Der Nervus radialis, auch Speichennerv genannt, spielt eine entscheidende Rolle für die Motorik und Sensibilität des Arms und Handrückens. Er entspringt dem Plexus brachialis in der Halswirbelsäule und zieht entlang des Arms, wobei er verschiedene Muskeln innerviert und Hautbereiche versorgt. Eine Schädigung dieses Nervs, bekannt als Radialisparese, kann zu erheblichen Einschränkungen führen. Dieser Artikel beleuchtet die Ursachen, Symptome, Diagnose und Behandlungsmöglichkeiten der Radialisparese, um ein umfassendes Verständnis dieser Erkrankung zu ermöglichen.
Anatomie und Funktion des Nervus radialis
Der Nervus radialis ist ein bedeutender peripherer Nerv des Armnervensystems. Er entspringt aus dem Plexus brachialis, genauer gesagt aus den Nervenwurzeln C5 bis C8, und manchmal auch T1. Er verläuft an der Außenseite des Arms und versorgt verschiedene Muskeln im Ober- und Unterarm mit motorischen Nervenfasern.
Verlauf des Nervus radialis
Der Nervus radialis entspringt hinter der Arteria axillaris aus dem Fasciculus posterior des Plexus brachialis. Er setzt den Faszikel direkt fort und schraubt sich um den Humerus herum zur Außenseite des Oberarms. Vor dem Septum intermusculare laterale, einer Faszienschicht, die als Ursprung für mehrere Oberarmextensoren dient, verläuft er gemeinsam mit der Arteria profunda brachii im Sulcus nervi radialis. Gemeinsam durchstoßen sie das Septum, anschließend verläuft der große Armnerv im Radialistunnel. Diese Struktur verläuft zwischen dem Musculus brachioradialis und dem Musculus brachialis.
Der Ramus profundus durchstößt den Musculus supinator und läuft durch den sogenannten Supinatorkanal in die Tiefe des Unterarms, um als Nervus interosseus posterior die Unterarm- und Handmuskulatur zu innervieren. Der Ramus superficialis bleibt oberflächlicher und verläuft entlang des Musculus brachioradialis gemeinsam mit der Arteria radialis. Erst im unteren Drittel des Unterarms gelangt er zwischen Radius und Musculus brachioradialis auf die Streckseite, um zu seinem sensiblen Versorgungsgebiet zu kommen.
Versorgungsgebiete des Nervus radialis
Der Nervus radialis versorgt motorisch den Musculus triceps brachii, den Musculus anconeus sowie die Radialisgruppe (Musculus brachioradialis, Musculus extensor carpi radialis longus und brevis) und alle Unterarmextensoren. Sensibel versorgt er die Haut am hinteren medialen Oberarm, die Haut am hinteren seitlichen Oberarm und die Haut von Ellenbogen bis zum hinteren Unterarm sowie die Haut des radialen Handrückens inklusive des dorsalen Daumens, Zeige- und Mittelfingers (ohne Fingerendglieder II und III). Ein etwa daumengroßer Bereich zwischen Daumen und Zeigefinger am Handrücken wird autonom vom Nervus radialis versorgt.
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Ursachen einer Radialisparese
Die Radialisparese, auch bekannt als Radialislähmung oder Fallhand, entsteht durch eine Schädigung des Nervus radialis. Diese Schädigung kann verschiedene Ursachen haben:
- Druckverletzungen: Längerer Druck auf den Nerv, beispielsweise durch eine ungünstige Schlafposition (Schlaf- oder Parkbanklähmung) oder zu enge Armbänder/Handschellen (Arrestantenlähmung), kann den Nerv einklemmen und schädigen.
- Traumatische Verletzungen: Knochenbrüche im Oberarm (Humerusfraktur), Auskugelungen der Schulter oder Verletzungen im Bereich der Achselhöhle können den Nervus radialis direkt verletzen.
- Operationen: Auch operative Eingriffe im Bereich des Arms oder der Schulter können den Nervus radialis unbeabsichtigt schädigen.
- Nervenkompressionssyndrome: Einengungen des Nervs an anatomischen Engstellen, wie dem Sulcus radialis des Oberarms oder dem Supinatorkanal am Ellenbogen (Supinatorlogen-Syndrom), können zu einer Radialisparese führen.
- Entzündliche Prozesse: Entzündungen im Bereich des Nervs oder der umliegenden Gewebe können ebenfalls zu einer Schädigung führen.
- Tumoren: In seltenen Fällen können Tumoren, wie Neurinome oder Lipome, auf den Nerv drücken und eine Radialisparese verursachen.
- Fehlbelastungen: Exzessives Klavierspielen oder andere repetitive Bewegungen können zu einer Überbeanspruchung der Muskulatur im Bereich des Ellenbogens führen und den Nerv einklemmen.
- Ungünstig liegendes Osteosynthesematerial: Drähte, Platten oder Schrauben nach Knochenbrüchen im Ellenbogenbereich können den Nerv reizen oder schädigen.
Symptome einer Radialisparese
Die Symptome einer Radialisparese können je nach Schweregrad und Lokalisation der Nervenschädigung variieren. Typische Symptome sind:
- Fallhand: Das auffälligste Symptom ist die Unfähigkeit, Handgelenk und Finger aktiv zu strecken. Die Hand hängt schlaff herab.
- Schwäche der Fingerstrecker: Betroffene können die Finger nicht mehr richtig strecken, was zu Schwierigkeiten beim Greifen und Halten von Gegenständen führt (Fallfinger).
- Sensibilitätsstörungen: Taubheitsgefühle, Kribbeln oder Missempfindungen am Handrücken, insbesondere im Bereich des Daumens, Zeige- und Mittelfingers, können auftreten.
- Schmerzen: Schmerzen im Bereich des Arms, Ellenbogens oder Handgelenks können begleitend auftreten.
- Eingeschränkte Ellenbogenstreckung: Bei Schädigungen des Nervs im oberen Bereich des Arms kann auch die Streckung des Ellenbogens beeinträchtigt sein.
- Druckschmerz: Oft ist ein deutlicher Druckschmerz an der Oberseite des Unterarms kurz unter dem Ellenbogen tastbar.
- Muskelschwund: Bei länger bestehender Lähmung kann es zu einem Muskelschwund im Bereich des Unterarms kommen.
Es ist wichtig zu beachten, dass beim Supinatorlogen-Syndrom, einer speziellen Form der Radialisparese, die Handgelenkstreckung in der Regel nicht beeinträchtigt ist, da der entsprechende Nervenast bereits vor der Engstelle abzweigt.
Diagnose einer Radialisparese
Die Diagnose einer Radialisparese basiert in der Regel auf einer Kombination aus:
- Anamnese: Der Arzt erfragt die Krankengeschichte des Patienten, einschließlich der Art und des Beginns der Beschwerden, möglicher травматических Ereignisse oder Vorerkrankungen.
- Klinische Untersuchung: Der Arzt untersucht die Funktion der Hand- und Armmuskulatur, prüft die Sensibilität und Reflexe und tastet den Nervenverlauf ab, um mögliche Druckschmerzpunkte zu identifizieren.
- Elektrophysiologische Untersuchungen: Die Elektroneurografie (ENG) misst die Nervenleitgeschwindigkeit und das Elektromyogramm (EMG) die Muskelaktivität, um die Funktion des Nervus radialis zu beurteilen und die Lokalisation der Schädigung zu bestimmen.
- Bildgebende Verfahren: Röntgenaufnahmen können knöcherne Veränderungen oder alte, schlecht verheilte Brüche darstellen, die den Nerv einengen. In manchen Fällen kann eine Magnetresonanztomografie (MRT) erforderlich sein, um Weichteilstrukturen, wie Tumoren oder Entzündungen, darzustellen. Ein Nervenultraschall kann ebenfalls zur Beurteilung des Nervs über seinen gesamten Verlauf eingesetzt werden.
Behandlung einer Radialisparese
Die Behandlung einer Radialisparese richtet sich nach der Ursache und dem Schweregrad der Nervenschädigung. In vielen Fällen ist eine konservative Therapie ausreichend, während in anderen Fällen ein operativer Eingriff erforderlich sein kann.
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Konservative Therapie
- Schonung und Ruhigstellung: Der Arm sollte zunächst geschont und ruhiggestellt werden, um den Nerv nicht weiter zu reizen. Eine Kunststoffschiene kann zur Ruhigstellung des Armes in der Nacht verordnet werden.
- Entzündungshemmende Schmerzmittel: Medikamente wie Ibuprofen oder Diclofenac können Schmerzen lindern und Entzündungen reduzieren.
- Physiotherapie: Physiotherapie kann helfen, die Muskulatur zu lockern, Verspannungen zu lösen und die Beweglichkeit des Arms und der Hand wiederherzustellen. Nervengleitübungen (Neurodynamik) können ebenfalls eingesetzt werden, um die Beweglichkeit des Nervs zu verbessern.
- Ergotherapie: Ergotherapie kann helfen, den Alltag trotz der Einschränkungen zu bewältigen und компенсаторные Strategien zu entwickeln.
- Cortisoninjektionen: In manchen Fällen können Cortisoninjektionen in den Bereich des Nervs Entzündungen reduzieren und die Heilung fördern.
- Lasertherapie oder Elektrostimulation (TENS): Manche Betroffene profitieren von der Lasertherapie oder einer Elektrostimulation (TENS) des Nervs.
Operative Therapie
Ein operativer Eingriff ist in folgenden Fällen in Betracht zu ziehen:
- Wenn konservative Maßnahmen nicht ausreichend wirksam sind.
- Bei Lähmungen.
- Wenn die Ursache der Radialisparese eine Einengung des Nervs durch knöcherne Veränderungen, Tumoren oder andere Raumforderungen ist.
Bei der Operation wird der Nervus radialis in der Tiefe der Supinatorloge aufgesucht und freigelegt. Je nach Befund entfernen die Operateur*innen störendes Gewebe und durchtrennen enge Faserzüge und Bindegewebe, um die Eintrittsstelle des Nervs in den Muskel zu weiten. In manchen Fällen muss der Nervus ulnaris verlagert und neu eingebettet werden.
Nachsorge
Nach einer konservativen Therapie oder einer operativen Behandlung ist eine konsequente Nachsorge entscheidend, um die Genesung zu unterstützen und weitere Komplikationen zu vermeiden.
- Regelmäßige ärztliche Kontrollen: Um den Heilungsverlauf zu überwachen und eventuelle Rückfälle frühzeitig zu erkennen.
- Physiotherapie: Durch gezielte Übungen und Maßnahmen kann die Beweglichkeit des Ellenbogengelenks und der Hand wiederhergestellt sowie die Muskulatur gestärkt werden.
- Ergonomische Anpassungen: Um wiederkehrende Belastungen des Ellenbogengelenks zu vermeiden und die Heilung zu unterstützen.
- Vermeidung von Druck auf den Nerv: Um weitere Schädigungen des Nervs zu vermeiden, kann durch die Verwendung von speziellen Polstern oder Schienen der Nerv entlastet werden.
- Frühzeitige Reaktion bei Symptomen: Bei Auftreten von Symptomen wie Taubheitsgefühlen, Schmerzen oder Kraftverlust in der Hand sollte frühzeitig ärztliche Hilfe in Anspruch genommen werden.
Prävention einer Radialisparese
Einige Maßnahmen können helfen, einer Radialisparese vorzubeugen:
- Vermeidung von Druck auf den Nerv: Vermeiden Sie es, längere Zeit auf dem Arm zu liegen oder zu sitzen, und tragen Sie keine zu engen Armbänder oder Handschellen.
- Ergonomische Arbeitsplatzgestaltung: Achten Sie auf eine ergonomische Gestaltung Ihres Arbeitsplatzes, um Fehlhaltungen und Überlastungen zu vermeiden.
- Regelmäßige Pausen: Machen Sie bei repetitiven Tätigkeiten regelmäßig Pausen, um die Muskulatur zu entlasten.
- Körperliche Fitness: Eine gute körperliche Fitness kann helfen, Muskelverspannungen und Fehlbelastungen vorzubeugen.
- Vermeidung von Risikofaktoren: Vermeiden Sie Risikofaktoren wie Übergewicht, Diabetes mellitus und rheumatische Erkrankungen.
- Konsequente Schonung: Wenn Ihnen Schonung und Ruhigstellung des Arms empfohlen wurde, sollten Sie sich konsequent daran halten.
- Fehlbelastungen vermeiden: Achten Sie auf eine korrekte Ausführung von Bewegungen und vermeiden Sie Fehlbelastungen.
- Fingerschwäche nicht ignorieren: Sollten Sie das Gefühl haben, dass Ihre Finger schwächer werden oder sich nicht mehr richtig strecken, zögern Sie nicht, dies bei Ihrer Ärzt*in abklären zu lassen.
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