Inkontinenz, die Unfähigkeit, Urin oder Stuhl kontrolliert zurückzuhalten, ist ein häufiges Problem, das oft mit Demenz einhergeht. Dieser Artikel bietet einen umfassenden Überblick über die Pflegeplanung bei Inkontinenz in Verbindung mit Demenz, einschließlich der verschiedenen Inkontinenzformen, Kontinenzprofile und praktischen Tipps für den Umgang mit dieser Herausforderung.
Kontinenzprofile vs. Inkontinenzformen
Es ist wichtig, zwischen Kontinenzprofilen und Inkontinenzformen zu unterscheiden. Inkontinenzformen sind ärztliche Diagnosen, die die Ursachen und Symptome der Inkontinenz beschreiben, während Kontinenzprofile in der Pflege den Grad der Inkontinenz und die Selbstständigkeit der Betroffenen erfassen. Kontinenzprofile sind keine medizinische Diagnose, sondern eine Einschätzung der Kontinenz, um eine angepasste und individuelle Versorgung zu gewährleisten.
Bedeutung von Kontinenzprofilen in der Pflege
Kontinenzprofile sind besonders in der Altenpflege unverzichtbar für die Planung und Umsetzung der Inkontinenzversorgung. Sie ermöglichen eine gezielte und bedarfsgerechte Pflegeplanung und Intervention. Die Vorteile von Kontinenzprofilen sind vielfältig:
- Sie erleichtern die Kommunikation zwischen Pflegekräften, Ärzten und Angehörigen durch eine klare Klassifizierung.
- Sie dienen zur Dokumentation und Überwachung des Krankheitsverlaufs und der Wirksamkeit von Behandlungsmaßnahmen.
- Sie unterstützen das Qualitätsmanagement in Pflegeeinrichtungen durch standardisierte Erfassung und Bewertung von Kontinenzproblemen.
Die sechs Kontinenzprofile
Die sechs Kontinenzprofile sind ein Konzept, das in der Pflege und geriatrischen Versorgung Anwendung findet, um den Grad und die Art der Kontinenzproblematik eines Patienten systematisch zu erfassen und zu klassifizieren. Es gibt sechs standardisierte Kontinenzprofile:
- Kontinenz
- Unabhängig erreichte Kontinenz
- Abhängig erreichte Kontinenz
- Unabhängig kompensierte Kontinenz
- Abhängig kompensierte Kontinenz
- Nicht kompensierte Inkontinenz
Kontinenzprofile sind pflegerische Einschätzungsinstrumente und helfen Pflegekräften, die Kontinenzproblematik individuell einzuschätzen, gezielt geeignete Hilfsmittel auszuwählen und die Pflegeplanung optimal anzupassen.
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Inkontinenzformen: Ein Überblick
Im Unterschied zu den Kontinenzprofilen gibt es genaue medizinische Definitionen der unterschiedlichen Inkontinenzformen. Diese Diagnosen sind unabhängig von der Einteilung in ein Kontinenzprofil von einem Mediziner zu stellen. Die wichtigsten Inkontinenzformen sind:
Belastungsinkontinenz (Stressinkontinenz): Unwillkürlicher Urinverlust bei körperlicher Anstrengung wie Husten, Niesen, Lachen oder Heben schwerer Gegenstände. Ursache ist meist eine Schwäche der Beckenbodenmuskulatur oder des Blasenschließmuskels. Die Bewohnerin leidet unter einer Belastungsinkontinenz. Wenn sie hustet, niest oder etwas Schweres hebt, kommt es zu einem ungewollten Harnverlust. Durch mehrere Geburten ist der Beckenboden geschwächt. Daher führen wir ein Beckenbodentraining durch. Zum Beckenbodentraining ist Aufgabe der Physiotherapeuten. Die vermittelten Übungen werden dokumentiert. Die Bewohnerin soll Übungen zur Anspannung der Beckenbodenmuskulatur durchführen, ohne die Bauch-, Bein- oder Gesäßmuskulatur anzuspannen. Sie soll darauf achten, die Hüfte nicht zu beugen und den Atem nicht anzuhalten. Des Weiteren soll sie darauf achten, dass sie sich bei den Übungen nicht zubinden muss. Wir erinnern die Bewohnerin daran, dass sie den Pessar abends entfernt und unter fließendem Wasser reinigt. Die maximale Tragedauer beträgt zwölf Stunden. Wir erinnern sie daran, dass sie mehrmals täglich für einige Minuten mit ihren Vaginalkonen üben soll.
Überlaufinkontinenz: Unvollständige Blasenentleerung führt zu ständigem oder intermittierendem Harnverlust. Ursachen können eine blockierte Harnröhre, eine schwache Blasenmuskulatur oder neurologische Störungen sein.
Dranginkontinenz: Plötzlicher, starker Harndrang, der schwer zu kontrollieren ist und zu unwillkürlichem Urinverlust führt. Der Bewohner leidet an Dranginkontinenz. Aufgrund der Dranginkontinenz hat die Bewohnerin nicht genügend Zeit, um die Toilette zu erreichen. Wir erfassen die Miktionsgewohnheiten mittels eines Miktionsprotokolls. Wir fragen die Bewohnerin, wann sie Harndrang verspürt und ob sie Harn verloren hat. Wir bieten ihr an, sie vor dem Zubettgehen zur Toilette zu begleiten. Wir passen die Ausscheidungsgewohnheiten des Bewohners an. Wir stellen sicher, dass sich ggf. ein Toilettenstuhl in Griffweite befindet. Wir stellen ggf. ein Urinschiffchen bereit. Wir lassen auch in der Nacht das Licht im Badezimmer brennen.
Reflexinkontinenz: Unwillkürlicher Harnverlust aufgrund eines fehlenden oder gestörten Reflexes, der normalerweise den Harndrang steuert. Dies geschieht typischerweise, wenn neurologische Schäden oder Erkrankungen die Kommunikation zwischen der Blase und dem Gehirn beeinträchtigen.
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Extraurethrale Inkontinenz: Seltener Harnverlust durch Wege außerhalb der Harnröhre, etwa durch anatomische Öffnungen oder Fehlbildungen.
Stuhlinkontinenz: Unfähigkeit, den Stuhlabgang kontrolliert zurückzuhalten, von leichtem Stuhlschmieren bis zur kompletten Entleerung des Darminhaltes.
Ursachen für Inkontinenz bei Demenz
Es gibt viele Ursachen, die eine Inkontinenz bei Demenz auslösen können:
- Zerstörung von Hirnregionen: Durch die Demenz werden Hirnregionen zerstört, über welche die Blase gesteuert wird.
- Medikamente: Manche Medikamente lösen als Nebenwirkung eine Inkontinenz aus.
- Krankheiten: Auch Krankheiten, Blasenentzündungen, psychische Probleme, Unfälle, Operationen usw. können eine Inkontinenz verursachen.
Tipps zum Umgang mit Inkontinenz bei Demenz
Menschen mit Demenz gehen mit Inkontinenz anders um als Menschen ohne Demenz. Sie erkennen vielleicht noch das Problem, haben aber ab einem gewissen Stadium der Erkrankung keine Lösung mehr parat und sind auf die Hilfe ihrer Angehörigen angewiesen. Hier sind einige Tipps, die den Umgang mit Inkontinenz bei Demenz erleichtern können:
Toilettenzugang erleichtern:
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- Lassen Sie in der Wohnung die Badtüre/Toilettentüre offen stehen.
- Verwenden Sie Schilder an der Türe, beschriften Sie die Türe jedoch „in der Sprache des Angehörigen“.
- Sorgen Sie bei Nacht für eine gute Ausleuchtung des Weges zur Toilette.
Schnelle Hilfe ermöglichen:
- Geben Sie den Herren eine Urinflasche und den Damen ein Steckbecken, um den ersten Toilettengang im Bett verrichten zu können.
- Verwenden Sie einen Toilettenstuhl.
Toilettenzeiten trainieren:
- Trainieren Sie bestimmte Toilettenzeiten, z.B. gleich morgens nach dem Aufstehen, vor dem Essen und vor dem Schlafengehen.
- Erinnern Sie regelmäßig an einen Toilettengang, aber vermeiden Sie es, den Angehörigen zu kontrollieren oder zu bevormunden.
- Notieren Sie, wann und wie viel die Person trinkt.
Kommunikation verbessern:
- Seien Sie geduldig und versuchen Sie, die Bedürfnisse des dementen Menschen zu verstehen, auch wenn er sich nicht mehr richtig artikulieren kann.
Toilette erkennbar machen:
- Verwenden Sie eine erhöhte Toilette oder eine Toilettensitzerhöhung.
- Verwenden Sie einen farbigen Toilettensitz, um die Toilette besser erkennbar zu machen.
- Halten Sie den Toilettendeckel immer geöffnet.
- Bringen Sie Haltegriffe an, um das Hinsetzen und Aufstehen zu erleichtern.
Kleidung anpassen:
- Vermeiden Sie Knöpfe und Gürtel und verwenden Sie stattdessen Schlupfhosen, Jogginghosen oder Kleidung mit Klett- oder Reißverschluss.
- Erinnern Sie den dementen Menschen charmant daran, die Kleidung vor dem Toilettengang herunter zu ziehen.
Sicherheit gewährleisten:
- Beseitigen Sie Unebenheiten und Stolperfallen auf dem Weg zur Toilette.
- Sichern Sie Treppenstufen ab.
- Bringen Sie Haltegriffe an der Wand an.
- Stellen Sie sicher, dass die Wohnung behindertengerecht auf den speziellen Fall ausgerichtet ist.
Harntreibende Getränke vermeiden:
- Achten Sie darauf, dass der Mensch mit Demenz genügend Flüssigkeit zu sich nimmt, aber vermeiden Sie harntreibende Getränke wie bestimmte Tees oder Kaffee.
Medikamente überprüfen:
- Sprechen Sie mit dem behandelnden Arzt, um Wechselwirkungen oder Nebenwirkungen von Medikamenten auszuschließen.
Pflegeplanung bei Demenz und Inkontinenz
Eine frühzeitige Pflegeplanung ist entscheidend, um Demenz-Patienten so lange wie möglich ein selbstbestimmtes Leben zu ermöglichen. Hier sind einige Aspekte, die bei der Pflegeplanung berücksichtigt werden sollten:
Häusliche Pflege:
- Sorgen Sie für eine demenzgerechte Gestaltung der Wohnung (große Symbole, durchsichtige Kleiderschranktüren, sicheres Einschließen von Putzmitteln etc.).
- Beziehen Sie Angehörige und Nachbarn in die Betreuung ein.
- Organisieren Sie "Essen auf Rädern".
- Nutzen Sie die Unterstützung durch ambulante Pflegedienste.
Ambulante Pflege:
- Beantragen Sie einen Pflegegrad, um Anspruch auf die professionelle Unterstützung durch einen ambulanten Pflegedienst zu haben.
- Informieren Sie sich über das Angebot verschiedener Pflegedienste.
24-Stunden-Betreuung:
- Wenn die Unterstützung durch ambulante Pflegekräfte nicht ausreicht, kann eine 24-Stunden-Betreuung sinnvoll sein.
Betreuungsgruppen:
- Nutzen Sie Betreuungsgruppen für Demenzkranke, um soziale Kontakte zu fördern und Angehörige zu entlasten.
Tagespflege:
- Die Tagespflege bietet eine spezialisierte Betreuung in einer Tagespflegeeinrichtung.
Kurzzeitpflege und Verhinderungspflege:
- Wenn pflegende Angehörige krank werden oder Urlaub brauchen, können Demenzkranke vorübergehend in Einrichtungen der Kurzzeitpflege untergebracht werden.
Betreutes Wohnen:
- Betreutes Wohnen kann eine geeignete Wohnform für ältere Menschen sein, wenn es demenzgerechte Services bietet.
Pflegeheim:
- In fortgeschrittenen Stadien der Demenz kann die Unterbringung in einem Pflegeheim oder in alternativen Wohnformen (wie Demenz-WG) notwendig sein.
Ambulant betreute Demenz-Wohngemeinschaften:
- Eine Alternative zum Pflegeheim kann eine Demenz-WG sein, in der mehrere Demenz-Patienten zusammenleben und von professionellen Pflegekräften betreut werden.
Finanzierung der Pflege
Die Pflege von Demenz-Patienten ist kostspielig. In vielen Fällen beteiligt sich die Pflegeversicherung an den Kosten. Die Höhe des Zuschusses hängt von der Pflegebedürftigkeit des Demenzkranken ab. Es ist wichtig, die Höhe dieses Zuschusses sowie die eigenen finanziellen Möglichkeiten bei der Pflegeplanung zu berücksichtigen.
Maßnahmenplanung bei Inkontinenz
Bei der Maßnahmenplanung zur Inkontinenzversorgung gibt es keine offiziell vorgegebene Struktur. Es ist wichtig, einen Basismaßnahmenplan zu entwerfen und diesen im weiteren Anpassungsprozess zu individualisieren. Hier sind einige Aspekte, die bei der Maßnahmenplanung berücksichtigt werden sollten:
- Beobachtung: Achten Sie auf nonverbale Äußerungen des Bewohners und konzentrieren Sie sich auf seine Bedürfnisse.
- Bewegungsanalyse: Prüfen Sie, bei welchen Bewegungen der Bewohner Harn verliert, um gezielte Maßnahmen ergreifen zu können.
- Toilettentraining: Führen Sie ein Toilettentraining durch, um die Blasenfunktion zu verbessern.
- Hautpflege: Achten Sie auf eine sorgfältige Körperpflege, da Stuhl und Urin die Haut reizen und Infektionen hervorrufen können. Verwenden Sie pH-neutrale Waschlotionen und vermeiden Sie parfümierte Produkte.
- Inkontinenzmaterial: Versorgen Sie den Bewohner mit geeignetem Inkontinenzmaterial, z.B. Inkontinenzeinlagen, Inkontinenzhosen oder Kondomurinal.
- Miktionsprotokoll: Erfassen Sie die Miktionsgewohnheiten des Bewohners mithilfe eines Miktionsprotokolls, um die richtigen Zeitabstände bis zum nächsten Toilettengang zu bestimmen.
- Umgebungsanpassung: Passen Sie die Umgebung des Bewohners an, z.B. durch das Anbringen von Haltegriffen im Badezimmer oder das Bereitstellen eines Toilettenstuhls in Griffweite.
- Kommunikation: Sprechen Sie das Thema Inkontinenz offen an und sorgen Sie für Diskretion.
Körperpflege bei Inkontinenz
Eine sorgfältige Körperpflege hat bei Inkontinenz besondere Bedeutung. Reinigen Sie den Intimbereich regelmäßig und immer nach einer Stuhlausscheidung. Herkömmliche Seifen sind dazu weniger geeignet, benutzen Sie besser pH-neutrale Waschlotions oder einen speziellen Reinigungsschaum. Trocknen Sie die Haut anschließend gründlich ab, auch in den Falten, wobei Sie eher tupfen als reiben sollten. Anschließend sollten Sie die Haut pflegen.
Hilfsmittel bei Inkontinenz
Es gibt eine Vielzahl von Hilfsmitteln, die bei Inkontinenz eingesetzt werden können:
- Inkontinenzmaterialien: Inkontinenzeinlagen, Inkontinenzhosen, Kondomurinale, etc.
- Toilettenhilfsmittel: Toilettensitzerhöhungen, Urinflaschen, Urinschiffchen, Toilettenstühle, etc.
- Hautpflegeprodukte: pH-neutrale Waschlotionen, Reinigungsschäume, Hautschutzcremes, etc.
- Weitere Hilfsmittel: Haltegriffe, Treppenlifte, Rollatoren, etc.
Aktivierende Pflege
Die aktivierende Pflege ist darauf ausgerichtet, den Pflegebedürftigen möglichst lange in seiner Selbstständigkeit zu unterstützen und zu fördern. Üben Sie sich in Geduld und bleiben Sie ruhig, wenn es einmal laut wird. Seien Sie vorausschauend und sorgen Sie für einen geregelten Tagesablauf. Arbeiten Sie mit Lob und Zuwendung und beziehen Sie den Angehörigen in einfache Aufgaben im Haushalt mit ein.
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