Notarielle Beurkundung und Demenz: Voraussetzungen und rechtliche Aspekte

Mit steigender Lebenserwartung steigt auch das Risiko, im Laufe des Lebens die Fähigkeit zur Errichtung eines Testaments zu verlieren. Dieser Artikel beleuchtet die Voraussetzungen für eine notarielle Beurkundung im Kontext von Demenz, Wahnvorstellungen oder anderen geistigen Defiziten und erläutert die rechtlichen Konsequenzen.

Was ist Testierfähigkeit?

Testierfähigkeit ist die Fähigkeit, ein Testament zu errichten, zu ändern oder aufzuheben. Grundsätzlich geht das Erbrecht davon aus, dass jeder, der das 16. Lebensjahr vollendet hat, testierfähig ist (§ 2229 Abs. 1 BGB). Da diese allgemeine Definition für die Praxis oft unzureichend ist, haben Gerichte und Rechtslehre über Jahrzehnte versucht, die Grenze zwischen Testierfähigkeit und Testierunfähigkeit konkreter zu beschreiben.

Testierfähig ist, wer

  • selbständig, frei von Einflüssen Dritter handeln und eigenverantwortlich Entscheidungen treffen kann;
  • die Vorstellung hat, dass er ein Testament errichtet;
  • Kenntnis über den Inhalt der letztwilligen Verfügungen hat;
  • sich ein klares Urteil bilden kann, welche Tragweite seine Anordnungen haben, insbesondere welche Wirkungen sie auf die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse der Betroffenen haben;
  • Entscheidungen von vernünftigen Erwägungen abhängig machen kann;
  • sich über die Gründe, die für und gegen die sittliche Berechtigung der Anordnungen sprechen, ein Urteil bilden kann und bei der Testamentserrichtung in der Lage ist, sich an Sachverhalte und Ereignisse zu erinnern, Informationen aufzunehmen, Zusammenhänge zu erfassen und Abwägungen vorzunehmen.

Der Erblasser muss also imstande sein, den Inhalt des Testaments von sich aus zu bestimmen und auszudrücken. Die Fähigkeit, vernünftig zu handeln, bedeutet nicht, dass er auch tatsächlich vernünftig handeln muss. Aufgrund der Testierfreiheit darf jeder im Rahmen des gesetzlich Zulässigen über seinen Nachlass bestimmen - auch wenn die Verfügungen von anderen als offensichtlich unvernünftig empfunden werden.

Die Testierunfähigkeit ist ein Spezialfall der Geschäftsunfähigkeit und nicht mit dieser gleichzusetzen, auch wenn sich die Kriterien für die Beurteilung gleichen. Wurde für den Erblasser eine rechtliche Betreuung angeordnet, hat dies keine unmittelbaren Auswirkungen auf die Testierfähigkeit.

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Krankheitsbilder und Testierfähigkeit

Eine Vielzahl von Krankheitsbildern kann zur Testierunfähigkeit führen. Eine entsprechende Diagnose bedeutet jedoch keinesfalls, dass in diesen Fällen stets Testierunfähigkeit vorliegt. Entscheidend sind stets die Art und das Ausmaß der Erkrankung und ihre Auswirkung auf die Einsichts- und Willensbildungsfähigkeit im Einzelfall. Unter Altersdemenz mittleren Grades leidende Erblasser, die eine vertraute Umgebung nicht erkennen, verwirrt und orientierungslos sind, nicht vorhandene Personen wahrnehmen und Wahnvorstellungen haben, dürften in diesem Zustand regelmäßig nicht testierfähig sein. Die Krankheitsverläufe bei Morbus Alzheimer oder einer gefäßbedingten (vaskulären) Demenz sind in der Regel von einer fortschreitenden und Schwankungen unterliegenden Verschlechterung der geistigen Fähigkeiten geprägt.

In der medizinischen und psychiatrischen Forschung wurde der Begriff der hellen Momente in den letzten Jahrzehnten allerdings zunehmend abgelehnt. Der Grund hierfür ist, dass man nach derzeitigem Stand der Forschung von einem irreversiblen Verlauf von Demenzerkrankungen ausgeht. Wegweisend war hier ein Urteil des Oberlandesgerichts München vom 1.7.2013 (31 Wx 266/12). Die Beurteilung der Testierfähigkeit demenzkranker Menschen ist somit komplex und gerade in Grenzfällen Laien nicht möglich. Insbesondere kann nicht aus der bloßen Äußerung eines Willens durch den Erblasser darauf geschlossen werden, dass dieser den Willen auch tatsächlich selbstbestimmt bilden konnte. Da weder Rechtsanwälte noch Richter über die erforderlichen medizinischen bzw. psychiatrischen Kenntnisse verfügen, wird beim Streit über die Testierfähigkeit einer an Demenz erkrankten Person regelmäßig das Urteil eines Psychiaters ausschlaggebend sein.

Neben der Demenz gibt es zahlreiche andere Zustände und Störungen, in denen die Testierfähigkeit angezweifelt wird. Hier einige Beispiele und die dazugehörige Einschätzung der Rechtsprechung:

  • Depressionen können, abhängig von Dauer, Intensität und Periodik pathologisch sein und, jedenfalls zeitweise, zur Testierunfähigkeit führen, insbesondere in den manischen Phasen, wenn und soweit diese von die eigene Willensentschließung ausschließenden Vorstellungen geprägt sind.
  • Alkoholismus kann nur dann zur Testierunfähigkeit führen, wenn die Sucht als solche Symptom einer schon vorhandenen Geisteskrankheit oder Geistesschwäche ist oder der durch die Sucht verursachte Abbau der Persönlichkeit den Wert einer Geisteskrankheit, Geistesschwäche oder Störung der Geistestätigkeit erreicht hat.
  • Psychopathie führt nur unter Hinzutreten besonderer Umstände zur Testierunfähigkeit.

Auswirkungen der Testierunfähigkeit

Fehlt eine der beschriebenen Voraussetzungen für die Testierfähigkeit, ist das Testament unwirksam. Relevanter Zeitpunkt für die Beurteilung ist allein der Moment der Testamentserrichtung. War der Erblasser im Zeitpunkt der Errichtung des Testaments testierunfähig, ist das Testament unwirksam. Es bleibt auch dann unwirksam, wenn der Erblasser später wieder testierfähig wird. Er kann dann entweder ein neues Testament wirksam errichten oder das unwirksame alte Testament durch neuerliche Unterzeichnung bestätigen.

Erkrankt eine Person an Alzheimer oder einer anderen Art der Demenz, kommt mit dem Bewusstsein von Alter und Vergänglichkeit oft auch der Wunsch nach der Regelung des Nachlasses, der wiederum die Frage der Testierfähigkeit aufwirft. In diesem Fall sollte der letzte Wille zwar nicht übereilt, aber doch zeitnah errichtet werden, da mit zunehmendem Alter bzw.

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Notarielle Beurkundung als Lösung?

Eine Gewissheit, dass die Testierfähigkeit eines Demenzkranken nach dem Erbfall nicht angezweifelt und gerichtlich überprüft werden kann, gibt es nicht. Empfehlenswert ist zunächst die notarielle Beurkundung der letztwilligen Verfügung. Bei der Testamentserrichtung hat der Notar sich - zumindest durch eingehende Unterhaltung - von der Testierfähigkeit zu überzeugen und hierüber einen Vermerk zu erstellen. Hat der Notar keine Zweifel an der Testierfähigkeit, bedeutet dies aber nicht zwingend, dass damit die Testierfähigkeit und damit die Wirksamkeit des Testaments gegeben sind. Der Notar ist schließlich weder Arzt noch Sachverständiger in medizinischen Fragen und gibt lediglich eine Beurteilung im Rahmen seines pflichtgemäßen Ermessens ab. Dennoch kommt bei einem späteren Streit über den Geisteszustand und die Testierfähigkeit des Erblassers der Einschätzung des Notars durchaus Bedeutung zu.

Der Notar wird zur Beurteilung der Testierfähigkeit aber vielfach auf das Urteil eines sachverständigen Dritten angewiesen sein und gegebenenfalls den Beteiligten empfehlen, sich um ein ärztliches Attest zu bemühen. Auch im Übrigen ist den Betroffenen bei der Testamentserrichtung durch an Demenz erkrankte Personen ein ärztliches Gutachten zum Zeitpunkt der Verfügung zu empfehlen, das später bei einem etwaigen Erbstreit vorgelegt werden kann. Derartige Gutachten haben im Vergleich zu späteren vom Gericht nach dem Erbfall eingeholte Gutachten den Vorteil, dass der sachverständige Arzt die zu begutachtende Person selbst im direkten Gespräch begutachten kann. Ein Privatgutachten zu Lebzeiten sollte möglichst von einem Facharzt für Psychiatrie oder Nervenheilkunde durchgeführt werden, der mit der Problematik der Testierfähigkeit vertraut ist und ein entsprechend spezifiziertes Gutachten erstellen kann. Viele in der Praxis vorgelegte Gutachten erfüllen diese Voraussetzungen nicht.

Streit über die Wirksamkeit des Testaments

Verstirbt eine unter Demenz leidende Person, die ein Testament errichtet hat, kann es zum Streit über die Wirksamkeit des letzten Willens kommen. Wer durch das Testament benachteiligt wurde, wird schnell die Auffassung vertreten, dass der Erblasser nicht mehr testierfähig war. Benachteiligt sind in der Regel Angehörige, die ohne Testament von der gesetzlichen Erbfolge profitieren würden. Ändert der Erblasser die gesetzlichen Erbquoten oder setzt er familienfremde Personen wie Freunde oder Pflegepersonal als Erben ein, wird das Testament in vielen Fällen unter Berufung auf die fehlende Testierfähigkeit angegangen werden.

Die gerichtliche Klärung der Testierfähigkeit kann grundsätzlich im Rahmen einer Feststellungsklage vor den ordentlichen Zivilgerichten erfolgen. In den meisten Fällen wird der Rechtsstreit - zumindest zunächst - jedoch vor dem Nachlassgericht im Erbscheinsverfahren geführt, weil entweder testamentarische oder gesetzliche Erben zu ihren Gunsten einen Erbschein beantragen.

Das Erbscheinsverfahren beim Nachlassgericht

Das Nachlassgericht geht entsprechend der gesetzlichen Regelung bis zum Beweis des Gegenteils zunächst von der Testierfähigkeit des Erblassers aus. Werden von einem Beteiligten konkrete Zweifel an der Testierfähigkeit vorgetragen, die über die bloße pauschale Behauptung fehlender Testierfähigkeit hinausgehen, muss das Gericht von Amts wegen dieser Frage nachgehen.

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Das Gericht klärt die Frage der Testierfähigkeit vor allem durch die Würdigung des Vortrags der Parteien, die Vernehmung von Zeugen, sowie die Einholung schriftlicher Stellungnahmen und Sachverständigengutachten. Wichtige Bausteine der gerichtlichen Ermittlung durch das Nachlassgericht oder auch das Zivilgericht können sein:

  • Vortrag der Beteiligten: Der Vortrag der Beteiligten im Erbscheinsverfahren hinsichtlich der Testierfähigkeit wird gewürdigt. Relevant sind auffällige Verhaltensweisen des Erblassers die Rückschlüsse auf eine mögliche Testierunfähigkeit zulassen können. Beteiligte am Verfahren können nicht als Zeugen vernommen, sondern lediglich als Auskunftsperson oder Partei befragt werden.
  • Umstände der Beurkundung: Bei einem notariellen Testament holt das Nachlassgericht die schriftliche Stellungnahme des Notars ein.
  • Notare, Rechtsanwälte, Steuerberater als Zeugen: Die berufliche Schweigepflicht von Anwälten, Notaren und Steuerberatern besteht grundsätzlich auch über den Tod des Mandanten hinaus. Hinsichtlich der Feststellung der Testierfähigkeit besteht jedoch in der Regel eine Aussagepflicht auch dieser Personen, weil die Klärung dieser Frage stets dem mutmaßlichen Willen des Erblassers entsprechen dürfte.
  • Arzt als Zeuge: Auch Ärzte unterliegen einer beruflichen Schweigepflicht, aus der grundsätzlich ein Zeugnisverweigerungsrecht folgt. Wie bei anderen Berufsgeheimnisträgern hängt die Befreiung von der Schweigepflicht vom tatsächlichen oder mutmaßlichen Willen des Patienten ab. Auch hier wird grundsätzlich davon ausgegangen, dass derjenige, der ein Testament errichtet, ein Interesse daran hat, dass sein behandelnder Arzt bei Zweifeln an der Testierfähigkeit zur Aufklärung beiträgt. Dann besteht eine Aussagepflicht des Arztes.
  • Sonstige Zeugen: Als sonstige Zeugen für die gerichtliche Klärung der Testierfähigkeit des Erblassers kommen Personen aus dem persönlichen und auch geschäftlichen Umfeld des Testierenden in Betracht.
  • Medizinischer Befund: Das Gericht verschafft sich Klarheit über den medizinischen Befund des Erblassers. Hierzu holt es schriftliche Stellungnahmen von behandelnden Ärzten ein und zieht gegebenenfalls eine Krankenakte bei.
  • Betreuungsakte: War für den Erblasser eine gerichtliche Betreuung eingerichtet, kann die entsprechende Akte zur Klärung der Frage der Testierfähigkeit beitragen - auch wenn das Erfordernis der Betreuung nicht mit der Testierunfähigkeit gleichzusetzen ist.
  • Sonstige Unterlagen: Weitere für das Gericht relevante Unterlagen können z.B. Pflegedokumentationen, Gutachten der Pflegeversicherung und natürlich das Testament selbst sein.
  • Privatgutachten: Hat einer der Beteiligten bereits auf eigene Initiative ein Gutachten zur Testierfähigkeit erstellt, wird das Gericht dieses würdigen und den Gutachter gegebenenfalls als sachverständigen Zeugen laden.
  • Sachverständigengutachten: Das Gericht versucht zunächst aufgrund der oben genannten Punkte konkrete auffällige Verhaltensweisen des Erblassers vor dem Hintergrund des medizinischen Befunds aufzuklären und hieraus mögliche Schlüsse zu ziehen. Bei verbleibenden Zweifeln wird ein psychiatrischer Sachverständiger hinzugezogen. Der Sachverständige soll dabei nicht nur den medizinischen Befund, sondern auch dessen Auswirkungen auf die Fähigkeit zur Einsicht und zur selbstbestimmten Willensbildung klären und hierüber ein Gutachten erstellen. Das Gericht würdigt das Gutachten des Sachverständigen und lässt es sich gegebenenfalls auch mündlich erklären. Auch den Beteiligten bzw. ihren Rechtsanwälten muss der Gutachter dann Rede und Antwort stehen. Das Gericht prüft, ob der festgestellte Sachverhalt sowie der rechtlich relevante Begriff der Testierfähigkeit dem Gutachten zugrunde liegen und ob es nachvollziehbar und schlüssig ist. Es muss Mängel und Widersprüche im Gutachten aufklären. Gebunden ist das Nachlassgericht an das Ergebnis des Gutachtens nicht. Es kann daher auch anders entscheiden oder ein weiteres (Ober-)Gutachten beauftragen.

Ist das Nachlassgericht nach dieser Aufklärung davon überzeugt, dass der Erblasser vor und nach der Testamentserrichtung anhaltend testierunfähig war, darf es von einer Testierunfähigkeit im Zeitpunkt der Testamentserrichtung ausgehen. Verbleiben bei dem Gericht dagegen trotz Ausschöpfung aller Möglichkeiten zur Aufklärung Zweifel über die Testierfähigkeit, geht dies immer zulasten desjenigen, wer sich auf die Wirksamkeit des Testaments beruft. Das Testament wird daher im Zweifel für unwirksam erklärt.

Das Verfahren vor dem Zivilgericht

Die Berufung auf die Nichtigkeit eines Testaments wegen Testierunfähigkeit ist zeitlich nicht an das Erbscheinsverfahren gebunden und kann grundsätzlich auch nach Ausstellung eines Erbscheins noch beim Zivilgericht vorgebracht werden.

Erbschleicher und Demenz

Gerade bei an Demenz erkranken Erblassern besteht nicht selten das Problem, dass Dritte unbefugt auf diesen bei der Testamentserrichtung Einfluss nehmen. Möglich ist, dass solche Erbschleicher entweder ein handschriftliches Testament unter dem Namen des dementen Erblassers selbst errichten. Da eine Stellvertretung bei der Errichtung von Testamenten immer unzulässig ist, sind solche Testamente immer unwirksam. Zu Problemen führt aber dann häufig, dass nach dem Tod gerichtlich festgestellt werden muss, dass das Testament nicht vom Erblasser stammt. Auch wenn der Erblasser die tatsächliche Errichtung des Testaments selbst vornimmt, also entweder vollständig handschriftlich verfasst oder beim Notar in seiner Anwesenheit beurkunden lässt, beeinflussen häufig Dritte den Erblasser.

Unterschriftsfähigkeit bei Demenz

Ein gültige Unterschrift ist nicht nur eine Formalität, sondern oft ein essenzieller Bestandteil, um Verträge abzuschließen, Anträge zu stellen oder Vollmachten zu erteilen. Bei Menschen mit Demenz kann die Fähigkeit, eine Unterschrift zu leisten, jedoch eingeschränkt sein oder vollständig verloren gehen. Deshalb ist es wichtig, rechtzeitig Lösungen zu finden, um rechtliche und finanzielle Angelegenheiten weiterhin regeln zu können.

Geschäftsfähigkeit

Der zentrale Begriff im Zusammenhang mit der Unterschrift einer an Demenz erkrankten Person ist die "Geschäftsfähigkeit". Diese beschreibt die Fähigkeit, rechtswirksam zu handeln, also Entscheidungen und Handlungen vollständig zu verstehen und deren Konsequenzen einzuschätzen.

  • Voll geschäftsfähig: Erwachsene Personen ab 18 Jahren, die keine geistigen Beeinträchtigungen aufweisen.
  • Beschränkt geschäftsfähig: Minderjährige ab 7 Jahren oder Erwachsene mit erheblichen Beeinträchtigungen.
  • Geschäftsunfähig: Menschen, die aufgrund psychischer Erkrankungen oder Beeinträchtigungen nicht in der Lage sind, die Tragweite ihrer Handlungen abzuschätzen.

Bei Demenzerkrankungen kann die Geschäftsfähigkeit eingeschränkt oder aufgehoben werden, abhängig vom Schweregrad der Erkrankung. Dies beeinflusst die Gültigkeit von Unterschriften maßgeblich.

Feststellung der Geschäftsfähigkeit

Eine rechtliche Beurteilung der Geschäftsfähigkeit erfolgt in der Regel durch einen Arzt oder Psychiater, der ein Gutachten erstellt. Dabei wird geprüft, ob die betroffene Person in der Lage ist:

  • Den Inhalt des Dokuments zu verstehen.
  • Die Auswirkungen ihrer Unterschrift zu erkennen.
  • Eine eigene Entscheidung zu treffen.

Dieses Gutachten ist gerade bei wichtigen Entscheidungen wie der Erstellung eines Testaments oder der Unterzeichnung eines Vertrags unerlässlich.

Lösungen bei fehlender Unterschriftsfähigkeit

Wenn eine Person mit Demenz nicht mehr in der Lage ist, eigenständig Dokumente rechtsgültig zu unterzeichnen, stehen verschiedene Alternativen zur Verfügung:

  • Vollmachten: Eine Vorsorgevollmacht kann frühzeitig erstellt werden, solange die Geschäftsfähigkeit noch gegeben ist. Mit dieser kann die betroffene Person eine Vertrauensperson bestimmen, die rechtliche und finanzielle Angelegenheiten in ihrem Namen regeln darf.
  • Betreuungsverfügung: Wenn keine Vollmacht vorliegt, kann eine Betreuungsverfügung sinnvoll sein. Hier legt die betroffene Person fest, wer im Ernstfall ihre Angelegenheiten regeln soll. Dies bedarf allerdings einer gerichtlichen Bestätigung.
  • Gerichtliche Betreuung: Falls keine Vorsorgeregelungen getroffen wurden, kann das Gericht einen rechtlichen Betreuer bestellen. Dieser kümmert sich um die Belange der betroffenen Person, insbesondere in rechtlichen und finanziellen Fragen.
  • Notarielle Beurkundungen: Einige Rechtsgeschäfte, wie der Abschluss eines Grundstücksverkaufs, erfordern eine notarielle Beurkundung. Der Notar prüft dabei die Geschäftsfähigkeit der betroffenen Person oder schlägt geeignete Alternativen vor.

Fallbeispiel Landgericht Frankenthal

Das Landgericht Frankenthal hat die Testierunfähigkeit einer 91-jährigen Erblasserin zum Zeitpunkt der Testamentserrichtung verneint. Im Zentrum des Rechtsstreits stand ein notarielles Testament vom 3. Februar 2023, in dem die Erblasserin ihr Haus vermachte. Die im Januar 2023 verstorbene Erblasserin hatte bereits 2018 ein Testament verfasst, in dem sie einen Cousin und dessen Ehefrau als Erben einsetzte. Nach einem Ellenbogenbruch und anschließendem Klinikaufenthalt errichtete sie am 3. Februar 2023 ein weiteres notarielles Testament. Darin vermachte sie ihr Haus an den Verfügungsbeklagten, der seit rund 30 Jahren als Mieter in dem Anwesen lebte. Im Januar 2023 wurde bei der Erblasserin in der BG-Unfallklinik eine „beginnende demenzielle Entwicklung“ diagnostiziert. Der Hausarzt der Erblasserin, ein Internist, attestierte ihr rückwirkend eine Testierunfähigkeit zum Zeitpunkt der Testamentserrichtung. Der beurkundende Notar hatte sich von der Geschäfts- und Testierfähigkeit der Erblasserin überzeugt. Die als Zeugin vernommene Steuerberaterin F. bestätigte, dass die Erblasserin beim Notartermin orientiert war und gezielt nachfragte, ob das Testament ausschließlich das Haus betrifft. Das Landgericht Frankenthal wies den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung zurück. Nach Auffassung des Gerichts wurde die Testierunfähigkeit nicht ausreichend glaubhaft gemacht. Ein vom Verfügungsbeklagten beauftragter Facharzt für Neurogeriatrie kam in seinem Gutachten zu dem Schluss, dass die Erblasserin zum Zeitpunkt der Testamentserrichtung vermutlich nur im Vor- oder Frühstadium einer Alzheimer-Erkrankung war. Trotz des Hausvermächtnisses bleibt den eingesetzten Erben der Großteil des Nachlasses erhalten, darunter wertvolle Immobilienanteile. Das Gericht stellte klar, dass auch nicht nachvollziehbare Verfügungen eines Erblassers wirksam sein können, solange keine Testierunfähigkeit vorliegt.

FAQ zur Testierfähigkeit

  • Ab wann gilt ein Mensch als testierunfähig? Bei Demenzerkrankungen hängt die Testierunfähigkeit vom Schweregrad ab. Bei leichter Demenz bleibt die Testierfähigkeit in der Regel bestehen. Bei mittelschwerer Demenz muss der Einzelfall geprüft werden. Die Testierunfähigkeit muss zum Zeitpunkt der Testamentserrichtung bestehen. Ein psychiatrisches Gutachten ist für die Beurteilung erforderlich. Die bloße Diagnose einer psychischen Erkrankung oder die Einrichtung einer Betreuung führen nicht automatisch zur Testierunfähigkeit.
  • Welche Beweismittel werden bei der Prüfung der Testierfähigkeit anerkannt? Die Beweislast trägt derjenige, der die Testierfähigkeit anzweifelt. Bei Demenzerkrankungen erfolgt eine besonders differenzierte Betrachtung. Das Gericht unterscheidet zwischen leichtgradiger, mittelschwerer und schwerer Demenz. Eine leichtgradige Demenz schließt die Testierfähigkeit nicht automatisch aus.
  • Was sind die Vor- und Nachteile eines notariellen Testaments bei Zweifeln an der Testierfähigkeit? Ein notarielles Testament bietet bei Zweifeln an der Testierfähigkeit besondere Beweiskraft. Der Notar ist gesetzlich verpflichtet, die Testierfähigkeit des Erblassers zu prüfen und zu dokumentieren. Bei einer beginnenden Demenz oder anderen gesundheitlichen Einschränkungen kann der Notar mit Einwilligung des Testators einen Facharzt hinzuziehen, der die Testierfähigkeit zusätzlich bewertet. Die notarielle Beurkundung verhindert zudem häufig spätere Rechtsstreitigkeiten, da der Notar durch eindeutige Formulierungen und rechtliche Beratung Unklarheiten vermeidet. Die Erstellung eines notariellen Testaments ist mit Kosten verbunden, die sich nach dem Vermögenswert richten. Die notarielle Feststellung der Testierfähigkeit hat trotz ihrer Bedeutung keine absolute Bindungswirkung für spätere gerichtliche Verfahren. An „guten Tagen“ mit „lichten Momenten“ kann auch bei einer Demenzerkrankung noch ein wirksames Testament errichtet werden.
  • Welche Kosten entstehen bei einer Anfechtung des Testaments? Die Grundgebühr für die Entgegennahme der Anfechtungserklärung beim Nachlassgericht beträgt pauschal 15 Euro. Die Anwaltsgebühren orientieren sich am Nachlasswert und werden mit einem Faktor zwischen 0,1 und 2,5 multipliziert. Die Anfechtungserklärung muss innerhalb eines Jahres ab Kenntnis des Anfechtungsgrundes beim zuständigen Nachlassgericht eingereicht werden. Nach 30 Jahren verjähren sämtliche erbrechtlichen Ansprüche.
  • Wie können Erben vorbeugen, dass ein Testament später angefochten wird? Ein notariell beurkundetes Testament bietet den höchsten Schutz vor späteren Anfechtungen. Der Notar prüft die Testierfähigkeit und dokumentiert den geistigen Zustand zum Zeitpunkt der Testamentserrichtung. Bei gesundheitlichen Einschränkungen empfiehlt sich ein fachärztliches Gutachten zur Testierfähigkeit zum Zeitpunkt der Testamentserrichtung. Die strikte Einhaltung der gesetzlichen Formvorschriften ist entscheidend. Das Testament muss eigenhändig geschrieben und unterschrieben sein oder notariell beurkundet werden. Eine ausführliche Begründung der Testamentsentscheidungen im Testament selbst kann späteren Anfechtungen vorbeugen. Die Anwesenheit unabhängiger Zeugen bei der Testamentserrichtung kann hilfreich sein. Diese können später bestätigen, dass der Erblasser aus freiem Willen und bei klarem Verstand gehandelt hat.

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