Optikusneuritis und Sinusitis: Ursachen, Diagnose und Behandlung

Die Optikusneuritis, eine Entzündung des Sehnervs, und orbitale Komplikationen infolge einer Sinusitis sind zwei unterschiedliche, aber wichtige Erkrankungen, die das Sehvermögen und die Gesundheit der Augenhöhle beeinträchtigen können. Dieser Artikel beleuchtet die Ursachen, Diagnose und Behandlung beider Krankheitsbilder, um ein umfassendes Verständnis zu ermöglichen.

Optikusneuritis: Entzündung des Sehnervs

Die Optikusneuritis ist eine akute Entzündung des Sehnervs, die typischerweise junge, ansonsten gesunde Menschen betrifft. Sie manifestiert sich in der Regel als eine schwere Sehstörung ohne spezifische Augenbefunde.

Ursachen und Epidemiologie

Die typische Optikusneuritis ist eine Autoimmunreaktion gegen den Sehnerv. Die Inzidenz in Mitteleuropa beträgt etwa 5 pro 100.000 Einwohner pro Jahr. Das Durchschnittsalter der Betroffenen liegt bei 36 Jahren, wobei Frauen häufiger betroffen sind als Männer (Verhältnis ca. 70 %). In vielen Fällen kann eine Optikusneuritis der erste Schub einer Multiplen Sklerose (MS) sein.

Symptome

Die Erkrankung beginnt typischerweise mit Schmerzen bei Augenbewegungen, gefolgt von einer Sehverschlechterung. Nur in seltenen Fällen (0,4 %) sind beide Augen gleichzeitig betroffen. Patienten können den genauen Beginn der Symptome oft genau benennen. Der Seheindruck wird als dunkler, unscharf und kontrastarm beschrieben, und Farben erscheinen blass. Die Sehschärfe verschlechtert sich in der Regel innerhalb von ein bis zwei Wochen und bessert sich danach wieder. Einige Patienten nehmen auch Lichtphänomene wahr.

Zwei klassische Phänomene sind mit der Optikusneuritis verbunden:

Lesen Sie auch: Sehnerv verstehen

  • Pulfrich-Phänomen: Die Wahrnehmung einer Kreisbewegung bei Hin- und Herpendeln eines Objekts parallel zur Gesichtsebene.
  • Uhthoff-Phänomen: Eine vorübergehende Verschlechterung des Sehens bei Erhöhung der Körpertemperatur, beispielsweise durch körperliche Anstrengung oder heiße Bäder.

Ophthalmologische Untersuchung und Diagnose

Die Diagnose einer Optikusneuritis wird durch eine ophthalmologische Untersuchung objektiviert. Dabei wird auf folgende Befunde geachtet:

  • Relativer afferenter Pupillendefekt (RAPD): Eine schwächere Pupillenreaktion auf Licht im betroffenen Auge im Vergleich zum gesunden Auge.
  • Augenbewegungsschmerz: Schmerzen, die durch Augenbewegungen ausgelöst werden.
  • Sehschärfe: Kann von „kein Lichtschein“ bis 1,5 reichen, liegt aber bei den meisten Patienten unter 0,5.
  • Gesichtsfeld: Meist finden sich zentrale oder zentrozökale Skotome (Gesichtsfeldausfälle).
  • Papille: Die Papille (Sehnervenkopf) erscheint meist normal, kann aber in etwa einem Drittel der Fälle leicht geschwollen sein.
  • Farbsinn: Farben erscheinen auf dem betroffenen Auge dunkler und entsättigt.

Die Kombination aus Augenbewegungsschmerz, RAPD und einer normalen oder leicht ödematösen Papille ist typisch für eine Optikusneuritis.

Verlauf und Differenzialdiagnose

In der Regel bessert sich das Sehvermögen nach einer Optikusneuritis wieder. Etwa 60 % der Patienten erreichen nach zwei Monaten eine normale Sehschärfe. Das Kontrastsehen kann jedoch dauerhaft reduziert bleiben.

Es ist wichtig, die Optikusneuritis von anderen Sehnervenerkrankungen abzugrenzen, wie z. B. Tumoren oder der anterioren ischämischen Optikusneuropathie (AION). Schwieriger ist die Abgrenzung zur Leberschen hereditären Optikusneuropathie, die ebenfalls akut beginnt, aber in der Regel ohne Augenbewegungsschmerz verläuft und zu einer irreversiblen Sehminderung führt.

Sonderformen der Optikusneuritis

Neben der typischen Optikusneuritis gibt es auch Sonderformen, die sich in ihren Ursachen und ihrem Verlauf unterscheiden. Zu den wichtigsten Sonderformen gehören:

Lesen Sie auch: Ursachen, Symptome und Behandlung der Optikusneuritis

  • Neuroretinitis: Eine Entzündung, die vom Sehnerv auf die Netzhaut übergreift.
  • Neuromyelitis optica (NMO): Eine Autoimmunerkrankung, die neben dem Sehnerv auch das Rückenmark betrifft.
  • Chronisch rezidivierende Immun-Optikusneuropathie (CRION): Eine Optikusneuritis, die immer wiederkehrt und oft beide Augen betrifft.
  • Optikusneuritis im Rahmen anderer Autoimmunerkrankungen: Wie z. B. Sarkoidose, Lupus erythematodes oder Wegenersche Granulomatose.

Zusatzdiagnostik

Zur weiteren Abklärung einer Optikusneuritis können verschiedene Zusatzuntersuchungen durchgeführt werden:

  • Blutuntersuchungen: Um andere Ursachen für die Entzündung auszuschließen, wie z. B. Infektionen oder Autoimmunerkrankungen.
  • Kernspintomographie (MRT): Um die Entzündung im Sehnerv direkt darzustellen und nach Entmarkungsherden im Gehirn zu suchen, die auf eine Multiple Sklerose hindeuten könnten.

Behandlung

Die Behandlung einer Optikusneuritis zielt darauf ab, die Entzündung zu reduzieren und die Erholung des Sehvermögens zu beschleunigen. Häufig wird eine hochdosierte Kortisontherapie eingesetzt. Bei Sonderformen der Optikusneuritis oder bei zugrunde liegenden Autoimmunerkrankungen kann eineImmunsuppression erforderlich sein.

Orbitale Komplikationen bei Sinusitis

Orbitale Komplikationen sind Erkrankungen oder Symptome, die von den Nasennebenhöhlen auf die Orbita (Augenhöhle) übergreifen. Die häufigste Ursache ist die akute Sinusitis, insbesondere bei Kindern.

Ursachen und Pathogenese

Die akute Sinusitis ist die häufigste Ursache für orbitale Komplikationen, wobei Kinder häufiger betroffen sind als Erwachsene. Dies liegt unter anderem daran, dass das Knochenwachstum bei Kindern noch nicht abgeschlossen ist und die offenen Knochennähte eine Schwachstelle für die Entzündungsfortleitung darstellen. Weitere Ursachen können dentogene Infektionen, Hautinfektionen oder eine Dakryozystitis (Entzündung des Tränensacks) sein.

Bei Entzündungen in den Nasennebenhöhlen steigt der Druck in den venösen Verbindungen zwischen den Siebbeinzellen und der oberen Augenvene. Das venöse Blut fließt verstärkt in Richtung Orbita. Bakterientoxine können den Sehnerv schädigen oder die Entzündung in Richtung Sinus cavernosus (einer wichtigen venösen Struktur im Gehirn) fortleiten. Die Aktivierung einer Entzündungskaskade führt zu einer Druckerhöhung in der Orbita mit Exophthalmus (Hervortreten des Augapfels) und einer möglichen Optikusneuropathie.

Lesen Sie auch: Vestibularis-Neuritis: Alternative Behandlungsmethoden

Symptome und Stadien

Leitsymptom ist die einseitige Schwellung der Orbitaweichteile. Je nach Ausdehnung und Schweregrad der Entzündung können weitere Symptome auftreten, wie z. B.:

  • Schmerzen
  • Rötung
  • Exophthalmus
  • Eingeschränkte Augenbeweglichkeit
  • Doppelbilder
  • Sehverschlechterung bis hin zur Erblindung

Sinugene orbitale Komplikationen werden in verschiedene Stadien eingeteilt, um den Schweregrad der Erkrankung zu beschreiben:

  • Stadium I: Periseptales Ödem: Eine Entzündung, die auf den Bereich vor der Orbita beschränkt ist.
  • Stadium II: Orbitale Zellulitis: Eine Entzündung des Orbitagewebes ohne Abszessbildung.
  • Stadium III: Subperiostaler Abszess: Eine Eiteransammlung zwischen der Knochenhaut (Periost) und der Orbitawand.
  • Stadium IV: Orbitaler Abszess: Eine Eiteransammlung innerhalb des Orbitagewebes.
  • Stadium V: Sinus-cavernosus-Thrombose: Eine Thrombose (Blutgerinnselbildung) im Sinus cavernosus, einer großen venösen Struktur im Gehirn.

Diagnostik

Die Diagnostik umfasst eine interdisziplinäre Zusammenarbeit zwischen HNO-Ärzten, Augenärzten, Pädiatern, MKG-Chirurgen und Radiologen. Wichtige diagnostische Maßnahmen sind:

  • Anamnese: Erhebung der Krankengeschichte, insbesondere nach vorangegangenen Infektionen der oberen Atemwege oder Zahnproblemen.
  • Klinische Untersuchung: Beurteilung der Augenbeweglichkeit, des Sehvermögens, der Pupillenreaktion und des Exophthalmus.
  • HNO-ärztliche Untersuchung: Endoskopie der Nase und Nasennebenhöhlen.
  • Bildgebung: Computertomographie (CT) oder digitale Volumentomographie (DVT) der Nasennebenhöhlen und der Orbita, um die Ausdehnung der Entzündung und mögliche Abszesse zu beurteilen.
  • Blutuntersuchungen: Bestimmung der Entzündungsparameter.
  • Mikrobiologische Untersuchung: Bei Eiteransammlungen in der Nase oder Orbita wird eine Probe entnommen, um den Erreger zu identifizieren.

Therapie

Die Therapie richtet sich nach dem Stadium der Erkrankung und dem klinischen Zustand des Patienten. In den frühen Stadien (I und II) kann eine konservative Therapie mit Antibiotika und abschwellenden Nasensprays ausreichend sein. In fortgeschrittenen Stadien (III bis V) ist in der Regel eine operative Intervention erforderlich, um den Abszess zu drainieren und die infizierten Nasennebenhöhlen zu sanieren.

Die antibiotische Therapie sollte intravenös erfolgen, um eine schnelle und effektive Wirkung zu erzielen. Breitbandpenicilline oder Cephalosporine der dritten Generation werden häufig eingesetzt. Bei Penicillinallergie kann Clindamycin verwendet werden.

Mögliche Komplikationen

Orbitale Komplikationen können schwerwiegende Folgen haben, wie z. B.:

  • Visusverlust bis hin zur Erblindung
  • Doppelbilder
  • Ophthalmoplegie (Lähmung der Augenmuskeln)
  • Intrakranielle Komplikationen (z. B. Meningitis, Hirnabszess)
  • Sinus-cavernosus-Thrombose

#

tags: #Optikusneuritis #Sinusitis #Ursachen