Klick klack, klick klack. Das stakkatoartige Geräusch aufprallender Tischtennisbälle hallt durch Sporthallen und erweckt die Aufmerksamkeit. Was sich zunächst wie ein gewöhnliches Tischtennistraining anhört, entpuppt sich als viel mehr: Hier spielen Menschen mit Parkinson, die sich durch den Sport neue Lebensqualität erobern. Die Nervenkrankheit Parkinson ist nicht heilbar. Aber es gibt Wege, die Symptome zu verlangsamen. Einer davon ist der Tischtennis-Sport.
Parkinson: Eine fortschreitende Erkrankung des Nervensystems
Parkinson ist eine fortschreitende neurologische Erkrankung, die den Teil des Gehirns betrifft, der für die Steuerung von Bewegungen verantwortlich ist. Typische Symptome sind Muskelzittern (Tremor), Muskelsteifheit (Rigor), verlangsamte Bewegungen (Bradykinese) und Gleichgewichtsstörungen. Die Krankheit entsteht durch den Abbau von Dopamin-produzierenden Nervenzellen im Gehirn. Dopamin ist ein wichtiger Botenstoff, der für die reibungslose Kommunikation zwischen Gehirn und Muskeln benötigt wird. Nach Angaben des AOK-Bundesverbands waren 2023 etwa 300.000 Menschen in Deutschland an Parkinson erkrankt.
Die Ursachen von Parkinson sind noch nicht vollständig geklärt. Es wird angenommen, dass sowohl genetische Faktoren als auch Umwelteinflüsse eine Rolle spielen. Zwar kann die Krankheit heutzutage medikamentös behandelt werden, heilbar ist Parkinson aber nicht. Ziel jeglicher Therapie ist es, den Verlauf der Krankheit hinauszuzögern, die bis heute weder vollständig erforscht noch heilbar ist.
Ping Pong Parkinson: Eine Bewegung entsteht
In den USA entstand 2017 die Idee, Parkinson-Patienten durch Tischtennisspielen zu unterstützen. Der Ingenieur und Musiker Nenad Bach, der selbst an Parkinson erkrankt war und die Kontrolle über seine Finger verlor, entdeckte gemeinsam mit seinem Freund, dem Redakteur und Tischtennisspieler Will Shortz, die positiven Auswirkungen des Sports. Das regelmäßige Training führte dazu, dass Bach seine Finger wieder besser bewegen und sogar wieder Gitarre spielen konnte.
Diese Erfahrung führte zur Gründung von "PingPongParkinson" (PPP), einem Verein, der sich weltweit für die Förderung von Tischtennis als Therapieform bei Parkinson einsetzt. Im Februar 2020 wurde PingPongParkinson Deutschland gegründet. Die Initiative ging von zwei Tischtennisspielern aus dem niedersächsischen Nordhorn aus, die ebenfalls an der Krankheit leiden.
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Die therapeutische Wirkung von Tischtennis
Tischtennis ist mehr als nur ein Freizeitvergnügen. Der Sport stellt hohe Anforderungen an die Gehirnkoordination und fördert die Motorik, das Gleichgewicht und die Beweglichkeit. Physiotherapeutin Meike Dirks erklärt: „Tischtennis verbindet ziemlich viel von dem, was bei diesem Krankheitsbild problematisch ist: Er muss schnell reagieren. Er hat immer die Hand-Augen-Koordination. Er behält den Spaß an der Bewegung bei.“ Das schnelle Auf- und Rückschlagspiel beim Tischtennis ist eine besondere Herausforderung für das Gehirn. Deshalb hilft dieser Sport auch besonders bei einer Erkrankung, die Nervenzellen im Gehirn absterben lässt und verschiedene Bewegungsstörungen zur Folge haben kann.
Erste wissenschaftliche Studien aus Japan und Schweden belegen dies. Japanische Wissenschaftler haben 2020 bei einem Pilotversuch herausgefunden, dass sich Parkinson-Patienten bereits nach drei Monaten Tischtennis-Training besser bewegen konnten und die körperlichen Einschränkungen weniger wurden. Bemerkenswert ist unter anderem ihre Feststellung, dass die akustischen Signale beim Tischtennisspielen - also das Klick klack - mit dazu beitragen könnten, dem Körper einen Bewegungsimpuls zu vermitteln.
Studienlage
Verschiedene Studien zeigen - Das GDNF-Protein stabilisiert das dopaminergische System und lindert Parkinson-Symptome. Die Uni Münster sucht Personen mit Parkinson für das EU-geförderte Projekt „Parkinson Vibrating Socks“. Aktuell gibt es eine sensationelle Entdeckung in der Forschung zur Parkinson-Krankheit. Paula Abola promoviert in klinischer Forschung mit Schwerpunkt “Parkinson” an der University of Jamestown. Schon im August 2023 berichteten wir, dass eine Kooperation mit den Universitäten Münster und Köln geplant ist. Digitale Anwendungen finden in der Alltagswelt und im Gesundheitswesen immer weitereVerbreitung. In zwei Fragebogenaktionen der Deutschen Sporthochschule Köln (LehrstuhlProf. Dr. Leonie Moormann ist Medizinstudentin an der Uniklinik Marburg und möchte für ihre Doktorarbeit, die Lebensqualität von Parkinson-Erkrankten untersuchen.
Positive Auswirkungen auf Körper und Geist
Die positiven Auswirkungen von Tischtennis auf Parkinson-Patienten sind vielfältig:
- Verbesserung der Motorik: Tischtennis fördert die Hand-Augen-Koordination, die Reaktionsfähigkeit und die Feinmotorik.
- Stärkung des Gleichgewichts: Durch die ständigen Bewegungen und Richtungswechsel wird das Gleichgewicht trainiert und die Sturzgefahr reduziert.
- Erhöhung der Beweglichkeit: Tischtennis hilft, Muskelsteifheit zu reduzieren und die Beweglichkeit zu erhalten.
- Anregung des Gehirns: Das schnelle Spiel und die komplexen Bewegungsabläufe fordern das Gehirn heraus und können den Abbau von Nervenzellen verlangsamen.
- Psychische Entlastung: Tischtennis macht Spaß, lenkt von den Symptomen der Krankheit ab und kann Depressionen entgegenwirken.
- SozialeInteraktion: Das gemeinsame Spielen in der Gruppe fördert den Austausch und die Gemeinschaft.
Ping Pong Parkinson Deutschland: Ein wachsendes Netzwerk
PPP hat in Deutschland bereits über 300 Stützpunkte mit rund 3000 Mitgliedern aufgebaut. Durch PPP fanden überall in Deutschland Parkinson-Gruppen in bereits bestehenden Sportvereinen und Tischtennis-Abteilungen zusammen. Sie werden durch „PingPongParkinson“ miteinander vernetzt, beraten und mit neuen Erkenntnissen versorgt. Der Verein organisiert auch Turniere und kann dabei auf prominente Hilfe zählen: Der frühere Doppel-Weltmeister und heutige Bundestrainer Jörg Roßkopf ist Botschafter von PPP. Der große Tischtennis-Fan und frühere Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach unterstützte 2022 ein Benefizturnier im Deutschen Bundestag.
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Einblick in die Praxis: PingPongParkinson bei Werder Bremen
Ein Beispiel für die erfolgreiche Arbeit von PPP ist die Gruppe bei Werder Bremen. Trainer Rami Karnoub leitet Bewohnerinnen und Bewohner des Martinshofes und die Mitglieder von PingPongParkinson bei ihrem Spiel an. Ulrich Meine, ein Teilnehmer der Gruppe, erzählt: „Ich habe das alles erst einmal auf das Alter geschoben“, erzählt der 74-Jährige. Vor gut einem Jahr wandte er sich dann doch an seinen Hausarzt. Die Diagnose ließ nicht lange auf sich warten und war eindeutig: Parkinson. „Im ersten Moment war ich geschockt“, erinnert sich der pensionierte Lehrer. Aber dann habe ihm der Arzt gesagt, dass die Krankheit gut behandelbar sei. „Das war für mich das Signal, nicht zu resignieren, sondern etwas zu tun.“ Auch der Tipp, Tischtennis zu spielen, kam von dem Mediziner.
Auch Ute Zimmermann, eine weitere Teilnehmerin, berichtet von den positiven Auswirkungen des Tischtennisspielens: „Ich fühle mich nach dem Training einfach besser“, berichtet auch Wei Jiang, für den die Diagnose trotz der Schwere eine Erleichterung war. Es hätte auch etwas Schlimmeres sein können, denkt er.
Tischtennis als Teil eines umfassenden Therapiekonzepts
Es ist wichtig zu betonen, dass Tischtennis kein Allheilmittel gegen Parkinson ist. Vielmehr sollte es als Teil eines umfassenden Therapiekonzepts betrachtet werden, das auch Medikamente, Physiotherapie, Ergotherapie und Logopädie umfasst. Die tägliche Medikamenteneinnahme sei aber nur ein kleiner Teil der Parkinson-Therapie, sagt Schröder: „Mindestens ebenso wichtig ist es, den Körper gesund und in Bewegung zu halten. Jede Stimulation ist gut.“
Ulrich Meine, Teilnehmer bei Werder Bremen, absolviert ein straffes Programm mit Ergo-, Faszien- und Physiotherapien, eine logopädische Therapie hat er bereits erfolgreich abgeschlossen. „Das alles mache ich, weil es vernünftig ist“, sagt Ulrich Meine. „Aber das einzige, was mir davon auch Spaß macht, ist - Tischtennis.“
Ping Pong Parkinson: Mehr als nur Sport
PPP ist mehr als nur ein Sportverein. Es ist eine Gemeinschaft, die Betroffenen und ihren Angehörigen Halt und Unterstützung bietet. „Wichtig sind die menschliche Umgebung und die vielen Gespräche, die man führen kann. Dass man sich nicht zurückzieht“, sagt Zimmermann. Auch SPD-Politiker Lauterbach meint: „Menschen, die mit einer schweren Krankheit ringen müssen, sind oft einsam und ziehen sich noch mehr zurück. Tischtennis ist eine Gelegenheit, auf andere zu treffen, die das gleiche Schicksal haben.“
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Ein Sport für jedermann
Das Konzept von PingPongParkinson (PPP) beruht darauf, dass es Tischtennis für jedermann mit Parkinson, wohnortnah und völlig unabhängig von den persönlichen Eignungen, also auch für Anfänger, anbieten möchte. In den PPP-Stützpunkten soll im Trainingsteil darauf geachtet werden, dass die Teilnehmer, unabhängig von ihrem Leistungsvermögen, jeder-mit-jedem trainieren, und nicht gegeneinander. Deshalb werden die Spielpartner während der Übungen regelmäßig gewechselt.