Ein Schlaganfall ist nicht nur eine Erkrankung, die Erwachsene betrifft, sondern kann auch bei Babys und Kindern auftreten. Obwohl seltener als bei Erwachsenen, ist es wichtig, die Ursachen, Symptome und Behandlungsmöglichkeiten eines Schlaganfalls bei Babys zu kennen, um eine frühzeitige Diagnose und Behandlung zu gewährleisten.
Was ist ein Schlaganfall?
Ein Schlaganfall, auch Apoplexie oder Hirnschlag genannt, ist eine Durchblutungsstörung im Gehirn. Diese Störung kann durch einen Verschluss eines Blutgefäßes (ischämischer Schlaganfall) oder durch eine Blutung im Gehirn (hämorrhagischer Schlaganfall) verursacht werden. In beiden Fällen wird das Gehirn nicht ausreichend mit Sauerstoff und Nährstoffen versorgt, was zu Schäden an den Gehirnzellen führen kann.
Häufigkeit von Schlaganfällen bei Babys und Kindern
In Deutschland erleiden jährlich etwa 300 bis 500 Kinder und Jugendliche zwischen dem 29. Lebenstag und dem 18. Lebensjahr einen Schlaganfall. Schätzungsweise 100 Babys erleiden in Deutschland rund um die Geburt einen Schlaganfall. Die Dunkelziffer ist jedoch vermutlich höher, da die Diagnose bei Kindern oft schwierig ist und nicht alle Schlaganfälle bei Kindern als solche erkannt werden.
Ursachen von Schlaganfällen bei Babys
Die Ursachen für Schlaganfälle bei Babys sind vielfältig und unterscheiden sich oft von denen bei Erwachsenen. Während bei Erwachsenen häufig der Lebenswandel für die Durchblutungsstörung im Gehirn verantwortlich ist, sind die möglichen Ursachen bei Babys und Kindern vielschichtig. Sie bedürfen einer eingehenden, fachübergreifenden Untersuchung, um die individuelle Ursache zu finden.
Ein großer Teil der kindlichen Schlaganfälle tritt vor bzw. während der Geburt auf. Mögliche Ursachen für Schlaganfälle bei Babys sind:
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- Komplizierte Geburt: Eine schwierige Geburt, wie z.B. eine Zangengeburt, kann die Entstehung eines Schlaganfalls begünstigen.
- Frühgeburtlichkeit: Frühgeborene haben oft sehr fragile und empfindsame Gefäße, was das Risiko eines Schlaganfalls erhöht.
- Angeborene Herzfehler: Angeborene Herzfehler können die Bildung von Blutgerinnseln erleichtern, die dann die Blutgefäße im Gehirn verstopfen können.
- Gerinnungsstörungen: Angeborene oder erworbene Gerinnungsstörungen können das Risiko von Blutgerinnseln erhöhen. Eine genetische Veranlagung kann eine dieser Faktoren sein. Mutierte Gene der so genannten Blutgerinnungsfaktoren II oder V (Leiden) erhöhen die Gerinnungsneigung.
- Gefäßfehlbildungen: Angeborene Gefäßmissbildungen wie Aneurysmen oder Blutschwämmchen können im Gehirn freie Blutungen verursachen, die zu Störungen der Nervenversorgung führen.
- Infektionen: Infektionskrankheiten können Entzündungen der Blutgefäße verursachen, die zu Durchblutungsstörungen führen können.
- Autoimmunerkrankungen: Bei Autoimmunerkrankungen attackiert das Immunsystem die Gehirngefäße, was zu Gefäßentzündungen und Durchblutungsstörungen führen kann.
- Hirntumore: Ein Hirntumor kann Nerven abdrücken und einen Schlaganfall hervorrufen.
- Genetische Faktoren: Verschiedene genetische Faktoren können das Risiko eines Schlaganfalls erhöhen. Mutationen in Genen, die die Blutgerinnung, das Bindegewebe oder den Blutfarbstoff Hämoglobin regulieren, können zu Gefäßverschlüssen oder Hirnblutungen führen.
Symptome eines Schlaganfalls bei Babys
Die Symptome eines Schlaganfalls bei Babys können vielfältig sein und hängen von der Stärke, Ursache und dem betroffenen Hirnareal ab. Da Babys sich oft nicht mitteilen können, ist es wichtig, auf subtile Anzeichen zu achten. Mögliche Symptome sind:
- Krampfanfälle: Plötzlich auftretende Krampfanfälle können ein Zeichen für einen Schlaganfall sein.
- Bewegungsstörungen: Eine unerwartet auftretende Störung des Bewegungsablaufes, wie z.B. das Nachziehen eines Beines oder eine einseitige Schwäche, kann auf einen Schlaganfall hindeuten.
- Auffälliges Bewegungsmuster der Arme und Beine: Ein unregelmäßiges oder ungewöhnliches Bewegungsmuster der Arme und Beine kann ein Warnsignal sein.
- Einseitige Lähmung (Hemiparese): Eine Lähmung einer Körperseite kann ein Symptom eines Schlaganfalls sein.
- Veränderungen des Bewusstseins: Bewusstseinsstörungen, wie z.B. eine verminderte Aufmerksamkeit oder Teilnahmslosigkeit, können auftreten.
- Atemprobleme: Eine unregelmäßige Atmung kann ein Zeichen für einen Schlaganfall sein, insbesondere wenn der Hirnstamm betroffen ist.
- Fütterprobleme: Schwierigkeiten beim Saugen oder Schlucken können auf neurologische Probleme hindeuten.
- Übermäßiges Schreien oder Reizbarkeit: Plötzliche und unerklärliche Veränderungen im Verhalten des Babys, wie z.B. übermäßiges Schreien oder Reizbarkeit, können ein Warnsignal sein.
- Hinweis darauf geben, dass ein Kleinkind zum Beispiel einen Arm nicht richtig einsetzt oder Schwierigkeiten hat, laufen zu lernen.
Bei älteren Kindern können zusätzlich folgende Symptome auftreten:
- Sprachstörungen: Schwierigkeiten beim Sprechen oder Verstehen von Sprache können auf einen Schlaganfall hindeuten.
- Sehstörungen: Plötzliche Sehstörungen, wie z.B. Doppelbilder oder ein eingeschränktes Sehvermögen, können auftreten.
- Starke Kopfschmerzen: Plötzliche, massive Kopfschmerzen, die einer schweren Migräne ähneln, können ein Zeichen für einen Schlaganfall sein.
- Schwindel: Plötzlicher Schwindel oder Gleichgewichtsstörungen können auftreten.
Diagnose eines Schlaganfalls bei Babys
Bei Verdacht auf einen Schlaganfall ist eine schnelle Diagnose entscheidend. In der Akutklinik wird eine Notfall-Computertomografie (CT) oder -Magnetresonanztomografie (MRT) durchgeführt, um die Ursache und das Ausmaß des Schlaganfalls festzustellen. Eine Ultraschalluntersuchung kann ebenfalls zur Diagnose beitragen.
Zusätzlich werden weitere Untersuchungen durchgeführt, um die Ursache des Schlaganfalls zu ermitteln. Dazu gehören:
- Blutuntersuchungen: Zur Überprüfung der Blutgerinnung, Entzündungswerte und anderer relevanter Parameter.
- Herzuntersuchungen: Ein Elektrokardiogramm (EKG) und eine Echokardiografie können helfen, Herzfehler oder Herzrhythmusstörungen zu erkennen.
- Neurologische Untersuchung: Eine umfassende neurologische Untersuchung dient dazu, dieFunktionen des Nervensystems zu beurteilen und neurologische Ausfälle zu identifizieren.
Behandlung eines Schlaganfalls bei Babys
Die Behandlung eines Schlaganfalls bei Babys zielt darauf ab, die Durchblutung des Gehirns wiederherzustellen, weitere Schäden zu verhindern und die Symptome zu lindern. Die Behandlungsmethoden hängen von der Ursache und dem Ausmaß des Schlaganfalls ab.
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Mögliche Behandlungsansätze sind:
- Thrombolyse: Bei einem ischämischen Schlaganfall kann versucht werden, das Blutgerinnsel mit Medikamenten (Thrombolyse) aufzulösen. Dies ist jedoch nur innerhalb eines bestimmten Zeitfensters nach dem Auftreten der Symptome möglich.
- Thrombektomie: In einigen Fällen kann das Blutgerinnsel mit einem Katheter mechanisch entfernt werden (Thrombektomie). Am UKM (Universitätsklinikum Münster) gelang es jetzt, bei dem frischgeborenen kleinen Pepe das lebenswichtige Gefäß innerhalb von 14 Stunden nach der Geburt wiederzueröffnen.
- Gerinnungshemmende Medikamente: Um die Bildung weiterer Blutgerinnsel zu verhindern, können gerinnungshemmende Medikamente eingesetzt werden.
- Operation: Bei Hirnblutungen oder Gefäßfehlbildungen kann eine Operation erforderlich sein, um die Blutung zu stoppen oder die Fehlbildung zu korrigieren.
- Symptomatische Therapie: Experten versuchen, die durch einen Schlaganfall eingetretenen Folgen auszugleichen und zu mildern.
- Immunsuppressiva: Weisen die Ärztinnen und Ärzte eine Gefäßentzündung aufgrund einer Autoimmunerkrankung nach, kann es notwendig sein, das Immunsystem über einen längeren Zeitraum hinweg kontrolliert zu unterdrücken.
- Betablocker: Bei Fehlanlagen in Gefäßen und bei Hirntumoren sind eine Operation oder der Einsatz von Betablockern mögliche Maßnahmen.
Rehabilitation nach einem Schlaganfall bei Babys
Die Rehabilitation spielt eine entscheidende Rolle bei der Genesung von Babys und Kindern nach einem Schlaganfall. Ziel der Rehabilitation ist es, die durch den Schlaganfall verursachten Beeinträchtigungen zu reduzieren und die Entwicklung des Kindes zu fördern.
Die Rehabilitation umfasst in der Regel:
- Physiotherapie: Zur Verbesserung der Beweglichkeit, Kraft und Koordination.
- Ergotherapie: Zur Förderung derHandlungsfähigkeit im Alltag, z.B. beim Essen, Anziehen und Spielen.
- Logopädie: Zur Verbesserung derSprach- und Schluckfunktion.
- Neuropsychologische Therapie: Zur Behandlung von kognitiven Beeinträchtigungen, wie z.B. Aufmerksamkeits- oder Gedächtnisproblemen.
- Heilpädagogik: Zur Förderung der sozialen und emotionalen Entwicklung des Kindes.
Die Rehabilitation im Kindesalter erfolgt entsprechend der jeweiligen Grunderkrankung in Zusammenarbeit mit Physiotherapeutinnen, Logopädinnen, Ergotherapeutinnen, Immunspezialistinnen und Neurolog*innen. Sie begleiten die jungen Patientinnen und Patienten teilweise über mehrere Jahre. Kinder sind sehr lernfähig und haben deshalb gute Aussicht auf Heilung. Je nach Schwere des Schlaganfalls können Einschränkungen zurückbleiben, mit denen die Betroffenen erfahrungsgemäß aber durchaus gut zurechtkommen können. Somit ist die Prognose in vielen Fällen positiv.
Langzeitfolgen eines Schlaganfalls bei Babys
Die Langzeitfolgen eines Schlaganfalls bei Babys können vielfältig sein und hängen von der Schwere des Schlaganfalls und dem betroffenen Hirnareal ab. Mögliche Langzeitfolgen sind:
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- Motorische Beeinträchtigungen: Lähmungen,Spastiken oder Koordinationsstörungen können die Bewegungsfähigkeit des Kindes einschränken.
- Sprachstörungen: Schwierigkeiten beim Sprechen, Verstehen von Sprache oder Lesen und Schreiben können auftreten.
- Kognitive Beeinträchtigungen: Aufmerksamkeitsstörungen, Gedächtnisprobleme oder Lernschwierigkeiten können die schulische und berufliche Entwicklung des Kindes beeinträchtigen.
- Epilepsie: Krampfanfälle können als Folge eines Schlaganfalls auftreten.
- Verhaltensauffälligkeiten: Emotionale Probleme,Verhaltensauffälligkeiten oder soziale Schwierigkeiten können auftreten.
- Entwicklungsverzögerungen: DieEntwicklung des Kindes kann verzögert sein, insbesondere in den Bereichen Motorik, Sprache und Kognition.
Es ist wichtig zu beachten, dass das kindliche Gehirn eine hohe Plastizität besitzt, d.h. es kann sich anpassen und neue Verbindungen bilden. Daher haben Kinder nach einem Schlaganfall oft bessere Heilungschancen als Erwachsene. Eine frühzeitige und konsequente Rehabilitation kann dazu beitragen, die Langzeitfolgen zu minimieren und die Lebensqualität des Kindes zu verbessern.
Prävention von Schlaganfällen bei Babys
Da die Ursachen für Schlaganfälle bei Babys vielfältig sind, ist eine gezielte Prävention oft schwierig. Einige Maßnahmen können jedoch dazu beitragen, das Risiko zu verringern:
- Gute Schwangerschaftsbetreuung: Eine umfassende Schwangerschaftsbetreuung kann dazu beitragen, Risikofaktoren für Schlaganfälle zu erkennen und zu behandeln.
- Vermeidung von Komplikationen während der Geburt: Eine sorgfältige Geburtsplanung und -begleitung kann dazu beitragen, Komplikationen zu vermeiden, die das Risiko eines Schlaganfalls erhöhen könnten.
- Behandlung von Grunderkrankungen: Die Behandlung von Grunderkrankungen wie Herzfehlern, Gerinnungsstörungen oder Autoimmunerkrankungen kann dazu beitragen, das Risiko eines Schlaganfalls zu verringern.
- Impfungen: Impfungen können vor Infektionen schützen, die das Risiko eines Schlaganfalls erhöhen könnten.
Unterstützung für Familien mit Schlaganfall-Kindern
Ein Schlaganfall bei einem Baby oder Kind ist eine traumatische Erfahrung für die ganze Familie. Es ist wichtig, dass betroffene Familien Unterstützung erhalten, um mit der Diagnose und den Folgen des Schlaganfalls umzugehen.
Es gibt verschiedeneAngebote für Familien mit Schlaganfall-Kindern:
- Selbsthilfegruppen: In Selbsthilfegruppen können sich betroffene Eltern austauschen und gegenseitig unterstützen. "Schaki" mit Sitz in Rödinghausen im Kreis Herford wurde 2005 als kleine Selbsthilfegruppe gegründet. Mittlerweile ist es ein Verein mit 26 regionalen Gruppen und Ansprechpartnern.
- Beratungsstellen: Beratungsstellen bietenInformationen und Unterstützung zu allen Fragen rund um den Schlaganfall.
- Sozialdienste: Sozialdienste können bei derBeantragung vonHilfen und Leistungen unterstützen.
- Psychologische Betreuung: Einepsychologische Betreuung kann helfen, die traumatische Erfahrung zu verarbeiten und mit den emotionalen Belastungen umzugehen. Die Stiftung Deutsche Schlaganfall-Hilfe bietet mit ihrem Programm Kinder Schlaganfall-Hilfe an. Gemeinsam mit immer mehr engagierten Menschen arbeitet sie daran, all das zu verbessern. Mit zwei Schlaganfall-Kinderlotsen der Deutschen Schlaganfall-Hilfe stehen betroffenen Kindern und ihren Familien Expertinnen und Experten zur Seite. Sie begleiten seit mehreren Jahren betroffene Familien in Nord- und Süddeutschland. Sie helfen dabei, die Diagnose und die neue Lebenssituation anzunehmen, geben umfassende Beratung, recherchieren nach Therapieplätzen und wissen, wo es welche Hilfen für Betroffene gibt. Das Angebot ist für Kinder und Eltern kostenlos.