Vorhofflimmern ist eine häufige Herzrhythmusstörung, die das Risiko für Schlaganfälle deutlich erhöht. Eine gängige Behandlungsmethode zur Reduktion dieses Risikos ist die Einnahme von blutverdünnenden Medikamenten. Für Patienten, die diese Medikamente nicht vertragen oder bei denen sie kontraindiziert sind, stellt der Vorhofohrverschluss eine vielversprechende Alternative dar.
Was ist das Vorhofohr und warum ist es relevant?
Der Mensch hat nicht nur Ohren am Kopf, sondern auch am Herzen. Genauer gesagt, handelt es sich um kleine, beutelförmige Ausstülpungen an den beiden Vorhöfen des Herzens, die als Herzohren oder Vorhofohren bezeichnet werden. Insbesondere das linke Vorhofohr kann bei Vorhofflimmern zu Problemen führen.
„Die Funktion der Herzohren sind nach wie vor nicht ganz klar“, erklärt Felix J. Woitek, Oberarzt der Klinik für Innere Medizin und Kardiologie am Herzzentrum Dresden Universitätsklinik. „Fest steht aber, dass Herzrhythmusstörungen Auswirkungen auf den Blutfluss in diesem Bereich haben. Das fördert die Bildung von Blutgerinnseln.“
Bei Vorhofflimmern schlägt das Herz unregelmäßig, was zu einem verlangsamten Blutfluss, insbesondere im linken Vorhofohr, führt. Infolgedessen können sich dort Blutgerinnsel bilden. Lösen sich diese Gerinnsel, können sie in die Blutbahn gelangen und Arterien verstopfen, was zu einem Schlaganfall oder, in geringerem Ausmaß, zu einem Herzinfarkt führen kann. Studien haben gezeigt, dass mehr als 90 Prozent der Blutgerinnsel bei Vorhofflimmern im linken Vorhofohr entstehen.
Vorhofflimmern und sein Zusammenhang mit Schlaganfällen
Vorhofflimmern ist eine Herzrhythmusstörung, die vorübergehend oder dauerhaft auftreten kann. Das Herz gerät dabei außer Takt und schlägt unregelmäßig. Besonders in den Vorhöfen besteht keine normale Pumpfunktion mehr und es kommt zu einem stark verlangsamten Blutfluss und zur Gerinnselbildung insbesondere im Vorhofohr.
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Vorhofflimmern ist gut behandelbar. Wird Vorhofflimmern in einem frühen Stadium bemerkt, lässt es sich mit Medikamenten, Elektroschocks oder einem Kathetereingriff behandeln. Je länger es aber unentdeckt bleibt, desto schwerer wird es, den normalen Herzrhythmus wiederherzustellen. Und behandelt werden sollte es auf alle Fälle, da zeigt allein ein Blick in die Statistik: Das Risiko einen Schlaganfall zu erleiden, ist für Patienten mit Vorhofflimmern fünffach höher als für Menschen ohne diese Herzrhythmusstörung. Es wird geschätzt, dass Vorhofflimmern für etwa 15 Prozent aller Schlaganfälle verantwortlich ist.
Der Vorhofohrverschluss: Eine Alternative zur Blutverdünnung
Um die Gerinnselbildung und damit Schlaganfälle zu vermeiden, nutzen Mediziner bei Patienten mit Vorhofflimmern abhängig von weiteren Risikofaktoren eine Therapie mit blutverdünnenden Medikamenten. „Doch das geht nicht bei jedem Betroffenen, beispielsweise bei jenen, die wegen einer Begleiterkrankung bereits ein hohes Blutungsrisiko haben“, sagt Dr. Woitek.
Hier kommt der Vorhofohrverschluss ins Spiel. Dieses Verfahren stellt eine mechanische Alternative zur medikamentösen Blutverdünnung dar. Dabei wird das Vorhofohr per Stöpsel-Prinzip verschlossen.
Konkret bedeutet dies, dass ein kleines Schirmchen (Okkluder) katheterinterventionell in das Vorhofohr eingebracht wird, um es dauerhaft zu verschließen. Dadurch wird verhindert, dass Blutgerinnsel aus dem Vorhofohr in den Blutkreislauf gelangen und einen Schlaganfall auslösen können.
Der Ablauf des Vorhofohrverschlusses
Der Vorhofohrverschluss ist ein minimalinvasiver Eingriff, der in der Regel etwa eine Stunde dauert.
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- Vorbereitung: Vor dem Eingriff werden Blutuntersuchungen durchgeführt und das Vorhofohr mittels Computertomographie (CT) des Herzens oder einer Ultraschalluntersuchung von der Speiseröhre aus (transösophageale Echokardiographie, TEE) dargestellt, um sicherzustellen, dass es frei von Gerinnseln ist.
- Eingriff: Unter leichter Narkose wird ein Katheter über die Leistenvene in den rechten Herzvorhof eingeführt. Anschließend wird die Vorhofscheidewand punktiert, um in den linken Herzvorhof und das Vorhofohr zu gelangen.
- Platzierung des Okkluders: Mittels Röntgen und Ultraschall wird das Vorhofohr ausgemessen und die optimale Größe des Okkluders bestimmt. Das Vorhofohrverschluss-System („Okkluder“) wird dann über den Katheter in das Vorhofohr vorgeschoben, dort entfaltet und in der Herzwand verankert.
- Abschluss: Nach Prüfung der Position und Stabilität des Okkluders wird das Kathetermaterial entfernt und die Punktionsstelle mit einer Naht und einem Druckverband verschlossen.
Nach einiger Zeit überzieht körpereigenes Gewebe das Schirmchen, sodass das Vorhofohr komplett verschlossen ist und keine Blutgerinnsel mehr in die Blutbahn gelangen können. Dann ist es auch möglich, die gerinnungshemmenden Medikamente abzusetzen.
Vorteile des Vorhofohrverschlusses
- Schlaganfallprävention: Der Vorhofohrverschluss bietet eine wirksame Schlaganfallprävention, die mit der von blutverdünnenden Medikamenten vergleichbar ist.
- Reduzierung von Blutungsrisiken: Im Vergleich zur langfristigen Einnahme von Antikoagulantien reduziert der Vorhofohrverschluss das Risiko von Blutungskomplikationen deutlich. Nach einem Vorhofohrverschluss reduziert sich das jährliche Blutungsrisiko um bis zu 70 Prozent.
- Verbesserte Lebensqualität: Nach erfolgreichem Vorhofohrverschluss können viele Patienten ihre blutverdünnenden Medikamente absetzen und somit die damit verbundenen Einschränkungen und Risiken vermeiden. Nach einer kurzen Karenz von circa einer Woche kann man wieder Sport treiben und sich belasten. Nach einem Vorhofohrverschluss ist ein unbeschwertes Leben möglich.
Risiken und Komplikationen
Wie bei jedem Eingriff in den Körper, insbesondere bei Eingriffen am Herzen, lassen sich Komplikationen auch bei einem Vorhofohrverschluss nicht vollständig ausschließen.
Zu den möglichen Komplikationen gehören:
- Blutungskomplikationen in der Leistengegend
- Herzinfarkt oder Schlaganfall während des Eingriffs
- Verrutschen oder Lösen des Okkluders nach dem Eingriff
Mittlerweile liegt das Risiko relevanter Komplikationen in geübter Hand nur noch bei etwa zwei bis drei Prozent.
Auswahl des geeigneten Schirmchens
Es gibt zahlreiche verschiedene Verschluss-Schirme in unterschiedlichen Größen. Jeder zugelassene Schirm ist in entsprechenden Studien geprüft und sicher.
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Fast alle sind sogenannte Doppelschirme, bei denen sich zwei Scheiben in beiden Vorhöfen befinden, die miteinander durch das Loch hindurch durch eine „Nabe“ verbunden sind und die Wände des PFO „nietenähnlich“ zusammenhalten.
Man unterscheidet die Gruppe der Amplatzer-artigen Schirme von anderen: Erstere sind nach ihrem Erfinder, dem österreichisch-amerikanischen Kurt Amplatz benannt. Sie bestehen aus einer Vielzahl von Nitinol-Drähten (Nickel-Titan-Legierung mit Memory-Effekt bei 37 Grad) und aus zwischen ihnen liegenden dünnen Gewebeflächen (Polyester und andere). Sie werden heute von verschiedenen Firmen (Abbott-Amplatzer, Occlutech-Figulla, Lifetech-CeraFlex etc.) hergestellt und unterscheiden sich nur in Details, die man unterschiedlich betonen kann.
Wichtig ist, dass der Schirm in Art und Größe zu Ihrem Herzen, besser in Ihr Herz, passt und das Loch verschließt.
Nachsorge und Verhalten nach dem Eingriff
Im Regelfall ist mit einem Krankenhausaufenthalt von drei bis vier Tagen zu rechnen. Danach sollte die Punktionsstelle für etwa eine Woche geschont werden. Von schwerem Heben oder zu starkem Pressen beim Stuhlgang ist in dieser Zeit abzuraten.
Wurden vor dem Eingriff Blutverdünner eingenommen, werden diese in den meisten Fällen abgesetzt. Dafür werden für begrenzte Zeit Acetylsalicylsäure („ASS“) und Clopidogrel verschrieben, um das Schlaganfallrisiko weiter zu senken.
In den ersten sechs Monaten nach der Implantation sollten Sie die von Ihren Ärzten empfohlenen Kontrollen wahrnehmen, die Ihnen verordneten Medikamente zur Blutverdünnung (meist ASS und Clopidogrel) gewissenhaft einnehmen und bei bestimmten notwendigen medizinischen und zahnärztlichen Eingriffen prophylaktisch ein Antibiotikum einnehmen.
Danach ist nichts Besonderes mehr zu beachten, was man nicht sowieso bei einer bewusst gesunden Lebensweise zu beachten hätte.
Für wen ist der Vorhofohrverschluss geeignet?
Der Vorhofohrverschluss ist besonders geeignet für Patienten mit Vorhofflimmern,
- die ein hohes Schlaganfallrisiko haben,
- bei denen eine langfristige Behandlung mit blutverdünnenden Medikamenten nicht möglich ist (z. B. aufgrund von Blutungsrisiken oder Kontraindikationen),
- die eine Alternative zur medikamentösen Therapie suchen.
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