Parkinson: Ursachen für Gangstörungen und Stürze

Morbus Parkinson ist nach der Alzheimer-Krankheit die zweithäufigste neurodegenerative Erkrankung. Schätzungen zufolge gibt es in Deutschland mindestens 200.000 Betroffene, mit deutlich wachsender Tendenz. Die Krankheit tritt zumeist im höheren Erwachsenenalter auf, wobei die große Mehrzahl der Betroffenen mindestens 60 Jahre alt ist. Allerdings erkranken zehn Prozent aller Parkinson-Patienten schon vor dem 50. Lebensjahr. In seltenen Fällen können selbst junge Menschen im Alter von zwanzig Jahren betroffen sein, was als juveniler Parkinson bezeichnet wird. Insgesamt gibt es ca. 50 Prozent mehr männliche als weibliche Parkinson-Patienten.

Symptome von Parkinson

Die häufigsten und bekanntesten Symptome der Parkinson-Krankheit sind Zittern (Tremor) sowie verlangsamte und verminderte Bewegungen. Jedoch unterscheidet sich die Frühphase der Erkrankung von dem bekannteren Krankheitsbild im späteren Stadium. Frühe Krankheitsanzeichen können Depressionen, Schlafstörungen, Verstopfung, Störungen des Geruchssinns, eine leisere, monotone Stimme oder das fehlende Mitschwingen eines Armes beim Gehen sein. Erst mit der Zeit werden die klassischen Hauptsymptome deutlicher.

Motorische Kardinalsymptome

Die Diagnose „Morbus Parkinson“ wird ohne das Vorliegen der vier motorischen Kardinalsymptome nicht gestellt.

  • Bradykinese (Verlangsamung): Die Bewegungsfähigkeit nimmt ab. Betroffene gehen auffallend langsam und mit kleinen Schritten, sich drehen fällt ihnen schwer. Die Mimik wird maskenhaft, die Handschrift wird kleiner.
  • Ruhetremor (Ruhezittern): Ein unwillkürliches Zittern der Hände, das im späteren Verlauf der Krankheit auch die Füße betreffen kann. Das Zittern tritt bei Parkinson nur auf, während Hände und Füße ruhen, und verstärkt sich bei emotionaler Belastung. Der Ruhetremor kann auch auf eine Körperhälfte beschränkt sein und verschwindet, wenn Patienten die betroffene Extremität bewegen oder während Patienten schlafen.
  • Rigor (Steifheit): Typisch ist eine Steifheit der Muskeln, von der häufig Nacken, Arme und Beine betroffen sind. Die Körperhaltung ist vornübergebeugt. Es fühlt sich für Betroffene an, als ob Bewegungen gegen einen Widerstand ausgeführt werden müssen. Manchmal sind Bewegungen regelrecht blockiert.
  • Posturale Instabilität (Mangelnde Stabilität der Körperhaltung): Gleichgewichtsstörungen führen zu unsicherem Gehen und Stehen, wodurch es zur Gefahr von Stürzen kommt.

Weitere Symptome

Einige Parkinson-Symptome sind sichtbar, andere wiederum nicht, was einer korrekten Diagnose der Krankheit im Weg stehen kann. Menschen, die an Parkinson erkrankt sind, haben oft Schwierigkeiten, bestimmte Symptome der Parkinson-Krankheit oder anderen Ursachen zuzuordnen. Es können verschiedene Schlafprobleme auftreten, und Parkinson kann bewirken, dass das Stimmvolumen geringer und die Sprache undeutlicher wird. Diese Probleme treten bei der Koordinierung des Atems auf. Zudem ist es schwierig, immer im selben Tempo zu sprechen, worunter die Verständlichkeit leidet. Die Mehrheit der Parkinson-Patienten leidet am Verlust des Geruchssinnes. Einige Parkinson-Patienten leiden unter Gedächtnisverlust, Schwierigkeiten mit Multitasking oder Konzentrationsproblemen. Parkinson-Patienten leiden oft an orthostatischer Hypotension, einem plötzlichen Blutdruckabfall beim Stehen. Dystonie ist eine Bewegungsstörung, bei der die Koordination unserer Bewegungen im Gehirn gestört ist, wodurch unfreiwillige, unkontrollierbare Muskelkontraktionen und Verkrampfungen auftreten. Das Sprechen und Schlucken kann schwieriger werden, der Patient kann leiser und monotoner sprechen. Die Gesichts- und Halsmuskulatur wird schwächer und verliert an Beweglichkeit. Viele Parkinson-Patienten leiden an Apathie (Teilnahmslosigkeit). Nebenwirkungen von Medikamenten können auch sehr unangenehm sein.

Ursachen von Parkinson

Als Ursache für die Parkinson-Symptome haben Forschende ein Nervenzellsterben im Hirnstamm ausgemacht, genauer gesagt in einem dunkelfarbigen Bereich, der Substantia Nigra („Schwarze Substanz“). Die Zellen der Substantia Nigra setzen den Botenstoff Dopamin frei, der entscheidend für die Feinabstimmung der Muskelbewegung und den Start von Bewegungen ist. Wie es zum Nervenzellsterben in der Substantia Nigra kommt, ist bislang nicht vollständig geklärt. Ein Merkmal der Erkrankung ist, dass in den betroffenen Zellen sogenannte Lewy-Körperchen auftreten. Dabei handelt es sich um Ablagerungen, die einen Eiweißstoff namens Alpha-Synuclein enthalten.

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Der Großteil der Betroffenen erkrankt um das sechzigste Lebensjahr - dann tritt die Krankheit ohne erkennbaren Auslöser auf, was man als idiopathisch oder sporadisch bezeichnet. Neben der idiopathischen Form der Parkinson-Erkrankung, für die sich bislang keine konkreten Ursachen ausmachen lassen, existieren auch genetische Formen: Zehn Prozent der Parkinson-Erkrankungen sind genetisch, d.h. durch Vererbung bedingt. Hier sind Mutationen, also Veränderungen der Erbinformation, Ursache der Erkrankung. Patienten mit genetischer - man sagt auch familiärer- Parkinson sind im Schnitt etwas jünger, wenn sich Symptome zeigen: oft treten erbliche Formen schon vor dem 50. Lebensjahr auf. Beim sogenannten sekundären Parkinson-Syndrom ähneln die Symptome denen der „echten“ Parkinson-Erkrankung, ohne dass es sich um Morbus Parkinson handelt: Hier werden die Symptome nicht durch Parkinson und damit durch Zellsterben in der Substantia Nigra verursacht.

Gangstörungen bei Parkinson

Im Verlauf der Krankheit sind Beweglichkeit und Gang zunehmend beeinträchtigt - die Schritte werden kleiner, langsamer und die Füße halten beim Gehen länger Bodenkontakt. Das Wort „Freezing“ haben ursprünglich englischsprachige Patientinnen und Patienten benutzt, um ihre Gangstörung zu beschreiben, bei der sie mitten in einer Bewegung „einfrieren“. Im Deutschen sprechen Betroffene häufig vom „Festkleben am Boden“, vom „Trippeln“ und davon, nicht von der Stelle zu kommen. Diese Umschreibungen fassen das zentrale Problem der Gangstörung bei Morbus Parkinson recht genau zusammen.

Freezing

Freezing bezeichnet eine plötzlich auftretende, vorübergehende Störung des Ganges. Insgesamt 60-80% aller Menschen mit Parkinson leiden unter solchen Gangblockierungen. Die Gangstörung kann in sehr unterschiedlichen Situationen auftreten: während Wendebewegungen, beim Losgehen (sogenannte Ampelsituation), in räumlicher Enge (wie in einem Türdurchgang) oder nach längerem Sitzen oder Stehen (wenn beispielsweise das Telefon in einiger Entfernung klingelt). Freezing beeinträchtigt die Selbstständigkeit der Betroffenen stark, reduziert die Lebensqualität und stellt durch die erhöhte Sturzgefahr eine Bedrohung der körperlichen Gesundheit dar.

Ursachen für Freezing

  • Medikamentöse Therapie: Eine medikamentöse (dopaminerge) Therapie kann das Freezing in OFF-Phasen bei Betroffenen mit idiopathischem Parkinson Syndrom verbessern. Bei sonst guter Beweglichkeit (ON-Freezing) ist die medikamentöse Therapie schwieriger.
  • Andere Mechanismen: Im Verlauf der Erkrankung können Mechanismen eine Rolle spielen, die nicht mehr rein von Dopamin abhängig sind, sondern wo auch der Untergang anderer Nervenzellsysteme beiträgt zu diesem Klebenbleiben.
  • Alternative Routen: Es gibt aber alternative Routen, alternative Wege, wie die Hirnrinde doch die Bewegung in Gang setzen kann. Und das ist etwas, was man z.B. in der Physiotherapie trainieren kann, indem man z.B. gewisse optische Signale am Boden, wie z.B.

Erhöhte Sturzgefahr

Die posturale Instabilität, also die mangelnde Stabilität der Körperhaltung, ist ein weiteres Hauptsymptom von Parkinson. Die Störung der gleichgewichtserhaltenden Reflexe (Stellreflexe) führt dazu, dass der Patient unsicher geht und steht und häufig schwer stürzt. In leichteren Fällen kann man diese Reflexe mit einem Stoßtest untersuchen: wird der Patient gestoßen, muss er mehrere Schritte machen, um das Gleichgewicht wieder zu finden oder er fällt hin.

Schon im Jahre 1817 beschrieb James Parkinson die gebeugte Körperhaltung als ein Kennzeichen des Morbus Parkinson. Für eine stark ausgeprägte Rumpfbeugung wird heute der medizinische Begriff Kamptokormie verwendet. Die Beugung des Oberkörpers kann nach vorne, aber auch zu einer Seite hin auftreten - man spricht dann auch vom sogenannten Pisa-Syndrom. Außerdem kann statt einer Beugung des gesamten Oberkörpers auch eine starke Beugung des Nackens auftreten. Diese Form der Beugehaltung wird Anterocollis oder „Dropped head“ genannt. Die Rumpfbeugung erhöht die Sturzgefahr der Betroffenen durch den verschobenen Körperschwerpunkt erheblich. Patientinnen und Patienten mit einer starken Beugung des Nackens verlieren beispielsweise beim einfachen Versuch nach vorne zu blicken häufig das Gleichgewicht, und drohen nach hinten zu stürzen.

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Therapieansätze

Morbus Parkinson ist bislang nicht heilbar. Mit geeigneten Therapien lässt sich die Krankheit jedoch oft über Jahre hinweg gut kontrollieren. Eine wichtige Rolle spielt die medikamentöse Behandlung. So kann die Gabe von Dopaminvorstufen (z. B. in Form des Antiparkinson-Wirkstoffs L-Dopa) den Dopaminmangel ausgleichen. Ist die medikamentöse Behandlung nicht mehr ausreichend, kommt ein so genannter Hirnschrittmacher in Frage.

Weitere Therapieansätze

  • Bewegung: Wir wissen auch, dass nicht medikamentöse Maßnahmen den Verlauf der Erkrankung und vor allem die Symptome deutlich beeinflussen. Dazu gehört ganz, ganz zentral Bewegung. Man weiß, dass Patienten, Menschen, die immer sehr aktiv Sport betrieben haben, die haben schon von vornherein ein niedrigeres Parkinson-Risiko. Und wenn sie an Parkinson erkranken, haben sie eine langsamere motorische Verschlechterung. Und auch wenn man während der Parkinson-Krankheit noch sehr viel Sport und Bewegung macht, hat das auch einen sehr, sehr günstigen Einfluss auf die Symptome.
  • Begleittherapie: Als dritter Pfeiler dient deswegen die so genannte Begleittherapie, die hauptsächlich das Ziel hat, dass die Patienten die verloren gegangenen oder eingeschränkten Fähigkeiten und automatischen Bewegungen wieder erlernen. Durch diese Lernprozesse kommen sie im Alltagsleben deutlich besser aus, was die Lebensqualität der Parkinson-Patienten erheblich steigert. Andererseits verstärken sich viele Parkinsonsymptome, am meisten der Rigor und die Akinese, wenn diese überwiegend übenden Verfahren vernachlässigt werden. Die übenden Behandlungsverfahren machen sich vor allem einen Lernprozess des Gehirns zunutze, der Patient profitiert von dem Trainingseffekt und gewinnt mit zunehmenden Erfolgen an Selbstsicherheit, Selbstvertrauen und Motivation.

Forschung

Wer eine Krankheit heilen möchte, muss sie zunächst einmal verstehen. Forschende fahnden daher nach den Ursachen für das Nervensterben bei Parkinson - sowohl bei der sporadischen als auch bei der erblichen Form der Erkrankung. Andere erforschen die Rolle von Entzündungsprozessen oder bestimmten Genmutationen. Außerdem gehen Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler der Frage nach, wie geschädigte Mitochondrien zur Krankheitsentstehung beitragen können. Die „Kraftwerke der Zelle“ können schädliche Sauerstoffradikale abgeben und bauen zudem Dopamin ab. Ein weiteres wichtiges Forschungsziel ist aber auch die Suche nach so genannten Biomarkern: das sind messbare biologische Merkmale (z. B. im Blut oder Nervenwasser), die eine Früherkennung von Parkinson erlauben und helfen, das Fortschreiten der Erkrankung besser im Auge zu behalten.

Leben mit Parkinson

Im Frühstadium der Parkinson-Krankheit führen viele Menschen ein selbstständiges und aktives Leben. Dennoch können Beschwerden, aber auch Sorgen um die Zukunft belasten. Es gibt jedoch verschiedene Möglichkeiten, mit Einschränkungen im Alltag und psychischen Belastungen umzugehen. Die Parkinson-Krankheit wirkt sich auf viele Lebensbereiche aus - ob Beruf, Partnerschaft und Familie oder Freizeitaktivitäten. Auch wenn sich der Alltag im Frühstadium der Erkrankung nur wenig verändert: Viele Betroffene haben Angst, mit der Zeit unselbstständig und pflegebedürftig zu werden. Es kann aber gelingen, noch lange ein Leben zu führen, das durch die Krankheit nicht allzu sehr beeinträchtigt ist.

Tipps für den Alltag

  • Offenheit: Viele Betroffene machen jedoch die Erfahrung, dass sie umso besser mit der Erkrankung zurechtkommen, je selbstverständlicher sie damit umgehen. Oft haben andere Menschen mehr Verständnis als zunächst angenommen. Falls nicht, sind sie vielleicht auch nur unsicher, wie sie mit der Erkrankung umgehen sollen, was sie sagen oder wie sie helfen könnten. Offen über die Erkrankung zu sprechen, kann Unsicherheiten auf beiden Seiten nehmen.
  • Selbsthilfegruppen: In vielen Städten gibt es Selbsthilfegruppen, in denen ein Erfahrungsaustausch und Unterstützung durch andere Betroffene möglich ist. Auch Online-Foren oder andere soziale Netzwerke im Internet werden für den Austausch über den Umgang mit Krankheiten immer wichtiger.
  • Sprachtherapie: Zusätzlich kann vielleicht eine Sprachtherapie helfen, etwas klarer und deutlicher zu sprechen und mehr Selbstbewusstsein zu entwickeln.
  • Aktiv bleiben: Viele berichten, dass ihnen körperliche Aktivität guttut - zum Beispiel Wandern, Radfahren (auch auf dem Heimtrainer), Yoga oder Tai Chi. Bewegung kann helfen, die Beschwerden zumindest vorübergehend zu lindern. Sie kann dazu beitragen, sich aktiv mit der Erkrankung auseinanderzusetzen, wieder positiver zu denken und optimistischer mit Herausforderungen umzugehen.

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