Ein persistierendes Foramen ovale (PFO) kann in bestimmten Fällen eine Ursache für Schlaganfälle sein, insbesondere bei jüngeren Patienten. Dieser Artikel beleuchtet die Zusammenhänge zwischen PFO und Schlaganfall, die diagnostischen Verfahren und die verschiedenen Behandlungsoptionen.
Was ist ein Foramen ovale?
Der Begriff Foramen ovale stammt aus dem Lateinischen und bedeutet "ovales Loch". Während der Embryonalentwicklung ist das Foramen ovale eine natürliche Öffnung zwischen den beiden Herzvorhöfen. Es ermöglicht den Blutübertritt von den rechten in die linken Herzabschnitte, da die Lunge des Fötus noch nicht mit Sauerstoff versorgt wird. Nach der Geburt beginnt das Neugeborene zu atmen, und die Lunge nimmt ihre Funktion auf. Durch die veränderten Druckverhältnisse im Herzen und in der Lunge verschließt sich das Foramen ovale normalerweise in den ersten Lebenswochen.
Persistierendes Foramen ovale (PFO)
Bei etwa 25 % der Menschen schließt sich das Foramen ovale jedoch nicht vollständig. In diesen Fällen spricht man von einem persistierenden Foramen ovale (PFO). Die meisten Menschen mit einem PFO wissen nichts davon, da es in der Regel keine Beschwerden verursacht.
PFO und Schlaganfall: Der Zusammenhang
In seltenen Fällen kann ein PFO jedoch eine Ursache für einen Schlaganfall sein. Dies geschieht, wenn ein Blutgerinnsel, das aus den Venen stammt (z. B. bei einer Beinvenenthrombose), unter Umgehung des Lungenkreislaufs vom rechten Herzvorhof durch das PFO in den linken Herzvorhof und damit in die Arterien des Körpers gelangt. Diesen Übertritt eines Gerinnsels aus dem Venensystem in das Arteriensystem nennt man auch paradoxe Embolie.
Bei Menschen ohne PFO würde ein solches Blutgerinnsel in der Lunge "abgefangen" und ausgefiltert werden. Ein PFO ermöglicht es dem Gerinnsel jedoch, direkt ins Gehirn zu gelangen und dort ein Blutgefäß zu verstopfen, was zu einem Schlaganfall führt.
Lesen Sie auch: Ursachen und Risikofaktoren für Schlaganfälle bei Katzen
Begünstigt werden kann ein solcher Übertritt durch heftiges Husten, Niesen, sehr tiefes Atmen oder Pressen (z. B. beim Stuhlgang). Neben einem Schlaganfall können auf diesem Weg auch Embolien in anderen Organen auftreten.
Kryptogener Schlaganfall und PFO
Bei den Untersuchungen nach einem Schlaganfall findet sich gerade bei jüngeren Patienten oft keine klare Ursache. Man bezeichnet dies dann als "kryptogenen Schlaganfall". In manchen Literaturstellen wird hierfür der Begriff ESUS verwendet (= embolic stroke of undetermined source; deutsch: embolischer Schlaganfall ungeklärter Ursache). Bei rund der Hälfte der Patienten unter 55 Jahren mit einem "kryptogenen Schlaganfall" lässt sich jedoch ein PFO nachweisen. Insbesondere bei jüngeren Patienten ist somit das Risiko für einen ESUS bei Vorliegen eines PFO erhöht.
Diagnose eines PFO
Um ein PFO zu diagnostizieren, werden verschiedene Verfahren eingesetzt:
- Transösophageale Echokardiografie (TEE): Hierbei wird eine Ultraschallsonde über die Speiseröhre eingeführt, um das Herz aus der Nähe zu betrachten. Beweisend für ein PFO mit Rechts-Links-Shunt ist der Übertritt von sogenannten "Bubbles" in der TEE vom rechten in den linken Vorhof innerhalb von 3 Herzzyklen nach Füllung des rechten Vorhofs (RA) mit Kontrastmittel.
- Transkranielle Dopplersonografie mit Microbubbles: Dieses Verfahren kann als Screeningmethode verwendet werden, um einen induzierbaren Rechts-Links-Shunt festzustellen.
Zur Abschätzung der Wahrscheinlichkeit eines PFO-assoziierten Insultes kann der RoPE-Score (Risk of Paradoxical Embolism-Score) genutzt werden. Dieser Score berücksichtigt verschiedene Faktoren, wie z. B. das Alter des Patienten und das Vorliegen von Risikofaktoren für einen Schlaganfall.
Behandlung von PFO bei Schlaganfall
Die Behandlung von PFO bei Schlaganfallpatienten zielt darauf ab, das Risiko weiterer Schlaganfälle zu reduzieren. Es gibt verschiedene Behandlungsoptionen:
Lesen Sie auch: Gesundheitliche Rückschläge und politische Leistungen von Lafontaine
- Medikamentöse Therapie: Hierbei werden Medikamente eingesetzt, die die Blutgerinnung hemmen. Das geschieht in erster Linie entweder durch Aspirin oder Clopidogrel; beides sind Medikamente, die eine Zusammenballung der Blutplättchen (Thrombozyten) und damit eine Gerinnselbildung verhindern. Nach aktuellem Kenntnisstand ist eine Therapie durch sogenannter Antikoagulantien, die direkt in die Blutgerinnung und die Bildung von Gerinnungsfaktoren eingreifen, nicht zwingend notwendig. Bei Patienten mit einem kryptogenen ischämischen Insult und PFO, die einen Verschluss ablehnen, gibt es keine Hinweise auf eine Überlegenheit einer oralen Antikoagulation gegenüber einer Behandlung mit einem Thrombozytenfunktionshemmer.
- Interventioneller PFO-Verschluss: Bei diesem Verfahren wird das PFO mit einem speziellen Implantat, einem sogenannten Okkluder, verschlossen. Der Verschluss des PFO durch eine Intervention wurde in mehreren Studien 2017 und 2018 untersucht, die zeigen konnten, dass mit dem Verschluss ein erneuter Schlaganfall wirksam verhindert werden kann. Nützlich ist der Verschluss aber nicht generell für jeden Patienten nach Schlaganfall, bei dem ein PFO gefunden wurde.
Interventioneller PFO-Verschluss im Detail
Schonender und weniger invasiv ist dagegen ein Verschluss mit einem Implantat mittels eines so genannten interventionellen Verfahrens. Bei dieser Methode nimmt der Arzt einen kleinen Einschnitt vor, meist an der Leiste, und schiebt dann einen kleinen Schlauch (Katheter) durch das Blutgefäß zur Behandlungsstelle im Herzen. Durch den Katheter wiederum kann er das Implantat - ähnlich wie einen zusammengeklappten Schirm - zum PFO führen. Ist es richtig positioniert, spannt er den „Schirm“ (Okkluder genannt) auf und verschließt so das PFO dauerhaft. Solch ein Eingriff dauert etwa ein bis zwei Stunden und wird in einem auf minimalinvasive, nicht-operative Eingriffe spezialisierten Herzkathetherlabor durchgeführt. Vor dem Eingriff erhalten Sie ein Narkosemittel, sodass Sie keine größeren Beschwerden haben sollten. Da die Behandlung minimalinvasiv ist, erholen Sie sich meist schnell von dem Eingriff. In der Regel können Patienten nach 24 Stunden das Krankenhaus verlassen.
Die Okkluder werden in der Regel in Analgosedierung mit Lokalanästhesie im Bereich der Leistengefäße unter angiografischer und TEE-Kontrolle nach Vollheparinisierung implantiert. Hierbei ist insbesondere die dreidimensionale TEE zur Beurteilung der Freisetzung des Okkluders hilfreich, auch erhöht sie die Sicherheit der Prozedur.
Regelhaft wird nach einem interventionellen PFO-Verschluss eine duale Plättchenhemmung mit 100 mg ASS plus 75 mg Clopidogrel für 1-3 Monate empfohlen, gefolgt von einer 12- bis 24-monatigen Monotherapie mit ASS 100 mg oder Clopidogrel 75 mg. Für ein Jahr nach dem Eingriff muss eine Endokarditisprophylaxe erfolgen. Das ist eine vorbeugende, einmalige Antibiotikagabe vor zahnärztlichen Eingriffen mit abzusehender Verletzung des Zahnfleisches und vor ärztlichen Eingriffen im Nasen-Rachen-Raum, bei denen es zu Blutungen kommt.
Vorhofflimmern, Perikardtamponaden sowie Lungenembolien sind beschriebene Komplikationen im Rahmen und nach Implantation eines Okkluders.
Für wen ist ein PFO-Verschluss geeignet?
Nicht allen Menschen mit PFO nützt eine Okkluder-Implantation gleichermaßen, das haben Studien gezeigt. Daher haben Neurologen und Kardiologen im August 2018 gemeinsame Empfehlungen dazu herausgegeben, für wen ein interventioneller PFO-Verschluss sinnvoll ist. Nun gilt hierzulande: Grundvoraussetzung für den Verschluss eines PFO mit einem Okkluder ist, dass Sie zwischen 16 und 60 Jahre alt sind und es bei Ihnen in der Vergangenheit bereits mindestens einmal zu einem Schlaganfall unbekannter Ursache gekommen ist. Okkluder werden also nicht dazu eingesetzt, um einen ersten Schlaganfall zu verhüten - Ärzte nennen dies Primärprävention - sondern, um das Risiko für einen zweiten Schlaganfall zu senken (Sekundärprävention). Außerdem gibt es weitere Voraussetzung, beispielsweise hinsichtlich der Art des Schlaganfalls und der Eigenschaften des PFOs, die erfüllt sein müssen, damit ein PFO-Verschluss in Frage kommt. Ihr Arzt klärt daher gemeinsam mit Ihnen, ob ein interventioneller PFO-Verschluss in Ihrem Fall die beste Behandlungsmöglichkeit ist, um Ihr Schlaganfallrisiko zu mindern.
Lesen Sie auch: Rehabilitation bei Gesichtsfeldausfall
Kontroverse um den PFO-Verschluss
Jahrelang wurde kontrovers diskutiert, ob der Verschluss eines PFO mit einem per Katheter eingebrachten Okkluder in der Sekundärprophylaxe des Schlaganfalls tatsächlich wirksam ist. In einer gemeinsamen S2e-Leitlinienempfehlung (1) von Neurologen und Kardiologen sowie der Deutschen Schlaganfall-Gesellschaft scheint diese Kontroverse nun harmonisch beigelegt worden zu sein:„Bei Patienten zwischen 16 und 60 Jahren mit einem (nach neurologischer und kardiologischer Abklärung) kryptogenen ischämischen Schlaganfall und offenem Foramen ovale mit moderatem oder ausgeprägtem Rechts-Links-Shunt soll ein interventioneller PFO-Verschluss durchgeführt werden.“Diese Empfehlung wird mit maximalem Empfehlungsgrad A und der höchsten Evidenzebene I ausgesprochen. Erste Zweifel an diesem hohen Empfehlungsgrad wecken die in der Leitlinie (vorbildlich dokumentierten) drei Gegenstimmen. Die Zweifel werden konkreter, wenn man sich die Daten anschaut, auf denen diese Empfehlung beruht: Drei negativen Studien stehen vier positive gegenüber (2-8). Hinzu kommt ein möglicher Bias durch unverblindete Untersucher in allen sieben Studien, von deren Einschätzung es abhing, welche Ereignisse zur Beurteilung eines möglichen Endpunktes weitergeleitet wurden. Des Weiteren war die Anzahl der im Follow-up verlorenen Patienten in einigen Studien höher als die Anzahl derer, die den Endpunkt erreichten (2,7). Daher sollte die Diskussion mit Erscheinen der Leitlinie nicht beendet, sondern intensiviert werden.
Auswahl der Patienten entscheidend
Der Schlüssel zum Behandlungserfolg mittels PFO-Verschluss liegt in der sorgfältigen Auswahl der Patienten. Die neue deutsche Leitlinie hilft bei der Patientenselektion jedoch nur eingeschränkt, da sie eine kryptogene Ätiologie bereits voraussetzt. Wichtige Ausschlusskriterien sind neben einer Reihe von Differenzialätiologien Zeichen von Arteriosklerose, unkontrollierte kardiovaskuläre Risikofaktoren und in der Regel transitorische ischämische Attacken. Des Weiteren sollte nach einem intermittierenden Vorhofflimmern ausführlich gesucht werden. Die Implantation eines Herzmonitors vor eventuellem PFO-Verschluss sollte daher erwogen werden.
Jungen Patienten ohne kardiovaskuläre Risikofaktoren, einem RoPE-Score ≥ 7 und weitgehendem Ausschluss von Vorhofflimmern sollte ein PFO-Verschluss angeboten werden. Sie sollten gleichzeitig über die Komplikationen des Eingriffs, das niedrige Rezidivrisiko auch unter medikamentöser Behandlung und über die möglicherweise genauso wirksame Behandlung mit Antikoagulanzien aufgeklärt werden. Bei konservativer Behandlung sind orale Antikoagulanzien möglicherweise besser wirksam als Plättchenhemmer. Hier sind weitergehende Studien notwendig.
tags: #pfo #und #schlaganfall #ursachen