Schlaganfall und Alzheimer: Ursachen, Folgen und Prävention

Jährlich erleiden in Deutschland mehr als 165.000 Menschen einen Schlaganfall. Statistisch gesehen ist der Schlaganfall damit die dritthäufigste Todesursache. Ein Schlaganfall kann weitreichende Folgen für das weitere Leben haben. Die Zusammenhänge zwischen Demenzerkrankungen und Schlaganfall werden seit Jahren intensiv erforscht. Umgekehrt kann Demenz als Folge eines Schlaganfalls auftreten. Alzheimer-Patienten haben ein deutlich erhöhtes Risiko für Schlaganfälle.

Demenz und Schlaganfall: Ein Überblick

Es gibt verschiedene Formen von Demenz. Die vaskuläre Demenz ist mit etwa 15 Prozent aller Demenzerkrankungen die zweithäufigste Form nach der Alzheimer-Demenz. Schätzungsweise 0,3 Prozent der Bevölkerung ist an vaskulärer Demenz erkrankt.

Was ist vaskuläre Demenz?

Vaskuläre Demenz ist ein Überbegriff für Erkrankungen, bei denen die Funktion des Gehirns beeinträchtigt wird. Der Begriff „vaskulär“ leitet sich vom lateinischen Wort „vas“ für „Gefäß“ ab und bedeutet „die Blutgefäße betreffend“. Gemeinsame Ursache dieser Erkrankungen ist eine Veränderung in der Hirn-Durchblutung: Wenn sie eingeschränkt ist, können die Nervenzellen im Gehirn nicht mehr wie gewohnt arbeiten und erleiden bleibende Schäden, die unter anderem zu Gedächtnisverlusten und Konzentrationsstörungen führen können.

Ursachen der vaskulären Demenz

Vaskuläre Demenz entsteht aufgrund von Durchblutungsstörungen im Gehirn. Ursachen hierfür können Ablagerungen in Blutgefäßen, Blutgerinnsel oder Hirnblutungen auch in kleinerem Umfang sein. Diese können dazu führen, dass Bereiche des Gehirns mit zu wenig Sauerstoff versorgt werden. Hierdurch können Hirnzellen in unterschiedlichen Bereichen des Gehirns geschädigt werden oder absterben. Das Risiko für eine vaskuläre Demenz kann steigen, wenn das Herz-Kreislaufsystem beeinträchtigt ist. Krankhafte Veränderungen in den kleinsten Blutgefäßen im Gehirn können Schlaganfälle und Demenz auslösen. Ist die Durchblutung in den kleinsten Blutgefäßen des Gehirns gestört, können Schlaganfälle entstehen. Zudem sind diese „Kleinstgefäß-Erkrankungen“ im Gehirn für einen großen Anteil der durchblutungsbedingten Demenzfälle verantwortlich. Man nennt sie zerebrale Mikroangiopathien.

Unterkategorien der vaskulären Demenz

Bei den vaskulären Demenzen lassen sich drei hauptsächliche Unterkategorien unterscheiden:

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  1. Vaskuläre Demenz nach Schlaganfall: Eine der häufigsten Arten von vaskulärer Demenz ist jene, die nach einem akuten Schlaganfall auftritt. Durch das Blutgerinnsel, das sich im Gehirn gebildet hat, können Nervenzellen geschädigt werden, so dass die Patientinnen und Patienten dauerhafte Einschränkungen in der Gehirnleistung davontragen. Nach bis zu 30 Prozent der Schlaganfälle treten solche Einschränkungen auf; oft auch Wochen oder sogar Monate nach dem Schlaganfall. Bei etwa 300.000 Schlaganfällen, die allein in Deutschland pro Jahr auftreten, ergibt das eine hohe Zahl von Betroffenen.
  2. Zerebrale Mikroangiopathien: Die zerebralen Mikroangiopathien entstehen schleichend. Über Jahre und Jahrzehnte hinweg verengen sich kleine Blutgefäße im Gehirn - oft handelt es sich um mikroskopisch kleine Gefäße -, so dass die Patientinnen und Patienten zunächst noch keinerlei Einschränkungen wahrnehmen. Im Alter von 40 Jahren kann es zu den ersten Verengungen kommen, die aber erst jenseits des 60. Lebensjahres spürbare Folgen zeigen. Zu diesem späten Zeitpunkt ist dann eine Therapie schwierig, weil viele Schädigungen schon eingetreten sind. Das Risiko von Mikroangiopathien, die etwa 20-30 Prozent aller Demenzfälle ausmachen, lässt sich durch eine gezielte Prävention verringern.
  3. Genetische Ursachen: In ausgesprochen seltenen Fällen haben die zerebralen Mikroangiopathien auch genetische Ursachen. Dabei kommt es oft schon zwischen dem 30. und 40. Lebensjahr zu ersten Symptomen.

Symptome der vaskulären Demenz

Bei vaskulärer Demenz können zu Beginn vor allem Probleme mit Aufmerksamkeit, verlangsamtem Denken sowie Persönlichkeitsveränderungen auftreten. Dazu können Gangstörungen oder Kontrollverluste der Blase sowie Probleme mit der Sprache kommen. Auch Gedächtnisstörungen können auftreten, stehen aber zu Beginn nicht immer im Vordergrund. Die Symptome können plötzlich, schleichend oder schrittweise auftreten. Je nach Ursache und betroffenem Hirnbereich können die Symptome sehr unterschiedlich sein.

Betroffene können:

  • sich Informationen nur sehr kurzfristig merken.
  • sich lange und komplexe Informationen nicht merken, weil sie ihre Aufmerksamkeit nur wenige Sekunden oder Minuten auf den Inhalt richten können.
  • Informationen / Erinnerungen, die lange zurückliegen, nicht mehr abrufen.
  • neue Informationen, die nach der Hirnschädigung aufgenommen wurden, nicht mehr richtig abrufen.
  • sich Informationen, die für die Zukunftsplanung relevant sind (Termine, Erledigungen, Ereignisse), nicht merken.

Diagnose der vaskulären Demenz

Um festzustellen, ob überhaupt eine Demenz vorliegt, werden zunächst die Symptome und deren Verlauf erfasst. Dies gibt möglicherweise schon Hinweise, ob es sich um eine vaskuläre Demenz handelt. Um diese festzustellen werden zunächst das Herz-Kreislauf-System sowie neurologische Funktionen, zum Beispiel der Gleichgewichtssinn, untersucht. Blutuntersuchungen können Hinweise auf Risikofaktoren für Durchblutungsstörungen geben. Mit bildgebenden Verfahren wie CT (Computertomographie) oder MRT (Magnetresonanztomographie) können Veränderungen im Gehirn festgestellt werden. Bei einem Verdacht auf eine vaskuläre Demenz wird vor allem das Herz-Kreislauf-System untersucht, also Blutdruck, Herzgeräusche und Herzgröße. Ebenso wichtig ist der neurologische Status, der die Koordination, Motorik, den Tastsinn und den Gleichgewichtssinn umfasst. Medizinische Demenztests dienen der Beurteilung der geistigen Leistungsfähigkeit. Dabei werden bestimmte geistige Leistungsbereiche, wie Gedächtnis und die Konzentrationsfähigkeit getestet.

Vaskuläre Demenz vs. Alzheimer

Dass vaskuläre Veränderungen - also Probleme mit der Durchblutung des Gehirns - auch bei der Alzheimer-Demenz eine Rolle spielen, gilt in der Forschung inzwischen als gesichert. Um 20 Prozent geringer ist bei Alzheimer-Patienten die Hirndurchblutung.

Risikofaktoren für Schlaganfall und Demenz

Ein wesentlicher Risikofaktor für einen Schlaganfall und damit auch für eine Demenz ist der Bluthochdruck. Nur die Hälfte aller Menschen, die einen zu hohen Blutdruck haben, wissen überhaupt davon. Von diesen sind wiederum nur die Hälfte in Behandlung und wiederum nur die Hälfte erhalten eine passende Therapie. Das gilt sowohl für die Zahl der Schlaganfälle als auch für die Folgeerkrankung Demenz.

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Weitere Risikofaktoren sind:

  • Erhöhtes Cholesterin: Erhöhtes Cholesterin - vor allem bei Menschen unter 65 - kann die Ablagerung von schädlichen Proteinen wie Amyloid-beta und verändertem Tau im Gehirn fördern, beides typische Merkmale der Alzheimer-Krankheit. Zudem belastet zu viel Cholesterin die Blutgefäße. Das steigert das Risiko für Schlaganfälle und damit auch für eine vaskuläre Demenz.
  • Depression: Anhaltende Niedergeschlagenheit, sozialer Rückzug und mangelnde Selbstfürsorge belasten nicht nur die Seele - sondern auch das Gehirn.
  • Kopfverletzungen: Ein Sturz, eine Schlag, ein Zusammenprall - Schwere oder wiederholte Kopfverletzungen erhöhen das Risiko für Demenzerkrankungen wie Alzheimer und die chronisch-traumatische Enzephalopathie (CTE).
  • Bewegungsmangel: Wer sich im Alltag kaum bewegt, erhöht sein Risiko, an einer Demenz zu erkranken. Bewegungsmangel beeinträchtigt die Durchblutung des Gehirns, schwächt Nervenzellen und begünstigt den geistigen Abbau.
  • Diabetes: Typ-2-Diabetes zählt zu den am besten belegten Risikofaktoren für Demenz.
  • Rauchen: Rauchen erhöht das Risiko für Alzheimer und vaskuläre Demenz - vor allem durch die negativen Auswirkungen auf Herz, Gefäße und Gehirn.
  • Übergewicht: Übergewicht - besonders im mittleren Lebensalter- erhöht das Risiko, später an einer Demenz zu erkranken. Das gilt nicht nur für Alzheimer, sondern auch für vaskuläre Demenz.
  • Alkohol: Wer regelmäßig viel Alkohol trinkt, riskiert mehr als einen Kater. Studien zeigen: Schon mehr als drei Liter Bier oder zwei Liter Wein pro Woche führt zum Verlust der grauen Masse im Gehirn und damit zu einem höheren Risiko für alle Formen der Demenz.
  • Soziale Isolation: Soziale Isolation bedeutet, dass ein Mensch nur selten Kontakt zu anderen hat - zum Beispiel, wenn er allein lebt, kaum Besuch bekommt oder nicht mehr aktiv am gesellschaftlichen Leben teilnimmt. Eine solche Isolation kann das Risiko erhöhen, an Demenz zu erkranken.
  • Luftverschmutzung: Was wir einatmen, kann auch unser Gehirn erreichen. Feine Partikel aus Abgasen, Industrie, Holz- und Kohleöfen können Entzündungen auslösen, die Gefäße schädigen und langfristig die geistige Gesundheit beeinträchtigen.
  • Sehschwäche: Sehen ist mehr als nur ein Sinn - es ist geistige Anregung. Wenn das Sehvermögen nachlässt und nicht ausgeglichen wird, gehen dem Gehirn wichtige Reize verloren.

Besonders wichtig: Wenn mehrere Risikofaktoren gleichzeitig vorliegen, erhöht sich das Demenzrisiko deutlich.

Prävention von Schlaganfall und Demenz

Da die Gefahr einer vaskulären Demenz mit jedem Schlaganfall steigt, ist es vor allem wichtig, das Risiko weiterer Schlaganfälle durch eine gesunde Lebensweise zu verringern. Einer vaskulären Demenz beugt man vor, indem man einem Schlaganfall vorbeugt.

Dazu gehört unter anderem:

  • Eine ausgewogene Ernährung
  • Regelmäßige Bewegung
  • Nichtrauchen
  • Ggf. die regelmäßige Einnahme verschriebener Medikamente
  • Geistige Anregung in jungen Jahren schützt das Gehirn - besonders durch den Aufbau sogenannter kognitiver Reserven.
  • Regelmäßige Kontrolle und Behandlung von Risikofaktoren wie Bluthochdruck, Diabetes und erhöhten Cholesterinwerten.

Positiv ist: Wer an einer Stelle ansetzt, kann oft mehrere Risiken gleichzeitig verringern.

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Therapie der vaskulären Demenz

Eine vaskuläre Demenz ist nicht heilbar. Die im Gehirn entstandenen Schäden können nicht rückgängig gemacht werden. Ziel der Therapie ist es, weiteren Schäden vorzubeugen und eine Verschlimmerung der Beschwerden aufzuhalten, beziehungsweise zu verlangsamen.

Medikamentöse Therapie

Bei der vaskulären Demenz werden Durchblutungsstörungen im Gehirn mit blutverdünnenden Medikamenten behandelt. So kann weiteren Schlaganfällen vorgebeugt werden. Bluthochdruck, erhöhter Cholesterinspiegel und erhöhter Blutzucker können ebenfalls medikamentös behandelt werden.

Nicht-medikamentöse Therapie

Da die Symptome einer vaskulären Demenz sehr unterschiedlich sein können, ist die Behandlung sehr individuell. Es gibt verschiedene Ansätze, eine vaskuläre Demenz ohne Medikamente zu behandeln. Behandlungsmöglichkeiten wie Physiotherapie, Ergotherapie oder Logopädie können helfen, die kognitiven Fähigkeiten und somit die Lebensqualität der Patientin oder des Patienten zu verbessern. Auch Musiktherapie, Erinnerungsarbeit und Krankengymnastik können Betroffenen helfen. Vaskuläre Demenz kann mit Gesprächen (kognitive Stimulation) oder Erinnerungsarbeit (autobiographische Arbeit) behandelt werden. Körperliche Betätigung oder Kunsttherapie können geeignete Behandlungsmethoden darstellen.

Forschung

Die Hoffnung für eine künftige Therapie der vaskulären Demenz richtet sich derzeit unter anderem auf die sogenannten Astrozyten. Diese Sternzellen haben ihren Namen nach ihrer Form bekommen: Unter dem Mikroskop sehen sie mit ihrem kleinen Zellkörper und dessen vielen Verästelungen wie ein Christbaumstern aus. Sie liegen im Gehirn direkt neben den Nervenzellen und gehen mit ihnen eine regelrechte Symbiose ein: Sie versorgen sie mit allem, was sie brauchen - sie wissen also gewissermaßen, wie man Nervenzellen am Leben hält. Wenn die Forschung die Funktionsweise dieser Sternzellen besser versteht, so die Hoffnung, kann sie daraus Hinweise generieren, wie sich die Nervenzellen beeinflussen und stimulieren lassen. Um tiefere Einblicke in die Mechanismen der vaskulären Demenz zu bekommen, haben Forschende des DZNE unter anderem eine große klinische Studie aufgelegt. Sie heißt DEMDAS (DZNE - Mechanismen der Demenz nach Schlaganfall); in ihr werden 600 Patientinnen und Patienten an den Standorten Berlin, Bonn, Göttingen, Magdeburg und München über mehrere Jahre hinweg begleitet und immer wieder intensiv untersucht.

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