Gürtelrose (Herpes zoster) ist eine Viruserkrankung, die durch die Reaktivierung des Varicella-Zoster-Virus (VZV) verursacht wird, demselben Virus, das auch Windpocken auslöst. Jeder Dritte erkrankt im Laufe seines Lebens einmal an Gürtelrose, ab dem 85. Lebensjahr trifft es sogar jeden Zweiten. Nach einer durchgemachten Windpocken-Erkrankung verbleibt das Varizella-Zoster-Virus lebenslang im Körper, in der Regel in den Nervenwurzeln, die dem Rückenmark entspringen, oder in den Hirnnerven. Wird das Virus reaktiviert, kommt es zu einer Gürtelrose.
Die Erkrankung ist insbesondere für Ältere alles andere als harmlos: Herpes zoster verursacht in der Regel einen unangenehmen Hautausschlag, bei den ab 50-Jährigen kommt es jährlich zu mehr als 300 000 Fällen. Gefürchtet ist die Post-Zoster-Neuralgie (PZN), die mit stark eingeschränkter Lebensqualität, Depressionen und sogar Suizidgedanken einhergehen kann.
Was ist Gürtelrose und wie entsteht sie?
Gürtelrose wird wie Windpocken (Varizellen) durch Varizella-Zoster-Viren verursacht. Prinzipiell kann jeder, der einmal an Windpocken erkrankt war, an Gürtelrose erkranken. Die meisten Erwachsenen ab einem Alter von 50 Jahren haben in ihrem Leben die Windpocken durchgemacht. Dabei nisten sich Viren im Körper in den Nervenzellen ein. Wenn das Immunsystem - beispielsweise im Alter - schwächer wird, können die Viren wieder aktiv werden (sog. Virus-Reaktivierung) und einen schmerzhaften Ausschlag, die Gürtelrose, hervorrufen. Der Name Gürtelrose leitet sich von dem charakteristischen Ausschlag mit flüssigkeitsgefüllten Bläschen ab, der sich meist bandförmig in dem zum Nerv zugehörigen Hautareal (Dermatom) ausbreitet und der hauptsächlich im Rumpf- und Kopfbereich auftritt.
Symptome und Verlauf der Gürtelrose
Herpes zoster äußert sich in der Regel zunächst durch einen brennenden Schmerz. Die Infektion breitet sich entlang eines Nervenstrangs aus und bildet die typischen Bläschen in dem zugehörigen Hautareal, dem sogenannten Dermatom. Betroffen vom Ausschlag ist immer nur eine Seite des Körpers, am häufigsten befallen sind Rumpf- und Brustbereich. Erkrankte Hautpartien jucken, kribbeln und brennen.
Bei der Gürtelrose werden die in den Nervenzellen ruhenden Erreger der Windpocken (Varizella-Zoster-Virus) wieder aktiviert. Nach Unwohlsein, Kopf- und Gliederschmerzen 1 bis 2 Tage vor dem eigentlichen Krankheitsbeginn beginnt die Erkrankung mit einem Jucken und Fieber, selten über 39 °C. In der Regel tritt bei einer Gürtelrose zunächst ein brennender Schmerz auf. Es bilden sich flüssigkeitsgefüllte Bläschen, die sich zu einem gürtelförmigen (bandartigen) Ausschlag ausbreiten - meist am Rumpf oder Kopf und normalerweise nur auf einer Körperhälfte. Eine Verkrustung der Bläschen erfolgt innerhalb von 5 bis 7 Tagen nach Entstehung des Exanthems, womit auch die Ansteckungsfähigkeit endet. Seltener manifestieren sich die Symptome an anderen Körperstellen, wie z.B. im Gesicht.
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Post-Zoster-Neuralgie: Wenn der Schmerz bleibt
Bei bis zu 30 % der Betroffenen entstehen Komplikationen, die häufigste darunter ist die Post-Zoster-Neuralgie (PZN), die mit länger anhaltenden bis dauerhaften Nervenschmerzen einhergeht. Bei 12 bis 20 Prozent der Erkrankten bleibt auch nach Abheilen des Ausschlags der Schmerz an der betroffenen Körperstelle noch für Monate oder Jahre zurück (postherpetische Neuralgie - PHN). Die Beschwerden sind teilweise so stark, dass die Betroffenen in ihrem Alltag und ihrer Lebensqualität enorm eingeschränkt sind.
„Neuropathische Schmerzen entstehen infolge einer Läsion der betroffenen Nerven und Nervenbahnen, die irreversibel sein kann“, erklärt PD Dr. med. Michael Überall, Präsident der deutschen Schmerzliga: Als Post-Zoster-Neuralgie werden definitionsgemäß dermatomale Schmerzen infolge von Herpes zoster bezeichnet, die auch drei Monate nach Abheilen der Zosterläsionen an der Haut weiter auftreten. „Oft geht eine PZN auch einher mit Taubheit an den betroffenen Stellen bis hin zum Verlust jeglicher taktilen Empfindung.“ Mindestens ein Drittel der HZ-Patienten beschreiben sie als scharf, stechend, schießend, pochend, juckend und/oder heiß.
Besonders gravierend sind die schmerzbedingten Einschränkungen im Alltag, die 85 % der Patienten spüren. Für die allermeisten nimmt die körperliche Lebensqualität im Zuge der PZN stark ab, fast 60 % berichten über eine starke Beeinträchtigung der seelischen Befindlichkeit. Dies zeigt sich auch in den hohen Raten für Depressivitäts- (31 %), Angst- (61 %) und Stress-Störungen (38 %). Die Ärzte- und Behandlungsodyssee, die viele Betroffene durchmachen, dürfte das ihre dazu beitragen. Sie werden im Schnitt durch fast 8 Ärzte behandelt und müssen ebenso viele verschiedene analgetische Therapien über sich ergehen lassen.
Ansteckung mit Gürtelrose
Gürtelrose entsteht durch Viren, die nach einer früheren Windpockenerkrankung bereits im Körper vorhanden sind. Die Erreger der Windpocken können nach Jahren wieder aktiv werden und eine Gürtelrose hervorrufen.
Gürtelrose ist weniger ansteckend als Windpocken. Nur die Flüssigkeit in den Bläschen des Ausschlags ist infektiös. Anstecken können sich Personen, die weder eine Windpocken-Erkrankung durchgemacht haben noch gegen Windpocken geimpft sind. Eine Infektion ruft dann zunächst Windpocken hervor. Bei Windpocken sind die Erkrankten bereits 1 bis 2 Tage vor Beginn des Ausschlags ansteckend. Die Ansteckungsfähigkeit sowohl bei Windpocken als auch bei Gürtelrose endet mit der vollständigen Verkrustung der Bläschen etwa 5 bis 7 Tage nach Beginn des Ausschlags. Um diese Art der Ansteckung zu vermeiden, bietet es sich an, den Ausschlag der Gürtelrose sorgfältig abzudecken, bis die Bläschen verkrustet sind. Ansonsten besteht kein Grund für besondere Verhaltensregeln im Umgang mit Mitmenschen - außer es handelt sich um schwangere Frauen.
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Die Bedeutung der Impfung gegen Gürtelrose
Die Impfung gegen HZ wird von der STIKO als Standardimpfung für alle Personen ab 60 Jahren sowie als Indikationsimpfung für Personen ab 50 Jahren mit erhöhter Gefährdung infolge einer Grunderkrankung empfohlen. Eine Möglichkeit, das Risiko für eine Gürtelrose-Erkrankung zu senken, ist die Impfung. Sie wird von der STIKO ab dem 60. Lebensjahr empfohlen und die Krankenkassen übernehmen die Kosten für die Impfung ab 60. Sollten Vorerkrankungen oder eine Immunschwäche bekannt sein, kann sich die Impfung auch früher anbieten.
In Deutschland sind zum Schutz vor Herpes zoster sowie seinen Komplikationen und Spätfolgen Impfstoffe erhältlich (Tot- auch Lebendimpfstoff), doch wird nur die Impfung mit dem Totimpfstoff von der Ständigen Impfkommission (STIKO) beim Robert-Koch-Institut (RKI) empfohlen.
Aktuell (Stand Oktober 2018) stehen zwei weit verbreitet zugelassene (EMA, CDC u. a.) Impfstoffe zur Prävention von HZ und durch HZ verursachte PZN bei Personen ab 50 Jahren zur Verfügung: der Lebendimpfstoff Zostavax® und der Totimpfsoff Shingrix®.
Da es möglich ist, mehrmals im Leben an Herpes zoster zu erkranken, können sich auch Personen impfen lassen, die bereits zuvor an Gürtelrose erkrankt waren. Auch eine früher erfolgte Impfung mit dem Lebendimpfstoff spricht nicht gegen eine erneute Impfung mit dem Totimpfstoff. Es kann davon ausgegangen werden, dass fast jeder in Deutschland aufgewachsene Erwachsene im Alter von mehr als 50 Jahren in seinem Leben an Windpocken erkrankt war. Daher ist es in der Regel nicht notwendig, vor der Impfung auf eine vorangegangene Windpocken-Erkrankung zu testen.
STIKO-Empfehlung zur Gürtelrose-Impfung
Die Ständige Impfkommission (STIKO) empfiehlt die Impfung gegen Gürtelrose mit einem Totimpfstoff:
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- allen Personen ab 60 Jahren.
- allen Personen ab 50 Jahren, deren Immunsystem durch Krankheit oder Behandlung geschwächt ist.
- allen Personen ab 50 Jahren mit Grunderkrankungen wie Diabetes, rheumatoider Arthritis, chronisch entzündliche Darmerkrankungen, COPD (chronisch obstruktive Lungenerkrankung) und Asthma.
Die zweifache Impfung mit dem Totimpfstoff kann Personen ab 50 Jahre wirksam vor Gürtelrose und postherpetischer Neuralgie schützen: Die Wirksamkeit zum Schutz vor Herpes zoster beträgt ab dem Alter von 50 Jahren 92 Prozent und zum Schutz vor Nervenschmerzen (postherpetischer Neuralgie) 82 Prozent. Der Schutz vor Herpes zoster nimmt mit zunehmendem Alter leicht ab, beträgt bei über 70-Jährigen jedoch noch ca. 90 Prozent.
Verfügbare Impfstoffe
Totimpfstoff (Shingrix®)
Der adjuvantierte Totimpfstoff Shingrix® (GSK) zeigte in klinischen Studien eine Wirksamkeit gegen Gürtelrose von mehr als 90 % bei Erwachsenen ab 50 Jahren; die blieb anhaltend über einen Nachbeobachtungszeitraum von 7 Jahren.
Shingrix® - internationaler Freiname: „herpes zoster vaccine (recombinant, adjuvanted)“ - ist im Gegensatz zu Zostavax® ein Totimpfstoff und besteht aus zwei Wirkkomponenten: einem viralen Antigenbestandteil (Virus-Subunit Glycoprotein E, gE) und einem Adjuvans (AS01B). Sinn des Einsatzes von Subunits ist einerseits die - versus dem Ganzvirus - nicht mehr vorhandene Infektiosität des Impfstoffs, andererseits eine definiertere Herstellbarkeit und Konfektionierbarkeit. Bekanntermaßen nimmt jedoch im umgekehrten Maße die Immunogenität von Impfstoffen auf dem Weg vom Ganzvirus über Spaltvakzine bis hin zu Subunits zunehmend ab. Um trotzdem noch zu entsprechenden Immunantworten zu kommen, kommen Adjuvantien zum Einsatz, die die Immunogenität der Subunits deutlich erhöhen.
Ein weiterer Grund für Adjuvantien ist die ab ca. 50 Jahre zu beobachtende Immunseneszenz, die bei Älteren gegenüber Jüngeren zu schwächeren Impfantworten führt. Das Adjuvans ASO1B von Shingrix® ist eine Kombination aus verschiedenen Immunvestärkern, mit deren Hilfe sowohl die Immunogenität der Antigene und damit die Effektstärke als auch die Schutzdauer erhöht wird.
Die Impfung besteht aus zwei Dosen, die im Abstand von mindestens zwei bis maximal sechs Monaten verabreicht werden. Nur so kann ein ausreichender Schutz aufgebaut werden. Verstreichen mehr als sechs Monate nach der ersten Impfdosis, weil beispielsweise der zweite Impftermin versäumt wurde, sollte die zweite Dosis so schnell wie möglich nachgeholt werden.
Die Substanzkosten in Deutschland für eine komplette Impfung mit Shingrix® = 2 x 1 Durchstechfl. Pulver + Suspension 0,5 ml betragen nach Roter Liste 226,80 Euro.
Lebendimpfstoff (Zostavax®)
Mit Zostavax gibt es auch einen Lebendimpfstoff gegen Gürtelrose. Allerdings ist die Wirkungsdauer begrenzt und er ist nicht für Menschen geeignet, die ein geschwächtes Immunsystem und somit ein erhöhtes Risiko für eine Gürtelroseerkrankung haben. Daher wird er von der Ständigen Impfkommission (STIKO) nicht als Standardimpfung empfohlen.
Gegenanzeigen bei Zostavax® sind: Unverträglichkeit gegen Impfstoffbestandteile wie z. B. Neomycin; angeborene und erworbene Immundefizienz als Folge einer akuten oder chronischen Leukämie, eines Lymphoms, anderer Erkrankungen des Knochenmarks oder des lymphatischen Systems; Immundefizienz als Folge von HIV/AIDS; zelluläre Immundefizienz; immunsuppressive Therapie (einschließlich hoher Dosen von Kortikosteroiden), aktive unbehandelte Tuberkulose, Schwangerschaft.
Bei Zostavax® erfolgt eine einmalige Impfung. Die Substanzkosten in Deutschland für eine komplette Impfung mit Zostavax® = 1 x 1 Fl. Pulver + 1 Fertigspritze Lösung 0,65 ml betragen nach Roter Liste 178,31 Euro.
Wer sollte sich impfen lassen?
Die STIKO empfiehlt die Impfung zum Schutz vor Herpes zoster sowie seinen Komplikationen und Spätfolgen für alle Personen ab einem Alter von 60 Jahren mit einem adjuvantierten Totimpfstoff. Immungeschwächten Personen und anderen Patienten mit einer erhöhten gesundheitlichen Gefährdung wird die Impfung bereits ab einem Alter von 50 Jahren empfohlen. Hierzu gehören zum Beispiel Personen mit angeborener oder erworbener Immunschwäche oder Immunsuppression HIV-Infektion rheumatoider Arthritis systemischem Lupus erythematodes chronisch entzündlichen Darmerkrankungen chronisch obstruktiver Lungenerkrankung oder Asthma bronchiale chronischer Niereninsuffizienz Diabetes mellitus.
Der Totimpfstoff gegen Gürtelrose ist für Personen ab 50 Jahren (bei erhöhtem Risiko für einen Herpes Zoster ab 18 Jahre) zugelassen und wird zweimal im Abstand von mindestens 2 und maximal 6 Monaten geimpft. Ist die Impfung aufgrund einer der genannten Grunderkrankungen empfohlen, sollte die Impfung und der beste Impfzeitpunkt (vor allem bei einer Therapie, die das Immunsystem unterdrückt) mit der behandelnden Ärztin bzw. dem behandelnden Arzt besprochen werden. Die Herpes-Zoster-Impfung mit dem Totimpfstoff können auch Personen bekommen, die bereits in der Vergangenheit an Herpes Zoster erkrankt waren. Bei einer akuten Herpes-zoster-Erkrankung sollte die Impfung verschoben werden, bis diese vorüber ist und die Symptome abgeklungen sind.
Kostenübernahme
Für die oben genannten Personengruppen übernehmen die gesetzlichen Krankenversicherungen die Kosten der Impfung mit dem Totimpfstoff. In der Regel zahlen die meisten privaten Krankenversicherungen ebenfalls die Impfung.
Mögliche Nebenwirkungen der Impfung
Für die Impfung an sich sind keine schweren Nebenwirkungen bekannt. Folgende leichte Impfreaktionen können auftreten, halten jedoch in der Regel nur ein bis zwei Tage an:
- Schmerzen, Rötungen oder Schwellungen an der Einstichstelle
- Fieber
- Müdigkeit
- Muskelschmerz
- Kopfschmerzen
Die Impfung ist freiwillig und wird vorher gemeinsam mit dem Arzt besprochen, denn es kann zu Nebenwirkungen wie Schmerzen an der Einstichstelle und starken Muskelschmerzen für einige Tage kommen, die die Betroffenen einschränken.
In den Zulassungsstudien zum adjuvantierten HZ/su-Totimpfstoff gab es keine Signale für schwere Nebenwirkungen oder für potenziell immunvermittelte Erkrankungen. Der Impfstoff ist vergleichsweise reaktogen. Bei etwa jedem 10. Geimpften treten Lokalreaktionen mit Schwellungen, Reizungen und Schmerzen an der Injektionsstelle sowie systemische Reaktionen wie Fieber, Müdigkeit, Myalgie und Kopfweh auf.
Nicht geimpft werden darf bei Unverträglichkeit gegenüber einem Inhaltsstoff des Impfstoffes oder bei einer akuten, schweren, mit Fieber einhergehenden Erkrankung.