Demenz ist eine Erkrankung, die nicht nur die Betroffenen selbst, sondern auch ihre Angehörigen vor große Herausforderungen stellt. Umso wichtiger ist es, die Erkrankung zu verstehen und geeignete Unterstützungsangebote zu nutzen. Eine Rehabilitation (Reha) kann sowohl für Menschen mit Demenz als auch für ihre Angehörigen eine wertvolle Hilfe sein. Dieser Artikel beleuchtet die Voraussetzungen, verschiedenen Angebote und Ziele einer Reha bei Demenz.
Bedeutung der Rehabilitation bei Demenz
Die medizinische Rehabilitation von Menschen mit Demenz zielt darauf ab, die Alltagskompetenzen der Betroffenen zu erhalten und die betreuenden Angehörigen zu informieren und zu unterstützen. Gerade im frühen und mittleren Stadium der Erkrankung kann eine Reha dazu beitragen, die Selbstständigkeit so lange wie möglich zu erhalten und die Pflege im eigenen Zuhause zu ermöglichen.
Die Deutsche Alzheimer Gesellschaft (DAlzG) betont, dass Menschen mit Demenz, insbesondere im frühen und mittleren Stadium, von einem Reha-Angebot profitieren können, das gezielt auf ihre Symptome eingeht. Dies gilt auch für Rehamaßnahmen, die aufgrund anderer Erkrankungen erforderlich werden, beispielsweise nach einer Hüftoperation. Voraussetzung ist jedoch, dass das jeweilige Angebot auf den besonderen Unterstützungsbedarf von Demenzkranken ausgerichtet ist.
Voraussetzungen für eine Reha bei Demenz
Die Voraussetzungen für eine Reha bei Demenz sind vielfältig und hängen von der Art der Reha ab. Grundsätzlich gilt, dass eine Reha medizinisch notwendig sein muss und eine positive Rehabilitationsprognose bestehen sollte.
Allgemeine Voraussetzungen
- Medizinische Notwendigkeit: Ein Arzt muss die Notwendigkeit einer Reha bescheinigen.
- Rehabilitationsfähigkeit: Der Patient muss in der Lage sein, aktiv an einem Rehabilitationsprogramm teilzunehmen. Dies setzt stabile Vitalfunktionen, ausreichende kognitive Fähigkeiten und physische Belastbarkeit voraus. Schwerwiegende medizinische Probleme wie fortgeschrittene Demenz oder ein schwerer Dekubitus (Druckgeschwür) können die Rehabilitation behindern.
- Positive Rehabilitationsprognose: Die Erfolgsaussichten der Rehabilitation sollten positiv sein und die Ziele in einem realistischen Zeitrahmen erreichbar sein.
- Abschluss einer akuten Behandlungsphase: Vor Beginn der Rehabilitation sollte die akute Phase der Erkrankung oder des postoperativen Zustands abgeschlossen sein.
Spezifische Voraussetzungen für geriatrische Reha
Für eine geriatrische Reha gelten zusätzlich folgende Bedingungen:
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- Höheres Lebensalter: In der Regel müssen die Patienten 70 Jahre oder älter sein.
- Mehrfacherkrankungen (Multimorbidität): Es müssen mindestens zwei Erkrankungen gleichzeitig bestehen.
Rehabilitation im Frühstadium
Um das bestehende Angebot voll auszuschöpfen und aktiv daran teilnehmen zu können, richtet sich das Behandlungskonzept vor allem an Menschen mit Demenz im Anfangsstadium bzw. mit einer milden Betroffenheit.
LSG-Urteil: Anspruch auf Reha auch bei Demenz
Das Landessozialgericht (LSG) Baden-Württemberg hat in einem Urteil entschieden, dass auch bei fortgeschrittener Demenz ein Anspruch auf eine stationäre Rehabilitation bestehen kann. Das Gericht betonte, dass die individuellen Verhältnisse, Art und Schwere der Erkrankung sowie die möglichen und wichtigen Behandlungsziele ausreichend geprüft und gewürdigt werden müssen. Krankenkassen dürfen Demenzpatienten nicht einfach aufgeben.
Arten der Reha bei Demenz
Es gibt verschiedene Arten von Reha-Maßnahmen, die für Menschen mit Demenz in Frage kommen:
Geriatrische Rehabilitation
Die geriatrische Rehabilitation ist eine spezielle Form der Reha, die auf die besonderen Bedürfnisse älterer Menschen zugeschnitten ist. Sie zielt darauf ab, die Selbstständigkeit und Lebensqualität im Alter zu erhalten oder zu verbessern und Pflegebedürftigkeit zu vermeiden. Die geriatrische Reha berücksichtigt die Multimorbidität älterer Menschen und bietet eine ganzheitliche Betreuung durch ein interdisziplinäres Team.
Zielgruppen der geriatrischen Reha
Eine geriatrische Reha ist sinnvoll und möglich in folgenden Situationen:
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- Nach einem Krankenhausaufenthalt: Viele ältere Patienten benötigen nach einer Operation oder einer akuten Erkrankung eine umfassende Rehabilitation.
- Bei chronischen Erkrankungen: Ältere Menschen mit Herzinsuffizienz, Diabetes, COPD oder rheumatischen Erkrankungen können von einer geriatrischen Reha profitieren.
- Bei Mobilitäts- und Funktionsverlust: Seniorinnen und Senioren, die Schwierigkeiten haben, sich zu bewegen oder alltägliche Aktivitäten zu bewältigen, kann die geriatrische Reha helfen, wieder mobiler und selbständiger zu werden.
- Nach einem Schlaganfall oder Sturz: Nach einem Schlaganfall oder einem schweren Sturz ist die geriatrische Reha entscheidend, um die Bewegungsfähigkeit und das Gleichgewicht zu verbessern sowie das Risiko weiterer Stürze zu minimieren.
- Bei kognitiven Beeinträchtigungen: Ältere Menschen, die an Demenz oder anderen kognitiven Störungen leiden, können durch spezielle kognitive Trainingsprogramme in der geriatrischen Reha Unterstützung erhalten.
- Bei Multimorbidität: Die geriatrische Reha bietet eine ganzheitliche Betreuung und Therapie, die auf die komplexen Bedürfnisse von Patientinnen und Patienten mit Multimorbidität abgestimmt ist.
Arten der geriatrischen Reha-Maßnahmen
- Anschlussrehabilitation (AHB/AR): Sie erfolgt direkt nach einem Krankenhausaufenthalt aufgrund einer akuten Erkrankung, einer Operation oder eines Sturzes. Sie muss spätestens zwei Wochen nach der Entlassung aus der Akutklinik angetreten werden und kann ambulant oder stationär stattfinden.
- Medizinische Rehabilitation (Heilverfahren): Sie zielt darauf ab, chronische Krankheiten zu lindern, die Prävention zu stärken und die allgemeine Gesundheit zu fördern. Sie ist für Patienten geeignet, die an chronischen Erkrankungen wie Rheuma, Arthrose, Altersdepression oder chronischen Schmerzen leiden.
Demenzspezifische Rehabilitation
Für Demenzerkrankungen gibt es spezielle Einrichtungen, die oft an neurologische Reha-Kliniken angeschlossen sind, wie z.B. das "Alzheimer Therapie Zentrum". Dort werden Menschen mit Demenz, bei medizinischer Notwendigkeit auch eine Begleitperson aufgenommen. Diese Maßnahmen zielen auf die Krankheitsfolgen einer Demenz ab.
Ambulante, stationäre und mobile Reha
- Stationäre Reha: Sie ist sinnvoll, wenn nach einem Krankenhausaufenthalt eine kontinuierliche ärztliche Überwachung oder pflegerische Unterstützung notwendig ist, wenn der Alltag nicht selbstständig bewältigt werden kann oder wenn eine Trennung vom gewohnten Umfeld aus medizinisch-psychologischen Gründen erforderlich ist.
- Ambulante Reha: Bei der ambulanten Reha erhalten die Patienten die benötigten Anwendungen in der Rehaklinik und verbringen den Rest des Tages sowie die Wochenenden zuhause. Um die Belastung für die Patienten möglichst gering zu halten, sollte die ambulante Klinik nicht weiter als 45 Minuten von der Wohnadresse entfernt sein.
- Mobile Reha: Wenn sowohl die ambulante als auch stationäre Reha nicht möglich ist, kommt die mobile Reha als Sonderform der ambulanten geriatrischen Reha in Betracht. Dabei versorgt das geriatrische Team die Patienten in ihren Wohnungen mit Therapie und Pflege.
Geriatrische Frührehabilitation
Nach einer Operation oder einer akuten Verschlechterung des Gesundheitszustandes kommt außerdem eine geriatrische Frührehabilitation infrage. Sie findet parallel zur akutmedizinischen Behandlung statt und hat das Ziel, die Patienten möglichst schnell wieder zu mobilisieren und die Selbstständigkeit wiederherzustellen.
Ziele einer Reha bei Demenz
Das übergeordnete Ziel der Reha bei Demenz ist, eine hohe Lebensqualität zu erhalten und die Pflegebedürftigkeit abzuwenden. Konkrete Ziele sind:
- Erhalt und Förderung der Selbstständigkeit: Die Patienten sollen befähigt werden, alltägliche Aktivitäten wie Ankleiden, Essen und Körperpflege ohne oder mit minimaler Unterstützung zu bewältigen.
- Verbesserung der Mobilität: Bewegungsfähigkeit fördern und Sturzrisiken reduzieren.
- Kognitive Förderung: Kognitive Fähigkeiten durch gezielte Übungen und Therapien verbessern.
- Linderung von Schmerzen: Chronische Schmerzen durch geeignete Therapien und Interventionen reduzieren.
- Soziale Integration: Förderung der sozialen Teilhabe und Verbesserung der Kommunikationsfähigkeiten.
- Anpassung des Wohnumfelds: Empfehlungen zur Anpassung des häuslichen Umfelds zur Erhöhung der Sicherheit und Selbstständigkeit zu Hause.
- Psychische Stabilität: Unterstützung bei der Bewältigung von Ängsten, Depressionen oder anderen emotionalen Herausforderungen.
- Beeinflussung von Risikofaktoren und Motivation zu gesundheitsförderndem Verhalten: z. B. Optimierung von Blutdruck, Blutzuckerwerten etc.
Behandlungen in der geriatrischen Reha
In der geriatrischen Rehabilitation erhalten Sie verschiedene Behandlungen, die auf Ihre speziellen Bedürfnisse und gesundheitlichen Herausforderungen abgestimmt sind. Ein interdisziplinäres Team aus Ärztinnen, Therapeutinnen, Pflegekräften und Sozialarbeiter*innen arbeitet zusammen, um einen maßgeschneiderten Rehabilitationsplan für Sie zu erstellen.
- Medizinische Betreuung: Regelmäßige ärztliche Untersuchungen und Anpassung der Medikation, um chronische Erkrankungen zu behandeln und Schmerzen zu lindern.
- Physiotherapie: Übungen zur Verbesserung der Mobilität, Balance, Kraft und Ausdauer. Dies kann auch Gangtraining und Sturzprävention umfassen.
- Ergotherapie: Unterstützung bei der Wiederherstellung oder Verbesserung der Fähigkeiten zur Bewältigung alltäglicher Aktivitäten (ADLs - Activities of Daily Living). Dies kann Aktivitäten wie Anziehen, Essen, Baden und Hausarbeit einschließen.
- Logopädie: Therapie zur Verbesserung von Sprach-, Sprech- und Schluckstörungen.
- Kognitives Training: Übungen und Aktivitäten, um Ihre geistigen Fähigkeiten wie Gedächtnis, Aufmerksamkeit und Problemlösung zu verbessern.
- Medikamentöse Therapie: Um bestehende Krankheiten zu behandeln und Symptome zu lindern
- Pflegeberatung und -schulung: Unterstützung und Schulung von Pflegekräften und Angehörigen, um eine optimale häusliche Pflege zu gewährleisten.
- Sozialdienst: Beratung und Unterstützung bei sozialen und finanziellen Fragen, einschließlich der Organisation von häuslicher Pflege und anderen sozialen Diensten.
- Psychologische Betreuung: Unterstützung bei der Bewältigung von emotionalen und psychischen Herausforderungen, die mit dem Alter und chronischen Erkrankungen einhergehen.
- Ernährungsberatung: Beratung zur gesunden Ernährung und Unterstützung bei speziellen Ernährungsbedürfnissen.
- Freizeit- und Aktivitätstherapie: Teilnahme an Aktivitäten und Hobbys, die zur Förderung der sozialen Interaktion und der psychischen Gesundheit beitragen.
Antragstellung und Kostenübernahme
Die Kosten für eine geriatrische Rehabilitation werden in der Regel von der gesetzlichen Krankenversicherung übernommen - vorausgesetzt, die medizinischen Voraussetzungen sind erfüllt und die Rehabilitationsmaßnahme wurde genehmigt. In bestimmten Fällen kann auch die private Krankenversicherung oder ein anderer Sozialversicherungsträger (z. B. Beihilfe) zuständig sein.
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Antragstellung
- Nach einem Krankenhausaufenthalt: Erfolgt die Antragstellung in der Regel über das behandelnde Krankenhaus (Sozialdienst).
- Ohne vorherigen Krankenhausaufenthalt: Kann die Reha von niedergelassenen Ärzten zusammen mit den Patienten beantragt werden.
Wunsch- und Wahlrecht
Patienten haben grundsätzlich ein Wunsch- und Wahlrecht bezüglich der Klinik, solange diese für ihre spezifische Behandlung qualifiziert ist. Es ist sinnvoll, sich vor der Beantragung der Maßnahme über geeignete Kliniken zu informieren und die Wunschklinik bereits beim Reha-Antrag zu nennen und ausführlich zu begründen.
Ablauf in der geriatrischen Reha
- Ankunft und Aufnahme: Am Aufnahmetag erfolgt eine Einweisung in die Abläufe der Klinik und ein Aufnahmegespräch einschließlich Untersuchung.
- Ganzheitliche und interdisziplinäre Behandlung: Auf der Basis der erhobenen Befunde wird ein individuelles Therapiekonzept erstellt und es werden Therapieziele bestimmt.
- Tagesablauf: Der Tagesablauf ist individuell und umfasst in der Regel Körperpflege, Frühstück, Physiotherapie, Ergotherapie und Mittagessen.
Herausforderungen und Ablehnung
Der Weg zu einer geriatrischen Rehabilitation ist meist mit zahlreichen Stolpersteinen verbunden. Obwohl bei vielen älteren Menschen die Voraussetzungen für eine geriatrische Rehabilitation gegeben sind, wird diese häufig von den Krankenkassen abgelehnt. Wird die Reha im ersten Anlauf abgelehnt, sollten Sie mit Hilfe Ihrer Angehörigen binnen vier Wochen Widerspruch einlegen und im Widerspruchsschreiben detailliert auf die medizinische Notwendigkeit eingehen.
Angebote der Schön Klinik Bad Aibling Harthausen
Die Schön Klinik Bad Aibling Harthausen bietet ein spezielles Therapiezentrum für Alzheimer-Patienten (ATZ) und gehört zu den größten neurologischen Rehabilitationszentren Europas. Das Behandlungskonzept wurde gemeinsam mit der Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie der TU München entwickelt und wird seit mehr als zwei Jahrzehnten stetig weiterentwickelt.
Das Angebot richtet sich vor allem an Menschen mit Demenz im Anfangsstadium bzw. mit einer milden Betroffenheit. Eine Reha ist immer nur zu zweit möglich, d.h. auch Angehörige werden in die Therapie einbezogen.
Therapieangebote
- Gezielte medikamentöse Therapie
- Gezielte Förderung der Fähigkeiten und Ressourcen von Menschen mit Demenz durch ein individuell gestaltetes und an den erhaltenen Fähigkeiten ausgerichtetes Therapieprogramm
- Gezielte therapeutische Unterstützung der begleitenden Angehörigen
- Malen, basteln, spielen, musizieren, spazieren gehen, gezielt entspannen
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