Parkinson und Depression: Ein komplexer Zusammenhang

Parkinson ist eine fortschreitende neurologische Erkrankung, die hauptsächlich durch motorische Symptome wie Ruhetremor, Muskelsteifheit (Rigor) und Bewegungsverlangsamung (Akinese) gekennzeichnet ist. Doch die Parkinson-Krankheit manifestiert sich nicht nur durch diese motorischen Symptome. In den letzten Jahren wurde zunehmend erkannt, dass auch eine Vielzahl von nicht-motorischen Symptomen eine erhebliche Rolle spielen. Zu diesen gehören Verhaltensauffälligkeiten, Persönlichkeitsveränderungen, Schlafstörungen und Depressionen.

Nicht-motorische Symptome bei Parkinson

Neben den motorischen Beeinträchtigungen können bei Morbus Parkinson in allen Stadien der Erkrankung nicht-motorische Symptome auftreten, die die Lebensqualität der Patientinnen und Patienten teils erheblich beeinträchtigen. Unter ihnen spielen neuropsychiatrische Symptome eine wichtige Rolle. Psychische Störungen und Beschwerden sind regelhafter Bestandteil der Parkinson Krankheit. Oft entstehen sie unmittelbar aus dem gestörten Gleichgewicht der chemischen Botenstoffe („Transmitter“) im Gehirn. Psychische Veränderungen können aber auch die Folge einer ungünstigen Krankheitsbewältigung sein oder als Nebenwirkung von Medikamenten auftreten. Gar nicht so selten zeigen sich Ängste, Depressionen und leichte Veränderungen der geistigen Leistungsfähigkeit schon viele Jahre vor den ersten Anzeichen der motorischen Parkinsonsymptomatik.

Verhaltensauffälligkeiten und Persönlichkeitsveränderungen

Erst in den letzten Jahren wurden in zunehmender Häufigkeit Verhaltensauffälligkeiten und Persönlichkeitsveränderungen beobachtet, die sich im Verlauf der Parkinson-Erkrankung einstellen können. Zu Beginn der Erkrankung stellen viele Menschen vor allem eine zunehmende Sturheit oder Starrsinnigkeit und/oder aggressives Verhalten fest, welches oft unvermittelt auftritt. Weitere Wesensveränderungen sind vor allem durch eine mangelnde Impulskontrolle geprägt, die sowohl durch den weiteren Verlauf der Erkrankung selbst als auch durch die langfristige Einnahme von Medikamenten begünstigt wird. Sie führt zu verschiedensten Verhaltensauffälligkeiten wie einer plötzlich auftretenden Spielsucht oder exzessivem Essen.

Viele Persönlichkeitsveränderungen im Zusammenhang mit Parkinson sind durch eine verminderte Fähigkeit zur Kontrolle innerer Impulse gekennzeichnet. Die Verhinderung oder Unterdrückung dieser neu aufgetretenen Verhaltensweisen führt wiederum zu negativen Stimmungsschwankungen. Die Ursachen dieser Verhaltensstörungen sind im Einzelnen noch nicht ausreichend bekannt. Die Verhaltensänderungen können zu schweren Belastungen innerhalb der Familie, der sozialen und beruflichen Umgebung führen und sich nachteilig für die Betroffenen auswirken. Nicht selten sind es die Angehörigen, die den behandelnden Ärztinnen und Ärzte auf diese veränderten Verhaltensweisen ansprechen, da diese von den Patientinnen und Patienten selbst als nicht störend wahrgenommen werden. Da die Verhaltensstörungen grundsätzlich behandelbar sind, ist es wichtig, darauf zu achten und den behandelnden Neurologinnen und Neurologen anzusprechen, um negative Konsequenzen, etwa im sozialen Umfeld, frühzeitig zu vermeiden.

Schlafstörungen

Schlafstörungen treten in allen Stadien der Parkinson-Erkrankung und bei der Mehrzahl der Betroffenen auf. Bis zu 90 % aller Menschen mit Parkinson sind im Verlauf der Erkrankung von Tagesmüdigkeit und Ein- und Durchschlafstörungen betroffen. Da es allerdings verschiedene Ursachen für das Auftreten von Schlafstörungen bei Parkinson gibt, ist eine gezielte Behandlung nur nach sorgfältiger Analyse der Symptome und der Begleitumstände möglich. Hier ist besonders darauf zu achten, dass abends keine aufmunternden Parkinson-Medikamente eingenommen werden. Dies betrifft Präparate, die die Wirkstoffe Selegilin oder Amantadin enthalten.

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Wird das Einschlafen durch Missempfindungen in den Beinen gestört, die sich erst beim Bewegen oder Laufen bessern, kann ein sogenanntes Restless-Legs-Syndrom vorliegen. Dieses lässt sich oft durch abendliche Einnahme zusätzlicher Parkinson-Medikamente bessern. Einfache „Hausmittel“ können bei Einschlafstörungen hilfreich sein. Hierzu zählen z. B. warme Fußbäder vor dem Schlafengehen. Auch Entspannungstechniken wie das autogene Training sind einschlaffördernd. Darüber hinaus ist die vorübergehende Einnahme milder Schlafmittel bei der Parkinson-Krankheit möglich. Welche Vorgehensweise die richtige für Sie ist, sollten Sie mit Ihren Ärztinnen und Ärzte besprechen. Bei allen nächtlichen Ein- und Durchschlafproblemen sollten regelmäßige Zeiten für das Zubettgehen eingehalten und tagsüber Mittagsschlaf und Nickerchen vermieden werden. Nicht selten stehen Schlafstörungen bei Parkinson auch im Zusammenhang mit Depressionen.

Besonders in der zweiten Nachthälfte kann es durch das Absinken des Medikamentenspiegels zu starker Unbeweglichkeit kommen. Das Drehen im Bett und das Aufstehen fallen dann schwer oder sind unmöglich. Oft ist dieser Zustand auch mit Schmerzen verbunden. Besonders unangenehm sind schmerzhafte Fuß- und Zehenkrämpfe, die vor allem in den frühen Morgenstunden auftreten. Besprechen Sie diese Probleme mit Ihren Ärztinnen und Ärzte. Meistens kann die Einnahme eines lang wirksamen Parkinson-Medikamentes wie z. B. eines Dopaminagonisten mit langer Wirkdauer vor dem Einschlafen Linderung verschaffen.

Muss die Blase jede Nacht mehrfach entleert werden, sollte zunächst darauf geachtet werden, ob der Harndrang im Zusammenhang mit Unbeweglichkeit und Steifigkeit steht. In diesem Fall kann dann die abendliche Einnahme lang wirksamer Parkinson-Medikamente die Blase beruhigen. Hilfreich ist es auch, die abendliche Trinkmenge zu reduzieren (dafür aber morgens und mittags mehr trinken!) und auf die regelmäßige Blasenentleerung vor dem Zubettgehen zu achten. Helfen diese Maßnahmen nicht, sollten durch Ärztinnen und Ärzte andere Ursachen für vermehrten Harndrang (z. B. Blasenentzündung, Herzschwäche) ausgeschlossen werden. Urologische Probleme können auch durch Morbus Parkinson selbst entstehen.

Oft ist eine zu starke Medikamentenwirkung die Ursache von lebhaften (Alp-)Träumen und nächtlichen Unruhezuständen. Diese Probleme müssen Sie unbedingt mit Ihren Ärztinnen und Ärzte besprechen, da meist eine Veränderung der Medikamenteneinstellung notwendig ist. Dabei sollte unbedingt auch Ihr Partner zu den nächtlichen Ereignissen befragt werden.

Vermehrte Müdigkeit, die bei einer Ein- und Umstellung der Parkinson-Medikamente eintritt, kann sich nach einigen Tagen bis zu wenigen Wochen unter regelmäßiger Einnahme bessern. Sollte dies nicht der Fall sein, müssen Sie Ihre Ärztinnen und Ärzte informieren. In jedem Fall ist bei vermehrter Tagesmüdigkeit die Frage der Fähigkeit zum Führen eines Kraftfahrzeugs zu besprechen.

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Depression

Im Zusammenhang mit der Parkinson-Krankheit kommt es bei vielen Betroffenen zu trauriger und niedergeschlagener Stimmung. Dieser Zustand kann mit einem Verlust von Interesse an der Umgebung, Antriebsmangel und Freudlosigkeit verbunden sein (sogenannte Apathie). Hält ein Stimmungstief über einen Zeitraum von mehreren Wochen an, spricht man von einer Depression. Diese ist ein mögliches frühes Anzeichen für eine beginnende Parkinson-Erkrankung, kann aber auch erst im späteren Verlauf der Krankheit, oder als eine seelische Reaktion auf die Diagnose oder anderweitige Folgen der Krankheit auftreten. Als Parkinson-Symptom entsteht sie als direkte Reaktion auf krankheitsbedingte Veränderungen der Botenstoffe im Gehirn, also die Neurodegeneration. Diese Degeneration führt nämlich nicht nur zu einem Dopaminmangel, sondern auch zu einem Mangel an Serotonin, dem „Glückshormon“. Diese Veränderungen können schon Jahre vor den ersten deutlich sichtbaren motorischen Symptomen wie der Bradykinese oder dem Tremor auftreten. Depressive Verstimmungen, Reizbarkeit oder Angststörungen, sowie der allgemeine soziale Rückzug gelten deshalb als Frühwarnzeichen von neurodegenerativen Erkrankungen wie Morbus Parkinson. Jedoch sind diese Symptome sehr allgemein und nicht jede Depression ist ein Frühsymptom der Parkinson-Erkrankung. Auffällig wird es zum Beispiel dann, wenn depressive Verstimmungen oder Reizbarkeit zusammen mit anderen Symptomen des Frühstadiums und noch dazu plötzlich auftreten, sowie ohne ersichtlichen Grund (wie z.B. Verlust des Arbeitsplatzes, Verlust eines geliebten Menschen, Stress oder andere einschneidende Erlebnisse).

Als Folge von Begleiterscheinungen der Parkinson-Erkrankung treten Depressionen als Reaktion auf den Bewegungsmangel bzw. den Kontrollverlust der Patientinnen und Patienten über ihre eigene Motorik auf, sowie die damit einhergehenden Einschränkungen in der Lebensqualität und Selbstständigkeit. Eine Depression im Rahmen von Morbus Parkinson zu erkennen ist ohnehin nicht ganz leicht. Denn zum einen ähneln sich die typischen Symptome einer Depression und die Symptome bei Morbus Parkinson sehr stark, z. B. Schlafstörungen, Konzentrationsprobleme, ausdruckslose Mimik und Appetitlosigkeit. Jedoch haben sie völlig unterschiedliche Ursachen. Deshalb ist es wichtig, dass die Depression zusammen mit den Ärztinnen und Ärzte als eigenständige Krankheit diagnostiziert und behandelt wird. Zum anderen kann es nach der - für viele Patientinnen und Patienten erstmal schockierenden - Diagnose zu sogenannten Anpassungsstörungen kommen, die auch als reaktive Depression bezeichnet werden. Sie entstehen als Reaktion auf die Parkinson-Diagnose. Treten sie im fortgeschrittenen Krankheitsverlauf auf, können sie auch ein Anzeichen für eine nachlassende Wirksamkeit der bisher eingesetzten Medikamente sein. Im Gegensatz zu einer Depression nehmen diese Anpassungsstörungen jedoch nach relativ kurzer Zeit ab.

Zusammenhang zwischen Parkinson und Depression

Depressionen sind die häufigsten psychiatrischen Störungen bei der Parkinson-Krankheit. Sie treten bei circa 40 bis 50 Prozent der Patienten auf und beeinträchtigen, abgesehen von den motorischen Defiziten, die Lebensqualität. Trotz Häufigkeit und Bedeutung sind offenbar Depressionen bei Parkinson-Patienten unterversorgt. Es besteht weder mit Dauer noch mit Schwere der Parkinson-Krankheit eine lineare Beziehung, sodass das Auftreten depressiver Störungen nicht allein als sekundäre Reaktion auf die motorischen Einschränkungen zu werten ist. Bei Parkinson-Patienten überwiegen chronische Verläufe. Es gibt Hinweise darauf, dass affektive Symptome viele Jahre vor der Manifestation motorischer Zeichen als Erstmanifestation der Parkinson-Krankheit auftreten können. Patienten mit Angst- oder depressiven Störungen sollten daher immer sorgfältig auf motorische Phänomene hin untersucht werden.

Eine Studie der Universität Umeå zeigte, dass ältere Menschen, die an einer Depression erkranken, im ersten Jahr nach der Diagnose ein deutlich erhöhtes Risiko auf einen Morbus Parkinson haben. Das Risiko steigt mit dem Schweregrad der Depression und geht in den Folgejahren langsam zurück. Die wahrscheinlichste Erklärung der Ergebnisse ist, dass die Depression ein frühes Symptom des Morbus Parkinson ist. Die Bewegungsstörung entwickelt sich bekanntlich schleichend über den Verlauf vieler Jahre. Die typischen motorischen Symptome wie Bradykinese, Rigor und Tremor, die zur Diagnose führen, treten erst allmählich in den Vordergrund. Wenn die Diagnose gestellt wird, dürften viele Patienten schon seit längerem unter unspezifischen Symptomen leiden, was Auswirkungen auf die Psyche hat. Eine Depression ist hier eine plausible Erklärung.

Differenzialdiagnostik

Zur Abgrenzung einer depressiven Episode von Befindlichkeitsstörungen im Rahmen der Krankheitsverarbeitung oder anderen psychischen Störungen sollten die Kriterien der ICD-10 angewandt werden. Symptome der Depression wie beispielsweise psychomotorische Verlangsamung, mimische Starre können auch durch die neurologischen Defizite der Parkinson-Krankheit bedingt sein. Diese Symptome bewirken auch, dass der Umgebung Gefühle nicht adäquat vermittelt werden können. Ein erhöhtes Suizidrisiko besteht bei Vorliegen wahnhafter Depressionen (zum Beispiel Schuldwahn) und quälender Unruhe (Agitiertheit). Bei akuter Eigengefährdung muss ein Facharzt zur Einleitung von Schutz- und anderen therapeutischen Maßnahmen hinzugezogen werden.

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Praktisch relevant ist, dass sich depressive Symptomatik, Verlauf und pharmakologische Wirkungen anderer Parkinson-Syndrome bei zum Beispiel Lewy-Körper-Krankheit oder Normaldruck- Hydrozephalus unter anderem von der idiopathischen Parkinson-Krankheit unterscheiden.

Um die Diagnose einer Depression bei Parkinson-Patienten zu stellen, muss der behandelnde Arzt vom Patienten besonders subjektiv erlebte Symptome erfragen. Hierzu gehören als Kernsymptome Gefühle innerer Leere, Hoffnungslosigkeit und insbesondere der Verlust der Fähigkeit, Freude zu erleben (Anhedonie). Diese Symptomatik liegt bei etwa 50 Prozent der Parkinson-Patienten vor und führt zu Motivations- und Antriebsverlust mit Partnerschaftsproblemen. Der Patient fühlt sich abhängiger vom nicht erkrankten Partner, gleichzeitig fällt es schwerer, Gefühle zu zeigen.

Pathophysiologie

Es gibt Hinweise darauf, dass Depressionen seltener mit dem tremordominanten, sondern häufiger mit dem akinetisch rigiden, auf Dopamin ansprechenden Typ der Parkinson-Krankheit assoziiert sind. Pathophysiologisch ist die Depression bei der Parkinson-Krankheit am ehesten als primäre Konsequenz degenerativer Veränderungen in katecholaminergen Neurotransmittersystemen und frontokortikaler Dysfunktionen zu sehen.

Behandlung von Depressionen bei Parkinson

Wichtig ist, diese Begleiterkrankung frühzeitig zu erkennen und zu behandeln, denn sie senkt die Lebensqualität der Betroffenen beträchtlich. Die Behandlung einer Depression kann entweder mit Medikamenten (sogenannte Antidepressiva) oder psychotherapeutisch erfolgen - oft wird für einen besseren Behandlungserfolg beides kombiniert. Das wohl Wesentliche für alle Betroffenen ist, dass sie die Diagnose „Depression“ akzeptieren und sich auch helfen lassen. Leider sind psychische Erkrankungen, darunter auch Depression und Angststörungen, noch immer mit Tabus und Scham belegt, was zu einer hohen Dunkelziffer führt.

Anti-Parkinson-Therapie

Wichtigstes Standbein der Behandlung der Parkinson-Krankheit stellt neben Krankengymnastik, Logopädie und Ergotherapie die medikamentöse Behandlung dar. Basis der Pharmakotherapie der Parkinson-Krankheit ist die Dopamin-Substitution durch L-Dopa oder Dopaminagonisten. Wegen des Risikos motorischer Wirkungsschwankungen und Dyskinesien wird heute besonders bei „jüngeren“ Patienten (< 50 Jahre) zunehmend eine initiale Dopaminagonisten-Monotherapie angestrebt. Bei dementen beziehungsweise polymorbiden Patienten sollten wegen potenzieller psychiatrischer und internistischer Komplikationen „Cocktails“ aus mehreren Parkinson-Mitteln vermieden und zunächst das dopaminerge Ansprechen mit L-Dopa untersucht werden. L-Dopa selbst weist keine konsistente antidepressive Wirkung auf. Klinisch entsteht gelegentlich der Eindruck, dass L-Dopa initial depressiogen wirkt. Patienten mit motorischen Fluktuationen fürchten die mit den akinetischen (Off-)Phasen assoziierte Angst beziehungsweise Depression, die sogar zeitlich der Akinese vorausgehen können. Entacapon bewirkt über eine Hemmung der Catechol-O-Methyl-Transferase (COMT) eine signifikante Verlängerung der On-Phasen und Reduktion von Off-Phasen. Selegilin (L-Deprenyl), ein selektiver MAO-B-Inhibitor, lässt in der gebräuchlichen Dosierung (10 mg/Tag) keine antidepressiven Wirkungen erwarten.

Zugelassenen sind derzeit sieben orale Dopaminagonisten, die in Ergot-Alkaloide (Bromocriptin, Lisurid, Pergolid, Dihydroergocryptin, Cabergolin) und Nicht-Ergot-Deriva-te (Ropinirol, Pramipexol) unterschieden werden. Bromocriptin, Cabergolin, Dihydroergocryptin, Pergolid, Ropinirol und Pramipexol werden als Monotherapie in der Frühphase der Erkrankung angewendet, um den Einsatz von Levodopa hinauszuzögern. Unerwünschte Effekte sind orthostatische Hypotension, Übelkeit, Erbrechen und medikamentös induzierte Psychosen. Für den Einsatz von Dopaminagonisten spricht allerdings gerade bei jungen Patienten das Hinauszögern der Entwicklung von Wirkungsschwankungen und Dyskinesien.

Neben der Pharmakotherapie spielt heute die chronische Hochfrequenzstimulation mit stereotaktisch implantierten Elektroden in der Parkinson-Therapie eine Rolle, bei deren Einsatz in Fallberichten die Auslösung von Depressionen oder Euphorie bei Steigerung der Stimulationsamplitude berichtet wurde. Die Befunde unterstützen die Rolle der Basalganglien in der Emotionsregulation. Wegen des negativen Effekts der STN-Stimulation auf frontal exekutive Funktionen bei älteren Patienten sind Depression und Demenz eine Kontraindikation.

Antidepressive Pharmakotherapie

Bei der Auswahl des Antidepressivums bei Parkinson-Patienten sind drei Aspekte zu berücksichtigen:

  • Wirkung des Antidepressivums auf die Depression
  • Wirkung des Antidepressivums auf Motorik und Anti-Parkinson-Medikation
  • Spezifische und unspezifische unerwünschte Arzneimittelwirkungen zum Beispiel auf kognitive Funktionen

Um Therapieresistenzen aufgrund inadäquater Durchführung der Antidepressiva-Behandlung (zu rasches Umsetzen, zu niedrige Dosierung) zu vermeiden, haben sich standardisierte Algorithmen bewährt. Unter Einhaltung bestimmter Grundregeln wird in festgelegten Intervallen anhand definierter Kriterien das Ansprechen auf das Antidepressivum und der mögliche Wechsel zur nächsten Behandlungsstufe festgelegt:

  • Monotherapie mit Antidepressiva unterschiedlicher Wirkprofile
  • Kombination von Antidepressiva, unter anderem Augmentation mit Lithium
  • kontrollierter Einsatz von Tranylcypromin (irreversibler MAO-A-Inhibitor)
  • Elektrokrampftherapie als Ultima Ratio

Kontrollierte, doppelblind durchgeführte Studien mit Imipramin, Nortriptylin und Desipramin zeigen eine gute antidepressive Wirkung bei Parkinson-Patienten. Einige Studien berichten sogar über eine Reduktion motorischer Zeichen der Erkrankung. Probleme beim Einsatz dieser klassischen Antidepressiva sind insbesondere ihre anticholinergen Wirkungen, die unter anderem motorische Funktionen positiv, kognitive Funktionen aber negativ beeinflussen können. Auch die Entstehung deliranter Zustände und orthostatischer Probleme sind wichtige Einschränkungen der Indikation dieser Substanzen bei Parkinson-Patienten. Serotonerg wirksame Trizyklika wie zum Beispiel Clomipramin sollten wegen der Gefahr eines serotonergen Syndroms nicht mit Selegilin kombiniert werden.

Serotonin-Wiederaufnahmehemmer(SSRI) sind bei der Behandlung depressiver Störungen und verschiedener Formen der Angststörungen sehr gut evaluiert. Sie zeigen die gleiche Wirksamkeit wie trizyklische Antidepressiva, jedoch ein anderes Profil unerwünschter Wirkungen, was sich insbesondere für ältere Patienten als günstig erwiesen hat.

Die aufgrund von in Einzelfallberichten vermutete Verstärkung motorischer Symptome bei der Gabe von SSRI konnte in retrospektiven und offenen Studien bei mehreren hundert Patienten nicht bestätigt werden. Zwei prospektive, offene Studien mit Paroxetin bei fast 100 Parkinson-Patienten mit Depression zeigten bei guter antidepressiver Wirksamkeit keine signifikante Verschlechterung motorischer Funktionen. SSRI sollten wegen des Risikos eines serotonergen Syndroms nicht mit dem MAO-B-Hemmer Selegilin kombiniert werden. Über eine Reduktion des Tremors bei der Gabe von Mirtazapin, einem noradrenerg und serotonerg wirksamen Antidepressivum, wurde in Kasuistiken berichtet.

Der selektive Noradrenalin-Wiederaufnahmehemmer Reboxetin ist bei depressiven Störungen gut untersucht und beeinflusst kognitive und psychomotorische Funktionen in klinisch nicht relevanter Weise. Da es außerdem Hinweise auf die Beteiligung noradrenerger Mechanismen bei der Entstehung depressiver Parkinson-Syndrome gibt, wurde Reboxetin bei depressiven Parkinson-Patienten untersucht. Erste Fallbeschreibungen und eine offene, prospektive Studie deuten auf eine antidepressive Wirkung ohne klinisch relevante Beeinträchtigung motorischer Funktionen bei Parkinson-Patienten hin.

Für die antidepressive Wirkung von Dopaminagonisten ist wahrscheinlich die spezielle Affinität zu D3-Rezeptoren im mesolimbischen System bedeutsam. Wichtig sind hier die Nicht-Ergot-Derivate Ropinirol und Pramipexol. Tierexperimentell wurde eine anxiolytische Wirkung von Ropinirol gezeigt. Für Pramipexol konnten in Tiermodellen synergistische Effekte mit SSRI, antidepressive und speziell anti-anhedone Wirkungen nachgewiesen werden.

Es gibt Hinweise darauf, dass Dopaminagonisten als Augmentation bei therapieresistenten Depressionen wirksam sind. In einer placebokontrollierten Studie war Pramipexol bei Patienten mit schweren depressiven Störungen vergleichbar effektiv wie Fluoxetin. Es gibt viele experimentelle und klinische Hinweise auf antidepressive Wirkungen von Dopaminagonisten. Auch wenn derzeit noch keine Ergebnisse aus kontrollierten Studien zu dieser Fragestellung vorliegen, wird aus klinischer Sicht zunehmend der Einsatz neuerer Dopaminagonisten bei depressiven Parkinson-Patienten wegen des gleichzeitigen Effekts auf motorische Symptome empfohlen.

Moclobemid, ein reversibler MAO-A-Inhibitor, scheint die Wirkdauer von L-Dopa zu verlängern, speziell den Effekt auf die Depression bei Morbus Parkinson wurde jedoch nicht untersucht. Bupropion, ein Dopamin-selektives Antidepressivum, konnte bei depressiven Parkinson-Patienten wegen unerwünschter Wirkungen nur begrenzt eingesetzt werden. Johanniskraut (Hypericum) ist bei leichten bis mittelschweren Depressionen wirksam, bei Parkinson-Patienten nicht untersucht und erfreut sich einer hohen Akzeptanz bei den Patienten.

Psychotherapie

Neben der medikamentösen Behandlung können auch psychotherapeutische Maßnahmen bei der Behandlung von Depressionen im Zusammenhang mit Parkinson hilfreich sein. Insbesondere die kognitive Verhaltenstherapie hat sich als wirksam erwiesen. Auch formalisierte Psychotherapien haben sich als wirksam erwiesen und werden in den aktuellen "AWMF S-3" Leitlinien empfohlen. Im Rahmen der Verhaltenstherapie lernen die Patienten, ihre negativen Gedanken und Verhaltensmuster zu erkennen und zu verändern. Dies kann dazu beitragen, ihre Stimmung zu verbessern und ihre Lebensqualität zu erhöhen.

Weitere Aspekte der Behandlung

Es ist wichtig zu beachten, dass die Behandlung von Depressionen bei Parkinson-Patienten ein individueller Prozess ist, der auf die spezifischen Bedürfnisse und Umstände des Einzelnen zugeschnitten sein sollte. Neben der medikamentösen und psychotherapeutischen Behandlung können auch andere Maßnahmen hilfreich sein, wie z. B. regelmäßige Bewegung, soziale Kontakte und eine gesunde Ernährung.

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