14 Faktoren zur Demenzprävention: Ein umfassender Leitfaden

Demenz ist eine der gefürchtetsten Krankheiten des Alters. In Deutschland leben schätzungsweise 1,8 Millionen Menschen mit Demenz. Da es derzeit nur begrenzte Möglichkeiten gibt, die Krankheit zu stoppen oder den geistigen Abbau zu verlangsamen, ist es von entscheidender Bedeutung, die beeinflussbaren Faktoren zu verstehen und zu nutzen, um das Risiko zu senken oder den Verlauf abzumildern.

Die Bedeutung der Prävention

Bislang gibt es - mit Ausnahme seltener Fälle - keine Heilung für Demenzerkrankungen. Umso wichtiger ist die Vorbeugung. Im Auftrag der renommierten Wissenschaftszeitschrift „The Lancet“ hat sich eine interdisziplinäre und internationale Expertengruppe mit der Frage befasst, welche modifizierbaren Risikofaktoren für die Entwicklung einer Demenz eine Rolle spielen. Ihr Ergebnis, das sie 2024 aktualisiert haben, war: Es gibt 14 beeinflussbare Risikofaktoren. Würden alle diese Risikofaktoren ausgeräumt, könnten bis zu 45 Prozent aller Demenzerkrankungen verhindert oder zumindest deutlich hinausgezögert werden.

Die 14 beeinflussbaren Risikofaktoren

An der Entstehung von Demenzen sind mehrere Faktoren beteiligt. Der wichtigste Risikofaktor ist ein hohes Lebensalter. Aber auch genetische Faktoren und die körperliche Gesundheit, Lebensgewohnheiten und Umwelteinflüsse spielen eine Rolle. Nur in einer kleinen Zahl der Fälle sind genetische Faktoren die vorherrschende Ursache. Es gibt keine Maßnahmen, durch die man ausschließen kann, jemals an irgendeiner Form der Demenz zu erkranken. Ein hohes Lebensalter wünschen wir uns alle und mit unseren Genen müssen wir leben.

Die Demenzforschung hat 14 Risikofaktoren identifiziert, die die Entstehung der Krankheit begünstigen. Diese belasten die Gefäße oder den Stoffwechsel, fördern Entzündungen oder Ablagerungen im Hirn und schwächen die Widerstandskraft des Gehirns gegenüber Schäden.

1. Geringe Bildung

Gerade in jungen Jahren schützt geistige Anregung das Gehirn, indem sogenannte "kognitive Reserven" aufgebaut werden, die die Widerstandskraft des Hirns stärken. Auch im Erwachsenenalter ist es hilfreich, wenn man Neues lernt und seinen Geist herausfordert. Besonders wirksam ist geistige Anregung im Alltag und Beruf: viel Lesen und Spielen, Musik hören oder machen, ein neues Hobby ausprobieren oder eine Fremdsprache lernen. Das schützt das Gehirn besser als punktuelle Trainingsmethoden wie das oft empfohlene "Gehirnjogging" oder Kreuzworträtsel lösen.

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2. Schwerhörigkeit

Wer schlecht hört, gibt seinem Gehirn weniger Reize zur Verarbeitung, zudem muss es mehr Energie aufbringen, um Gesprochenes zu verstehen. Zudem steigt bei eingeschränkter Hörfähigkeit die Gefahr von sozialem Rückzug und Einsamkeit. Wer sich frühzeitig für ein Hörgerät entscheidet, unterstützt also nicht nur sein Gehör, sondern schützt auch sein Gehirn. Lassen Sie sicherheitshalber einen Hörtest machen und falls eine Minderung vorliegt, gleichen Sie sie aus. Mit dem passenden Hörgerät sinkt das Demenzrisiko wieder deutlich.

3. Hoher Cholesterinspiegel

Ein erhöhter LDL-Cholesterinspiegel könnte laut den aktuellen Forschungsergebnissen zur Entstehung von Demenz beitragen. Gemeint ist das Lipoprotein geringer Dichte, englisch Low- Density- Lipoprotein, eine Unterform des Gesamt-Cholesterin-Werts. Es sorgt dafür, dass das Cholesterin aus der Leber in die Organe und ins Gewebe gelangt. Ist das LDL-Cholesterin zu hoch, besteht ein erhöhtes Herz-Kreislauf-Risiko. Daher heißt es unter Laien auch „schlechtes“ Cholesterin, wohingegen HDL-Cholesterin als „gutes“ Cholesterin gilt. Demenzforscher kommen auf sieben Prozent weniger Demenzfälle, wenn ein erhöhter LDL-Cholesterin-Wert gesenkt wird.

4. Depressionen

Wenn man sich aus dem Sozialleben zurückzieht, dauernd niedergeschlagen ist und sich nicht mehr genügend um sich selbst kümmert, kann eine Depression die Ursache sein. Auch Depressionen erhöhen vor allem im mittleren und höheren Alter das Demenzrisiko. Wer daran leidet, sollte etwas unternehmen - mit Medikamenten, Psychotherapie oder der Kombination aus beidem.

5. Kopfverletzungen

Tatsächlich kann bereits eine kleine Gehirnerschütterung viele Jahre später das Risiko für eine Demenz verdoppeln. Noch stärker steigt das Risiko, wenn es sich um eine richtige Kopfverletzung handelt oder wenn dabei Bewusstlosigkeit eingetreten ist, Stichwort „Boxer-Demenz“. Denn bei Schlägen auf den Kopf sterben Nervenzellen ab, Tau-Proteine können sich ablagern und verbinden. Diese Kettenreaktion zieht sich oft über Jahre hin und erklärt, warum die Demenz oft erst nach Jahrzehnten offensichtlich wird. Schützen Sie also Ihren Kopf bei Sportarten wie Klettern, aber auch beim täglichen Radfahren, mit einem Helm.

6. Bewegungsmangel

Es ist erwiesen, dass Bewegungsmangel zu Demenz führen kann: Das Hirn ist schlechter durchblutet, Nervenzellen werden angegriffen, der geistige Abbau schreitet voran. Die Weltgesundheitsorganisation empfiehlt daher mindestens 150 Minuten moderate oder 75 Minuten intensive Bewegung pro Woche. Körperliche Inaktivität ist direkt mit Demenz verbunden.

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7. Diabetes Typ 2

Menschen, die Typ-2-Diabetes haben, sind im Alter besonders stark von Demenz bedroht. Je höher die Blutzuckerwerte im Durchschnitt sind, desto höher ist das Demenzrisiko im Alter. Auch das gilt vor allem wieder für Frauen. Mit vernünftiger Ernährung und viel Bewegung lässt sich Typ-2-Diabetes meist vermeiden - und damit fällt auch dieser wichtige Demenzrisikofaktor weg. Und wer bereits Diabetes hat: Kontrollieren Sie sorgfältig, optimieren Sie Ihre Blutzuckerwerte. Je besser der Blutzucker eingestellt, umso niedriger ist die Gefahr von Spätfolgen - auch Demenz.

8. Rauchen

Dass Rauchen schädlich ist, dürfte allgemein bekannt sein. Es löst nicht nur Herz-, Kreislauf- und Lungenkrankheiten aus, sondern hat auch negative Auswirkungen auf Gefäße und Gehirn und kann so für Demenzerkrankungen sorgen. Wer über 20 Jahre lang raucht, hat ein doppelt so hohes Demenzrisiko wie Nichtraucher, was verschiedene Studien belegen. Die gute Nachricht: Wer mit dem Rauchen aufhört, senkt die Risiken für sein Gehirn deutlich.

9. Bluthochdruck

Bereits Blutdruckwerte von 140/90 mmHg und erst recht höhere können das Alzheimerrisiko deutlich erhöhen. Denn der hohe Druck schadet den Gefäßen, dabei zuerst den kleinsten - wie sie auch im Gehirn wichtig sind. Beschädigte Blutgefäße können das Gehirn nicht mehr ausreichend durchbluten, die Versorgung kommt ins Stolpern, Zellen sterben ab. Am besten lassen Sie es erst gar nicht soweit kommen, dass Bluthochdruck entsteht. Das gelingt in den meisten Fällen mit Rauch- und Alkoholverzicht, Normalgewicht halten, täglich für ausreichend Bewegung sorgen.

10. Übergewicht

Vor allem ein BMI von 30 und mehr, in mittleren Jahren, ist mit einem erhöhten Demenzrisiko verbunden. Es steigt um mehr als 30 Prozent. Der Body-Mass-Index (BMI) eignet sich dazu, den Körperfettanteil abzuschätzen. Für die Berechnung wird das Körpergewicht in ein Verhältnis zur Körpergröße gesetzt. Der BMI berechnet sich aus dem Quotienten aus Körpergewicht und Körpergröße zum Quadrat (kg/m).

11. Übermäßiger Alkoholkonsum

Auch übermäßiger Alkoholkonsum ist ein Faktor, der Demenz begünstigt. Je nachdem wie hoch der Alkoholkonsum ist und wie lange er besteht, kann er das Demenzrisiko insgesamt vervierfachen. Denn Alkohol schädigt nicht nur die Nervenzellen, sondern löst auch ihre Verbindungen. Die Grenze, ab wann Alkohol dem Gehirn schadet, liegt bei etwa einem halben Liter Bier pro Tag bei Männern, Frauen sollten nicht mehr als einen Viertelliter trinken.

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12. Soziale Isolation

Denn die Gehirnfunktion ist auch von sozialen Kontakten abhängig. Die täglichen neuen Reize, das direkte Gespräch, die Gemeinsamkeit sind sozusagen Lebenselixier für unser Gehirn. Gerade mit fortschreitenden Jahren reduzieren sich Sozialkontakte jedoch oft, ausgelöst durch Krankheit, auch Tod, Renteneintritt. Pflegen Sie deshalb Freundschaften, suchen Sie neue Kontakte, gehen Sie unter Menschen, nehmen Sie an Kursen teil, treten Sie einem Verein bei.

13. Luftverschmutzung

Denn alles, was wir einatmen, kann in den Körper und sogar in das Gehirn gelangen und dort Entzündungen und Zellschäden auslösen. Vor allem Feinstaub und Mikroplastikpartikel sind ein Problem für das Gehirn, das vielen nicht bewusst ist. Wer in der Nähe einer vielbefahrenen Straße wohnt, hat ein deutlich erhöhtes Demenzrisiko. Dafür gibt es mindestens zwei Ursachen: Die Partikel schädigen die Lunge und damit verschlechtert sich die gesamte Sauerstoffversorgung, auch im Gehirn. Zusätzlich gelangt der Ultrafeinstaub übe die Nase direkt ins Gehirn. Bereits geringe Mengen davon reichen, um die kognitive Leistungsfähigkeit zu mindern.

14. Eingeschränkte Sehkraft

Und nicht nur gutes Hören, auch gutes Sehen ist wichtig. Nachlassendes Sehvermögen führt oft dazu, dass man sich sozial zurückzieht und eher zu Hause bleibt. Zudem gehen dem Hirn wichtige Reize verloren, es verliert an Leistung. Wer dieses Demenzrisiko senken will, sollte also rechtzeitig zum Augenarzt gehen, eine Brille tragen oder sich operieren lassen.

Weitere wichtige Aspekte

Die Rolle des Lebensstils

Die Demenzforschung gilt seit Jahren als gut belegt, dass bestimmte Verhaltens- und Gesundheitsfaktoren das Risiko für eine Erkrankung beeinflussen können. Dazu zählen etwa Diabetes Typ 2, Bluthochdruck, Hörverlust, Rauchen, Depressionen und Schlafstörungen. Die viel zitierte Lancet-Kommission führt inzwischen 14 solcher modifizierbaren Risikofaktoren auf.

Bewegung und Demenz

Bereits rund 3000 Schritte am Tag machten einen Unterschied. Wer zwischen 5000 und 7500 Schritten täglich erreichte, profitierte noch stärker. Ab etwa 7500 Schritten zeigte sich jedoch ein Plateau - zusätzliche Schritte führten nicht zu weiteren Vorteilen in Bezug auf die Erkrankung.

Ernährung und Demenz

Ein hoher Cholesterinspiegel, Diabetes Typ 2, starkes Übergewicht sowie Bluthochdruck erhöhen erwiesenermaßen das Demenzrisiko. Alle vier Faktoren kann man mit der Ernährung beeinflussen: wenig Zucker, wenig Fett, wenig Fleisch, viele Ballaststoffe. Hier hat sich die Mittelmeerküche bewährt, in der viel mit Olivenöl gekocht wird und die einen hohen Anteil an pflanzlichen Lebensmitteln wie Gemüse, Obst, Hülsenfrüchte und Nüsse hat. Rotes Fleisch und stark verarbeitete Produkte sind dort kaum zu finden, stattdessen gibt es viele frische Kräuter und ab und zu Fisch und Meeresfrüchte.

Kritik und Einschränkungen

Deutsche Forscher sehen diese Aussage kritisch. Stefan Teipel ist Leiter der Forschungsgruppe Klinische Demenzforschung am Deutschen Zentrum für neurodegenerative Erkrankungen kritisiert die versprochenen 45 Prozent. Die Zahl sei „unrealistisch hoch“:„Die beiden neuen Risikofaktoren sind sicherlich solide belegt, aber die Summe der verhinderbaren Demenzfälle über alle Risikofaktoren hinweg wird nicht bei 45 Prozent liegen. Die Studie addiert die einzelnen modifizierbaren Risiken auf knapp 45 Prozent. [Es ist allerdings] so, dass die Effekte von einzelnen Faktoren sich nicht einfach aufsummieren lassen, sonder…

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