Atypische Parkinson-Syndrome: Lebenserwartung, Diagnose und Therapie

Das idiopathische Parkinson-Syndrom (IPS), auch bekannt als Morbus Parkinson, ist eine fortschreitende neurologische Erkrankung, die durch den Verlust von Nervenzellen gekennzeichnet ist. In Deutschland sind etwa 400.000 Menschen betroffen. Die Symptome können stark variieren und die Diagnose erschweren. Neben dem IPS gibt es eine Gruppe von Erkrankungen, die als atypische Parkinson-Syndrome (APS) bezeichnet werden. Diese sind seltener als das IPS und weisen oft zusätzliche Symptome auf, die die Lebensqualität der Betroffenen erheblich beeinträchtigen können.

Was sind atypische Parkinson-Syndrome?

Unter dem Begriff "atypische Parkinson-Syndrome" (APS) werden verschiedene neurologische Erkrankungen zusammengefasst, die ähnliche Symptome wie die Parkinson-Krankheit aufweisen, sich aber in ihrem Verlauf, ihren Ursachen und ihrer Reaktion auf Medikamente unterscheiden. Im Gegensatz zum idiopathischen Parkinson-Syndrom, das hauptsächlich auf einen Dopaminmangel zurückzuführen ist, sind bei APS auch andere Hirnbereiche betroffen.

Ursachen und Pathophysiologie

Atypische Parkinson-Syndrome sind neurodegenerative Erkrankungen, die durch intrazelluläre Ablagerungen amyloidogener Proteine gekennzeichnet sind. Während das Protein α-Synuclein die DLK, MSA sowie PK (Synucleinopathien) kennzeichnet, tritt das Tau-Protein bei der PSP und der CBD auf (Tauopathien). Bei der PK und DLK finden sich α-Synuclein-Aggregate in Nervenzellen, bei der MSA vorzugsweise in Oligodendrozyten. Bei PSP und CBD aggregiert Tau in Nervenzellen, aber auch Oligodendrozyten und Astrozyten. Die Morphologie der astrozytären Tau-Ablagerungen unterscheidet die PSP von der CBD. Die verschiedenen Krankheitsentitäten befallen typischerweise charakteristische Hirnregionen. Die Fehlfaltung und Aggregation dieser Proteine kann einerseits zu Degeneration der betroffenen Zellpopulationen führen, andererseits aber auch die Ausbreitung in anatomisch verbundenen Hirnregionen und damit die Krankheitsprogression vermitteln.

Zu den wichtigsten APS gehören:

  • Demenz mit Lewy-Körperchen (DLK): Nach der Alzheimer-Krankheit die zweithäufigste Form der neurodegenerativen Demenz.
  • Multisystematrophie (MSA): Eine seltene Erkrankung, die das autonome Nervensystem und verschiedene Hirnbereiche betrifft.
  • Progressive supranukleäre Blickparese (PSP): Eine Erkrankung, die vor allem die Augenbewegungen, das Gleichgewicht und die Kognition beeinträchtigt.
  • Kortikobasale Degeneration (CBD): Eine seltene Erkrankung, die zu Bewegungsstörungen, kognitiven Beeinträchtigungen und Verhaltensauffälligkeiten führt.

Symptome

Die Symptome von APS können vielfältig sein und variieren je nach Art des Syndroms. Einige häufige Symptome sind:

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  • Bewegungsstörungen: Verlangsamung der Bewegungen (Bradykinese), Muskelsteifheit (Rigor), Zittern (Tremor), Gleichgewichtsstörungen.
  • Kognitive Beeinträchtigungen: Gedächtnisprobleme, Aufmerksamkeitsstörungen, Schwierigkeiten bei der Planung und Organisation.
  • Verhaltensauffälligkeiten: Depressionen, Angstzustände, Halluzinationen, Wahnvorstellungen.
  • Vegetative Störungen: Störungen der Blasen- und Darmfunktion, Kreislaufprobleme, sexuelle Dysfunktion.

Einige spezifische Symptome, die auf bestimmte APS hinweisen können, sind:

  • DLK: Schwankungen der kognitiven Leistungsfähigkeit, visuelle Halluzinationen, Parkinson-Symptome.
  • MSA: Störungen des autonomen Nervensystems (z.B. niedriger Blutdruck, Harninkontinenz), zerebelläre Symptome (z.B. Gangunsicherheit, Koordinationsstörungen).
  • PSP: Schwierigkeiten, die Augen willkürlich zu bewegen (insbesondere nach oben und unten), Fallneigung, Steifheit der Nackenmuskulatur.
  • CBD: Asymmetrische Bewegungsstörungen, Apraxie (Unfähigkeit, erlernte Bewegungen auszuführen), Alien-Limb-Phänomen (Gefühl, dass eine Gliedmaße nicht zum eigenen Körper gehört).

Diagnose

Die Diagnose von APS kann schwierig sein, da die Symptome denen des IPS ähneln und sich die verschiedenen APS-Formen überschneiden können. Eine sorgfältige neurologische Untersuchung, eine ausführliche Anamnese und der Ausschluss anderer Erkrankungen sind entscheidend für die Diagnosestellung.

Zusätzliche diagnostische Verfahren können sein:

  • Magnetresonanztomographie (MRT): Zur Darstellung von strukturellen Veränderungen im Gehirn.
  • Nuklearmedizinische Untersuchungen: Zum Beispiel SPECT oder PET, um die Funktion von Nervenzellen und den Stoffwechsel im Gehirn zu beurteilen.
  • Tests des autonomen Nervensystems: Zur Überprüfung der Funktion von Herz-Kreislauf-System, Blase und Darm.
  • Liquoruntersuchung: Analyse des Nervenwassers, um andere Erkrankungen auszuschließen.

Therapie

Die Behandlung von APS zielt darauf ab, die Symptome zu lindern und die Lebensqualität der Betroffenen zu verbessern. Da APS nicht heilbar sind, konzentriert sich die Therapie auf die Behandlung der einzelnen Symptome.

  • Medikamentöse Therapie: Medikamente, die beim IPS eingesetzt werden (z.B. Levodopa), sind bei APS oft weniger wirksam. Andere Medikamente können zur Behandlung von spezifischen Symptomen eingesetzt werden, z.B. Antidepressiva bei Depressionen, Medikamente zur Behandlung von Blasenfunktionsstörungen oder Medikamente zur Senkung des Blutdrucks.
  • Nicht-medikamentöse Therapie: Physiotherapie, Ergotherapie und Logopädie können helfen, die Beweglichkeit, die Selbstständigkeit und die Kommunikationsfähigkeit zu verbessern.
  • Tiefe Hirnstimulation (THS): In einigen Fällen kann die THS eine Option sein, um die Symptome von APS zu lindern. Die THS ist ein neurochirurgischer Eingriff, bei dem Elektroden in bestimmte Hirnbereiche implantiert werden, um die Hirnaktivität zu modulieren.
  • Unterstützende Maßnahmen: Eine gesunde Ernährung, regelmäßige Bewegung und soziale Kontakte können dazu beitragen, die Lebensqualität zu verbessern.

Lebenserwartung

Die Lebenserwartung bei APS ist in der Regel kürzer als beim IPS. Die genaue Lebenserwartung hängt von der Art des Syndroms, dem Zeitpunkt der Diagnose und dem individuellen Krankheitsverlauf ab.

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  • DLK: Die durchschnittliche Lebenserwartung beträgt etwa 5-8 Jahre nach der Diagnose.
  • MSA: Die durchschnittliche Lebenserwartung beträgt etwa 6-10 Jahre nach der Diagnose.
  • PSP: Die durchschnittliche Lebenserwartung beträgt etwa 5-7 Jahre nach der Diagnose.
  • CBD: Die durchschnittliche Lebenserwartung beträgt etwa 6-8 Jahre nach der Diagnose.

Es ist wichtig zu beachten, dass diese Zahlen Durchschnittswerte sind und die tatsächliche Lebenserwartung individuell variieren kann.

Forschung und Ausblick

Die Forschung zu APS ist intensiv und zielt darauf ab, die Ursachen und Mechanismen dieser Erkrankungen besser zu verstehen, neue diagnostische Verfahren zu entwickeln und wirksamere Therapien zu finden. Das zunehmend bessere Verständnis der Pathophysiologie bietet neue Ansatzpunkte für eine kausal ausgerichtete Therapie, um das Fortschreiten dieser bisher unheilbaren Krankheiten aufzuhalten.

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