Pflegeheim Malente: Erfahrungen im Umgang mit Demenz und Gewalt

Die Betreuung von Menschen mit Demenz stellt eine besondere Herausforderung dar. Einerseits erfordert sie spezifische Kenntnisse und viel Zeit, andererseits sind Pflegekräfte und Betreuer immer wieder auch mit aggressivem Verhalten konfrontiert, das von den Betroffenen ausgehen kann. Dieser Artikel beleuchtet Erfahrungen im Umgang mit Demenz in Pflegeheimen, insbesondere im Hinblick auf Gewalt und die Notwendigkeit einer angemessenen Unterstützung für das Pflegepersonal.

Erfahrungen aus der Praxis: Zivildienst in Malente

Der Autor berichtet von seinen Erfahrungen als Zivildienstleistender Ende der 90er Jahre in einem Pflegeheim in Malente. Diese Zeit weckte sein Interesse an der Betreuung von Menschen mit Demenz. Gleichzeitig machte er dort seine erste Erfahrung mit körperlicher Gewalt. In einer Situation, in der er einer desorientierten Dame helfen wollte, die Wasser aus einer Steckdose holen wollte, eskalierte die Situation, als er versuchte, die Gießkanne festzuhalten.

Diese Erfahrung ist beispielhaft für viele Situationen, in denen Pflegekräfte in gewalttätige Auseinandersetzungen mit Menschen mit Demenz geraten können, selbst wenn sie nur helfen wollen.

Ursachen und Auslöser für Gewalt

Es ist wichtig zu betonen, dass Menschen mit Demenz keine generell aggressive Gruppe darstellen. Gewalttätiges Verhalten kommt nicht aus dem Nichts, sondern hat Ursachen und Auslöser. Oftmals sind es Angst, Verwirrung und Überforderung, die durch die Erkrankung selbst und durch veränderte Umgebungen wie den Umzug in ein Krankenhaus oder ein Pflegeheim entstehen.

Ein typisches Beispiel ist der Patient im Krankenhaus, der sich in einem fremden Bett wiederfindet, von blendendem Licht gestört wird, Schmerzen hat und von mehreren Personen umgeben ist, die an ihm hantieren. In solchen Situationen kann es hilfreich sein, alle unnötigen Reize zu entfernen und dem Patienten Zeit zu geben, sich zu beruhigen.

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Zunehmende Gewalt in der Pflege

Der Autor geht davon aus, dass Gewalt in der Versorgung von Menschen mit Demenz sowohl von den Betroffenen als auch gegen sie weiter zunehmen wird. Einerseits können sich Menschen mit Demenz in ihrer Hilflosigkeit und Verwirrung gegen die Helfer zur Wehr setzen. Andererseits steigt das Risiko von Gewalt gegen Menschen mit Demenz aufgrund von Fachkräftemangel und Arbeitsverdichtung. Wenn Pflegekräfte unter Zeitdruck stehen und nicht ausreichend auf die individuellen Bedürfnisse der Patienten eingehen können, steigt die Wahrscheinlichkeit von Überforderung und Fehlverhalten.

Die Rolle des Fachkräftemangels

Der Fachkräftemangel in der Pflege führt dazu, dass Pflegekräfte immer weniger Zeit für den einzelnen Patienten haben. Sie sind sich zwar bewusst, dass ein Patient mit einer bestimmten Situation überfordert ist, sein Misstrauen spüren und sein Unverständnis wahrnehmen, haben aber keine Zeit, darauf einzugehen. Dies senkt die Hemmschwelle für Gewaltanwendung.

Umgang mit Gewalt: Verantwortung der Führungsebene

Es ist die Verantwortung der Führungsebene, Mitarbeitende nach einem Angriff durch einen Patienten aufzufangen und Raum zu schaffen, offen mit den damit verbundenen Gefühlen umzugehen. Nach einem solchen Ereignis sind Gefühle wie Erschrecken, Wut, Enttäuschung und Kränkung normal. Pflege ist keine Einbahnstraße, und Pflegende werden persönlich berührt und erschüttert. Das ist weder ein Fehler noch eine Schwäche, sondern menschlich.

Unprofessionell ist es hingegen, wenn Pflegende Angst vor der Erschütterung ihres Selbstbildes haben und jedem Impuls unkontrolliert folgen müssen.

Strukturen für den Umgang mit Gewalt

Es bedarf einer Kultur des Austauschs darüber, was Pflegekräfte erleben, und Strukturen, die konstruktiv und professionell mit solchen Situationen umgehen. In der in Deutschland etablierten Pflege ohne Zeit müssen Übergriffe von allen Seiten an der Tagesordnung sein. So zu tun, als sei das in der Versorgung von Menschen mit Demenz normal und einfach hinzunehmen, führt jede Behauptung in Leitbildern und Stellenanzeigen, wie wichtig die Mitarbeitenden im Pflegeheim oder Krankenhaus doch angeblich sind, ad absurdum.

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Weitere Herausforderungen: Delir und Sehbehinderung

Neben aggressivem Verhalten gibt es weitere Herausforderungen in der Betreuung von Menschen mit Demenz. Das Delir ist eine häufige akute Komplikation bei älteren Patienten im Krankenhaus, die oft unterschätzt wird. Im klinischen Setting erleben Pflegefachpersonen häufig repetitive Bewegungen oder andere Formen der Autostimulation / Selbststimulation bei Patienten mit Demenz.

Auch Sehbehinderungen sind ein wichtiger Faktor. Blindheit, Sehbehinderung oder Sehschwäche betrifft Männer wie Frauen gleichermaßen. Bis ca. 60 Jahre ist die Verteilung der von Blindheit und Sehbehinderung betroffenen Personen auf die beiden Geschlechter in etwa noch gleich. In der Altersgruppe 60+ sind allerdings mehr als 2/3 der schlecht oder nicht sehenden Personen weiblich aufgrund der generell höheren Lebenserwartung von Frauen. Zur Unterstützung der Orientierung blinder und sehbehinderter Menschen sollten viele bzw. alle Bereiche in der häuslichen Umgebung oder in einer Senioreneinrichtung besonders hell und blendfrei ausgeleuchtet sein.

Missstände in Pflegeheimen: Ein Beispiel

Der Artikel zitiert einen Bericht über erschreckende Missstände in deutschen Pflegeheimen. In einem konkreten Fall musste eine demente Bewohnerin völlig verschmutzt frühstücken, weil sich die Pfleger nicht ausreichend um sie kümmerten. Solche Vorfälle zeigen, wie wichtig eine aufmerksame und würdevolle Pflege ist.

Wohnkonzepte für Menschen mit Demenz

Es gibt innovative Wohnkonzepte, die speziell auf die Bedürfnisse von Menschen mit Demenz zugeschnitten sind. Ein Beispiel ist ein Neubaukomplex in der Nähe der Senioren-Residenz Godenblick in Bad Malente, der Menschen mit Demenz und ihren Partnern die Möglichkeit bietet, dauerhaft gemeinsam und in der Gemeinschaft integriert zu wohnen.

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