Die Tischtennis Parkinson Weltmeisterschaft hat sich zu einem bedeutenden Ereignis entwickelt, das Menschen mit Parkinson aus aller Welt zusammenbringt. Ursprünglich im Jahr 2019 in den USA mit 61 Teilnehmern gestartet, wuchs das Event über die zweite Auflage 2021 in Berlin mit 130 Teilnehmern stetig an. Die Weltmeisterschaften fördern nicht nur den sportlichen Wettbewerb, sondern auch die Gemeinschaft und das Wohlbefinden der Teilnehmer.
Pula, Kroatien 2023: Ein Rückblick
Von Mittwoch bis Sonntag fand im kroatischen Pula die dritte Parkinson-Weltmeisterschaft statt. Deutschland stellte mit 39 Herren und 13 Damen unter den 165 Aktiven die größte Teilnehmernation. Norbert Hase erzielte mit Silber in der Klasse 1 das beste Ergebnis bei den Herren. Juliane Brauckmann triumphierte in der Damen-Klasse 3 und sicherte sich die einzige Einzel-Goldmedaille für Deutschland.
Deutschland konnte sein starkes Ergebnis von neun Goldmedaillen aus Berlin allerdings nicht noch einmal übertreffen. Der dreifache Titelverteidiger Thorsten Flues fehlte aufgrund einer Corona-Infektion. Die besten Medaillenchancen in der Damen-Klasse waren im Vorfeld Silke Kind zuzuschreiben. Die 56-jährige ehemalige Verbandsligaspielerin glänzte im vergangenen Jahr in Berlin mit WM-Gold im Doppel und Mixed sowie Bronze im Einzel.
Gespielt wurde in drei Kategorien, je nach Grad der Beeinträchtigung (eins: leicht, drei: schwer) im Einzel und Doppel bei den Damen und Herren sowie zusätzlich in der Mixed-Konkurrenz. Das Turnier begann mit einer Vorrunde in Dreier- bis Vierer-Gruppen, gefolgt von der Hauptrunde im K.-o.-System. Die Gruppensieger und -zweiten spielten letztlich um die WM-Titel, die Dritten und Vierten jeder Gruppe in der Trostrunde weiter.
Insgesamt 19 Nationen waren vertreten, darunter Brasilien, Dänemark, England, Frankreich, Israel, Japan, Kroatien, Malta, Österreich, Polen, Portugal, Schottland, Schweden, Schweiz, Slowenien, Spanien, Tschechien und die USA, darunter der Musiker und Begründer der Bewegung Ping Pong Parkinson, Nenad Bach.
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Zwei der sechs zu vergebenen Titel in der Herren-Konkurrenz gingen nach Deutschland. Peter Derheld siegte in der Doppel-Klasse 1 mit dem Dänen Jesper Jerslund vor den deutschen Duos Norbert Hase/Holger Treppe und Lars Rokitta/Christopher Toetz. Heiko Rauchmaul und Heiko Probst triumphierten in der Doppel-Klasse 2 vor Kurt Pierrot/Maik Gühmann und Andreas Moroff, der mit dem Schweden Jörgen Sjöstedt an den Start ging. Bernd Trabalski/Uwe Kalkhoff (Silber) sowie Michael Baltus/Jürgen Brandenstein (Bronze) waren in der Doppel-Klasse 3 erfolgreich. Das beste Ergebnis im Herren-Einzel erzielte Norbert Hase mit dem Gewinn der Silbermedaille in Klasse 1 vor Heiko Probst, der wie Uwe Kalkhoff und Andreas Wadle (Klasse 3) Bronze gewann.
Bei den Damen wurde Silke Kind ihrem Favoritenstatus letztlich nicht ganz gerecht. In Klasse 1 reichte es für die Fuldaerin dennoch zum zweiten Platz. Gisela Pazyna gewann Bronze in der Klasse 2, während es Juliane Brauckmann in Klasse 3 ganz oben auf das Treppchen schaffte. Die Doppel-Klasse 1 war komplett in deutscher Hand. Brigitte Plehn/Jutta Ahmerkamp-Böhme gewannen vor Marita Siegel/Silke Kind, Margarethe Gursch/Gabi Salingre und Heike Schroven/Gisela Pazyna. Bronze holten in den Klassen 2 und 3 Juliane Brauckmann mit der Schweizerin Daniela Beurer sowie Cornelia Solberg mit der Schwedein Maria Wäneskog. Auch in den drei Mixed-Klassen gab es Edelmetall für die deutschen Akteure. Peter Derheld holte mit der Polin Iwona Salak Silber in der Klasse 1 vor Silke Kind und Christopher Toetz. Margarethe Gursch und Jürgen Brandenstein verpassten Gold in der der Klasse 2 nur knapp.
Wels, Österreich 2023: Ein neuer Teilnehmerrekord und ein Dreifach-Triumph
Im österreichischen Wels fanden im Zeitraum 26.09-30.09.2023 die 4. PingPongParkinson World Championships statt. Mit 287 Teilnehmenden aus 23 Nationen wurde ein neuer Rekord aufgestellt. Die Parkinson-Tischtennis-Bewegung wächst nicht nur in Deutschland mit einer großen Dynamik. Gespielt wurde an 48 Tischen unter professionellen Bedingungen in einer Messehalle.
Im vergangenen Jahr hatte Thorsten Flues die Parkinson-WM noch coronabedingt absagen müssen, diesmal stand er wieder am Tisch und wiederholte seinen Dreifach-Triumph, den er 2021 in Berlin gefeiert hatte, auf beeindruckende Weise auch bei der PingPongParkinson-WM im österreichischen Wels. Neben Gold im Einzel der Klasse 1 siegte er im Doppel mit Thorsten Boomhuis und im Mixed mit Silke Kind. Insgesamt gingen 23 Nationen an den Start, wobei Deutschland mit 115 Sportlern die größte Delegation stellte.
An Thorsten Flues mit seinen drei Goldmedaillen kam bei dieser WM kein anderer Spieler heran. Allerdings konnten drei Teilnehmerinnen zwei Titel ergattern: Die Japanerinnen Mayumi Kanie und Rie Koyama gewannen Seite an Seite im Doppel der Klasse 1 und sicherten sich dann jeweils noch Gold im Einzel (Kanie in Klasse 2, Koyama in Klasse 1). Claudia Hellinger aus Österreich gewann ebenfalls zwei Goldmedaillen: im Einzel der Klasse 3 und Doppel der Klasse 2.
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Die einzige Goldmedaille für Deutschland, an der Flues nicht beteiligt war, ging in der Herren-Doppel-Klasse 2 an Norbert Hase und Horst Schunk, die sich im Finale ebenfalls souverän mit 3:0 gegen Andreas Moroff und Jörgen Sjöstedt durchsetzten. Insgesamt durfte sich das deutsche Team neben den vier Goldmedaillen auch noch über drei Mal Silber und 17 Mal Bronze freuen.
Heraus stach in diesem Teilnehmerfeld einmal mehr Thorsten Flues von der DJK Blau-Weiß Avenwedde, der - wie schon 2021 in Berlin - die drei Titel im Herren-Einzel, -Doppel und Mixed-Doppel der Klasse 1 für sich entschied. Damit bleibt Flues bei Weltmeisterschaften weiterhin ungeschlagen. In seiner Abwesenheit holte sich der US-Amerikaner Ilya Rozenblat den Titel, der ihm im Traumfinale von Wels im Kampf um Gold gegenüberstand. Hier nahm ihm der Amerikaner zumindest einen Satz ab - den erst zweiten im ganzen Turnier -, musste ihm allerdings mit 3:1 den Titel überlassen.
Im Herren-Doppel schalteten Flues und Thorsten Boomhuis, die sich bereits 2021 in Berlin zu Weltmeistern gekürt hatten, die amtierenden Titelträger Peter Derheld und den Dänen Jesper Jerslund bereits im Halbfinale aus und holten sich im Endspiel gegen Rozenblat und dessen Partner Hamid Ezzat-Ahmadi Gold. Im Mixed-Doppel gewannen Flues und Silke Kind quasi nach Belieben und ließen ihren deutschen Finalgegnern Holger Teppe und Dorothea Brandt insgesamt nur zwei Punkte.
Lokale Beteiligung: Hamburger Delegation in Wels
Die Hamburger Delegation bestand aus Andreas Wadle (TTG Hamburg-Nord) Maik Gühmann (ehemals TTG Hamburg-Nord) sowie Jens Burfeind (FC St. Die Doppel- und Mixed-Konkurrenzen standen aufgrund anspruchsvoller Klassen-Einteilungen unter sportlich schwierigen Vorzeichen: Dennoch konnten Gisela und Jens gemeinsam das Achtelfinale der Klasse 2 erreichen, Gisela durfte sich zudem über den 2. Platz in der Doppel-Trostrunde ( Klasse 2) an der Seite von Heike Schroven (Niedersachen) freuen. In der Einzel-Konkurrenz überstanden alle vier Hamburger*innen zunächst ihre 6er-Gruppe und qualifizierten sich damit für die Zwischenrunde, die erneut als 5er- oder 6er-Gruppe ausgespielt wurde. An dieser Stelle mussten Gisela (Klasse 1) und Jens (Klasse 2) die Segel streichen. Als Gruppenzweite der Zwischenrunde trafen Maik und Andreas im darauffolgenden Achtelfinale der Klasse 2 leider aufeinander - ein internes Duell, das sich niemand gewünscht hatte. Aufgrund von Vorteilen im Aufschlagspiel konnte Maik sich mit 3:1 durchsetzen. Maiks Halbfinalgegner hieß Ivan Capan. Die Geschichte des 31-jährigen, sympathisch auftretenden Kroaten hinterließ bei allen Anwesenden bleibenden Eindruck: Diagnostiziert wurde seine Parkinson-Erkrankung im Alter von nur 29 Jahren. Als ehemaliger Leistungssportler (Schwimmen) widmet er sich seit Kurzem dem Tischtennissport, die Weltmeisterschaften in Wels waren sein erstes Turnier. Während Maik sich in der Gruppenphase noch knapp gegen Capan durchsetzen konnte, war dies im Halbfinale nicht mehr möglich: Der Kroate hatte sich über das Turnier hinweg deutlich gesteigert, überzeugte beim zweiten Aufeinandertreffen durch clevere Rückschläge und eine hohe Ballsicherheit. Somit musste Maik dem späteren Turniersieger nach drei Sätzen zu einem verdienten Sieg gratulieren. Zusammenfassend konnten alle vier Aktiven aus unserer Hansestadt mit ihren Leistungen und ihrem Abschneiden zufrieden sein.
Lignano Sabbiadoro, Italien 2024
Bei der sechsten PPP-Weltmeisterschaft in Lignano (Italien) trafen sich Ende Oktober 329 Teilnehmer aus 26 Nationen, darunter fünf Damen und sechs Herren aus Südbaden. Bei der Siegerehrung schaffte er es gleich drei Mal auf das Siegerpodest. Im Herren-Doppel ist er mit seinem Freund und TT-Partner Matthias Schwarz aus Köln neuer Weltmeister. Im Herren-Einzel traf er im Finale auf einen starken Teilnehmer aus Spanien. Bei diesem spannenden Match konnte sich Erdrich leider nicht durchsetzen, er sei aber mehr als glücklich über seinen Titel als Vizeweltmeister. Als eingespieltes Team freuen sich die beiden über eine WM-Bronze-Medaille. Die beiden waren bereits 2024 bei den German Open auf dem Siegerpodest.
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Weitere Entwicklungen und Perspektiven
Diese WM der Tischtennisspieler mit Parkinson wird hingegen nicht die einzige in diesem Jahr bleiben - auch die ITTF Foundation hat eine Parkinson-WM auf Kreta Anfang November im Rahmen des WTT4H-Festivals angekündigt. Auch hier basiert die Aufteilung in drei Leistungsklassen auf der Tischtennis-Erfahrung der Teilnehmer und der Schwere ihrer Krankheit. Die PingPongParkinson-WM in Wels hatte in diesem Jahr einen Trauerfall zu verschmerzen. Er war der älteste Teilnehmer des Wettbewerbs.
Ulli Köhler hatte 50 Jahre Pause im Tischtennis hinter sich, als er von neuem damit anfing. Inzwischen ist der Gocher an Parkinson erkrankt, der Sport tut ihm gut. Ulli Köhler ist voller Vorfreude, wenn er über seine Teilnahme an der 6. PingPongParkinson-Weltmeisterschaft spricht. Am Sonntag wird der 67-Jährige in den Bus der Deutschen Mannschaft steigen, der ihn und das Team Germany nach Lignano Sabbiadoro bei Venedig in Norditalien fahren wird. 329 Teilnehmer aus 29 Nationen treten bei der sechstägigen WM an die Tischtennisplatten. Sie alle sind an Parkinson in unterschiedlichen Schweregraden erkrankt. An der PPP-Weltmeisterschaft nehmen ausschließlich Menschen teil, die an Parkinson erkrankt sind.
Die gesundheitlichen Vorteile von Tischtennis bei Parkinson
Als Stützpunkt- und Regionalleiterin ist es für Andrea Schmidt das Ziel, dass möglichst viele Menschen, die an Parkinson erkrankt sind, mit Tischtennis aktiv etwas für ihre Gesundheit tun. Tischtennisspielen stärkt das Herz-Kreislaufsystem, verbessert die Koordination und Balance, die Muskulatur wird trainiert und die kognitiven Fähigkeiten gefördert, was bei der Linderung von Krankheiten wie Parkinson helfen kann. Der Sport ist zudem gelenkschonend, kann soziale Kompetenzen fördern und das allgemeine Wohlbefinden steigern, da er eine attraktive Möglichkeit für Menschen aller Altersgruppen darstellt.
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