Das Rückenmark ist ein essentieller Bestandteil des zentralen Nervensystems (ZNS) und dient als Hauptleitungsweg, der das Gehirn mit dem Körper verbindet. Es spielt eine entscheidende Rolle bei der Übertragung von sensorischen Informationen und der Steuerung von Bewegungen. Dieser Artikel beleuchtet die Struktur und Funktion des Rückenmarks, insbesondere den Unterschied zwischen afferenten und efferenten Nervenbahnen.
Einführung in das Rückenmark
Das Rückenmark erstreckt sich vom Foramen magnum im Os occipitale bis zur Höhe des ersten oder zweiten Lendenwirbels. Am unteren Ende verjüngt es sich zum Conus medullaris und endet als dünner Strang, dem Filum terminale. Bei Kindern liegt das Ende des Rückenmarks ungefähr in Höhe des vierten Lendenwirbels. Das Rückenmark ist in verschiedene Regionen unterteilt: Zervikal-, Thorakal-, Lumbal- und Sakralregion. Diese Regionen stimmen jedoch nicht exakt mit den entsprechenden Wirbelniveaus der Wirbelsäule überein, da das Rückenmark kürzer als die Wirbelsäule ist.
Aufbau des Rückenmarks
Im Querschnitt lässt sich das Rückenmark in zwei Hauptbereiche unterteilen:
- Graue Substanz: Ein H-förmiger Bereich im Zentrum, der aus Nervenzellkörpern besteht. Hier befinden sich verschiedene Kerngruppen, darunter mediale, laterale und zentrale Kerngruppen im Vorderhorn.
- Weiße Substanz: Der umgebende Bereich, der aus auf- und absteigenden Bahnen myelinisierter Axone besteht. Diese Bahnen ermöglichen die Kommunikation zwischen Gehirn und Peripherie.
Die Spinalnerven
Seitlich aus dem Wirbelsäulenkanal treten in der Regel 31 Spinalnervenpaare aus. Jeder Spinalnerv enthält sowohl aufsteigende (afferente) als auch absteigende (efferente) Fasern. Kurz vor Eintritt ins oder Austritt aus dem Rückenmark teilt sich der Spinalnerv in die Fasern der auf- und absteigenden Bahnen auf.
Blutversorgung und Meningen
Das Rückenmark wird von zwei Quellen aus mit Blut versorgt: den Wirbelarterien und den Segmentarterien. Genauer gesagt, wird es von einer vorderen und zwei paarigen, hinteren Spinalarterien versorgt. Die Spinalarterien entspringen aus den Aa. vertebrales, der A. cervicalis ascendens, der A. cervicalis profunda, den Aa. intercostales posteriores und den Aa. lumbales. Die A. sulcocommissuralis zweigt von der A. spinalis anterior ab und speist die vorderen zwei Drittel des Rückenmarks.
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Das Rückenmark ist von den Meningen (Hirnhäuten) umhüllt, faserigen Membranen, die es schützen.
Afferente und Efferente Nervenbahnen
Die Nervenfasern im Rückenmark lassen sich in zwei Haupttypen unterteilen: afferente und efferente Fasern.
Afferente Nervenfasern (Sensorische Nerven)
Afferente Nervenfasern, auch sensorische Nerven genannt, leiten Informationen von den Sinnesorganen und anderen Rezeptoren im Körper zum ZNS (Gehirn und Rückenmark). Sie übertragen sensorische Informationen wie Berührung, Temperatur, Schmerz und Druck. Im Rückenmark verlaufen diese Fasern in aufsteigenden Bahnen zur Weiterleitung ins Gehirn.
Funktionsweise:
- Rezeptoren: Sinnesrezeptoren nehmen Reize aus der Umwelt oder dem Körperinneren auf.
- Übertragung: Die afferenten Nervenfasern leiten diese Informationen als elektrische Signale zum Rückenmark.
- Weiterleitung: Im Rückenmark werden die Signale über aufsteigende Bahnen zum Gehirn transportiert, wo sie verarbeitet und interpretiert werden.
Beispiele:
- Wenn du einen heißen Gegenstand berührst, senden afferente Nervenfasern Schmerzsignale an dein Gehirn.
- Afferente Nervenfasern informieren das Gehirn über die Position deiner Gliedmaßen (Propriozeption).
Efferente Nervenfasern (Motorische Nerven)
Efferente Nervenfasern, auch motorische Nerven genannt, leiten Befehle vom Gehirn und Rückenmark zu den Muskeln und Drüsen im Körper. Sie ermöglichen die Steuerung von Bewegungen und die Regulation von Körperfunktionen. Im Rückenmark verlaufen diese Fasern in absteigenden Bahnen zur Weiterleitung an die entsprechenden Zielorgane.
Funktionsweise:
- ZNS: Das Gehirn oder Rückenmark generiert einen Befehl zur Ausführung einer bestimmten Aktion.
- Übertragung: Die efferenten Nervenfasern leiten diesen Befehl als elektrisches Signal zu den Muskeln oder Drüsen.
- Reaktion: Die Muskeln kontrahieren sich (Bewegung) oder die Drüsen setzen Substanzen frei (Regulation).
Beispiele:
- Wenn du deine Hand heben möchtest, senden efferente Nervenfasern Signale an die Muskeln in deinem Arm, die sich daraufhin zusammenziehen.
- Efferente Nervenfasern steuern die Herzfrequenz und die Atmung.
Somatische und Viszerale Efferente Nerven
Die efferenten Nerven lassen sich in zwei Hauptklassen unterteilen:
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- Somatische Efferente Nerven: Diese Nerven steuern die Skelettmuskulatur und ermöglichen willkürliche Bewegungen.
- Viszerale Efferente (Autonome) Nerven: Diese Nerven steuern die glatte Muskulatur, den Herzmuskel und die Drüsen. Sie regulieren unbewusste Funktionen wie Herzfrequenz, Atmung und Verdauung.
Zusammenspiel von Afferenten und Efferenten Nerven
Afferente und efferente Nerven arbeiten eng zusammen, um eine schnelle und effiziente Reaktion auf Veränderungen in der Umgebung zu ermöglichen. Dieser Prozess wird oft als Reflexbogen bezeichnet.
Beispiel: Der Kniesehnenreflex
- Reiz: Ein Schlag auf die Patellasehne dehnt den Muskel.
- Afferente Nerven: Dehnungsrezeptoren in der Muskelspindel erfassen die Dehnung und senden Signale über afferente Nervenfasern zum Rückenmark.
- Rückenmark: Im Rückenmark wird das Signal direkt auf ein motorisches Neuron umgeschaltet.
- Efferente Nerven: Das motorische Neuron sendet ein Signal über efferente Nervenfasern zum Muskel.
- Reaktion: Der Muskel kontrahiert sich, und das Bein schnellt nach vorne.
Dieser Reflexbogen ermöglicht eine schnelle Reaktion ohne Beteiligung des Gehirns.
Klinische Bedeutung
Schädigungen des Rückenmarks oder der auf- und absteigenden Bahnen können zu einer Vielzahl von neurologischen Ausfällen führen.
- Tumore: Tumore, die auf das Rückenmark drücken oder sich innerhalb des Marks befinden, können die Nervenbahnen schädigen.
- Querschnittslähmung: Eine komplette Querschnittslähmung kann durch eine Schädigung eines gesamten Rückenmarksabschnittes ausgelöst werden, wodurch alle auf- und absteigenden Bahnen unterbrochen werden.
- Amyotrophe Lateralsklerose (ALS): Eine neurodegenerative Erkrankung, die sowohl die oberen als auch die unteren Motoneurone betrifft und zu Muskelschwäche führt.
- Multiple Sklerose: Eine chronisch-entzündliche Autoimmunerkrankung, die zur Demyelinisierung des ZNS führt und neurologische Symptome wie Sehstörungen, motorische Funktionsstörungen und Sensibilitätsstörungen verursacht.
- Bandscheibenvorfall: Ein Bandscheibenvorfall kann auf das Rückenmark drücken und neurologische Ausfallerscheinungen verursachen.
- Myelitis: Eine seltene Erkrankung mit meist immunologischen oder allergischen Ursachen, die zu einer Entzündung des Rückenmarks führt.
Diagnostische Verfahren
Zur Beurteilung von Erkrankungen des Rückenmarks stehen verschiedene diagnostische Verfahren zur Verfügung:
- Magnetresonanztomographie (MRT): Ermöglicht die detaillierte Darstellung des Rückenmarks und umliegender Strukturen.
- Computertomographie (CT): Kann knöcherne Strukturen und Verletzungen der Wirbelsäule darstellen.
- Lumbale Spinalpunktion: Entnahme von Liquor zur Untersuchung auf Entzündungen, Infektionen oder andere Erkrankungen des ZNS.
- Neurologische Untersuchung: Umfasst die Prüfung von Reflexen, Muskelkraft und Sensibilität.
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