Primäre Degenerative Demenz: Ursachen, Symptome und Therapie

Demenz ist ein Oberbegriff für eine Gruppe von Symptomen, die durch den Rückgang der geistigen Fähigkeiten verursacht werden und das tägliche Leben beeinträchtigen. Es handelt sich dabei nicht um eine spezifische Krankheit, sondern um ein Syndrom als Folge einer chronischen oder fortschreitenden Krankheit des Gehirns, das verschiedene Bereiche des Gehirns betrifft. Laut ICD-10 der WHO handelt es sich bei der Demenz um ein „Syndrom als Folge einer chronischen oder fortschreitenden Krankheit des Gehirns“. Dabei kommt es zur Störung vieler höherer kortikaler Funktionen, einschließlich Gedächtnis, Denken, Orientierung, Auffassung, Rechnen, Lernfähigkeit, Sprache und Urteilsvermögen. Das Bewusstsein wird hierbei nicht getrübt.

Mediziner unterscheiden zwischen primären und sekundären Demenzformen. Bei etwa 90 Prozent der Fälle liegt eine primäre Demenz vor, deren Ursache im Gehirn selbst liegt. Diese Form ist in der Regel irreversibel. Sekundäre Demenzen hingegen sind Folge anderer Krankheitsbilder, Vergiftungen oder Mangelzustände und machen etwa zehn Prozent aller Demenzfälle aus.

Formen der primären Demenz

Innerhalb der primären Demenzen lassen sich verschiedene Formen und Arten je nach Auslöser unterscheiden. Zu den häufigsten gehören:

  • Neurodegenerative Demenz: Ausgelöst durch das Absterben von Nervenzellen im Gehirn.
  • Vaskuläre Demenz: Verursacht durch Durchblutungsstörungen im Gehirn, die zu Schädigungen des Hirngewebes führen.
  • Mischformen: Kombinationen aus neurodegenerativen und vaskulären Ursachen.

In der Theorie lassen sich die Demenzformen klar trennen, in der Praxis ist das jedoch nur selten der Fall. Die meisten Demenz-Patienten haben nämlich Mischformen von Demenz. Oft zum Beispiel eine neurodegenerative Form von Demenz und gleichzeitig eine vaskuläre Demenz.

Alzheimer-Demenz

Die Alzheimer-Krankheit ist die häufigste Form der Demenz und betrifft mehr als 60 Prozent aller Demenzerkrankten. Sie ist eine chronische, primär degenerative Erkrankung des Gehirns, die durch fortschreitenden Untergang von Nervenzellen und typische Eiweißablagerungen (Amyloid-Plaques) im Gewebe gekennzeichnet ist. Die genauen Ursachen für die Ablagerungen sind bisher nicht bekannt.

Lesen Sie auch: Behandlungsmöglichkeiten für primär generalisierte Epilepsie

Symptome und Verlauf:

Die Alzheimer-Krankheit beginnt meist schleichend und die Symptome bilden sich oft über einen längeren Zeitraum aus. Betroffen sind höhere Gehirnfunktionen wie Gedächtnis, Denken, Orientierung, Aufmerksamkeit, Auffassung, Lernfähigkeit, Sprache und Urteilsvermögen. Die kognitiven Beeinträchtigungen werden von Veränderungen der emotionalen Kontrolle, des Sozialverhaltens und des Antriebs begleitet. Das Bewusstsein der Betroffenen ist nicht beeinträchtigt.

Der Verlauf der Alzheimer-Krankheit kann grob in drei Stadien gegliedert werden:

  • Leichtgradige oder beginnende Demenz: Beeinträchtigungen des Kurzzeitgedächtnisses stehen im Vordergrund. Betroffene haben Schwierigkeiten, sich Informationen zu merken und Neues zu erlernen, Schlussfolgerungen zu ziehen und sich Urteile zu bilden.
  • Mittelschwere Demenz: Der Gedächtnisverlust nimmt weiter zu, auch im Bereich des Langzeitgedächtnisses. Es treten Störungen der zeitlichen, örtlichen und situativen Orientierung auf.
  • Schwere Demenz: Die Erkrankten sind bei allen Verrichtungen des täglichen Lebens auf Unterstützung und Hilfe angewiesen. Das Sprachvermögen reduziert sich bis auf wenige Worte und kann völlig verloren gehen.

Diagnose:

Wenn es Befürchtungen vor einer Demenzerkrankung gibt oder mögliche Anzeichen oder Veränderungen beobachtet werden, dann ist eine ärztliche Abklärung zu empfehlen um die zugrunde liegenden Ursachen zu finden. Der erste Ansprechpartner in Sachen Diagnostik ist der Hausarzt. Dieser kann zum Beispiel erste Untersuchungen durchführen und gegebenenfalls eine Überweisung zu einem Facharzt ausstellen. In Berlin gibt es in allen Bezirken Gedächtnissprechstunden / ­Gedächtnisambulanzen. Dabei handelt es sich um auf Demenzerkrankungen spezialisierte Funktionseinheiten mit den entsprechenden Fachärzten (Neurologen, Psychiater, Geriater, Psychologen). Gedächtnissprechstunden und Gedächtnisambulanzen sind meist an Universitätskliniken angesiedelt.

Die Diagnostik ist umfassend und beinhaltet die als ersten Schritt die Erheben der Symptome und Verhaltensänderungen. Dazu wird der Betroffene befragt (Anamnese), auch das Gespräch mit Angehörigen beziehungsweise einer Bezugsperson gehören dazu und es werden unterschiedliche Tests eingesetzt (beispielsweise der Mini Mental Status Test).

Um die Ursache für die festgestellten Symptome festzustellen, werden unterschiedliche Untersuchungen durchgeführt. Hierbei sollen andere Erkrankungen, die ähnliche Anzeichen zeigen können, ausgeschlossen werden. Um beispielsweise Stoffwechselerkrankungen (Schilddrüsendysfunktion), Vitaminmangel (B1, B6, B12) oder Infektionen auszuschließen werden Blutuntersuchungen durchgeführt. Ebenso kommen bildgebende Verfahren zum Einsatz, wie Computertomographie (cCT) oder Magnetresonanztomographie (cMRT). Bei der Alzheimer-Krankheit zeigt sich im Verlauf eine Minderung des Hirnvolumens. Mittels einer Liquorpunktion kann Nervenwasser entnommen werden um darin die für die Alzheimer-Krankheit typischen Eiweiße nachzuweisen.

Lesen Sie auch: Bedeutung afferenter Neurone im Nervensystem

Behandlung:

Die Alzheimer-Krankheit ist bisher nicht heilbar. Allerdings ist eine Behandlung möglich mit dem Ziel, den Verlauf zu verzögern und Symptome zu lindern. Dazu stehen einerseits Medikamente zur Verfügung, andererseits eine Reihe von nicht-medikamentösen Therapien.

Medikamente können bei einem Teil der Erkrankten das Fortschreiten der Krankheit eine Weile verzögern, die kognitive Leistungsfähigkeit bis zu einem Jahr und die Alltagsfähigkeiten für mehrere Monate aufrechterhalten. Bei den zugelassenen Medikamenten (Cholinesterase-Hemmer) handelt es sich um die Wirkstoffe Donepezil, Galantamin und Rivastigmin. Sie sind zugelassen für die Behandlung der leichtgradigen bis mittelschweren Alzheimer-Krankheit. Der Wirkstoff Memantine ist für die Behandlung der mittelschweren bis schweren Alzheimer-Krankheit zugelassen. Die Kosten werden von den Krankenkassen übernommen.

Bedeutsam ist eine Reihe von nicht-medikamentösen Therapieformen, die zum Ziel haben, die Gedächtnisleistungen und die Alltagsfähigkeiten zu verbessern. Gerade nicht-medikamentöse Therapien haben das Potenzial, die Stimmung und das Wohlbefinden zu verbessern und dadurch sekundäre Symptome (wie Antriebsarmut, Ängste, Aggressionen, Unruhe) lindern zu können.Dabei handelt es sich um Ergotherapie, Logopädie und Physiotherapie. Diese können ärztlich verordnet werden und die Kosten werden von den Krankenkassen übernommen. Förderlich für die Lebensqualität sind auch Musiktherapie, Hirnleistungstraining und Erinnerungstherapie.

Frontotemporale Demenz (Morbus Pick)

Die Frontotemporale Demenz (FTD), auch Morbus Pick genannt, ist eine neurodegenerative Krankheit, die vor allem den Stirn- und Schläfenbereich des Gehirns betrifft. Im Gegensatz zur Alzheimer-Krankheit, die hauptsächlich das Gedächtnis beeinträchtigt, verändert die FTD vor allem die Persönlichkeit und das soziale Verhalten der betroffenen Person. Sie tritt oft bei jüngeren Menschen zwischen 45 und 60 Jahren auf, in Einzelfällen sogar schon ab dem 20.

Symptome:

  • Veränderungen der Persönlichkeit und des Sozialverhaltens
  • Enthemmtes Verhalten
  • Apathie oder Passivität
  • Verlust von Mitgefühl oder Einfühlungsvermögen
  • Stereotypes oder ritualisiertes/zwanghaftes Verhalten
  • Veränderung der Ernährung (Essattacken, in den Mund nehmen von nicht essbaren Dingen)
  • Sprachstörungen (primär progrediente Aphasie)

Lewy-Körper-Demenz

Die Lewy-Körper-Demenz (LKD) ist ebenfalls eine neurodegenerative Erkrankung, die durch Lewy-Körperchen in der Hirnrinde verursacht wird.

Lesen Sie auch: PPMS: Ein umfassender Überblick

Symptome:

  • Optische Sinnestäuschungen (Halluzinationen)
  • Motorische Störungen (ähnlich der Parkinson-Krankheit)
  • Rascher Wechsel von Wachheit zu Müdigkeit im Tagesverlauf
  • Gedächtnisstörungen (im späteren Verlauf)

Vaskuläre Demenz

Vaskuläre Demenz bedeutet, dass nicht die Nervenzellen selbst zurückgehen, sondern das Hirngewebe durch Durchblutungsstörungen nachhaltig geschädigt wurde. Als Resultat sterben ebenfalls Nervenzellen ab, aber mit einer anderen Dynamik. Typische Ursachen sind langwährender unbehandelter Bluthochdruck (Morbus Binswanger) oder Schlaganfälle (Multi-Infarkt-Demenz). Die Beeinträchtigungen durch vaskuläre Demenz können sehr unterschiedlich sein, äußern sich aber vor allem in den Bereichen Gedächtnis, Sprache, Denkvermögen, Bewegung und Orientierung. Vaskuläre Demenzen können, zum Beispiel durch Schlaganfälle, in jedem Alter auftreten.

Sekundäre Demenzen

Sekundäre Demenzen werden indirekt durch äußere Einflussfaktoren wie Medikamente, Alkoholmissbrauch (Korsakow-Demenz) oder schädliche Umwelteinflüsse ausgelöst.

Risikofaktoren und Prävention

Obwohl eine Demenz auch in jungen Jahren auftreten kann, ist Demenz vor allem eine Alterserkrankung. Ab einem Alter von 65 Jahren steigt das Demenz-Risiko mit jedem weiteren Jahr deutlich an. Auffällig ist auch, dass Frauen häufiger betroffen sind als Männer. Dieser Unterschied wird im hohen Alter sogar immer größer. Frauen haben nicht nur ein höheres Erkrankungsrisiko, sondern auch eine höhere Lebenserwartung, was die Zahlen noch verstärkt.

Sehr wohl bekannt sind allerdings einige Risikofaktoren, die das persönliche Risiko für eine Demenzerkrankung drastisch erhöhen. Tatsächlich lässt sich einer Demenz in vielen Fällen vorbeugen. Studien zeigen, dass bis zu 45 Prozent aller Erkrankungen durch die gezielte Beeinflussung von 14 Risikofaktoren verhindert oder zumindest hinausgezögert werden könnten. Bewegung, gesunde Ernährung, soziale Kontakte und geistige Aktivität zählen dabei zu den wichtigsten Schutzfaktoren.

Umgang mit Demenz

Jede Demenz-Erkrankung bringt individuelle Einschränkungen mit sich und verläuft unterschiedlich schnell. Die Einteilung in Demenz Stadien dient lediglich der Übersicht über Phasen, die irgendwann im Verlauf der Krankheit zu erwarten sind. Es ist unmöglich, vorherzusagen, wann diese Phasen eintreten.

  • Frühphase: Die erkrankte Person ist noch weitgehend selbstständig und kann oft noch allein leben. In dieser Phase können und sollten die betroffenen Personen noch möglichst viel am sozialen Leben teilnehmen und sich auf keinen Fall zurückziehen.
  • Mittelschwere Demenz: Die Symptome sind bereits deutlich ausgeprägt und kaum mehr zu übersehen. Spätestens jetzt bereitet die räumliche und zeitliche Orientierung erhebliche Schwierigkeiten.
  • Schwere Demenz: Die Person ist auf intensive Betreuung und Pflege angewiesen.

Die Pflege und Betreuung von Menschen mit Demenz ist eine echte Herausforderung. Zu Beginn der Erkrankung reicht oft ein wenig Unterstützung im Alltag aus, doch im weiteren Verlauf wird der Bedarf an Hilfe immer größer.

Herausforderungen bei der zahnmedizinischen Behandlung von Demenzpersonen

Die zahnmedizinische Behandlung von Demenzpatienten erfordert besondere Aufmerksamkeit und Sensibilität seitens Zahnärzten und Praxisteams, um den besonderen Bedürfnissen der Patientengruppe gerecht zu werden. Eine der größten Herausforderungen bei der Behandlung von Demenzpatienten besteht darin, dass sie möglicherweise nicht in der Lage sind, Schmerzen oder Unbehagen zu äußern. Daher ist es wichtig, dass Zahnärzte auf nonverbale Anzeichen achten, die auf ein mögliches Problem hindeuten könnten. Um die zahnmedizinische Versorgung von Demenzpatienten zu optimieren, ist es wichtig, dass Zahnärzte und Praxisteams über die spezifischen Bedürfnisse und Herausforderungen dieser Patientengruppe informiert sind und die Behandlung entsprechend anpassen.

tags: #primäre #degenerative #Demenz #Ursachen #Symptome #Therapie