Papst Benedikt XVI.: Demenzanzeichen und die Folgen für das Papstamt

Die Frage nach Demenzanzeichen bei Papst Benedikt XVI. und deren mögliche Auswirkungen auf sein Amt ist ein komplexes Thema, das sowohl kirchenrechtliche als auch medizinische Aspekte berührt. Der Rücktritt von Papst Benedikt XVI. im Jahr 2013 war ein historisches Ereignis, das viele Fragen aufwarf, darunter auch die nach seinem Gesundheitszustand und möglichen Anzeichen von Demenz.

Die kirchenrechtliche Perspektive

Aus kirchenrechtlicher Sicht gibt es keine klaren Regelungen für den Fall, dass ein Papst dement wird. Laut Prof. Dr. Georg Bier, einem Experten für Kirchenrecht, ist der Papst als Bischof von Rom zugleich auch Leiter der Universalkirche. Dies führt zu einer besonderen Schwierigkeit, da es niemanden gibt, der entscheiden könnte, dass der Papst abgesetzt wird oder nicht mehr Papst ist. Der Papst hat als Papst die höchste Gewalt in der Kirche. Es gibt keine Vertretung auf der Ebene der Gesamtkirche, die in diesem Fall einspringen könnte. Eine vorübergehende Leitung der Gesamtkirche ist in dem Sinne nicht vorgesehen. Solange der Papst lebt, bleibt er der Papst. Es sei denn, der Papst hätte diesen Fall dezidiert in irgendeinem Papier geregelt, das er für diesen Fall vorbereitet hat und wo dann entsprechende Maßnahmen getroffen werden. Rechtlich ist der Fall nicht geregelt.

Verfügungen für den Sonderfall

Der Papst kann für solche Sonderfälle spezielle Verfügungen treffen. Wenn es solche Verfügungen nicht gibt und der Zustand zieht sich über mehrere Jahre hin, dann würde der Betrieb zwar nicht stillstehen, aber es dürften auch keine weiterreichenden Entscheidungen getroffen werden. Denn das ist genau mit dieser rechtlichen Bestimmung verbunden, dass es heißt: In der Gesamtkirche darf nichts geändert werden. Wenn ein Papst allmählich dement wird und dann über fünf oder vielleicht sogar noch mehr Jahre nicht agieren kann, wäre das sehr schwierig für die katholische Kirche.

Gesundheitliche Aspekte und Rücktritt

Es gibt Spekulationen darüber, ob der Rücktritt von Papst Benedikt XVI. mit gesundheitlichen Problemen zusammenhing. Es wurde berichtet, dass er einen Herzschrittmacher hatte, fast taub und möglicherweise auch blind war. Einige fragten sich, ob er deswegen die sexuellen Übergriffe an vielen Jünglingen übersah.

Vergleich mit Johannes Paul II.

Einige Beobachter meinten, dass Papst Benedikt XVI. nicht dement wirkte, und sein Vorgänger, Johannes Paul II., weitaus gebrechlicher war, dennoch ist er nicht zurückgetreten.

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Die Last der Verantwortung

Vielleicht ist Papst Benedikt XVI. die Verantwortung wirklich zu groß geworden. Er war ein religiöser Führer mit einer Milliarde großer Anhängerschaft.

Umgang der Kirche mit Amtsunfähigkeit

Die katholische Kirche hat in ihrer Geschichte verschiedene Wege gefunden, mit der Amtsunfähigkeit ihrer Oberhäupter umzugehen. Dabei spielten sowohl theologische als auch pragmatische Erwägungen eine Rolle.

Historische Präzedenzfälle

Es gab auch in der Geschichte nur einen weiteren Papst, der zurückgetreten sein soll: Coelestin V.

Sedisvakanz und ihre Regelungen

Der liber extra, die 1234 promulgierten Dekretalensammlung Papst Gregors IX. (1227-1241) widmete dieser Thematik einen eigenen Titel (vgl. X 3.9: Ne sede vacante aliquid innovetur). Raymund von Penyafort, der Redaktor des liber extra, drei einschlägige Dekretalen der Päpste Innozenz III. (1198-1216) und Honorius III. Die erste Entscheidung (X 3.9.1) aus dem Jahr 1206 mit dem (sekundären) Rubrum „vacante sede status eius mutari non debet“ stellt einen Ausschnitt aus der rund 20 Jahre sich hinziehenden Auseinandersetzung zwischen dem Bistum Bath und der Abtei Glastonbury dar und hat einen dezidiert prozessrechtlichen Einschlag; zugleich stehen manifeste wirtschaftliche Interessen - gerechte Verteilung von Spenden und ausreichende Finanzausstattung für die Instandhaltung der Klosteranlage - im Hintergrund. Die Abtei war von Innozenz’ Amtsvorgänger Coelestin III. (1191-1198) mit dem Bistum vereinigt worden, so dass der Bischof zugleich das Amt des Abtes übernahm. Nach dem Tod des Bischofs klagte der Konvent gegen diese Regelung und verlangte die alte Unabhängigkeit zurück. In der Dekretale Illa devotionis (X 3.9.2) mit dem Rubrum „beneficia spectantia ad collationem praelati non possunt conferri per capitulum sede vacante“ befand Honorius III., dass ein gewisser Magister R., seines Zeichens Dekan im Bistum Teano, zu Recht der Inhaber der Pfründe an der Kirche des Heiligen Leucius von Brindisi in Capua sei. Als das Domkapitel die Pfründe an einen Dritten vergeben hat, sei es hierzu nicht befugt gewesen, weil die Verleihung der fraglichen Pfründe allein dem Erzbischof von Capua zustehe. Mit der an den Bischof von Burgos gerichteten Dekretale Constitutis (X 3.9.3) mit dem Rubrum „sede vacante iudicium habitum contra ecclesiam non tenet“ schließlich hat Honorius III. Wie dem Quellenapparat zum Kodex des kanonischen Rechts von 1917 zu entnehmen ist, gehört zu den mittelalterlichen Wurzeln des hier betrachteten Grundsatzes auch ein Kapitel aus dem liber sextus, der 1298 promulgierten Dekretalensammlung Papst Bonifaz’ VIII. (1294-1303). Im dortigen Titel de rebus ecclesiae non aliendis (VI° 3.9) findet sich die von Papst Innozenz IV. (1254-1261) verantwortete Dekretale Dudum (VI° 3.9.1), deren rechtliche Kernaussage der Kanonist Johannes Andreae (um 1270-1348) so auf den Punkt gebracht hat: „Perpetua alienatio, facta de rebus ecclesiae vacantis non praecedente tractatu et sine iusta causa, non valet.“ Erneut ist hier der tragende Grund der Entscheidung der Umstand, dass im Zeitpunkt der (ungültigen) Veräußerung für immer die betroffene Ortskirche sich nicht verteidigen konnte („Quia […] praedicta ecclesia, cum vacaret, legitimo caruit defensore, […].“ Zudem fehle im zu beurteilenden Sachverhalt das in solchen Fällen übliche Vertragswerk.

Die Rolle des Diözesanadministrators

Gemäß c. 440 § 2 CIC darf bei Sedisvakanz des Metropolitansitzes eine Provinzialkonzil nicht einberufen werden. Ebenso ist auf Bistumsebene eine vielleicht stattfindende Diözesansynode gemäß c. 468 § 2 CIC im Sedisvakanzfall suspendiert, bis der neue Diözesanbischof über ihre Fortsetzung oder ihren endgültigen Abbruch befindet. Der Priesterrat ist im Sedisvakanzfall von Rechts wegen aufgelöst (vgl. c. 501 § 2 CIC) und es schlägt die Stunde des Konsultorenkollegiums; sprich in Deutschland die Stunde der Domkapitel, die dessen Aufgabe übernehmen (vgl. c. 501 § 2 i.V.m. c. 502 § 3 CIC). In seiner inneren Weisheit ist sich das kanonischen Recht durchaus der Problematik bewusst, dass ein stures Festhalten am „Sede vacante nihil innovetur“-Grundsatz für ein vakantes Bistum auch schädlich sein kann; insbesondere dann, wenn aufgrund ungebührlich langer Vakanz lähmender Stillstand bei wichtigen und eventuell auch dringenden Entscheidungen die Folge ist. Dies betrifft zum einen das Feld der Personalentscheidungen. So gestattet c. 272 CIC dem Diözesan-administrator, mit Zustimmung des Konsultorenkollegiums dann über etwaige Exkardinationen, Inkardinationen und Transmigrationen von Klerikern zu entscheiden, wenn die Sedisvakanz schon mindestens ein Jahr andauert. Ebenso ist ein Diözesanbischof (ohne dass das Konsultorenkollegium zustimmen müsste) gemäß c. 525 Nr. 2 CIC befugt, Pfarrer zu ernennen, wenn die Sedisvakanz länger als ein Jahr währt.

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Demenz: Eine medizinische und gesellschaftliche Herausforderung

Unabhängig von der spezifischen Situation von Papst Benedikt XVI. ist Demenz eine wachsende Herausforderung in der alternden Gesellschaft. Die Zahl der Menschen mit Demenz nimmt deutlich zu, was sowohl medizinische, pflegerische als auch ethische und sozialmedizinische Fragen aufwirft.

Medizinische Grundlagen und Behandlungsmöglichkeiten

Die Demenzen zählen zu den häufigsten neuropsychiatrischen Erkrankungen des höheren Lebensalters. Demenz ist ein klinisch definiertes Syndrom, dessen Leitsymptomatik eine chronische und zumeist im Alter erworbene organisch bedingte Beeinträchtigung der intellektuellen Leistungsfähigkeit darstellt. In den fortgeschrittenen Stadien geht diese mit einem erheblichen Verlust an Autonomie und der Fähigkeit zur Selbstversorgung einher. Demenzen können vielfältige Ursachen haben, gehen jedoch in mehr als der Hälfte der Fälle auf die neurodegenerativ bedingte Alzheimer-Krankheit zurück. Die überwiegende Zahl der Demenzerkrankungen ist nicht heilbar. Gleichwohl steht zur Behandlung bereits heute eine Vielzahl therapeutischer Maßnahmen zur Verfügung, deren adäquater Einsatz eine sorgfältige und individuelle Diagnostik voraussetzt. Aufgrund der Chronizität der Demenzen und ihrer massiven Auswirkungen für das psychosoziale Wohlbefinden und die Lebensqualität stellen psychosoziale Interventionen ein wichtiges und häufig auch wirkungsvolles Element eines ausbalancierten Gesamtbehandlungsplanes dar.

Rehabilitation und Lebensqualität

An Demenz erkrankten Menschen sollte die Möglichkeit rehabilitativer Maßnahmen bei anderen Erkrankungen mit zusätzlichen Beeinträchtigungen ihrer Aktivitäten und Teilhabe nicht vorenthalten werden. Sie starten oft von einem schlechteren Ausgangsniveau, zeigen aber ähnliche Zuwächse ihrer Aktivitäten wie Menschen ohne Demenz. Bei höhergradiger Demenz kommt dem präakuten Ausgangsstatus besondere prognostische Bedeutung zu. Dementiell erkrankte Menschen sollten in diesbezüglich erfahrenen und qualifizierten, vorzugsweise geriatrischen Einrichtungen rehabilitiert werden. Für dementiell Erkrankte, die auf ihr gewohntes Lebensumfeld und ihre gewohnten sozialen Bezüge angewiesen sind, gibt es das Angebot mobiler Rehabilitation. Medizinische Rehabilitation der Demenz selbst ist bisher nicht hinreichend evidenzbelegt. Es gibt aber viele Ansatzpunkte, die Lebensqualität an Demenz erkrankter Menschen zu verbessern. Diese setzten bisher am besten belegt aber bei der Qualifizierung und Gesunderhaltung der betreuenden Angehörigen an und müssen stärker kontinuierlich begleitend konzipiert werden.

Ethische Aspekte und Autonomie

Im Hinblick auf Demenz sind Freiheit und Autonomie von zentraler Bedeutung. Es geht um das Recht behinderter Menschen auf Freiheit und Selbstentfaltung im Rahmen ihrer jeweiligen Möglichkeiten. Autonomie wird dabei nicht als etwas fertig Gegebenes angesehen, sondern als Fähigkeit, die sich erstens prozesshaft entfaltet, die dazu zweitens grundsätzlich Unterstützung und Assistenz durch die Umwelt benötigt und die drittens individuell verschiedene Spielarten und Entfaltungsmöglichkeiten kennt. Zwei erfolgversprechende Konzepte oder Strategien sind in diesem Zusammenhang das Bemühen, die Autonomiechancen von Betroffenen über wirksame Möglichkeiten des Vorausverfügens zu stärken, und das Anliegen, auf auch bei Demenz erhalten gebliebene Freiheitsmöglichkeiten aufmerksam zu machen und sie zur Entfaltung zu bringen. Es sollte nicht von einem Menschenbild ausgegangen werden, das sich ausschließlich an den kognitiven Leistungen eines Menschen orientiert. Vielmehr sollten die noch bestehenden Ressourcen eines demenzkranken Menschen beachtet werden, die vielfach im emotionalen, im empfindungsbezogenen, im kommunikativen und im alltagspraktischen Bereich liegen. Ein ethischer Entwurf zum gelingenden Leben im Alter kann auf den folgenden fünf Kategorien aufbauen: Selbstständigkeit, Selbstverantwortung, bewusst angenommene Abhängigkeit, Mitverantwortung, Selbstverwirklichung.

Die Rolle der Kirche im Umgang mit Demenz

Die Kirche spielt eine wichtige Rolle bei der Begleitung von Menschen mit Demenz und ihren Angehörigen. Sie bietet Unterstützung, Trost und spirituelle Begleitung.

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Der Blick des Glaubens

Der Blick des christlich-kirchlichen Glaubens bemüht sich immer schon um einen Blick für das Ganze. Im Fall von Demenzerkrankungen ist dies z.B. die Erkenntnis, dass für die abnehmende Kohärenz eines dementen Selbst eine Schädigung der Gehirngefäße verantwortlich ist, die nichts mit Altersstarrheit zu tun hat. Gott hat das Leben geschaffen; den Menschen als sein Ebenbild. Daraus gewinnen wir die Erkenntnis, dass jedem Menschen, in jedem Stadium seines Lebens - in Alter und Krankheit ebenso wie dem Ungeborenen - eine unverwechselbare Einmaligkeit und damit Würde zukommt. Auch und gerade Angehörige von an Demenz Erkrankten haben dies oft zum Ausdruck gebracht: Menschliches Leben ist in allen seinen Stadien heilig. Auch der an Demenz Erkrankte hat seinen Namen, auch dann, wenn er sich selbst nicht an diesen Namen erinnern sollte.

Unterstützung und Würde

Als Ärzte sind Sie in besonderer Weise Ansprechpartner für Betroffene und ihre Angehörigen. Sie haben mit einer Erkrankung zu tun, die wie ein Schicksalsschlag auf eine Familie fallen kann. Unser menschliches Dasein, das uns in der Unbewusstheit des Alltags in der Regel als frei, gegenwartsbestimmt und voller Potential begegnet, wird plötzlich als Schicksalsmasse erlebt. Die Demenzerkrankung berührt das Selbst so grundlegend, dass der Mensch zunehmend seine Kohärenz und seine Dynamik einbüßt. Ein Mensch verliert sich buchstäblich selbst - eine erschütternde Erkenntnis. Auch für die Angehörigen ist das schwer: Aus persönlichen Gesprächen weiß ich, wie belastend der Prozess einer Demenzerkrankung ist - auch für das eigene Gewissen; wenn man meint, man könne von den Charakteristika der Krankheit nicht mehr abstrahieren, könne den geliebten Menschen nicht mehr sehen. Sie als Ärzte sind aufgerufen, sich kundig zu machen, wie der Umgang mit Demenzkranken sachdienlich, hilfreich, vor allem aber würdevoll sein kann. Wir alle sind aufgerufen, demente Personen als selbstverständlichen Teil unserer Gemeinschaft anzunehmen.

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