Morbus Parkinson ist eine fortschreitende neurodegenerative Erkrankung, die vor allem ältere Menschen betrifft. In den Industrienationen nimmt die Verbreitung dieser mobilitätshindernden Erkrankung rasant zu. Die Forschung konzentriert sich auf die Suche nach den Ursachen und effektiven Therapien. Obwohl es noch keine kausale Therapie gibt, die das Fortschreiten der Krankheit aufhält, stehen symptomatische Behandlungen zur Verfügung, um die Lebensqualität der Betroffenen zu verbessern. Neben medikamentösen Behandlungen spielt die Bewegungstherapie eine entscheidende Rolle.
Symptomatische Therapie und ihre Grenzen
Im Vordergrund der Behandlung von Morbus Parkinson steht die symptomatische Therapie der motorischen Symptome. Goldstandard ist die Kombination aus L-Dopa (Levodopa) und einem DOPA-Decarboxylase-Inhibitor (DDCI) wie Carbidopa. Ergänzend kommen Dopaminagonisten, COMT-Hemmer oder MAO-B-Hemmer zum Einsatz, insbesondere in fortgeschrittenen Stadien.
Mit der Zeit können jedoch Langzeitkomplikationen wie Early-Morning-Off, Wearing-Off, On-Off-Fluktuationen oder Dyskinesien auftreten. In solchen Fällen wird zunächst die orale oder transdermale Therapie optimiert. Wenn dies nicht ausreicht, stehen On-Demand- und Eskalationstherapien zur Verfügung.
Kausale Therapieansätze im Visier
Die Suche nach kausalen Therapieansätzen geht weiter. Ein wichtiger Ansatzpunkt ist die Alpha-Synuklein-Pathologie, da die neuronale Aggregation von Alpha-Synuklein in Lewy-Körperchen eine zentrale Rolle bei der Entstehung der Krankheit spielt. Diese führt zu einer Degeneration der dopaminergen Neuronen in der Substantia nigra.
Vier Wirkmechanismen, die auf die Alpha-Synuklein-Pathologie abzielen, werden derzeit in klinischen Studien überprüft:
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- Inhibition der Herstellung von Alpha-Synuklein: Zum Beispiel mit Buntanetap.
- Hemmung der Aggregation von Alpha-Synuklein: Zum Beispiel mit Anle138b oder NPT200-11 beziehungsweise UCB0599.
- Förderung des Abbaus von Alpha-Synuklein durch Autophagie: Zum Beispiel mit Ambroxol.
- Blockade der Aufnahme von Alpha-Synuklein in die Neuronen durch Antikörper: Zum Beispiel mit Cinpanemab oder Prasinezumab.
Die Forschung in diesem Bereich steht jedoch noch am Anfang. Einige Studien zeigten vielversprechende Ergebnisse, während andere negativ ausfielen. Mögliche Ursachen für den mangelnden Erfolg könnten sein: Frühe Erkrankungsstadien der Studienteilnehmer, ineffektive extrazelluläre Antikörper gegen intrazelluläres Alpha-Synuklein und zu kurze Beobachtungszeiten.
Optimierung der Standardtherapie
Auch bei der symptomatischen Therapie der motorischen Symptome gibt es neue Entwicklungen. Eine Phase-3-Studie zu P2B001, einer Fixkombination aus Pramipexol und Rasagilin, zeigte einen signifikant besseren Effekt auf den Summenscore der UPDRS-Teile 2-3 als die jeweiligen Einzelkomponenten. Zudem war die Verträglichkeit besser als bei Pramipexol.
Die PREMANDYSK-Studie untersuchte die Wirksamkeit von Amantadin bei Patienten ohne motorische Komplikationen unter L-Dopa. Die Ergebnisse zeigten, dass Studienteilnehmer, die zusätzlich Amantadin erhielten, seltener Dyskinesien entwickelten.
Darüber hinaus werden derzeit Tavapadon, ein selektiver, partieller Agonist der Dopamin-D1- und -D5-Rezeptoren, und Opicapon, ein COMT-Inhibitor der 3. Generation, in Phase-3-Studien untersucht.
Bewegungstherapie als wichtiger Baustein
Neben der medikamentösen Therapie spielt die nichtmedikamentöse Therapie der motorischen Symptome eine wichtige Rolle. Eine randomisierte chinesische Langzeitstudie zeigte, dass Tai-Chi-Training die Balance, die Motorik, den Timed-Up-and-Go-Test und die Schrittlänge verbesserte. Eine weitere Studie zeigte, dass zügiges Gehen die Motorik, Gangparameter und das Gleichgewicht deutlich bessern konnte.
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Parkinson-Patienten sollten bereits von Anfang an zu regelmäßiger sportlicher Aktivität und Physiotherapie animiert werden. Wearables können unterstützend bei Bewegungstherapien eingesetzt werden. Ein am Handgelenk getragener Biosensor kann beispielsweise beim Gehen den Rhythmus einer Musik individualisiert steuern und beschleunigen.
On-Demand-Therapie zur Überbrückung von Off-Phasen
Zur schnellen Überbrückung von Off-Phasen gibt es verschiedene Optionen. Neben dem Apomorphin-Pen und löslichem L-Dopa steht seit 2022 ein L-Dopa-Pulver zur Verfügung, das bei Eintreten der Off-Phase inhaliert wird. Ein sublingualer Apomorphinfilm, der unter die Zunge gelegt wird, zeigte ebenfalls positive Ergebnisse in Studien.
Eskalationstherapie bei fortgeschrittener Erkrankung
Bei weiterem Fortschreiten der Erkrankung kann eine Eskalationstherapie erwogen werden. Zu den etablierten Eskalationstherapien gehören die kontinuierliche jejunale Infusion von L-Dopa/Carbidopa (LCIG), die kontinuierliche subkutane Infusion von Apomorphin und die tiefe Hirnstimulation (THS). Seit 2021 steht zudem die kontinuierliche jejunale Infusion von L-Dopa/Carbidopa in Kombination mit dem COMT-Hemmer Entacapon zur Verfügung (LECIG).
Es gibt weitere Neuentwicklungen bei den Pumpen, die in Deutschland bislang allerdings nicht verfügbar sind, sowie subkutane Formen von Levodopa/Carbidopa und Foslevodopa.
Fortschritte bei MRgFUS und THS
Der Magnetresonanztomografie-gesteuerte fokussierte Ultraschall (MRgFUS) wird inzwischen ebenfalls eingesetzt. Hier werden an Zielpunkten, die bei der THS in der Regel bilateral stimuliert werden, mittels Wärme irreversible Läsionen gesetzt. Studien mit Klasse-I-Evidenz zeigen positive Effekte der unilateralen Anwendung des MRgFUS beim tremordominanten Parkinson, Parkinson mit höhergradiger Asymmetrie oder Parkinson mit Wirkfluktuationen.
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Bei der THS gab es eine Reihe von technischen Neuerungen, die eine individuellere Anpassung der Therapie ermöglichen.
Bewegungstherapie im Detail: Welche Sportarten sind geeignet?
Regelmäßige Bewegung ist für Menschen mit Parkinson von großer Bedeutung. Sie kann den Krankheitsverlauf verlangsamen, die Muskulatur kräftigen, die Ausdauer stärken und der Muskelsteifigkeit entgegenwirken. Im frühen Stadium gibt es kaum Einschränkungen bei der Wahl der Sportart. Erwünscht ist, was Freude bereitet.
Geeignete Sportarten sind:
- Wandern
- Radfahren
- Tanzen
- Nordic Walking
- Schwimmen
- Leichtes Krafttraining
- Wassergymnastik
- Tai Chi
- Yoga
Bei fortgeschrittener Erkrankung ist es wichtig, die Sturzgefahr zu minimieren. Sportarten wie Wandern auf ebenem Gelände, Schwimmen, leichtes Krafttraining, Wassergymnastik und gezielte Übungen aus dem Thai Chi eignen sich gut zur Sturzprophylaxe.
Tanzen, insbesondere Tango, kann die Bewegungsfähigkeit, das Gleichgewicht und die Gehstrecke verbessern. Es setzt Glückshormone frei, wirkt stimmungsaufhellend und antriebssteigernd.
Freizeitsport trainiert alle körperlichen Fähigkeiten, die einen selbstständigen Alltag ermöglichen: Einen sicheren Gang, gutes Koordinationsvermögen sowie Rumpf- und Bein-Beweglichkeit.
Studienlage zur Bewegungstherapie
Eine zunehmende Zahl von Studien untersucht die Effekte körperlicher Aktivität auf die Progredienz von PD. Eine Metaanalyse aus dem Jahr 2020 attestiert solche Effekte häufiger für Sport als für Alltagsaktivitäten. Eine aktuelle Literatursichtung des Komitees der Movement Disorder Society kommt zu dem Schluss, dass Physiotherapie bei PD symptommildernd ist.
Eine retrospektive Langzeit-Beobachtungsstudie von Tsukita et al. untersuchte die Effekte von regulärer körperlicher und dezidiert sportlicher Aktivität auf den Krankheitsverlauf bei Morbus Parkinson. Die Autoren beobachteten ein langsameres Fortschreiten der Krankheit bei körperlicher Aktivität. Interessant ist, dass nur langfristige körperliche Aktivität Wirkungen zeigte. Bestimmte Aktivitäten korrespondierten mit bestimmten Teilbereichen der Beeinträchtigung: So waren z. B. jobbezogene Aktivitäten mit einem längeren Erhalt der Kognition assoziiert, Haushaltsaktivitäten mit einer längeren Ausführbarkeit alltäglicher Bewegungen und ein bis zwei Stunden Sport pro Woche mit einem längeren Erhalt von Haltung und Gang.
Obwohl die Effekte klein sind, signalisieren sie ein prinzipielles Potenzial für sportmedizinische Begleittherapien bei PD. Es ist jedoch wichtig zu berücksichtigen, dass PD-bedingte Mobilitätseinbußen zu mehr Inaktivität führen könnten. Zukünftige prospektive Studien sollten den Mobilitätsgrad der Erkrankten zum Krankheitsbeginn und im Verlauf untersuchen.
Ein Cochrane-Review analysierte die vorhandene Evidenz zur Wirksamkeit verschiedener Bewegungsangebote. Die Autorinnen und Autoren fanden Belege, dass die meisten Arten von Bewegung die motorischen Symptome abmildern und die Lebensqualität verbessern können, wobei es kaum Unterschiede zwischen den Bewegungsarten gab. So hätten Tanzen, Wassergymnastik, strukturiertes Gang- und Balancetraining sowie Multi-Domain-Training moderate positive Effekte auf die Bewegungsstörungen gezeigt. Yoga und Tai Chi sowie Ausdauertraining könnten geringe positive Effekte haben. Bei der Lebensqualität zeigte Wassergymnastik eine große positive Wirkung und Ausdauertraining eine moderate.
Die Studien zeigen, dass Bewegungsübungen eine positive Wirkung haben können. Die Personen, die an Bewegungsübungen teilnahmen, waren beweglicher, konnten etwas schneller gehen und ihr Gleichgewicht besser halten als Personen, die nicht an den Übungen teilnahmen. Einige Studien sprechen auch dafür, dass Menschen mit Parkinson seltener stürzen, wenn sie regelmäßig Bewegungsübungen machen.
Praktische Umsetzung der Bewegungstherapie
Bewegungsübungen können die Mobilität und Beweglichkeit im Alltag verbessern. Es gibt verschiedene Möglichkeiten, an Bewegungsangeboten teilzunehmen:
- Sportvereine
- Praxen für Krankengymnastik
- Volkshochschulen
- Selbsthilfegruppen
- Fitnessstudios
Zum Teil werden spezielle Parkinson-Kurse angeboten. Es gibt auch die Möglichkeit, sich Physiotherapie ärztlich verschreiben zu lassen.
Schlaf als wichtiger Faktor
Neben den motorischen Symptomen berichten viele Menschen mit Parkinson auch über gravierende Schlafprobleme. Bereits vor der Diagnose treten häufig Ein- und Durchschlafstörungen auf. Später kommen Beschwerden wie nächtliches Wasserlassen, lebhafte Träume, Probleme beim Umdrehen im Bett oder eine ausgeprägte Schlaflosigkeit hinzu.
Aktuelle Studien weisen zudem darauf hin, dass bei Parkinson die innere Uhr (zirkadianer Rhythmus) gestört sein könnte. Ein erholsamer Schlaf ist nicht nur subjektiv wichtig, sondern auch für die neurobiologische Regeneration des Gehirns entscheidend.
Besondere Aufmerksamkeit erfährt in diesem Zusammenhang das sogenannte glymphatische System - ein Netzwerk im Gehirn, das Stoffwechselabbauprodukte während des Schlafs aus dem zentralen Nervensystem "ausschwemmt". Funktioniert dieses Reinigungssystem nicht ausreichend, kann es zur Anhäufung schädlicher Proteine kommen, die an neurodegenerativen Erkrankungen beteiligt sind.
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