Seit drei Jahrzehnten hat die Belastung durch Schlaganfälle weltweit zugenommen. Die Zahl der akuten Schlaganfälle ist seit 1990 um etwa 70 Prozent gestiegen, während die Zahl der Todesfälle aufgrund von Schlaganfällen um 43 Prozent zugenommen hat. Etwa 85 Prozent mehr Menschen leben mit den Folgen eines Schlaganfalls (Prävalenz). Im Jahr 2019 gab es weltweit 12,2 Millionen neue Schlaganfälle und 101 Millionen Betroffene. Diese hohe Zahl spiegelt auch den demografischen Wandel wider, mit einer wachsenden Weltbevölkerung und einer steigenden Lebenserwartung. Schlaganfälle sind global die zweithäufigste Todesursache und machen 11,6 Prozent aller Todesfälle aus.
Globale Krankheitslast durch Schlaganfälle
Die Krankheitslast umfasst neben Inzidenz, Prävalenz und Mortalität auch die durch Behinderung verlorenen Lebensjahre (DALYs). Für 2019 wurden 143 Millionen Schlaganfall-bedingte DALYs und 6,55 Millionen Todesfälle berechnet.
Es ist besorgniserregend, dass die Schlaganfallrate in Ländern mit niedrigem Einkommen und die Neuerkrankungsrate bei Menschen unter 70 Jahren überproportional ansteigen. Während bei älteren Menschen die relative Neuerkrankungsrate um 17 Prozent gesunken ist, wurde bei den unter 70-Jährigen ein Anstieg um 15 Prozent festgestellt. Diese „Verjüngung“ der Betroffenen könnte auf die weltweite Zunahme von Risikofaktoren zurückzuführen sein.
Risikofaktoren und Prävention
Insgesamt werden in der Erhebung 19 Risikofaktoren für das Auftreten von Schlaganfällen benannt und gewichtet. Der Hauptrisikofaktor ist Bluthochdruck, der für 80 Millionen DALYs bzw. 55,5 Prozent aller DALYs verantwortlich ist. Weitere wichtige Risikofaktoren sind BMI/Übergewicht (24,3 Prozent), Diabetes mellitus (20,2 Prozent), Umwelt- bzw. Luftverschmutzung (20,1 Prozent) und Rauchen (17,6 Prozent). Ein hoher Kochsalzkonsum wird als relativ unbekannter Risikofaktor mit einem Anteil von 12,3 Prozent genannt.
Eine große prospektive, randomisierte Studie untersuchte den Effekt einer alimentären Kochsalzreduktion auf die Schlaganfallhäufigkeit. Die Studie umfasste 20.995 Personen aus dem ländlichen China, die entweder bereits einen Schlaganfall erlitten hatten oder mindestens 60 Jahre alt waren und an Hypertonie litten. Die Interventionsgruppe verwendete Kochsalzsubstitute, während die Kontrollgruppe weiterhin normales Kochsalz benutzte. Die Schlaganfallrate in der Interventionsgruppe war 14 Prozent niedriger als in der Kontrollgruppe.
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Jeder kann sein eigenes Schlaganfallrisiko proaktiv reduzieren, so der DGN-Präsident. Neben der Prävention ist auch eine bestmögliche Versorgung und Nachsorge wichtig, die in Deutschland stetig verbessert wird.
Innovative Versorgung und Nachsorge
In einem von der Universität Leipzig initiierten Projekt wurde der mobile, digitale „PostStroke-Manager“ entwickelt, der Patienten bei der Schlaganfallnachsorge unterstützen soll. Dieses innovative Konzept kombiniert über eine serverbasierte Plattform Digitalsupport und persönliche Betreuung. Mittels Sensortechnologie werden Parameter wie Blutdruck, EKG und physische Aktivität aufgezeichnet. Verschiedene Kommunikationstools ermöglichen den direkten Kontakt zu einem „Stroke Pilot“ und allen eingebundenen Behandlern.
Strukturierte, digitale Angebote mit Feedback-Systemen und individuellen Datenanalysen zur Therapieplanung sind zukunftsweisend.
Therapiechancen und Rehabilitation
Der Krankheitsverlauf und die Chancen auf eine Heilung hängen beim Schlaganfall in erster Linie vom Ort und der Größe der dauerhaften Hirnschädigungen ab. Jeder Zweite, der einen Schlaganfall überlebt, bleibt aufgrund der eingetretenen Schädigungen des Gehirns pflegebedürftig und schwerstbehindert. Die Chancen auf eine vollständige oder zumindest teilweise Rückbildung der Folgen eines Schlaganfalls sind umso größer, je schneller der Patient im Krankenhaus behandelt wird. Optimal eingerichtet sind „Stroke Units“, Spezialstationen, in denen die Diagnostik, Behandlung und Überwachung nach einem akuten Schlaganfall erfolgt.
Während der Rehabilitation kümmert sich ein Team aus Krankengymnasten, Sprach- und Ergotherapeuten um den Patienten. Eine wichtige Aufgabe der Rehabilitation ist auch, dass die Betroffenen lernen, mit bleibenden Beeinträchtigungen zu leben und sich damit im Alltag zurechtzufinden. Die Motivation des Patienten spielt dabei eine wichtige Rolle.
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Wichtige Risikofaktoren im Überblick
Zehn Risikofaktoren sind für weltweit 90 Prozent aller Schlaganfälle verantwortlich. Das wichtigste Schlaganfallrisiko ist die arterielle Hypertonie, gefolgt von abdominaler Adipositas, Bewegungsmangel, Rauchen und Ernährungsfehlern. Diese fünf Risikofaktoren erklären bereits 80 Prozent aller Schlaganfälle. Nimmt man Fette, Diabetes mellitus, Alkoholkonsum, Stress und Depressionen hinzu, steigt der Anteil auf 90 Prozent an.
Prävention im Alltag
Die besten Tipps zur Prävention eines Schlaganfalls sind die Vermeidung von Risikofaktoren. Dazu gehören eine vernünftige Ernährung, ausreichend Bewegung und die Behandlung von Risikofaktoren wie Diabetes oder Bluthochdruck.
Ein Selbsttest der Deutschen Schlaganfall Gesellschaft kann helfen, das persönliche Schlaganfall-Risiko einzuschätzen. Bei einem auffälligen Testergebnis sollte man unbedingt einen Arzt aufsuchen.
Akute Hilfe und Versorgung
Bei einem akuten Schlaganfall muss immer sofort der Rettungsdienst (112) gerufen werden. Die Erstversorgung in einer Stroke Unit ist essentiell. Hier wird nicht nur die Akuttherapie gestartet, sondern es erfolgt auch ein Herz-Kreislauf-Monitoring und die Ursachenforschung des Schlaganfalls.
Therapieerfolge und Zukunftsperspektiven
Im Bereich der Thrombektomie gibt es tatsächlich Heilungserfolge, die an Wunderheilung grenzen können. Die Folgen eines Schlaganfalls hängen immer von Art und Ausmaß des Schlaganfalls ab. Die stärksten Beeinträchtigungen resultieren aus schwerwiegenden Lähmungen und Sprachstörungen.
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Es gibt eine Reihe an Rezidiv-Schlaganfällen, daher ist es wichtig, nach dem ersten Schlaganfall die genauen Ursachen zu erforschen, um eine gute Sekundär-Prävention aufzubauen. Die Mortalität von Patienten nach einem ersten Schlaganfall liegt bei 25 bis 30 Prozent, betrifft aber nur die Subgruppe der sehr schweren Schlaganfälle.
Ein Bereich der Forschung dreht sich aktuell um die Verbesserung der Akuttherapie und die Genetik des Schlaganfalls. Es gibt auch viele Forschungsprojekte zur Verbesserung der Regeneration und Rehabilitation nach Schlaganfall.
Schlaganfall in Deutschland
In Deutschland erleiden jährlich rund 270.000 Menschen einen Schlaganfall. Bis zu 40 Prozent der Betroffenen sterben innerhalb des ersten Jahres, bis zu 60 Prozent sind auch ein Jahr nach dem Schlaganfall auf Therapien oder Pflege angewiesen.
Um für die Erkrankung zu sensibilisieren, stellt die Stiftung Deutsche Schlaganfall-Hilfe den diesjährigen bundesweiten „Tag gegen den Schlaganfall“ am 10. Mai unter das Motto „Stopp den Schlaganfall“ und fokussiert dabei auf typische Risikofaktoren der Erkrankung wie Bluthochdruck und Vorhofflimmern.
Was passiert bei einem Schlaganfall?
Bei einem Schlaganfall liegt meist ein plötzlich auftretender Gefäßverschluss vor, der zu einer Mangelversorgung des Gehirns mit Blut und Sauerstoff führt. Folge ist eine gestörte Funktion oder sogar ein Absterben der Nervenzellen innerhalb des betroffenen Hirngebiets, was zu Symptomen wie halbseitigen Gefühlsstörungen und Lähmungen, aber auch Sprach- bzw. Sprechstörungen führen kann.
Vorhofflimmern und Schlaganfallrisiko
Vorhofflimmern kann über einen längeren Zeitraum unentdeckt bleiben, weil es für sich genommen nicht unbedingt Beschwerden verursacht. Einmal nachgewiesen, gibt es effektive Methoden, die zu einer Senkung des Risikos für einen Schlaganfall führen. Hierzu zählt in erster Linie die Anwendung sogenannter Antikoagulanzien, die zu einer Blutverdünnung führen und damit die Bildung von Gerinnseln verhindern sollen.
Langzeitstudien und Erkenntnisse
Eine Studie der FAU und der Universität Würzburg hat neue Erkenntnisse über die Sterblichkeit und die Wiederholungsraten nach einem ischämischen Schlaganfall gewonnen. Fast jeder zweite Patient bzw. jede zweite Patientin stirbt innerhalb von fünf Jahren nach dem ersten Schlaganfall. Jeder fünfte bzw. jede fünfte erleidet einen erneuten Schlaganfall innerhalb von fünf Jahren. Das Langzeitüberleben und die Wiederholungsrate unterschieden sich jedoch erheblich je nach Ursache des ersten Schlaganfalls.
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