Rosmarin in der Alzheimer-Forschung: Ein natürlicher Hoffnungsträger

Rosmarin, ein aromatisches Kraut, das nicht nur in der Küche, sondern auch in der traditionellen Medizin eine lange Geschichte hat, rückt zunehmend in den Fokus der Alzheimer-Forschung. Bereits im antiken Griechenland trugen Studenten Rosmarinkränze, um ihre Gedächtnisleistung zu verbessern - ein Brauch, der nun durch moderne wissenschaftliche Erkenntnisse eine neue Bedeutung erhält.

Rosmarin: Mehr als nur ein Küchenkraut

In vielen Filmen, die im antiken Griechenland oder im alten Rom spielen, sind Männer mit einem Lorbeerkranz zu sehen, der als Zeichen für ruhmreiche Sieger in Schlachten und im Sport galt oder verdienten Dichtern zur Ehre gereichte. Weniger bekannt ist dagegen der Kranz aus Rosmarin, den die alten Griechen vor großen Prüfungen trugen. Rosmarin (Rosmarinus officinalis) ist also schon seit dem Altertum bekannt und eines der beliebtesten Küchenkräuter. Wer kennt nicht die Zeile mit „Parsley, Sage, Rosemary and Thyme“ (Petersilie, Salbei, Rosmarin und Thymian) des englischen Volkslieds Scarborough Fair, nicht zuletzt bekannt durch die Interpretation von Simon & Garfunkel? Zusammen mit Thymian wird der intensiv riechende Rosmarin in vielen mediterranen Gerichten verwendet, denen er durch seinen harzigen, leicht bitteren Geschmack eine besondere Note verleiht.

Der immergrüne Rosmarin stammt aus dem Mittelmeerraum und ist für den Anbau in Deutschland meist nicht winterhart genug. Für Rosmarin im Garten gibt es vielerlei Verwendungsmöglichkeiten, z.B. für leckere Rosmarin-Kartoffeln. Dafür reicht auch schon ein kleiner Busch im Balkonkasten. Ein weiterer Pluspunkt für den Rosmarin sind seine dekorativen blauen Blüten. Die blaue Blütenfarbe des Rosmarins soll nach einer christlichen Legende so entstanden sein, dass die Heilige Maria ihr blaues Übergewand an den weiß blühenden Strauch gehängt hat, der daraufhin die Blütenfarbe wechselte. Die dunkelgrünen Blätter sehen nadelähnlich aus und fühlen sich ledrig an. Die länglich-spitze Blattform und die feinen Haare an der Blattunterseite lassen erahnen, dass das Heil- und Gewürzkraut ideal an trockene Standorte angepasst ist.

Wer Rosmarin in größerem Umfang anbauen will, muss Ansprüche der Pflanze gut kennen: Er kann generativ über Saatgut (nur in warmem Klima) und vegetativ über Stecklinge vermehrt werden. Er braucht einen frischen, humusreichen und durchlässigen Boden, da er keine Staunässe verträgt. Rosmarin wird gerne von Blatt-, Woll- und Schmierläusen befallen, die ihrerseits Rußtau-Pilzbefall und geschwächte Pflanzen zur Folge haben, die nicht mehr für die Arzneimittel- oder Küchenkraut-Produktion taugen. Auch Milben, Thripse, Spinnmilben und Weiße Fliegen mögen den Geschmack des Rosmarins. Durch ihren Befall verfärben sich die Blätter grau beziehungsweise gelblich und sind ebenfalls nicht mehr weiter verwendbar. Leider ist Rosmarin generell anfällig für viele Pilzkrankheiten. Auch Botrytis oder Grauschimmel kann bei feucht-warmen Bedingungen, wie sie in Gewächshäusern vorkommen, zum Bestandsproblem werden. Wenn der Rosmarin „nadelt“, sind meist Rostpilze die Verursacher. Sie bringen die Blätter zum Verfärben und vorzeitigem Abfallen. Gesunder Rosmarin kann ganzjährig geerntet werden. Normalerwiese werden dazu ganze Äste abgeschnitten, die kleinen Zweige werden hinterher abgetrennt. Die Ernte dient nämlich gleichzeitig auch der Schnittpflege und veranlasst den Rosmarin-Strauch, wieder frische Triebe hervorzubringen. Im großflächigen Anbau werden dann die Zweige kurz gefrostet, damit sich die Blätter leichter abstreifen lassen, oder getrocknet und dann für die Gewürzwerke oder die Pharma-Industrie weiterverarbeitet.

Die wissenschaftliche Basis: Carnosolsäure und ihre Wirkung auf das Gehirn

Neuere Forschungen bestätigen, was die alten Griechen intuitiv anwandten: Der Genuss von Rosmarin kann tatsächlich die Gedächtnisleistung verbessern. Eine Schlüsselrolle spielt dabei die Carnosolsäure, eine antioxidative und entzündungshemmende Verbindung, die in Rosmarin und Salbei vorkommt. Diese Säure zeigt heilende Wirkungen auf die durch Alzheimer verursachten Entzündungen im Gehirn, die als Hauptfaktor für den raschen kognitiven Abbau gelten.

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Wissenschaftler des Scripps Research Instituts haben herausgefunden, dass Carnosolsäure das Gehirn vor schädigenden Radikalen schützt, die Demenz und Alzheimer hervorrufen können. Sie wirkt antioxidativ und aktiviert Enzyme, die das natürliche Abwehrsystem des Körpers bilden. Da reine Carnosolsäure jedoch zu instabil für den Einsatz als Medikament ist, synthetisierten die Forscher eine stabile Form namens diAcCA.

diAcCA: Ein vielversprechendes Pro-Medikament

Die Forscher entwickelten diAcCA, eine di-acetylierte Form der Carnosolsäure, die im Magen vollständig zu Carnosolsäure umgewandelt wird. Sie testeten diese Verbindung an 5xFAD-Mäusen (einem transgenen Mausmodell für Alzheimer) und gesunden Kontrollmäusen. Die Mäuse erhielten über drei Monate dreimal wöchentlich oral entweder diAcCA in verschiedenen Dosierungen (10, 20 oder 50 mg/kg) oder ein Placebo.

Die Ergebnisse der Studie, die im Fachjournal "Antioxidants" veröffentlicht wurden, zeigen, dass diAcCA vielversprechende Ergebnisse in einem Mausmodell der Alzheimer-Krankheit zeigt. Die zentralen Punkte sind:

  • Verbesserte Gedächtnisleistung: Die Gedächtnisleistung der Mäuse verbesserte sich signifikant.
  • Erhöhte synaptische Dichte: Im Gehirn der Mäuse wurde eine höhere Synapsen-Dichte festgestellt, was bedeutet, dass mehr Verbindungen zwischen den Nervenzellen vorhanden waren.
  • Reduzierte Entzündungen im Gehirn: Das Medikament reduzierte die Entzündungen im Gehirn signifikant.
  • Weniger schädliche Proteinaggregate: Es wurden weniger schädliche Proteinablagerungen im Gehirn gefunden.

"Durch die Bekämpfung von Entzündungen und oxidativem Stress mit dieser diAcCA-Verbindung haben wir tatsächlich die Anzahl der Synapsen im Gehirn erhöht", sagt Professor Stuart Lipton, Inhaber des Step Family Foundation Endowed Chair am Scripps Research und klinischer Neurologe in La Jolla, Kalifornien. "Wir haben auch andere fehlgefaltete oder aggregierte Proteine wie phosphoryliertes Tau und Amyloid-β entfernt, die vermutlich Alzheimer auslösen und als Biomarker für den Krankheitsverlauf dienen."

Da Carnosolsäure, das Produkt des diAcCA-Stoffwechsels, auf der GRAS-Liste der FDA steht, könnten klinische Studien am Menschen beschleunigt werden. Lipton hofft, dass diAcCA aufgrund seines Sicherheitsprofils schnell durch klinische Studien gebracht werden kann.

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Rosmarin in der traditionellen Medizin und seine vielfältigen Wirkungen

Rosmarin (Salvia rosmarinus) hat eine lange und bedeutende Geschichte, die bis in die Antike zurückreicht. Bereits die alten Ägypter nutzten ihn für rituelle Zeremonien und als Bestandteil von Einbalsamierungsprozessen. Im römischen Brautstrauß dufteten Myrte, Orangenblüten, Rosmarin, Thymian und Salbei. Heute noch bekommt die Braut in einigen Gegenden Portugals und Italiens Rosmarinblätter in die Schuhe. Im Mittelalter wurde er in Europa nicht nur als Heilpflanze, sondern auch zum Schutz vor bösen Geistern und Krankheiten genutzt. Besonders in Klostergärten spielte Rosmarin eine wichtige Rolle, da Mönche ihn für medizinische Zwecke kultivierten. Nach Deutschland kam Rosmarin im Mittelalter durch Mönche, die ihn in ihren Klostergärten anbauten. Allerdings fehlt es dem Kraut hierzulande meist an ausreichender Winterhärte, um die Winter zu überstehen. Die mehrjährige Pflanze kann zwar bis zu zwei Meter hoch werden, der kultivierte Rosmarin wird meist jedoch nur bis zu einem Meter groß. Rosmarin gehört zu den Lippenblütlern.

Neben den potenziellen Vorteilen für das Gehirn hat Rosmarin auch eine antibakterielle und verdauungsfördernde Wirkung. In der traditionellen Volksheilkunde wird er eingesetzt, um Magen-Darm-Beschwerden wie Blähungen oder Verdauungsschwäche zu lindern. Zudem könnte er durch seine antioxidativen Eigenschaften das Herz-Kreislauf-System schützen und den Blutzuckerspiegel positiv beeinflussen.

Weitere Gewürze und ihre potenziellen Auswirkungen auf die Gehirngesundheit

In ihrer Übersichtsarbeit bewerten sie einige Gewürze, die weltweit am häufigsten konsumiert und in Bezug auf Alzheimer untersucht werden: Safran, Rosmarin, Zimt, Kurkuma und Ingwer. Eine Schlüsselrolle spielen dabei die sogenannten “bioaktiven Substanzen“, die in den Gewürzen enthalten sind. Darunter versteht man Stoffe in Lebensmitteln, die zwar keinen Nährstoffcharakter, aber eine gesundheitsfördernde Wirkung besitzen. In den letzten zehn Jahren sei die Rolle bioaktiver Substanzen als Hilfsmittel zur Behandlung einiger Krankheiten in verschiedenen Studien untersucht worden, so die Autorinnen. Dabei seien die Eigenschaften vieler Gewürze in Tier-Studien mit einer Verbesserung des Gedächtnisses und einer Verringerung der Amyloid-Beta-Anhäufung in Verbindung gebracht worden. Die Gewürze Safran, Rosmarin, Zimt, Kurkuma und Ingwer könnten zudem das Wachstum und die Wiederherstellung von Neuronen bewirken und die motorischen und kognitiven Fähigkeiten verbessern. Ein Problem ist den Autorinnen zufolge, dass es noch keine Grenzwerte für die (tägliche) Aufnahmemenge und keinen Konsens darüber gibt, in welchen Fällen sie angewendet werden sollten.

Auswirkungen von Rosmarin auf Angstzustände, Depressionen und Schlafqualität

Die klinische Pharmakologin Dr. Dabaghzadeh untersuchte nun mit ihren Kollegen der Kerman University of Medical Sciences im Iran, wie sich Rosmarin auf die Gedächtnisleistung, Ängste, Depressionen und Schlafqualität von jungen Erwachsenen (Studenten) auswirkte. Dazu wurden die 68 Teilnehmer in zwei Gruppen unterteilt: eine Gruppe nahm täglich zweimal 500 mg Rosmarin ein, die andere Gruppe erhielt stattdessen ein Placebo. Diese Behandlung wurde einen Monat lang doppelblind durchgeführt. Weder die Studenten, noch die Verteiler der Wirkstoffkapseln wussten, ob jeweils Rosmarin oder das Placebo in den Kapseln enthalten war. In sämtlichen Bereichen verbesserten sich die Werte der Studenten, die Rosmarin eingenommen hatten, gegenüber den Studenten, die das Placebo erhalten hatten.

Zu Beginn der Studie wurden 42 der Studenten als ‚normal‘ ängstlich eingestuft, bei 26 Studenten lagen dagegen Symptome einer mindestens milden Angststörung vor (12 in der Rosmaringruppe, 14 in der Placebogruppe). Nach dem Behandlungsmonat galten nur noch 6 der Studenten der Rosmaringruppe als stärker als normal ängstlich, in der Placebogruppe zeigten dagegen auch weiterhin 14 Studenten Symptome einer Angststörung. Mit Hilfe des Schlaffragebogens wurde der individuellen Schlafqualität ein Wert (von 0 bis 21) zugewiesen. Bei Werten über 5 Punkten wird in man dieser Befragung zu den ‚schlechten‘ Schläfern gezählt. Als gute Schläfer galten zu Studienbeginn 28 Studenten (16 in der Rosmaringruppe, 12 in der Placebogruppe), als schlechte Schläfer insgesamt 40 Studenten (18 in der Rosmaringruppe, 22 in der Placebogruppe). Nach der Behandlung waren nur noch 13 der Rosmarin-Studenten schlechte Schläfer. In der Placebogruppe waren noch 18 Studenten schlechte Schläfer.

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Zusammenfassend deutet die Untersuchung darauf hin, dass Rosmarin, das traditionell in vielen Kulturen zur Entspannung genutzt wird, messbar Ängste und depressive Symptome lindern und die Schlafqualität verbessern kann. Diese Faktoren gemeinsam könnten auch gemeinsam zu der gemessenen Verbesserung von Gedächtnisleistungen geführt haben.

Prävention und ein gesunder Lebensstil als wichtige Säulen

Die Prävention steht bei neurodegenerativen Erkrankungen an erster Stelle - allerdings gibt es keine gezielten Maßnahmen. Einige Faktoren können jedoch das Risiko mindern, an Demenz zu erkranken: Gesunde Ernährung, regelmäßige Bewegung, niedrige Cholesterinspiegel und ein gut eingestellter Blutdruck sind Faktoren, die selbst beeinflusst werden können und eine gute Basis liefern. Die Alzheimer-Erkrankung stellt mittlerweile ein großes Forschungsfeld dar, um geeignete Therapieansätze zu ermitteln. Viele Kandidaten liefern zunächst vielversprechende Daten, erleiden später jedoch herbe Rückschläge.

Mittlerweile gehen Forscher von 14 Risikofaktoren aus, die Alzheimer sowie andere Formen der Demenz begünstigen. Wer alle 14 Punkte berücksichtigt und entsprechend gegensteuert, könne sein Risiko zu erkranken erheblich reduzieren. Zu diesen Faktoren gehören:

  • Erhöhten LDL-Cholesterinspiegel senken
  • Sehkraft erhalten
  • Schwerhörigkeit erkennen und ausgleichen
  • Sich lebenslang weiterbilden
  • Kopfverletzungen so gut wie möglich vermeiden
  • Bluthochdruck vorbeugen beziehungsweise senken
  • Weniger oder gar keinen Alkohol trinken
  • Übergewicht reduzieren
  • Mit dem Rauchen aufhören
  • Stress und Depression richtig behandeln
  • Soziale Kontakte pflegen statt einsam und isoliert leben
  • Luftverschmutzung und Feinstaub meiden
  • Ausreichend bewegen
  • Diabetes-Typ-2 vorbeugen

Auch die Ernährung spielt bei der Vorbeugung von Demenzerkrankungen eine wichtige Rolle. Zu viel Zucker oder Salz können schädlich sein, Obst und Gemüse dagegen können schützend wirken.

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