Roboter-Tiere in Demenzstudien: Eine Brücke im Land des Vergessens

In einer Welt, in der die Zahl der Menschen mit Demenz stetig steigt, suchen Forscher und Mediziner nach innovativen Wegen, um die Lebensqualität der Betroffenen zu verbessern. Eine vielversprechende Möglichkeit ist der Einsatz von Roboter-Tieren, insbesondere in der Therapie und Betreuung von Demenzkranken. Diese Roboter, wie die Robbe Paro oder die Kuschelkatze, bieten nicht nur Trost und Gesellschaft, sondern können auch positive Auswirkungen auf das emotionale Wohlbefinden und die sozialen Fähigkeiten der Patienten haben.

Demenz: Eine Krankheit, die den Geist raubt

Der Begriff "Demenz" stammt aus dem Lateinischen und bedeutet "ohne Geist". Die Krankheit ist durch einen fortschreitenden Verlust von kognitiven Fähigkeiten gekennzeichnet, der den Verstand, das Gedächtnis, die Sprache und die Motorik beeinträchtigt. Auch die emotionalen und sozialen Fähigkeiten der Betroffenen können sich verflüchtigen. Die durchschnittliche Erkrankungsdauer bis zum Tod beträgt etwa neun Jahre.

Professor Stefan Teipel vom Deutschen Zentrum für Neurodegenerative Erkrankungen (DZNE) in Rostock betont, dass in der Gesellschaft oft nur das Endstadium der Demenz wahrgenommen wird. Während die Robbe Paro auf fortgeschrittene Stadien abzielt, werden derzeit Systeme entwickelt, die mit den Nutzern über Jahre hinweg wachsen und bereits im frühen Demenzstadium Alltagsfehler bemerken. Diese Systeme kennen ihre Nutzer, analysieren Abweichungen und schlagen Lösungsmöglichkeiten bei Problemen vor. Selbstlernende Algorithmen erkennen beispielsweise, ob ein Umweg beabsichtigt ist oder nicht. Das Mobilgerät kommuniziert dann mit dem Nutzer und schlägt einen Rückweg nach Hause oder zum Ziel "Tochter besuchen" vor. Ziel dieser Systeme ist es, Personen in frühen Stadien einer Demenz weiterhin eine eigenständige Teilnahme an sozialen Aktivitäten zu ermöglichen. Kompetenzen bleiben dadurch länger erhalten und eine Pflegebedürftigkeit kann verzögert werden.

Die Robbe Paro: Ein therapeutischer Helfer

Eine besondere Rolle in der Therapie von Demenzkranken spielt die Robbe Paro. Dieses Roboter-Tier wurde entwickelt, um Menschen mit Demenz Trost und Gesellschaft zu bieten. Paro ahmt das Aussehen und Verhalten einer echten Robbe nach und reagiert auf Berührungen, Geräusche und Licht. Studien haben gezeigt, dass Paro positive Auswirkungen auf das Wohlbefinden von Demenzkranken haben kann.

Barbara Klein, Professorin am Fachbereich Soziale Arbeit und Gesundheit an der Frankfurt University of Applied Sciences, hat sich intensiv mit der Wirkung der Roboterrobbe auf Patienten beschäftigt. Ihre Forschungsergebnisse deuten darauf hin, dass der Zuwendungsroboter die emotionale Arbeit unterstützen und in bestimmten Situationen eine Alternative und Ergänzung darstellen kann. Studien über den Einsatz von Paro in Alten- und Pflegeheimen mit dementen und mehrfach behinderten Patienten zeichnen ein positives Bild.

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Zwei Faktoren sind entscheidend, damit Demenzerkrankte eine therapeutisch wirksame Bindung eingehen können: Erstens muss das Robotertier zur Biografie des jeweiligen Patienten passen, und zweitens muss das Pflegepersonal im Umgang mit dem Roboter geschult sein. Im deutschsprachigen Raum sind bisher etwa 100 Paro-Robben im Einsatz, weltweit etwa 4.000, vor allem in Japan und Dänemark. Eine Robbe kostet rund 4.800 Euro. Das Unternehmen Beziehungen-Pflegen GmbH vertreibt die Technikrobbe in Deutschland und bietet Workshops, Online-Learning, Anwendertreffen und eine E-Plattform für den Austausch an.

Assistenzrobotik: Mehr als nur eine Robbe

Die Einsatzmöglichkeiten der Assistenzrobotik sind vielfältig und gehen weit über die Robbe Paro hinaus. Für Menschen mit Einschränkungen stellen alltägliche Tätigkeiten wie Waschen, Essen, Ankleiden und Arbeiten oft große Herausforderungen dar. Forscher suchen daher nach Lösungen, wie diese Menschen ihren Alltag besser bewältigen können. Erste Produkte sind bereits im Einsatz, darunter Ess-, Geh- und Mobilitätshilfen, Rollstühle mit Roboterarm, robotergestützte Geräte für Rehabilitationsmaßnahmen und Notfallassistenten.

Gleichzeitig kann der Einsatz robotischer Assistenzsysteme das Pflegepersonal von schweren oder zeitaufwändigen Routinetätigkeiten entlasten. So können Roboter beispielsweise bei der Medikamentenvergabe, der Essenszubereitung oder der Unterstützung bei der Körperpflege helfen.

Akzeptanz und ethische Bedenken

Trotz der vielversprechenden Ergebnisse gibt es auch Bedenken hinsichtlich des Einsatzes von Robotern in der Pflege. Einige Kritiker befürchten, dass ein vermehrter Technikeinsatz zu Lasten der Betreuung durch das Pflegepersonal gehen könnte. Heidi Gabel, Leiterin des Seniorenheims Lutherstift, kann diese Befürchtungen nachvollziehen, betont jedoch, dass es an uns liegt, unseren Werten, den Mitarbeitern, den Angehörigen, der Betriebsführung und dem Gesundheitssystem. Nur weil ein Heim moderne Technik einsetzt, bedeutet dies nicht automatisch eine Entmenschlichung der Pflege.

Ein weiteres Problem ist die Akzeptanz von Robotern durch die Patienten selbst. Nicht jeder Demenzkranke reagiert positiv auf Roboter-Tiere oder andere Assistenzsysteme. Einige Patienten empfinden die Roboter als unpersönlich oder sogar beängstigend. Es ist daher wichtig, dass der Einsatz von Robotern in der Pflege individuell auf die Bedürfnisse und Vorlieben der Patienten abgestimmt wird.

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Die Zukunft der Roboter in der Pflege

Das Statistische Bundesamt prognostiziert, dass im Jahr 2050 rund 40 Prozent der Bevölkerung über 60 Jahre alt sein werden. Eine höhere Lebenserwartung bedeutet auch eine höhere Wahrscheinlichkeit, dass mehr Menschen an Demenz erkranken und pflegebedürftig sein werden. Das Bundesministerium für Gesundheit geht davon aus, dass im Jahr 2030 geschätzt 3,22 Millionen Menschen Pflege benötigen und im Jahr 2050 diese Zahl auf 4,25 Millionen ansteigt.

Um diese Lücken zu schließen, könnten Assistenzsysteme vermehrt eingesetzt werden, die die Mitarbeiter entlasten, die Lebensqualität der Senioren verbessern und Kosten senken. Der neu gewonnene Freiraum könnte den Pflegeberuf attraktiver machen. Es ist gut vorstellbar, dass ein Pfleger in der Zukunft die Senioren im Aufenthaltsraum folgendermaßen begrüßt: "Hallo meine Damen und Herren, heute Nachmittag haben wir als Nachmittagsbeschäftigung für Sie unser Roboterplüschtier Paro, den Therapiehund Mathilda, spielen mit dem Service-Roboter oder gemeinsames Backen."

Katzen-Demenz: Ein Modell für die Alzheimer-Forschung

Interessanterweise können auch Katzen an Demenz erkranken, und ihre Gehirne verändern sich dabei auf ähnliche Weise wie bei Alzheimer-Patienten. Eine neue Studie hat gezeigt, dass sich das Eiweiß Amyloid-Beta in den Synapsen der Katzengehirne ablagert - genau wie bei Alzheimer-Patienten. Diese Erkenntnisse könnten nicht nur Katzen helfen, sondern auch für die Entwicklung neuer Alzheimer-Therapien wichtig sein, da Katzen möglicherweise ein genaueres Modell der Krankheit darstellen als herkömmliche Labortiere.

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