RBB Praxis: Informationen zum Schlaganfall – Erkennen, Behandeln, Vorbeugen

Ein Schlaganfall tritt fast immer plötzlich und unerwartet auf. Jährlich erleiden rund 260.000 Deutsche einen Schlaganfall. Die Therapien sind weit entwickelt, dennoch ist die Schlaganfallforschung noch lange nicht am Ende. Experten aus über 50 Ländern tauschen sich jährlich auf der europäischen Schlaganfallkonferenz ESC aus, um neueste Erkenntnisse auszutauschen.

Was ist ein Schlaganfall?

Beim Schlaganfall oder Hirnschlag werden infolge eines akuten Ereignisses bestimmte Hirnregionen nicht länger durchblutet. Abhängig davon, welche das sind, treten typische Symptome auf. Beim sogenannten hämorrhagischen Infarkt reißt ein Gefäß ein oder platzt, so dass die Hirnzellen nicht mehr normal versorgt werden. Nur eine rasche Therapie kann den Untergang der Gehirnzellen und die mit dem Schlaganfall einhergehenden Todesfälle verhindern.

Der Schlaganfall ist nach Herzinfarkt und Krebs die dritthäufigste Todesursache in den Industrieländern. In Europa ist er die häufigste Ursache für dauerhafte Behinderungen. Jeder vierte Patient stirbt innerhalb der ersten vier Wochen, das sind 65.000 Patienten pro Jahr. Ein Drittel überlebt mit körperlichen Einschränkungen.

Wie erkenne ich einen Schlaganfall? Der FAST-Test

Bei einem Schlaganfall gilt: Eine schnelle Behandlung kann Leben retten. Dreh- und Angelpunkt für eine rasche Versorgung ist die schnellstmögliche Diagnose des Schlaganfalls. Je nachdem, wo sich das verstopfte Gefäß befindet und welche Hirnregionen es versorgt, zeigen Betroffene unterschiedliche Symptome. Der FAST-Test (Face, Arm, Speech, Time - Gesicht, Arme, Sprache, Zeit) ist ein schneller, einfacher Check, mit dem Laien einen Schlaganfall erkennen können:

  • Face (Gesicht): Bitten Sie vermeintlich Betroffene zu lächeln. Achten Sie darauf, ob ein Mundwinkel herabhängt.
  • Arm (Arme): Bitten Sie den Patienten/die Patientin, die Arme mit den Handflächen nach oben zu heben. Beobachten Sie, ob ein Arm absinkt oder nicht gehoben werden kann.
  • Speech (Sprache): Bitten Sie den Patienten/die Patientin einen einfachen Satz zu sprechen. Achten Sie auf verwaschene, undeutliche oder fehlerhafte Sprache.
  • Time (Zeit): Wenn eines dieser Symptome auftritt, wählen Sie sofort den Notruf 112.

Weitere Symptome können sein:

  • Sehstörungen: Doppelbilder, Gefühl wie durch eine beschlagene Brille zu schauen, Gesichtsfeldausfall.
  • Sprachstörungen: Abgehackte und stockende Sprache, falsche Silben, Buchstaben oder Wörter, Lallen, Nuscheln, verwaschene Sprache, Telegrammstil.
  • Lähmungen: Typischerweise ist nach einem Schlaganfall eine Seite des Körpers mehr oder weniger gelähmt. Ein Mundwinkel hängt herab, der Arm lässt sich nicht mehr bewegen und im Bein fehlt die Kraft.
  • Taubheitsgefühl: Oft gesellt sich zu den Lähmungen ein Taubheitsgefühl, als ob Arm oder Bein eingeschlafen sind.
  • Schwindel und unsicherer Gang: Betroffene erleben den Schwindel ganz unterschiedlich. Manche berichten über einen Drehschwindel, als ob sie Karussell fahren oder sie fühlen sich wie auf hoher See.
  • Kopfschmerzen: Selten aber heftig können Kopfschmerzen auftreten. Sie entstehen bei Durchblutungsstörungen nach einem Gefäßverschluss oder durch den zunehmenden Druck auf das Gehirn, weil nach einer Gefäßruptur Blut austritt.

Bemerken Sie Anzeichen für einen Schlaganfall bei sich oder einem anderen Menschen, wählen Sie sofort den Notruf 112 und melden Sie der Rettungsleitstelle den Verdacht auf einen Schlaganfall. Schlaganfall-Patientinnen und -Patienten gehören bestenfalls in eine Klinik, bei der es rund um die Uhr möglich ist, die Ursache des Schlaganfalls zu diagnostizieren. Dazu bedarf es vor allem diverser Bildgebungsverfahren. Noch besser sind Kliniken, die mit einer Schlaganfall-Spezialabteilung (Stroke Unit) ausgestattet sind.

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Behandlung des Schlaganfalls

Die Behandlung unterscheidet sich abhängig davon, ob ein ischämischer oder hämorrhagischer Schlaganfall vorliegt. Daher wird zunächst eine Computer-Tomographie (CT) angefertigt, um zu sehen, ob eine Blutung vorliegt.

  • Ischämischer Schlaganfall: Die Patienten bekommen hochdosierte Gerinnungshemmer, die das Blutgerinnsel auflösen sollen. Es bleiben vier Stunden, um mit der Therapie zu beginnen. Eine weitere Option ist die mechanische Thrombektomie.
  • Hämorrhagischer Infarkt: Hirnchirurginnen und Hirnchirurgen flicken die beschädigte Arterie und senken den Druck des ausgetretenen Blutes auf das Gehirn operativ.

Rehabilitation nach dem Schlaganfall

An die akute Behandlung schließt sich für die meisten Patienten die Phase der Rehabilitation an. Ziel: Die Rückkehr in das soziale und berufliche Leben. Verschiedene Kliniken und Tageskliniken in Berlin und Brandenburg haben sich darauf spezialisiert. Die "Reha" soll Kraft, Beweglichkeit und Selbstständigkeit der Patienten erhalten, Folgeerkrankungen verhindern und Berufstätigen helfen ins Erwerbsleben zurückzukehren. Gerade ältere Menschen sind nicht immer in der Lage, eine Reha in der Klinik oder auch in einer ambulanten Einrichtung zu absolvieren.

In der Reha erhalten sie u. a. Physio- und Ergotherapie. Durch die täglichen Übungen lernen sie, die ausgefallenen Körperfunktionen wieder zu aktivieren oder Einschränkungen zu überwinden. Inzwischen weiß man, dass die Neuronen auch Jahre nach dem Schlaganfall noch dazu in der Lage sind. Der Mythos, was nach einem Jahr nicht wieder da sei, komme auch später nicht zurück, ist wissenschaftlich mittlerweile widerlegt. Nach Schlaganfall leiden viele unter Sprachstörungen, Lähmungen, Problemen beim Gehen und der Konzentration. Nach einem Schlaganfall regenerieren sich nicht immer alle Funktionen auf der betroffenen Körperhälfte gleich gut. Eine Spiegeltherapie kann hier ein sinnvoller Ansatz sein, um mittels visueller Stimulation eine Bewegungsförderung zu bewirken.

Pink und türkis sollen die elastischen Bänder sein, mit denen der Leiter der Physiotherapie der DRK Kliniken Berlin, Andreas Vandrey, sie taped. Und er erklärt: „Diese Einschränkung sehen wir auch ganz häufig bei Schlaganfallpatienten. Die Tapes geben zum einen Stabilität, zum anderen regen sie das Gehirn an - das ist besonders wichtig, wenn ein Schlaganfall vorlag.“

Vorbeugung eines Schlaganfalls

Rund 70 Prozent der Schlaganfälle können durch präventive Therapien verhindert werden, glauben Spezialisten. Wichtigster Punkt: Risikofaktoren vermeiden. Einige kann man durch eine Veränderung der Lebensführung, andere durch Medikamente beeinflussen.

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Risikofaktoren:

  • Übergewicht, Fettstoffwechselstörungen, Diabetes und Bluthochdruck
  • Zunehmendes Alter: Je älter man wird, desto größer ist das Risiko, einen Schlaganfall zu erleiden.
  • Männer sind häufiger und früher betroffen als Frauen. Jenseits des 50.
  • Vorhofflimmern: Durch das extrem schnelle Schlagen der Vorhöfe wird das Blut im Herzen nicht mehr ausreichend durchmischt, so dass sich leichter Gerinnsel bilden. Das Herz pumpt den Blutpfropfen in die Blutbahn, von dort wandert er ins Gehirn. Bei Betroffenen verhindern Blutverdünner, dass sich Blutgerinnsel bilden. Mit rhythmusstabilisierenden Medikamenten lässt sich das Vorhofflimmern eindämmen.
  • Arteriosklerose: Bei Arteriosklerose versteifen Gefäßwände der Arterien und werden oft durch Plaques verengt.
  • Thrombose: Bei einer Thrombose bildet sich ein Blutgerinsel in einer Vene. Wenn es sich löst und Richtung Lunge transportiert wird, kann das schnell lebensgefährlich werden (Lungenembolie). Thrombosen können unbehandelt zur Lungenembolie oder Schlaganfall führen.
  • Thrombose-Risiko für junge Frauen, die die Antibabypille nehmen. Die gängigsten Präparate sind die kombinierten oralen Kontrazeptiva.
  • Erhöhtes Cholesterin: Cholesterin brauchen wir für die Zellen, andererseits erhöht es das Risiko für Herzinfarkt und Schlaganfall. Manche Ärzte verschreiben darum cholesterinsenkende Statine.

Weitere Risikofaktoren:

  • COVID-19-Patient*innen entwickeln häufiger Blutgerinnsel.
  • Hautkrebs-Diagnosen steigen leider, auch durch den Klimawandel.
  • Eine Chemotherapie schwächt die Immunabwehr, das Infektionsrisiko steigt. Eine Lungenentzündung kann die Folge sein und sogar ein Schlaganfall.

Leben nach dem Schlaganfall

Eine wichtige Rolle für das Leben nach dem Schlaganfall kann neben der medizinischen und therapeutischen Behandlung die Selbsthilfe spielen. Unter dem Dach der Deutschen Schlaganfallhilfe sind rund 500 Selbsthilfegruppen versammelt. Diese Gruppen sind größtenteils von Schlaganfall-Betroffenen und/oder ihren Angehörigen gegründet. Landesselbsthilfeverband Schlaganfall- und Aphasiebetroffener und gleichartig Behinderter Berlin e.V.

Weitere Informationen

Wenn Sie mehr über das Thema erfahren wollen finden im Rahmen der Inforeihe Schlaganfall jeden Monat Vorträge zu verschiedenen Themenschwerpunkten im Servicepunkt Schlaganfall statt. Außerdem trifft sich jeden zweiten Donnerstag die Selbsthilfegruppe "Neue Wege" im Servicepunkt Schlaganfall.

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