therapie anfallsfrei - früh beginnen lohnt sich! Eine spontane Heilung ist selten - aber mit gezielter Therapie sind die Chancen gut: Bei über der Hälfte der Patienten nehmen die Anfälle stark ab oder verschwinden ganz. Wichtig ist ein offener Umgang mit der Erkrankung. Angehörige, Freunde und Kolleg:innen sollten wissen, wie sie im Ernstfall reagieren.

Lesen Sie auch: Umgang mit Demenz im Arzttermin

Erste Hilfe bei dissoziativen Anfällen

Sorge für Sicherheit, entferne z.B. Halte den Betroffenen nicht fest. Spreche ruhig und freundlich mit dem Betroffenen.

Differentialdiagnose: Epileptische Anfälle vs. PNEA

Die Unterscheidung zwischen epileptischen Anfällen und PNEA ist entscheidend für die richtige Behandlung. Hier sind einige wichtige Unterschiede:

MerkmalEpileptische AnfällePsychogene nicht-epileptische Anfälle (PNEA)
UrsacheStörungen der elektrochemischen Signalübertragung im GehirnPsychische Ursachen, z.B. traumatische Erlebnisse oder belastende Lebensumstände
SymptomeSehr vielfältig, von kurzen Bewusstseinsaussetzern bis hin zu Krampfanfällen mit Sturz; typische Symptome können Zungenbiss, Einnässen und Verletzungen beim Sturz seinÄhnlich wie epileptische Anfälle, aber seltener Zungenbiss, Einnässen und Verletzungen beim Sturz; dissoziative Symptome wie Kontrollverlust über den Körper, Zuckungen, Verkrampfungen oder Ohnmachtsanfälle können auftreten
EEGKann epilepsietypische Potentiale zeigenZeigt keine epilepsietypischen Potentiale
BehandlungAntiepileptikaPsychotherapie, Psychoedukation

Diagnose von Epilepsie

Gerade bei einem ersten Epilepsieanfall stehen behandelnden Ärzten nur wenige Informationen über die Symptome des Anfalls zur Verfügung. Zwar beinhaltet eine erste körperliche Untersuchung u.a. technische Hilfsmittel wie die Elektroenzephalographie (EEG) und die Magnetresonanztomographie (MRT, besonders bei Kindern), aber es kann ratsam sein, das Gesicht des Betroffenen während des Anfalls zu fotografieren. Besonders die Augen des Betroffenen liefern wichtige Hinweise: Sind die Augen zu Beginn eines Anfalls geschlossen, stehen die Chancen gut, dass es sich nicht um einen epileptischen Anfall handelt. Auch Videoaufnahmen von Anfällen können helfen.

Anamnese

Entsprechend der zahlreichen möglichen Auslöser und Ursachen muss im Rahmen der Diagnose also nicht nur abgeklärt werden, ob es sich überhaupt um einen epileptischen Anfall, einen einmaligen Krampfanfall oder einen Fieberkrampf handelt, sondern im Falle von Epilepsie auch, um welche spezifische Form es sich handelt. Nur so kann die optimale Behandlung eingeleitet werden. Die zahlreichen verschiedenen Formen von epileptischen Anfällen und nicht-epileptischen Krampfanfällen machen eine Diagnose jedoch nicht immer ganz einfach. Dafür ist auch ein ausführliches Gespräch zwischen Ärztinnen und Ärzte und Patientinnen und Patienten wichtig. Hierbei stellen Ärztinnen und Ärzte zahlreiche Fragen, um die Vorgeschichte, die aktuellen Symptome sowie die Lebensgewohnheiten von Patientinnen und Patienten in Erfahrung zu bringen (=Anamnese). Bei einer Fremdanamnese werden auch Angehörige z. B. Bewährt bei der Diagnostik hat sich auch die Aufnahme eines Anfalls auf dem Smartphone durch Angehörige. Dieses Video kann dann den Ärztinnen und Ärzte vorgespielt werden. Eine möglichst genaue Dokumentation der Symptome erleichtert den Ärztinnen und Ärzte die Diagnose oft erheblich. War derdie Betroffene während des Anfalls ansprechbar? Allerdings ist man beim ersten Anfall natürlich nicht auf die Situation vorbereitet und weiß nicht, worauf genau man achten soll. Zudem sind viele Symptome so subtil oder schnell wieder vorbei, sodass Beobachterinnen sie vielleicht gar nicht bemerken. Und auch bei der Frage zum Bewusstsein und zur Ansprechbarkeit der Betroffenen gibt es Abstufungen. So kann das Bewusstsein zum Beispiel für einfache Anweisungen und Fragen ausreichend genug sein, aber nicht für komplexere Zusammenhänge.

EEG (Elektroenzephalographie)

Erhärtet sich im Rahmen der Anamnese der Verdacht auf Epilepsie, folgen meist EEG und ggf. Ein EEG zeichnet - ganz einfach gesprochen - die Gehirnströme auf, oder besser ausgedrückt, es misst die minimale elektrische Spannung auf der Kopfoberfläche. So lässt sich die Aktivität der Nervenzellen messen und visualisieren. Davon haben wir mehr als 50 Milliarden in unserem Gehirn. Durch kleinste elektrische Entladungen kommunizieren diese miteinander, damit unser Gehirn als Schaltzentrale des Körpers funktionieren und Befehle, sowie Informationen empfangen und weiterleiten kann. Durch diese Entladungen entsteht an der Nervenzellwand ein Spannungsunterschied zwischen Innen- und Außenseite in Höhe von 60 bis 100mV (1mV = 1 Tausendstel Volt). Der Auf- und Abbau dieses Spannungsunterschieds lässt sich beobachten. Dabei werden so starke elektrische Felder erzeugt, dass diese auch in einigen Zentimetern Entfernung zur Nervenzelle, nämlich an unser Kopfhaut, gemessen werden können. Bei einem EEG werden also die elektrischen Aktivitäten mittels Elektroden als Kurve bzw. Die Summenpotentiale der Nervenzellen werden auf dem EEG-Bildschirm durch mehrere Kurven (in der Regel 8−12 Kurven, bei Bedarf auch mehr) übereinander dargestellt. Dadurch lassen sich Störungen der ansonsten gleichmäßigen Wellen erkennen, sogenannte Spikes oder Spike-Waves. Diese können unter bestimmten Voraussetzungen Anzeichen für eine Epilepsie sein. Sie werden auch als epileptiforme, epilepsietypische oder epilepsiespezifische EEG-Potenziale bezeichnet. Grundsätzlich definieren sich EEG-Potenziale als epilepsietypisch, wenn sie deutlich häufiger bei Menschen mit Epilepsie als bei Menschen ohne Epilepsie auftreten. WICHTIGER HINWEIS: Sie sollten bei der Auswertung des EEGs auf die behandelnden Ärztinnen und Ärzte vertrauen. Wichtig ist vor allem, dass Eltern, Kinder, Jugendliche und Erwachsene Betroffene verstehen, wieso das EEG wichtig ist und welche Aussagekraft es hat. Denn vielen Menschen ist vor dem erstmaligen EEG mulmig, sie fragen sich, wie man sich selbst oder das eigene Kind darauf vorbereiten kann, ob es wehtut und was es zu beachten gilt. Wenn man jedoch weiß, wie wichtig die Untersuchung ist und wie unkompliziert sie abläuft, sind die Personen während der Untersuchung weniger nervös. Und das ist wichtig, denn Aufregung und Nervosität können die Ergebnisse des EEGs beeinflussen und verfälschen.

Lesen Sie auch: Gehirn-Zusammenarbeit

Zuerst werden auf der Kopfhaut nach einem genauen Schema kleine Elektroden angebracht. Die Elektroden werden mit einer Kochsalzlösung leicht angefeuchtet, auch die Kopfhaut unter den Elektroden wird mit einem Wattestäbchen und Kochsalzlösung eingerieben, damit das EEG besser abgeleitet werden kann. Das kann im ersten Moment etwas kühl am Kopf sein. Die Elektroden selbst senden keinen Strom aus. Ein EEG tut nicht weh und hat auch keine Nebenwirkungen. Manchmal kann die EEG-Haube etwas drücken und Kinder empfinden diese ungewohnte „Situation“ am Kopf als beunruhigend. Parallel zum EEG gibt es die Möglichkeit, eine Videoaufzeichnung der Patientinnen und Patienten vorzunehmen. Diese kann dem Arzt/ der Ärztin bei der Auswertung des EEG sehr hilfreich sein. Während der EEG-Ableitung kann man aufgefordert werden, die Augen zu öffnen und wieder zu schließen oder anderen Anweisungen zu folgen. Das ärztliche Personal wird Ihnen alle notwendig Informationen vor der EEG-Aufnahme mitteilen. Während der EEG-Aufzeichnung werden Sie bequem sitzen oder liegen. Sie sollten sich dann möglichst nicht bewegen, da Muskelbewegungen die Aufzeichnung des EEG stören können. Am besten sollte man daher entspannt und ausgeruht zur Untersuchung kommen. Kindern kann man vereinfacht erklären, dass sie bei der Untersuchung eine Mütze auf den Kopf bekommen und eine Weile ruhig sitzen oder liegen müssen. Hilfreich kann es sein, wenn sich lebhafte Kinder vor der Untersuchung noch etwas bewegen können. Egal ob Schmusetier, Kuscheldecke, Bilderbuch, Hör-CD oder Fläschchen für Säuglinge − wenn ein Kind sich mit einem bestimmten Hilfsmittel leichter entspannt und beruhigen lässt, sollten die Eltern es einfach mitbringen.

Zu dieser Untersuchung sollten Sie möglichst müde erscheinen, also mit ausreichend Schlafentzug, damit beim EEG die Einschlafphase aufgezeichnet werden kann. Bei einem Schlaf-EEG werden eine Wach-, Müdigkeits- und Schlafphase registriert. Bei Kindern ist darauf zu achten, dass sie nicht während der Anfahrt zur Untersuchung im Auto schlafen. Für diese Untersuchung müssen Sie etwa zwei Stunden Zeit einplanen, sie wird in der Regel als Schlaf-EEG durchgeführt. Das ist das normale "Standard-EEG". Es dauert inklusive Vorbereitung etwa 45 Minuten, die eigentliche Aufzeichnung selbst ist nach ca. 20 Minuten beendet. Bei Kindern werden das Anlegen der Elektroden und die Ableitung des EEGs meistens etwas mehr Zeit in Anspruch nehmen. Zusätzlich werden noch EKG und die Atmung aufgezeichnet. Beim Monitoring handelt es sich um ein Langzeit-EEG mit Video-Aufzeichnung der Patientinnen und Patienten, das aufgrund seiner Dauer und der notwendigen Video-Aufzeichnung einen stationären Aufenthalt erfo…

tags: #nicht #epileptische #Anfälle #Symptome #Ursachen #Diagnose