Verwirrtheit, Gedächtnisverlust und Orientierungslosigkeit sind bekannte Anzeichen für Demenz. Doch die Erkrankung äußert sich vielfältig und kann auch zu sogenannten Verhaltensstörungen führen. Ein weniger bekanntes, aber potenziell auftretendes Symptom ist die Pfötchenstellung. Dieser Artikel beleuchtet die Ursachen der Pfötchenstellung im Zusammenhang mit Demenz, erklärt die zugrunde liegenden Mechanismen und gibt einen Überblick über mögliche Behandlungsansätze.
Was ist die Pfötchenstellung?
Die Pfötchenstellung beschreibt eine krampfartige Kontraktion der Handmuskulatur, bei der die Finger in einer charakteristischen Weise gebeugt werden, sodass die Hand an eine Pfote erinnert. Sie ist ein Zeichen für eine Tetanie, einen Zustand erhöhter neuromuskulärer Erregbarkeit.
Ursachen der Pfötchenstellung bei Demenz
Die Pfötchenstellung selbst ist keine direkte Folge der Demenz, sondern ein Symptom, das durch andere Faktoren ausgelöst wird, die bei Demenzpatienten häufiger auftreten können. Zu den möglichen Ursachen gehören:
Elektrolytstörungen
- Hypokalzämie (Kalziummangel): Ein Mangel an Kalzium im Blut ist eine der häufigsten Ursachen für Tetanie und Pfötchenstellung. Bei Demenzpatienten kann Hypokalzämie durch verschiedene Faktoren begünstigt werden, wie z.B. Mangelernährung, verminderte Vitamin-D-Aufnahme oder Nierenfunktionsstörungen.
- Hypomagnesiämie (Magnesiummangel): Magnesium ist wichtig für die Funktion von Nerven und Muskeln. Ein Magnesiummangel kann die neuromuskuläre Erregbarkeit erhöhen und somit eine Tetanie auslösen.
- Hyperphosphatämie (Phosphatüberschuss): Ein erhöhter Phosphatspiegel im Blut kann, besonders in Kombination mit einer Hypokalzämie, die Erregbarkeit von Muskeln und Nerven steigern und zu Krämpfen führen.
Hyperventilation
- Psychische Ursachen: Angst, Stress oder Panikattacken können bei Demenzpatienten zu Hyperventilation führen. Durch die gesteigerte Atemtätigkeit wird vermehrt Kohlendioxid abgeatmet, was zu einer Verschiebung des pH-Wertes im Blut und einer relativen Verminderung des ionisierten Kalziums führt. Dies kann eine Tetanie mit Pfötchenstellung auslösen.
Medikamente
- Nebenwirkungen: Einige Medikamente, die bei Demenzpatienten eingesetzt werden, können als Nebenwirkung Elektrolytstörungen oder andere Stoffwechselentgleisungen verursachen, die eine Tetanie begünstigen.
Hypoparathyreoidismus
- Iatrogen oder andere Ursachen: Hypoparathyreoidismus, eine Erkrankung mit unzureichender Sekretion von Parathormon (PTH), führt zu Hypokalzämie und Hyperphosphatämie. Die Ursache ist am häufigsten iatrogen nach Operationen im Halsbereich, kann jedoch auch auf genetische Defekte oder Autoimmunerkrankungen sowie infiltrative Erkrankungen zurückzuführen sein, die eine Zerstörung des normalen Nebenschilddrüsengewebes bedingen.
Pseudohypoparathyreoidismus
- Autosomal-dominant vererbte Erkrankung: Autosomal-dominant vererbte Erkrankung, die durch eine PTH-Resistenz infolge einer Mutation im G-Protein des PTH-Rezeptor-Komplexes gekennzeichnet ist. Aufbau der Knochen sind resistent gegen dessen Wirkung. Hypokalzämie, Hyperphosphatämie und ein erhöhter Serum-PTH-Spiegel.
Symptome der Pfötchenstellung
Neben der charakteristischen Handhaltung können bei einer Tetanie folgende Symptome auftreten:
- Kribbeln und Taubheitsgefühl in Fingern, Zehen und um den Mund herum
- Muskelkrämpfe in anderen Körperregionen
- Gesichtszuckungen (Chvostek-Zeichen)
- Krampfartige Kontraktion der Beugemuskulatur bei Anlegen einer Blutdruckmanschette (Trousseau-Zeichen)
- In schweren Fällen: Krampfanfälle, Herzrhythmusstörungen, Atemnot
Diagnose
Die Diagnose einer Tetanie mit Pfötchenstellung basiert auf der klinischen Untersuchung und der Anamnese. Wichtige diagnostische Maßnahmen sind:
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- Blutuntersuchung: Bestimmung der Elektrolyte (Kalzium, Magnesium, Phosphat), Nierenwerte, Vitamin-D-Spiegel und anderer relevanter Parameter.
- EKG: Zum Ausschluss von Herzrhythmusstörungen.
- Neurologische Untersuchung: Um andere Ursachen für die Muskelkrämpfe auszuschließen.
- EEG: Das EEG kann bei bestehender Epilepsie zwischen den Anfällen normal sein, umgekehrt bedeuten epilepsietypische Veränderungen im EEG bei Beschwerdefreiheit keine Epilepsie. Unabdingbare technische Untersuchung ist das EEG, mit dem epilepsietypische Veränderungen wie etwa Spike-wave-Komplexe (siehe Abbildung) aufgezeichnet werden können.
Therapie
Die Behandlung der Pfötchenstellung richtet sich nach der zugrunde liegenden Ursache.
- Behandlung von Elektrolytstörungen:
- Kalziumsubstitution: Bei Hypokalzämie erfolgt die Zufuhr von Kalzium, entweder oral oder intravenös (z. B. Ca-Gluconat-Lösung i.v.).
- Magnesiumsubstitution: Bei Hypomagnesiämie wird Magnesium oral oder intravenös verabreicht.
- Phosphatbinder: Bei Hyperphosphatämie können Phosphatbinder wie Calciumcarbonat eingesetzt werden, um die Phosphataufnahme im Darm zu reduzieren.
- Behandlung der Hyperventilation:
- Beruhigung: Beruhigende Maßnahmen und Zuspruch können helfen, die Angst zu reduzieren und die Atmung zu normalisieren.
- Rückatmung: Das Atmen in eine Tüte kann helfen, den Kohlendioxidgehalt im Blut zu erhöhen und die Symptome zu lindern.
- Anpassung der Medikation: Überprüfung der Medikamentenliste und gegebenenfalls Anpassung der Dosierung oder Umstellung auf andere Präparate, um arzneimittelbedingte Elektrolytstörungen zu vermeiden.
- Behandlung von Hypoparathyreoidismus: Die Behandlung basiert auf einer Calcium- und Vitamin-D-Supplementierung.
- Behandlung von Epilepsie: Die medikamentöse Behandlung eines akuten Krampfanfalls ist nur erforderlich, wenn dieser länger als 5 Minuten dauert. Die Dauertherapie mit Antiepileptika erfolgt dagegen, um erneute Krampfanfälle zu unterdrücken.
Weitere Aspekte bei Demenz
Neben der Behandlung der Pfötchenstellung ist es wichtig, die Grunderkrankung Demenz adäquat zu behandeln und zu betreuen. Dazu gehören:
- Orientierungshilfen: Schaffung einer vertrauten und überschaubaren Umgebung mit Orientierungspunkten, um Verwirrung zu reduzieren.
- Regelmäßiger Tagesablauf: Ein strukturierter Tagesablauf kann Sicherheit und Stabilität vermitteln.
- Soziale Teilhabe: Förderung sozialer Kontakte und Aktivitäten, um Isolation und Depressionen vorzubeugen.
- Psychosoziale Unterstützung: Einbezug von Angehörigen und Pflegepersonal in die Betreuung, um eine optimale Versorgung zu gewährleisten.
- Nichtmedikamentöse Therapieverfahren: Zu psychosozialen Interventionen liegen evidenzbasierte Daten vor (2). Effektstärken für Erinnerungstherapie (d = 0,47; [2, e21]), Ergotherapie (d = 0,72; [2, e22]), körperliche Aktivitäten (d = 0,68; [2, e23]) und aktive Musiktherapie (d = 0,62; [e24]) wurden publiziert.
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