Schlaganfallzahlen und Statistik in Deutschland: Eine umfassende Analyse

Schlaganfälle stellen eine erhebliche gesundheitliche Belastung in Deutschland dar. Sie gehören zu den häufigsten Todesursachen in entwickelten Ländern und sind eine Hauptursache für Behinderung und Invalidität im Erwachsenenalter. Jährlich erleiden schätzungsweise 243.000 bis 260.000 Menschen in Deutschland einen Schlaganfall. Die vorliegende Analyse untersucht die Häufigkeit von Schlaganfällen, insbesondere Rezidiven, sowie Inzidenz, Prävalenz und Mortalität nach einem erstmaligen Schlaganfall.

Methodik der Analyse

Die Analyse basiert auf GKV-Routinedaten der AOK Niedersachsen mit 2,7 Millionen Versicherten. GKV-Routinedaten umfassen verschiedene Abrechnungsdaten der Krankenkassen, die für Abrechnungszwecke erhoben werden. Für die Analyse wurden stationäre Diagnosedaten (Schlaganfall-Hauptdiagnose) aus den Jahren 2010 und 2011 herangezogen, bereinigt um vor-, nach- und teilstationäre Behandlungen sowie Verlegungen.

Als Schlaganfallereignis wurden folgende Hauptentlassdiagnosen nach ICD-10 berücksichtigt:

  • I60 (Subarachnoidalblutung)
  • I61 (intrazerebrale Blutung)
  • I62 (sonstige nichttraumatische intrakranielle Blutung)
  • I63 (Hirninfarkt)
  • I64 (Schlaganfall, nicht als Blutung oder Infarkt bezeichnet)

Ein Rezidiv lag nur vor, wenn zwischen Aufnahme aufgrund des Erstinsults und der Aufnahme aufgrund des potenziellen Rezidivs ein Mindestabstand von 21 Tagen lag und der Patient nach dem Erstinsult aus der akutstationären Versorgung entlassen worden war. Infarkte innerhalb von 21 Tagen wurden nur als Rezidiv gewertet, wenn nach erfolgter Entlassung und bei erneuter Aufnahme aufgrund eines Schlaganfalls ein anderer Schlaganfalltyp nach ICD-10 vorlag oder eine andere Hirnregion betroffen war.

Analysiert wurden ausschließlich Versicherte, die im relevanten Zeitraum durchgängig versichert waren und im Vorbeobachtungszeitraum ab 2005 kein Schlaganfallereignis aufwiesen (inzidente Fälle). Der maximale Nachbeobachtungszeitraum betrug bis zu sieben Jahre (bis 12/2016). Die ermittelten Inzidenz- und Prävalenzraten wurden entsprechend der deutschen Standardbevölkerung nach Zensus 2011 standardisiert.

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Die Datenauswertung erfolgte mit SPSS 25. Rezidivwahrscheinlichkeiten und Mortalität im Zeitablauf wurden mittels Überlebenszeitanalysen (Kaplan-Meier-Analysen und Cox-Regression) bestimmt. Das Signifikanzniveau wurde auf p ≤ 0,05 festgelegt.

Prävalenz und Inzidenz von Schlaganfällen

In den Jahren 2010/2011 erlitten insgesamt 18.496 Versicherte einen zerebralen Erst- oder Folgeinsult. Das Durchschnittsalter der Patienten betrug 74 Jahre, wobei Frauen mit durchschnittlich 77 Jahren deutlich älter waren als Männer mit 71 Jahren. Hirninfarkte (I63) machten 81 % der Fälle aus, hämorrhagische Ereignisse (I60-I62) 15 % und Schlaganfälle, die nicht als Blutung oder Infarkt klassifiziert wurden (I64), 4 %. Die standardisierte 1-Jahres-Prävalenz lag bei 336 Fällen pro 100.000 Einwohner in den Jahren 2010/2011.

Insgesamt wurden 14.313 Versicherte identifiziert, die in den Jahren 2010 oder 2011 einen inzidenten zerebralen Insult erlitten. Die Alters- und Geschlechtsverteilung sowie die Schlaganfalltypen waren nahezu identisch mit den Ergebnissen zur Prävalenz. Relevante Grunderkrankungen/Risikofaktoren wie Hypertonie (69 %), Diabetes mellitus (33 %), Hyperlipidämie (31 %) und Vorhofflimmern (13 %) wurden häufig beobachtet. Die standardisierte 1-Jahres-Inzidenz des zerebralen Insults lag bei 292 Fällen pro 100.000 Einwohner.

Häufigkeiten und Abstände von Schlaganfallrezidiven

Von den 14.293 Versicherten mit einem inzidenten Schlaganfall in den Jahren 2010/2011 hatten 2.145 Versicherte (15 %) mindestens ein Rezidiv. Der durchschnittliche Abstand zwischen Erstereignis und Rezidiv betrug 697 Tage. Bei einem weiteren Rezidiv trat dieses mit einem durchschnittlichen Abstand von 450 Tagen auf.

Die Kaplan-Meier-Analysen zeigen ein Rezidivrisiko von 1,2 % nach 30 Tagen, 3,4 % nach 90 Tagen, 7,4 % nach einem Jahr sowie 19,4 % nach fünf Jahren. Jahresbezogen lag das Risiko ein Rezidiv zu erleiden bei 7,4 % im ersten Jahr, 3,7 % im zweiten Jahr, 2,8 % im dritten Jahr, 2,9 % im vierten Jahr sowie bei 2,6 % im fünften Jahr nach dem Erstereignis.

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Eine Cox-Regression ergab, dass Frauen ein geringeres Risiko haben, ein Rezidiv zu erleiden (HR: 0,871). Das Risiko steigt mit jedem zusätzlichen Lebensjahr an (HR: 1,016). Für Hirninfarkte (I63) und Schlaganfälle, die nicht als Blutung oder Infarkt klassifiziert wurden (I64), wurden signifikant geringere Rezidivwahrscheinlichkeiten ermittelt.

Mortalität nach Schlaganfall

Kaplan-Meier-Überlebenszeitanalysen zur Mortalität zeigen, dass 30 Tage nach inzidentem Schlaganfall 6,8 % der Schlaganfallpatienten verstorben waren, nach 90 Tagen waren dies bereits 9,4 %. Die längerfristig orientierte 1- und 5-Jahres-Mortalität lag bei 17,0 % bzw. 45,0 %.

Eine Cox-Regressionsanalyse ergab, dass Frauen ein verringertes Mortalitätsrisiko aufweisen (HR: 0,837). Das Risiko zu versterben wuchs mit zunehmendem Alter bei Erstinsult kontinuierlich an (HR: 1,07). Das Mortalitätsrisiko war bei sonstigen nichttraumatischen intrakraniellen Blutungen, Hirninfarkten und Schlaganfällen, die nicht als Blutung oder Infarkt klassifiziert wurden, signifikant geringer als bei einer Subarachnoidalblutung.

Diskussion der Ergebnisse

Die Ergebnisse der Studie zeigen eine gemittelte Inzidenz und Prävalenz von 292 Fällen pro 100.000 Einwohner bzw. 336 Fällen pro 100.000 Einwohner in den Jahren 2010/2011. Das Rezidivrisiko lag bei 3,4 % innerhalb von 90 Tagen, 7,4 % innerhalb eines Jahres sowie 19,4 % innerhalb von fünf Jahren. Die Mortalitätsrisiken betrugen 6,8 % nach 30 Tagen, 9,4 % nach 90 Tagen, 17,0 % nach einem Jahr sowie 45 % nach fünf Jahren. Blutungsereignisse waren mit einer erhöhten Mortalität assoziiert.

Die Ergebnisse zur Inzidenz und Prävalenz liegen im Rahmen bisheriger Schätzungen. Die Ergebnisse verschiedener Analysen sind jedoch aufgrund unterschiedlicher Einschlusskriterien sowie Unterschieden in der Altersstruktur der verschiedenen Populationen nicht direkt vergleichbar. Änderungen in der Häufigkeit von Schlaganfällen können sich im Laufe der Zeit ergeben, beispielsweise durch veränderte Lebensgewohnheiten oder verbesserte Präventionsmöglichkeiten. Schlaganfallraten können sich auch nach Sozialstatus unterscheiden.

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Bislang sind nur wenige Daten aus Deutschland zur Häufigkeit von Schlaganfallrezidiven verfügbar. Die umfassenden Analysen zu Rezidivhäufigkeit und Mortalität, die sowohl übergreifend als auch für einzelne Schlaganfalltypen aufgedeckt wurden, stellen eine wichtige Ergänzung der bisherigen Literatur dar.

Weitere Erkenntnisse und Trends

Im Jahr 2022 lebten geschätzt 1,2 Millionen Menschen in Deutschland mit den Folgen eines Schlaganfalls, der bis zu zehn Jahre zurücklag. Das sind rund 1,4 % der Bevölkerung. Männer waren etwas häufiger betroffen als Frauen. Mit dem Alter stieg die Prävalenz von Schlaganfall kontinuierlich an, von 1,2 % (Frauen) bzw. 2,3 % (Männer) in der Altersgruppe 60 bis 64 Jahre auf 8,3 % bzw. 9,8 % bei 90- bis 94-Jährigen. Seit 2017 ist die Schlaganfall-Prävalenz weitgehend stabil geblieben, wobei es weiterhin erhebliche regionale Unterschiede gibt, die Anlass für vertiefte Analysen und eine gezielte Versorgungsgestaltung bieten. Grundlage der Schätzung sind Abrechnungsdaten der AOK von 2017 bis 2022.

Bedeutung von Prävention und Versorgung

Die vorliegenden Daten unterstreichen die Notwendigkeit von effektiven Präventionsmaßnahmen zur Reduktion des Schlaganfallrisikos. Dazu gehören die Kontrolle von Risikofaktoren wie Hypertonie, Diabetes mellitus, Hyperlipidämie und Vorhofflimmern, sowie die Förderung eines gesunden Lebensstils mit ausgewogener Ernährung, ausreichend Bewegung und dem Verzicht auf Rauchen und übermäßigen Alkoholkonsum.

Eine rasche und spezialisierte Versorgung in Stroke-Units ist entscheidend, um die Mortalität und Invalidität nach einem Schlaganfall zu reduzieren. Die Ergebnisse der Studie deuten darauf hin, dass Patienten, die in einer Stroke-Unit versorgt wurden, eine geringere Mortalität aufweisen.

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