Polyneuropathie mit 40 Jahren: Ursachen, Symptome und Behandlungsmöglichkeiten

Polyneuropathie ist eine Erkrankung des peripheren Nervensystems, die durch Schädigung mehrerer Nerven gekennzeichnet ist. Sie kann verschiedene Ursachen haben und sich durch vielfältige Symptome äußern, die das Fühlen, Bewegen und die Funktion der Organe beeinträchtigen können. Die Diagnose und Behandlung der Polyneuropathie erfordert eine umfassende Abklärung und einen individuellen Therapieansatz.

Was ist Polyneuropathie?

Der Begriff Polyneuropathie (PNP) umfasst eine Gruppe von Erkrankungen, bei denen es zu Schädigungen des peripheren Nervensystems kommt. Das periphere Nervensystem umfasst alle Nerven, die außerhalb des Gehirns und des Rückenmarks liegen. Periphere Nerven steuern Muskelbewegungen und Empfindungen wie Kribbeln oder Schmerz. Auch das vegetative Nervensystem ist Teil des peripheren Nervensystems. Seine Nervenstränge koordinieren automatisch ablaufende Körperfunktionen wie Atmen, Verdauen oder Schwitzen. Infolge dieser Schädigungen ist die Funktion der betroffenen Nerven gestört. Weil mehrere Nerven beziehungsweise ganze Nervenstrukturen betroffen sind, spricht man von Polyneuropathie (griechisch poly = viel, mehrere).

Je nach Ausprägung der Nervenschäden und der Körperstelle unterscheiden Fachleute vier Formen:

  • Symmetrische Polyneuropathie: Die Schäden an den Nervenbahnen betreffen beide Körperhälften.
  • Asymmetrische Polyneuropathie: Die Erkrankung beeinträchtigt eine Seite des Körpers.
  • Distale Polyneuropathie: Die Nervenschädigung zeigt sich in Körperteilen, die von der Körpermitte entfernt sind. Dazu gehören unter anderem die Hände, die Beine und die Füße.
  • Proximale Polyneuropathie: Bei dieser seltenen Form der Polyneuropathie konzentrieren sich die Nervenschäden auf rumpfnahe Körperbereiche.

Neben der Einteilung nach Ausfallerscheinungen gibt es noch weitere Möglichkeiten Polyneuropathien einzuteilen, z. B. nach Nervenfasertyp oder Innervationsgebiet. Ist eine Neuropathie nicht klassifizierbar, so handelt es sich um eine idiopathische Polyneuropathie.

Ursachen der Polyneuropathie

Polyneuropathie kann auf zahlreiche unterschiedliche Ursachen zurückzuführen sein. Diabetes mellitus und übermäßiger Alkoholkonsum sind die beiden häufigsten Ursachen für Nervenschädigungen und zusammen für ca. die Hälfte aller Fälle verantwortlich.

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Weitere mögliche Ursachen sind:

  • Stoffwechselstörungen: Diabetes mellitus, Schilddrüsenüberfunktion oder -unterfunktion, Nierenversagen
  • Infektionen: Borreliose, HIV/AIDS
  • Entzündliche Autoimmunerkrankungen: Guillain-Barré-Syndrom
  • Giftstoffe: Alkohol, Schwermetalle, Medikamente (z.B. Chemotherapeutika)
  • Mangeldurchblutung
  • Tumorerkrankungen
  • Vitaminmangel: B1, B2, B6, B12, E
  • Genetische Ursachen

Leider ist es immer noch so, dass bei ca. 30% der Polyneuropathie-Patienten keine Ursache gefunden werden kann.

Symptome der Polyneuropathie

Die Symptome einer Polyneuropathie können vielfältig sein und hängen von den betroffenen Nervenfasern ab.

Häufige Symptome sind:

  • Sensible Reiz- und Ausfallerscheinungen:
    • Kribbeln
    • Ameisenlaufen
    • Wärme- und Kälteempfindungen
    • Stechen
    • Elektrisieren
    • glühend-brennende Schmerzen spontan und/oder bereits bei leichtester Berührung z. B. durch das Tragen von Kleidung
    • Taubheitsgefühle
  • Motorische Symptome:
    • Muskelschwäche
    • Muskelschwund
    • Lähmungen
    • Krämpfe
  • Vegetative Symptome:
    • Kreislaufstörungen, z.B. Schwindel
    • Herzrhythmusstörungen
    • Verdauungsbeschwerden
    • Blasenfunktionsstörungen
    • Potenzstörungen
    • Übermäßiges oder ausbleibendes Schwitzen
    • Schwindelgefühle bzw. Gleichgewichtsstörungen und Unsicherheiten beim Laufen (verstärkt bei Dämmerung oder Dunkelheit oder auf unebenem Grund)
  • Knochenstörungen
  • Schmerzlose Wunden: Aufgrund der gestörten Empfindung können unbemerkte Verletzungen auftreten. Verbrennungen, Schnitte oder blaue Flecke sind möglich. Die entstehenden Wunden werden oftmals als schmerzlos empfunden. Hierdurch kann es beispielsweise zu infizierten Wunden (vor allem den Füßen und Beinen) kommen, die zunächst nicht bemerkt werden.

Häufig betroffen sind vor allem die sogenannten peripheren Körperteile und Gliedmaßen, wie Zehen und Füße, sowie Finger und Hände.

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Diagnostik der Polyneuropathie

Die Diagnostik der Polyneuropathie umfasst in der Regel folgende Schritte:

  1. Anamnese: Erhebung der Krankengeschichte und aktueller Beschwerden
  2. Körperliche Untersuchung: Neurologische Untersuchung zur Prüfung von Muskelkraft, Reflexen, Sensibilität und Koordination
  3. Elektrophysiologische Untersuchungen:
    • Elektroneurographie (ENG) zur Messung der Nervenleitgeschwindigkeit
    • Elektromyographie (EMG) zur Messung der Muskelaktivität
  4. Laboruntersuchungen:
    • Blutuntersuchungen zur Bestimmung von Blutzucker, Vitaminen, Entzündungswerten und anderen relevanten Parametern
    • Liquoruntersuchung (Nervenwasser) bei Verdacht auf entzündliche Ursachen
  5. Weitere Untersuchungsmethoden:
    • Nervenbiopsie zur Untersuchung von Nervengewebe
    • Genetische Untersuchung bei Verdacht auf hereditäre Polyneuropathie
    • Quantitative Sensorische Testung zur Messung des Temperaturempfindens

Therapie der Polyneuropathie

Die Therapie der Polyneuropathie richtet sich nach der Ursache.

  • Behandlung der Grunderkrankung: Bei Diabetes mellitus ist eine optimale Blutzuckereinstellung entscheidend. Bei Alkoholmissbrauch ist eine vollständige Abstinenz erforderlich. Medikamente, die eine Polyneuropathie verursachen können, sollten wenn möglich abgesetzt oder ausgetauscht werden.
  • Symptomatische Therapie:
    • Schmerzbehandlung mit Schmerzmitteln, Antidepressiva oder Antikonvulsiva
    • Physiotherapie zur Verbesserung der Muskelkraft, Koordination und des Gleichgewichts
    • Ergotherapie zur Anpassung des Alltags an die Einschränkungen durch die Polyneuropathie
    • Elektrotherapie zur Schmerzlinderung
    • Neural-Akupunktur

Chronische inflammatorische demyelinisierende Polyneuropathie (CIDP)

Die chronische inflammatorische demyelinisierende Polyneuropathie (CIDP) ist eine seltene Autoimmunerkrankung, bei der das körpereigene Immunsystem die Myelinscheiden der peripheren Nerven angreift. Dadurch wird die Signalübertragung in den Nervenzellen gestört.

Symptome:

  • Sensorische und motorische Störungen in Armen und Beinen
  • Kribbeln und Taubheitsgefühl
  • Ausfall von Reflexen
  • Schwäche oder Lähmungen
  • Koordinationsstörungen
  • Einschränkung der Feinmotorik
  • Gefühls- oder Wahrnehmungsstörungen
  • Gestörtes Temperaturempfinden
  • Sehen von Doppelbildern, Schluck- oder Hörstörungen
  • Schmerzen
  • Fatigue

Behandlung:

CIDP ist eine chronische Krankheit mit einem fortschreitenden Verlauf und bedarf in der Regel einer lebenslangen Therapie. Die Behandlung umfasst in der Regel Immunsuppressiva oder Immunglobuline.

Polyneuropathie im Alter

Die Inzidenz von Polyneuropathie nimmt mit dem Alter zu. Neben den üblichen Ursachen spielen im Alter auch altersbedingte Veränderungen des Nervensystems, Medikamenteneinnahme und Mangelernährung eine Rolle. Die Diagnose und Therapie der Polyneuropathie im Alter erfordert eine besondere Berücksichtigung der Begleiterkrankungen und der individuellen Bedürfnisse des Patienten.

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