Morbus Parkinson ist eine fortschreitende neurologische Erkrankung, die neben den bekannten motorischen Symptomen auch eine Vielzahl von nicht-motorischen Beschwerden verursacht. Zu diesen gehören neuropsychiatrische Symptome wie Angstzustände, Depressionen, Müdigkeit, kognitive Beeinträchtigungen und Demenz. Auch Nebenwirkungen von Medikamenten gegen Parkinson, wie Psychosen und Impulskontrollstörungen, sowie autonome Funktionsstörungen, die sich in Herz-Kreislauf-, Magen-Darm-, Urogenital- und Thermoregulationsstörungen äußern können, sind häufig. Schlafstörungen und Sehstörungen können ebenfalls auftreten.
Nicht-motorische Symptome bei Parkinson
Die PRIAMO-Studie zeigte, dass autonome und neuropsychiatrische Störungen nicht nur bei atypischen Parkinson-Syndromen (APS), sondern auch beim idiopathischen Parkinson-Syndrom (IPS) häufig sind. Fast alle Patienten (98,6 %) wiesen nicht-motorische Symptome auf, am häufigsten Fatigue (58 %) und Angst (56 %). Psychiatrische Symptome dominierten insgesamt (67 %).
Es ist wichtig zu wissen, dass diese Symptome nicht erst im fortgeschrittenen Stadium der Erkrankung auftreten, sondern bereits zu Beginn und im frühen Stadium vorhanden sein können. Validierte Fragebögen wie der NMS Quest, NMSS und PDSS zeigen signifikante Unterschiede zwischen Parkinson-Patienten und der Normalbevölkerung.
Es gibt keine strenge Korrelation zwischen nicht-motorischen und motorischen Symptomen. Ein Patient kann im motorischen ON sein und trotzdem unter Angst, Depressionen, Vigilanzproblemen oder Bradyphrenie leiden.
Neuropsychiatrische Symptome: Depression, Angst und Demenz
In Deutschland leiden laut der GEPAD-Studie fast 65 % der Parkinson-Patienten unter neuropsychiatrischen Symptomen. Depressionen sind mit 18 % am häufigsten, gefolgt von Demenz mit 15 %. Kombinationen von Symptomen wie Demenz und Depression (11 %), Demenz und Psychose (9 %) sowie Depression, Psychose und Demenz (6 %) sind ebenfalls häufig. Die PRIAMO-Studie zeigte, dass Angst mit 56 % am häufigsten auftrat, gefolgt von Traurigkeit/Depression mit 23 %, Nervosität mit 18 % und Anhedonie mit 11 %.
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Angst
Parkinson-Patienten können unter generalisierten Angststörungen, Panikattacken und Phobien leiden. Diese Symptome treten häufiger bei schwerer erkrankten Patienten auf, können aber auch im Frühstadium auftreten. Angsterkrankungen können familiär gehäuft auftreten und die Lebensqualität erheblich beeinträchtigen. Die Behandlungsmöglichkeiten sind die gleichen wie bei Angstpatienten ohne Parkinson, einschließlich Verhaltenstherapie.
Depression
Bei depressiven Symptomen sollte zunächst die dopaminerge Therapie optimiert werden. Wenn die Symptome trotz optimaler dopaminerger Therapie im OFF persistieren, kann eine Eskalationstherapie hilfreich sein. Wenn die Beschwerden ohne Zusammenhang mit dem OFF bestehen, sollte ein Antidepressivum eingesetzt werden. Da es nur wenige spezifische Studien zur Behandlung von Depressionen bei Parkinson gibt, muss auf Daten zur allgemeinen Therapie der Depression zurückgegriffen werden. Trizyklika haben eine gute Datenlage, sind aber mit Nebenwirkungen und Interaktionen verbunden. Eine weitere Option sind Serotonin-Noradrenalin-Wiederaufnahmehemmer (SNRI) wie Venlafaxin, Duloxetin oder Milnacipran. Mirtazapin kann einen zusätzlichen schlafanstoßenden Effekt erzielen. Die S3-Leitlinie zur Therapie des Morbus Parkinson empfiehlt trizyklische Antidepressiva sowie Antidepressiva neuerer Generation wie SSRI und Venlafaxin für die Behandlung der Depression bei IPS-Patienten. Auch eine Psychotherapie soll genutzt werden. Der Einsatz eines Dopaminagonisten kann im Rahmen der Optimierung der dopaminergen Therapie hilfreich sein.
Vigilanzstörungen und Fatigue
Etwa die Hälfte der Parkinson-Patienten leidet an einer Vigilanzstörung, die in allen Phasen der Erkrankung auftreten kann. Sie beeinträchtigt die Lebensqualität erheblich und kann zu sozialer Isolation, eingeschränkter Mobilität, Unfällen und Stürzen führen. Fatigue ist ein weiteres häufiges nicht-motorisches Symptom, das ebenfalls in allen Phasen der Erkrankung auftreten kann.
Die wichtigste Ursache der Vigilanzstörung ist die Parkinson-Krankheit selbst, einschließlich des degenerativen Prozesses, des Alters der Patienten und der Störungen der Neurotransmittersysteme. Auch die Parkinson-Therapie, insbesondere mit Dopaminagonisten, kann diesen Effekt verstärken. Begleitende internistische und urologische Medikamente sowie Parkinson-assoziierte Schlafstörungen können ebenfalls zur Beeinträchtigung der Vigilanz beitragen. Geeignete Skalen zur Erfassung der Vigilanz sind ESS, MSLT, PDSS und SCOPA-Sleep.
Dopaminagonisten können zu Vigilanzstörungen beitragen, aber es gibt Unterschiede zwischen den Wirkstoffen bezüglich der Häufigkeit von Schlafattacken und Tagesmüdigkeit. Piribedil hat neben agonistischen Effekten auf D3- und D2-Rezeptoren zusätzliche antagonistische Eigenschaften an alpha-2-noradrenergen Rezeptoren. Studien haben gezeigt, dass Piribedil die Vigilanz bzw. Tagesmüdigkeit verbessern kann.
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Demenz und kognitive Störungen
Demenz und kognitive Störungen werden erst seit etwa 20 Jahren als Teil der Parkinson-Erkrankung betrachtet. Studien zeigen, dass im Krankheitsverlauf nach etwa 17 Jahren rund 80 % der Patienten eine Demenz entwickeln. Patienten mit Tremordominanz-Typ sind seltener betroffen als Patienten mit akinetisch-rigidem Typ.
Die kognitiven Einschränkungen werden durch die Erkrankung selbst (Neurodegeneration) verursacht, aber auch Nebenwirkungen von Medikamenten, insbesondere Anticholinergika, spielen eine Rolle. ON-OFF-Fluktuationen in der Spätphase der Erkrankung können ebenfalls zu Bradyphrenie führen.
Rivastigmin ist das einzige Medikament, das für die symptomatische Behandlung der leichten bis mittelschweren Demenz bei IPS-Patienten zugelassen ist. Es kann jedoch zu Übelkeit, Erbrechen und Tremor kommen. Eine Optimierung der Parkinson-Therapie und der Begleitmedikation, indem Anticholinergika und andere Substanzen mit potentiell negativem Einfluss vermieden werden, ist ebenfalls wichtig. Konservative Maßnahmen umfassen die Aufklärung des Patienten und seiner Angehörigen, eine ausreichende Flüssigkeitszufuhr, die Behandlung von Schlafstörungen und eine adäquate Betreuung.
Schlafstörungen bei Parkinson
Schlafstörungen sind ein häufiges Problem bei Parkinson-Patienten. 90 % der Betroffenen haben Probleme mit dem Ein- oder Durchschlafen. Die Ursachen sind vielfältig und können durch Parkinson-Symptome, Medikamente oder andere Faktoren bedingt sein. Schlafprobleme können zu einer Verschlechterung der Parkinson-Symptome, Müdigkeit, Stimmungsschwankungen und Konzentrationsstörungen führen.
Ursachen von Schlafstörungen
- Steifigkeit und Zittern: Typische Parkinson-Symptome können nachts sehr ausgeprägt sein und das Umdrehen im Schlaf erschweren.
- Restless-Legs-Syndrom (RLS): Unangenehme Missempfindungen in den Beinen, die sich durch Bewegung bessern.
- REM-Schlaf-Verhaltensstörung: Ausleben von Trauminhalten mit nächtlichen Bewegungen der Gliedmaßen.
- Tagesschlaf: Längere Mittagsschläfchen können zu nächtlichen Schlafproblemen führen.
- Nebenwirkungen von Medikamenten: Einige Parkinson-Medikamente können aktivierend wirken oder innere Unruhe auslösen.
- Negative Gedanken und Sorgen: Grübeln kann das Einschlafen verhindern.
- Probleme mit der Blasenentleerung: Häufige Toilettengänge in der Nacht stören den Schlaf.
Tipps für besseren Schlaf
- Schlafhygiene: Regelmäßige Schlafzeiten, entspannende Abendroutine, dunkles und kühles Schlafzimmer.
- Ernährung und Getränke: Vermeiden Sie Koffein und Alkohol vor dem Schlafengehen. Nehmen Sie die Abendmahlzeit nicht zu spät ein.
- Sport: Regelmäßige sportliche Aktivität am Tag kann die Schlafqualität verbessern.
Persönlichkeitsveränderungen und Delir
Persönlichkeitsveränderungen und Stimmungsextreme können sowohl für Parkinson-Betroffene als auch für Angehörige belastend sein. Es ist wichtig, den behandelnden Arzt über diese Veränderungen zu informieren. Eine Anpassung der Parkinson-Therapie kann die Stimmungslage verbessern. In manchen Fällen kann eine stationäre Behandlung notwendig sein.
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Das Delir ist ein akut auftretendes Syndrom, das mit Aufmerksamkeits- und Wahrnehmungsstörungen einhergeht. Es ist mit einem erhöhten Risiko für motorische und psychopathologische Langzeitkomplikationen verbunden. Parkinson-Patienten haben ein erhöhtes Risiko, ein Delir zu entwickeln.
Risikofaktoren für ein Delir
- Höheres Lebensalter
- Kognitive Störungen
- Polypharmazie
- Infektionen
- Metabolische Störungen
- Schmerzen
- Schlafstörungen
- Parkinson-Erkrankung selbst
Prävention und Behandlung des Delirs
- Reorientierungsmaßnahmen
- Einhaltung des Tag-Nacht-Rhythmus
- Benutzung von Hilfsmitteln
- Frühzeitige Mobilisierung
- Ausreichende Nahrungs- und Flüssigkeitszufuhr
- Ruhige Umgebung
- Vermeidung von Kathetern und Zugängen
- Behandlung potenziell ein Delir verursachender Faktoren
- Kritische Evaluation der Medikation
Idiopathisches Parkinson-Syndrom (IPS)
Das Idiopathische Parkinson-Syndrom ist eine neurodegenerative Erkrankung, die durch den Verlust von dopaminproduzierenden Nervenzellen gekennzeichnet ist. Dies führt zu einem Dopaminmangel, der vor allem für die motorischen Symptome verantwortlich ist. Neben den motorischen Symptomen treten häufig auch nichtmotorische Symptome wie Depressionen, Angststörungen, kognitive Störungen, psychotische Symptome und autonome Symptome auf.
Schlafstörungen beim IPS
Bis zu 98 % der Parkinson-Patienten leiden unter Schlafstörungen, am häufigsten Insomnie. Auch nächtliche Akinese und REM-Schlaf-Verhaltensstörungen kommen vor. Eine Vielzahl von neurodegenerativen, psychologischen und pharmakologischen Faktoren kann zu Störungen des normalen Schlafs bei Parkinson-Patienten führen.
Diagnose und Therapie von Schlafstörungen beim IPS
Die Diagnose erfolgt anhand klinischer Kriterien und gegebenenfalls bildgebender Verfahren. Standardisierte Fragebögen wie die Parkinson’s Disease Sleep Scale (PDSS-2) können zur Beurteilung der Schlafstörungen eingesetzt werden.
Die Therapie von Schlafstörungen beim IPS ist multifaktoriell und umfasst:
- Optimierung der dopaminergen Therapie
- Beachtung psychosozialer und behavioraler Faktoren
- Einhaltung der Schlafhygiene
- Verhaltenstherapie
- Lichttherapie
- Melatoningabe
- Kurzfristiger Einsatz von Hypnotika
- Behandlung bestehender psychiatrischer Störungen
- Urologische Versorgung bei Enuresis und Harninkontinenz
- Reduktion auslösender Medikamente bei Halluzinationen
- Therapie Schlafbezogener Atmungsstörungen
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