Morbus Parkinson ist eine fortschreitende neurodegenerative Erkrankung, die weltweit Millionen von Menschen betrifft. In Deutschland sind etwa 400.000 Menschen betroffen. Die Erkrankung ist durch den Verlust von Dopamin-produzierenden Zellen im Gehirn gekennzeichnet, was zu motorischen und nicht-motorischen Symptomen führt. Obwohl die genaue Ursache der Parkinson-Krankheit noch immer unbekannt ist, spielen genetische und Umweltfaktoren eine Rolle. Die Behandlung zielt darauf ab, die Symptome zu lindern und die Lebensqualität der Betroffenen zu verbessern.
Was ist der "Off"-Zustand bei Parkinson?
Im Verlauf der Parkinson-Erkrankung kann die Wirksamkeit der oralen Therapie nachlassen. Bei Parkinson kommt es im Gehirn zu einem fortschreitenden Verlust von Nervenzellen, die den Botenstoff Dopamin produzieren. Dopamin hilft dem Körper, Bewegungen zu steuern. Die Erkrankung hat in ihrem Verlauf daher Auswirkungen auf die Bewegungsfähigkeit und die Bewegungskoordination, die mit zunehmendem Nervenzellverlust vielfältiger und stärker werden können. Es kann zu Schwankungen der Beweglichkeit im Tagesverlauf kommen. Auch solche Folgen, die nicht mit der Motorik zusammenhängen - wie etwa Verhaltensänderungen oder Depressionen - können ausgeprägter sein. Die hauptsächlichen Beschwerden bei Parkinson lassen sich im frühen Stadium der Erkrankung meist gut mit Tabletten oder Kapseln behandeln. Das kann im weiteren Verlauf schwieriger werden. Denn der optimale Wirkungsbereich, in dem das Medikament in der gewünschten Konzentration im Körper verfügbar ist und gut wirkt, verkleinert sich (siehe Grafik, optimaler Wirkungsbereich). Die Wirkung setzt später ein und hält auch nicht mehr so lange an. Im fortgeschrittenen Parkinson-Stadium, im weiter fortgeschrittenen Parkinson-Stadium, ich würde hier eher von einer dritten Phase sprechen, wobei das ein sehr, sehr gradueller Übergang ist, treten dann Symptome in den Vordergrund, die nicht mehr so gut auf Parkinson-Medikamente ansprechen. Das heißt nicht, dass die Patienten überhaupt nicht auf die Medikamente ansprechen, sondern eher, dass zusätzlich zu jenen Symptomen, die auf die Medikamente ansprechen, wie Zittern, Steifigkeit, Bewegungsverlangsamung, einfach Symptome auftreten, die eben nicht ansprechen. Das sind einerseits motorische Symptome wie eine stärker vorgebeugte Haltung, Gehblockaden beim Gehen, eine Haltungsinstabilität, die dann zu Stürzen führen kann, eine stärkere Sprechstörung, Schluckprobleme, aber auch nicht-motorische Symptome, wie z.B. eine geistige Veränderung.
Der "Off"-Zustand bezieht sich auf Phasen, in denen die Medikamentenwirkung nachlässt und die Parkinson-Symptome wieder auftreten oder sich verschlimmern. Dies kann sich in Form von Zittern, Muskelsteifheit, verlangsamten Bewegungen (Bradykinesie) oder sogar Bewegungsblockaden (Akinese) äußern.
Ursachen des "Off"-Zustands
Wirkschwankungen können ganz verschiedene Ursachen haben. Einer der Gründe dafür kann sein, dass der Wirkstoff einer Tablette nicht schnell genug in den Körper gelangt. Etwa weil er über den Dünndarm aufgenommen wird und zunächst den Magen passieren muss. Dieser arbeitet bei fortgeschrittenem Parkinson oft langsamer. So kann trotz pünktlicher Tabletteneinnahme manchmal zu wenig Wirkstoff im Gehirn ankommen. Doch nicht allein die Medikamente sind dafür verantwortlich, wenn Wirkschwankungen auftreten. Dabei spielen auch andere Faktoren eine wichtige Rolle, wie etwa die abnehmende Fähigkeit der Gehirnzellen, den Botenstoff Dopamin zu speichern und ihn freizusetzen, wenn er benötigt wird.
Mehrere Faktoren können zum Auftreten von "Off"-Zuständen beitragen:
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- Fortschreiten der Erkrankung: Mit fortschreitendem Verlust von Dopamin-produzierenden Zellen im Gehirn wird es schwieriger, einen stabilen Dopaminspiegel aufrechtzuerhalten.
- Verkürzte Wirkdauer der Medikamente: Im Laufe der Zeit kann sich die Wirkdauer von Medikamenten wie Levodopa verkürzen, was zu häufigeren "Off"-Phasen führt.
- Unregelmäßige Medikamenteneinnahme: Eine unregelmäßige Einnahme der Medikamente kann zu schwankenden Dopaminspiegeln und somit zu "Off"-Zuständen führen.
- Wechselwirkungen mit Nahrungsmitteln: Bestimmte Nahrungsmittel, insbesondere eiweißreiche, können die Aufnahme von Levodopa beeinträchtigen und die Wirksamkeit des Medikaments verringern.
- Magen-Darm-Probleme: Verdauungsstörungen können die Aufnahme von Medikamenten beeinflussen und zu unvorhersehbaren "Off"-Zuständen führen.
- Andere Medikamente: Einige Medikamente können die Wirkung von Parkinson-Medikamenten beeinträchtigen.
Behandlung und Management von "Off"-Zuständen
Sollten bei Ihnen Wirkschwankungen auftreten, verlieren Sie nicht den Mut. Denn auch wenn deren Ursachen vielschichtig sind, gibt es Möglichkeiten, ihnen entgegenzuwirken. Zunächst ist es wichtig, dem Zusammenspiel von Beschwerden und Medikamentengabe auf den Grund zu gehen. Dafür sind neben Ihren eigenen Beobachtungen auch Hinweise Ihrer Angehörigen sehr hilfreich. Denn sie erleben oder bewerten manche Situationen möglicherweise anders als Sie dies tun. Schreiben Sie Ihre und die Beobachtungen Ihrer Angehörigen auf. Anregungen, wie Ihnen das ohne großen Aufwand gelingt, erfahren Sie hier. Zur Vorbereitung des Arztgespräches können Sie zusätzlich auch den Parkinson-Selbsttest machen, den Sie hier finden. Er liefert anhand von nur fünf Fragen Hinweise darauf, ob Ihre jetzige Therapie mit Tabletten oder Kapseln ausreichend gegen Ihre Parkinson-Beschwerden wirkt. Nehmen Sie sich einen Moment Zeit und füllen Sie ihn aus. Die Gesamtheit all dieser Informationen wird Ihrer Neurologin oder Ihrem Neurologen dabei helfen, sich ein schlüssiges Bild zu machen. Parkinson ist vielschichtig und verläuft sehr individuell. Daher lässt es sich nicht so einf…
Die Behandlung von "Off"-Zuständen erfordert einen individuellen Ansatz und eine enge Zusammenarbeit zwischen Patient, Arzt und anderen Fachkräften. Hier sind einige Strategien, die eingesetzt werden können:
Medikamentöse Anpassungen
- Anpassung der Levodopa-Dosis und -Häufigkeit: Der Arzt kann die Levodopa-Dosis erhöhen oder die Einnahmehäufigkeit anpassen, um einen stabileren Dopaminspiegel zu erreichen.
- Verwendung von Retardpräparaten: Retardpräparate setzen Levodopa verzögert frei und können helfen, die Dopaminspiegel über einen längeren Zeitraum stabiler zu halten.
- Hinzufügen von COMT-Hemmern: Inhibitoren der Catechol-O-Methyltransferase (COMT) hemmen den Abbau von Levodopa und können dessen Wirkdauer verlängern. Beispiele für COMT-Hemmer sind Entacapon, Tolcapon und Opicapon.
- Hinzufügen von MAO-B-Hemmern: MAO-B ist eines der Hauptenzyme, die am Abbau von Dopamin beteiligt sind. Eine Verringerung der Aktivität dieses Enzyms führt daher zu einer erhöhten dopaminergen Aktivität im Striatum. Die Anwendung von MAO-B-Inhibitoren lindert motorische Symptome bei Parkinson-Patienten und kann als erste Behandlungsoption eingesetzt werden, um den Beginn einer Levodopa-Therapie hinauszuzögern und damit das Risiko von Levodopa-induzierten motorischen Komplikationen zu verringern. Häufig verwendete MAO-B-Hemmer sind Selegilin und Rasagilin.
- Einsatz von Dopaminagonisten: Dopaminagonisten stimulieren die Aktivität des Dopaminsystems durch Bindung an die dopaminergen Rezeptoren und müssen im Gegensatz zu Levodopa nicht erst in Dopamin umgewandelt werden. Sie können basierend auf den Rezeptorspezifitäten in Ergot-Derivate und Non-Ergot-Derivate eingeteilt werden. Die Ergot-Derivate werden heute allerdings aufgrund ihrer Assoziation mit Herzklappenerkrankungen nur noch selten eingesetzt.
- Bedarfsmedikation: Zusätzlich zu den festgelegten Einnahmezeiten haben einige Betroffene eine Bedarfsmedikation für plötzliche OFF-Phasen oder besondere Belastungen. Häufig wird ein schnelllösliches L-Dopa-Präparat (z. B. Madopar LT® oder Isicom®) verschrieben, das vor der Einnahme in Wasser aufgelöst wird. Apomorphin ist ein sogenannter Dopamin-Agonist. Er bindet an denselben Bindungsstellen im Gehirn wie Dopa. Das Medikament wird hier nur unter die Haut, subkutan, verabreicht, und die Wirkung setzt viel rascher ein, üblicherweise innerhalb von 10 Minuten. Also auch der Apomorphin-Test ist etwas, was man für die präoperative Abklärung verwenden kann. Der Apomorphin-Test ist aber auch wichtig, um austesten zu können, wie hoch die individuelle Dosis eines Parkinson-Patienten für Apomorphin ist. Apomorphin ist ein ausgezeichnetes Medikament für plötzliche Off-Zustände. Und wenn man herausgefunden hat, was die richtige individuelle Dosis ist, kann man diesen Pen dann im Alltag für schwere Off-Phasen verwenden.
Nicht-medikamentöse Strategien
- Regelmäßige Bewegung: Regelmäßige Bewegung kann die Verschlechterung der Krankheit verlangsamen. Bewegung ist also ganz was Entscheidendes. Man weiß, dass Patienten, Menschen, die immer sehr aktiv Sport betrieben haben, die haben schon von vornherein ein niedrigeres Parkinson-Risiko. Und wenn sie an Parkinson erkranken, haben sie eine langsamere motorische Verschlechterung. Und auch wenn man während der Parkinson-Krankheit noch sehr viel Sport und Bewegung macht, hat das auch einen sehr, sehr günstigen Einfluss auf die Symptome.
- Ernährungsumstellung: L-Dopa-Präparate sollten nicht mit eiweißreicher Nahrung eingenommen werden, da dies die Aufnahme ins Blut verringert.
- Physiotherapie: Ergänzend zur Behandlung mit Medikamenten sind Krankengymnastik und Physiotherapie die wichtigsten Bestandteile der Parkinson-Behandlung. Dabei sollen Beschwerden gelindert werden, die Bewegungsverhalten und die Haltung der Betroffenen beeinträchtigen wie Steifheit (Rigor) Zittern (Tremor) Bewegungsarmut (Hypokinese). Das ist etwas, was man z.B. in der Physiotherapie trainieren kann, indem man z.B. gewisse optische Signale am Boden, wie z.B.
- Ergotherapie: Ergotherapie unterstützt Parkinson-Patientinnen dabei, Alltagsfunktionen zu erhalten und zu verbessern. Ergotherapeutinnen beraten Betroffene auch in Bezug auf ihr Wohn- und Arbeitsumfeld und überdenken zusammen mit den Patient*innen tägliche Abläufe neu. Dazu gehört es etwa, Stolperfallen wie Teppiche und Schwellen zu entfernen und Haltegriffe im Bad, bei der Toilette oder vor Türen anzubringen.
- Logopädie: Bei Schluckstörungen sollten Sie in Absprache mit Ihrem Arzt oder Ihrer Ärztin logopädische Unterstützung suchen. Mit demder Logopädin lernen Sie beispielsweise Übungen für mehr Kraft und Beweglichkeit der Zunge. Sie bekommen Tipps, um das Schlucken beispielsweise durch eine Haltungsänderung zu fördern. Zusätzlich kann eine individuell angepasste Kost das Schlucken erleichtern und es sicherer machen, etwa mit weichen Speisen und angedickten Flüssigkeiten.
Tiefe Hirnstimulation (THS)
Die Tiefe Hirnstimulation ist ein neurochirurgisches Verfahren, bei dem ein Chirurg / eine Chirurgin einen oder zwei Drähte (bezeichnet als Elektroden) in das Gehirn einsetzt. Diese Elektroden sind mit einem Gerät verbunden, das in Größe und Form einem Herzschrittmacher ähnelt. Dieser sog. Die Stimulation kann beim Regeln der falschen Signalgebung im Gehirn helfen und einige Symptome der Bewegungsstörung verbessern. In den letzten Jahren wird neben der medikamentösen Behandlung immer häufiger ein operatives Therapieverfahren namens Tiefe Hirnstimulation eingesetzt. Hierbei regt man drei ausgewählte Hirnregionen über Elektroden an. Dazu kommt ein Schrittmacher, der unter die Haut implantiert wird und den der Patient oder die Patientin von außen steuern kann. Die Tiefe Hirnstimulation bei Parkinson zeigt eine gute bis sehr gute Wirksamkeit mit vertretbaren Nebenwirkungen (neben den typischen Begleiterscheinungen eines chirurgischen Eingriffs). Die Tiefe Hirnstimulation eignet sich für Parkinson-Patient*innen, die bereits längere Zeit behandelt werden und bei denen die Therapie Komplikationen hervorruft, die sich nicht ausreichend mit Medikamenten verbessern lassen.
Protokollierung von Wirkungsschwankungen
Bei Schwankungen der Medikamentenwirkung kann es hilfreich sein, ein Protokoll zu führen, in dem die Zeiten guter und eingeschränkter Beweglichkeit festgehalten werden.
Wichtige Aspekte im Umgang mit Parkinson
- Frühe Diagnose und Behandlung: Eine frühzeitige Diagnose und Behandlung können helfen, den Krankheitsverlauf positiv zu beeinflussen und die Lebensqualität zu verbessern.
- Individuelle Therapieplanung: Der optimale Medikamentenplan variiert von Patient:in zu Patient:in.
- Regelmäßige Arztbesuche: Regelmäßige Arztbesuche sind wichtig, um die Therapie anzupassen und Komplikationen zu vermeiden.
- Selbsthilfegruppen: Der Austausch mit anderen Betroffenen in Selbsthilfegruppen kann eine wertvolle Unterstützung sein.
- Unterstützung durch Angehörige: Die Unterstützung durch Angehörige ist für Menschen mit Parkinson von großer Bedeutung.
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