Schlaganfall auf der linken Seite: Ursachen, Symptome und Behandlungsansätze

Ein Schlaganfall ist eine plötzliche Störung der Blutversorgung des Gehirns, die häufig zu langfristigen Funktionseinschränkungen führt. Er ist eine zeitkritische Erkrankung, die durch eine Schädigung des Hirngewebes infolge eines Gefäßverschlusses (ischämischer Insult) oder einer Hirnblutung (hämorrhagischer Insult) gekennzeichnet ist. Abhängig von der Lokalisation und dem Ausmaß des betroffenen Hirnareals treten kognitive, sensorische und motorische Funktionsstörungen auf. Die Diagnose wird durch bildgebende Verfahren wie Computertomographie (CT), Magnetresonanztomographie (MRT) oder Angiographie bestätigt. Die Prognose hängt von Ursache, Art und Umfang der Läsion sowie dem Zeitpunkt der therapeutischen Intervention ab.

Epidemiologie des Schlaganfalls

Der Schlaganfall gehört zu den häufigsten neurologischen Erkrankungen. Weltweit erleiden jährlich 15 Millionen Menschen einen Schlaganfall, von denen 5 Millionen sterben und weitere 5 Millionen dauerhaft eingeschränkt bleiben. In Deutschland werden jährlich etwa 270.000 Schlaganfälle diagnostiziert, was einer Inzidenzrate von 260-270 pro 100.000 Einwohner entspricht. Bei 70.000 dieser Ereignisse handelt es sich um ein Rezidiv.

Das Risiko, einen Schlaganfall zu erleiden, steigt mit zunehmendem Alter. Fast 80 % aller Schlaganfälle treten bei Menschen über 60 Jahren auf. Allerdings sind auch etwa 30.000 Menschen unter 55 Jahren betroffen, sogar Kinder. Laut der Stiftung Deutsche Schlaganfall-Hilfe wird bei 300 Kindern jährlich ein Schlaganfall diagnostiziert, wobei die Dunkelziffer vermutlich höher liegt.

Zwischen 1990 und 2019 gingen die altersstandardisierten Raten der Schlaganfallinzidenz um 17 %, die Mortalität um 36 %, die Prävalenz um 6 % und die DALYs (disability-adjusted life-years) um 36 % zurück. Trotzdem nimmt die Belastung durch Schlaganfall-Erkrankungen weltweit zu. So stieg die absolute Zahl der Schlaganfälle zwischen 1990 und 2019 um 70 %, die Zahl der prävalenten Schlaganfälle um 85 %, die Zahl der Todesfälle durch Schlaganfall um 43 % und die Zahl der durch Schlaganfall verursachten DALYs um 32 %.

Aufgrund der demografischen Entwicklung und der steigenden Lebenserwartung wird sich dieser Trend fortsetzen. Heute sind 24 % der Bevölkerung älter als 60 Jahre, und für das Jahr 2050 wird ein Anteil von 38 % prognostiziert. Dies bedeutet, dass die absolute Zahl der von einem Schlaganfall betroffenen Menschen aufgrund des demografischen Wandels kontinuierlich ansteigt, obwohl die Neuerkrankungs- und Sterberaten in den letzten Jahrzehnten stetig gefallen sind.

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Besorgniserregend ist auch die zunehmende Schlaganfallrate in Ländern mit niedrigem Einkommen und der überproportionale Anstieg von Inzidenz und Prävalenz in der Gruppe der unter 70-jährigen Menschen. Während die relative Neuerkrankungsrate bei älteren Personen um 17 % zurückgegangen ist, gab es bei den unter 70-Jährigen einen Anstieg um 15 %. Der Grund für die „Verjüngung“ der betroffenen Bevölkerungsgruppen könnte den weltweit zunehmenden Risikofaktoren geschuldet sein.

Todesursache

Der Schlaganfall ist in Deutschland und weltweit die zweithäufigste Todesursache. Gemäß einer Analyse der Gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) von Versicherten der AOK Niedersachsen versterben hierzulande 6,8 % der PatientInnen in den ersten 30 Tagen nach einem Schlaganfall, nach 90 Tagen 9,4 % und nach einem Jahr 17 %. Nach fünf Jahren leben noch durchschnittlich 55 % der Betroffenen.

Risikofaktoren

Generell gehen 87 % der Schlaganfälle auf definierte Risikofaktoren zurück. Es wird zwischen modifizierbaren und nicht beeinflussbaren Faktoren unterschieden.

Modifizierbare Risikofaktoren

In einer GBD-Studie (Global Burden of Diseases) aus dem Jahr 2021 wurden 19 Risikofaktoren für das Auftreten von Schlaganfällen benannt und gewichtet. Der Hauptrisikofaktor ist demnach ein hoher Blutdruck, der für 80 Millionen DALYs bzw. 55,5 % aller DALYs verantwortlich war.

Weitere Risikofaktoren sind:

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  • Erhöhter Body-Mass-Index (BMI) bzw. Übergewicht (24,3 % aller Schlaganfall-bedingten DALYs)
  • Diabetes (20,2 %)
  • Umwelt- bzw. Luftverschmutzung (20,1 %)
  • Rauchen (17,6 %)
  • Hoher Salzkonsum (12,3 %)

Andere Risikofaktoren, die mit einem erhöhten Schlaganfall-Risiko assoziiert sind:

  • Bewegungsmangel
  • Hyperlipidämie
  • Vorhofflimmern
  • Stress
  • Alkoholkonsum
  • Arteriosklerose
  • Karotisstenose
  • Ovulationshemmer
  • Polyglobulie

Als neuer Risikofaktor wurde Endometriose festgestellt. Frauen mit laparoskopisch bestätigter Endometriose haben laut den Ergebnissen einer Studie aus dem Jahr 2022 eine um 34 % höhere Wahrscheinlichkeit, einen Schlaganfall zu erleiden, als Frauen ohne eine solche Diagnose.

Nicht modifizierbare Risikofaktoren

  • Alter und Geschlecht: Zwei der bedeutsamsten nicht modifizierbaren Risikofaktoren sind das Alter und das Geschlecht. Die meisten Schlaganfälle betreffen Menschen über 60 Jahre. Frauen haben ein höheres Schlaganfall-Risiko als Männer. Laut einer Studie des Robert Koch-Instituts (RKI) liegt die altersstandardisierte Schlaganfallrate bei Frauen in Deutschland bei 2,1 % pro Jahr, während sie bei Männern 1,8 % pro Jahr beträgt.
  • Genetische Prädisposition: Genetische Faktoren haben einen wichtigen Einfluss auf das Schlaganfallrisiko. Bisher wurden 89 Schlaganfall-Risikogene ermittelt. Dazu gehören Gene, die für den Stoffwechsel von Lipiden, die Blutdruckregulation und Gerinnungsfaktoren verantwortlich sind. Die Risikogene korrelieren mit der Herkunft der PatientInnen und der Art des Schlaganfalls (ischämisch/hämorrhagisch).

Forschende des GIGASTROKE-Konsortiums analysierten im Jahr 2022 in einer Metaanalyse genetische Daten von Patienten unterschiedlicher Herkunft (afroafrikanisch, europäisch, ost- oder südasiatisch sowie lateinamerikanisch). Neben den bereits bekannten Genen identifizierten sie 61 neue Genloci, die mit einem erhöhten Schlaganfallrisiko assoziiert sind, etwa SH3PXD2A und FURIN. Die identifizierten Gene können unabhängig von anderen Risikofaktoren ein erhöhtes Schlaganfallrisiko vorhersagen, so die Forschenden.

Darüber hinaus nennt die Studie potenzielle Therapieansätze - zum Beispiel Inhibitoren für VCAM1, F11, KLKB1, GP1BA und LAMC2 sowie einen Aktivator für das Genprodukt von PROC.

Ursachen

Ursächlich werden zwei Schlaganfall-Formen unterschieden:

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  • Ischämischer Insult: Infolge eines thromboembolischen Gefäßverschlusses
  • Hämorrhagischer Insult: Aufgrund einer intrazerebralen Blutung (ICB) oder Subarachnoidalblutung (SAB). Bei der ICB handelt es sich um Blutungen in das Hirnparenchym, bei der SAB um Blutungen in den Subarachnoidalraum.

Entsprechend der Statistik der Heart and Stroke Association sind von allen Schlaganfällen rund 87 % ischämische Hirninfarkte und 10 % intrazerebrale hämorrhagische Schlaganfälle; die restlichen 3 % entstehen als Folge einer Subarachnoidalblutung.

Ischämische Ursachen

Der ischämische Hirninfarkt wird umgangssprachlich als „weißer Schlaganfall“ bezeichnet. Die plötzliche Minderdurchblutung resultiert in der Regel aus Stenosen oder Verschlüssen hirnversorgender Arterien.

Folgende Situationen können eine ischämische Ursache bedingen:

  • Makroangiopathie
  • Mikroangiopathie
  • Kardiale Embolie
  • Andere Erkrankungen

Makroangiopathie

Bei einer Makroangiopathie sind die großen arteriellen Blutgefäße verengt oder obstruiert. Typischerweise bilden sich zunächst artherosklerotische Plaques. Ein erhöhtes Risiko dafür haben Menschen mit Hypertonie, Diabetes mellitus und Hyperlipidämien sowie Raucher und adipöse Personen. Rupturieren diese Plaques, beispielsweise durch ansteigenden Blutdruck oder Infektionen, lagern sich Blutgerinnsel an. Diese Thromben verengen zunehmend die arteriellen Blutgefäße. Wird ein Thrombus mit dem Blutfluss mitgerissen und in Richtung Gehirn fortgeschwemmt, kann er nunmehr als Embolus die Hirnarterie vollständig verschließen. Bevorzugt betroffene Arterien sind die A. cerebri media, A. cerebri anterior, A. cerebri posterior, A. carotis interna, A. basilaris, A. cerebelli oder A. vertebralis.

Mikroangiopathie

Bei einer Mikroangiopathie sind kleine arterielle Blutgefäße betroffen. Eine häufige erworbene Ursache ist die subkortikale arteriosklerotische Enzephalopathie (SAE). Bei dieser Gehirnerkrankung gehen Arteriolen im Bereich der Stammganglien und des Hirnstamms unter. Andere Ursachen für Mikroangiopathien wie die Fabry-Krankheit oder das MELAS-Syndrom sind genetisch bedingt. Amyloid-Angiopathien sowie toxämische und retinozerebrale Vaskulopathien können ebenfalls Ursachen mikroangionöser Pathologien sein.

Kardiale Embolie

Bei der kardialen Embolie entsteht der gefäßverschließende Embolus in der Regel durch Vorhofflimmern. Weitere Ursachen einer Kardioembolie sind Arrhythmien anderer Genese, Myokardinfarkt, Endokarditis, atriales Septum-Aneurysma, Herzvitien oder Klappenersatz.

Andere Erkrankungen

In sehr seltenen Fällen können auch Erkrankungen oder iatrogene Eingriffe eine Ischämie fördern. Dazu gehören beispielsweise:

  • Hämatologische Erkrankungen wie Anämien multifaktorieller Genese, Thrombophilien und Koagulopathien
  • Vaskulitiden und andere Vaskulopathien
  • Gefäßkompressionen durch Tumore
  • Gefäßdissektionen, zum Beispiel bei Schädel-Hirn-Trauma oder spontan bei fibromuskulärer Dysplasie
  • Spezielle Infektionen wie Meningitis, Herpes zoster, Neurosyphilis, Neuroborreliose, AIDS, Rickettsien und Malaria
  • Arzneimittel wie hormonale Kontrazeptiva und nicht steroidale Antirheumatika
  • Paradoxe Embolie bei Phlebothrombose und persistierendem Foramen ovale oder Atriumseptumdefekt
  • Migräne
  • Iatrogene Interventionen wie Koronarangiografie oder Karotis-Endoprothesen (Stent)
  • Drogenkonsum, insbesondere Kokain, Heroin und Amphetamine

Hämorrhagische Ursachen

Der hämorrhagische Schlaganfall wird umgangssprachlich als „roter Infarkt“ bezeichnet. Bei dieser Form geht Hirngewebe infolge einer Einblutung - meist aufgrund eines intrazerebralen Hämatoms - zugrunde. Ursache ist in der Regel ein rupturiertes Blutgefäß.

Die Subarachnoidalblutung hat als extrazerebrales Hämatom eine Sonderstellung. Dabei rupturiert ein Gefäß im Subarachnoidalraum und komprimiert das Hirngewebe von außen.

Ob ischämische oder hämorrhagische Ursache - das Ergebnis bleibt gleich. Neuronen sterben aufgrund von Sauerstoff-, Glukose- und Substratmangel ab.

Pathogenese des ischämischen Insults

Hirnnervenzellen beziehen ihre Energie aus dem Abbau von Glukose. Im Ruhezustand verbraucht das Gehirn durchschnittlich 3,35 ml Sauerstoff pro 100 g Hirngewebe pro Minute. Der Hauptenergielieferant Glukose wird zu 90 % aerob verstoffwechselt, während 10 % anaerob zu Pyruvat abgebaut werden. Unter pathologischen Umständen werden Ketonkörper und Aminosäuren verstoffwechselt.

Eine Verminderung der Hirndurchblutung unter das normale Niveau von 50-60 ml/100 g Gewebe/min auf 20 ml/100 g/min kann folgenlos toleriert werden. Wird diese Schwelle unterschritten, treten Funktionsstörungen auf, die nach einer Normalisierung der Durchblutung reversibel sind. Sinkt die Durchblutung auf weniger als 8-10 ml/100 g/min ab, kommt es zu einer anoxischen Zelldepolarisation, gefolgt von einer Infarzierung.

Je nachdem, wie gut die kollaterale Blutversorgung im Infarktbereich ist, kann ein Durchblutungsgradient entstehen, der von den Randzonen zum Kern hin ansteigt. Während das Gewebe im Kernbereich des Infarkts absterben kann, sind die Randzonen (Penumbra) nur in ihrer Funktion gestört und können sich bei wiederhergestellter Durchblutung noch nach Stunden erholen. Die Penumbra ist als Gewebe definiert, dessen Funktionsstoffwechsel erloschen, aber dessen Strukturstoffwechsel noch intakt ist. Dies bedeutet, dass es noch nicht zu einer ischämischen Depolarisation gekommen ist, bei der die Membran versagt.

Hält die Ischämie in der Penumbra so lange an, dass die Ionenpumpen ausfallen, strömen NaCl, Wasser und Kalzium in die Zellen. Die erhöhte Kalziumkonzentration führt zu einer übermäßigen Freisetzung von exzitatorischen Neurotransmittern, die den Zellstoffwechsel anstoßen und den Energieverbrauch der ischämischen Zellverbände noch weiter erhöhen.

Das Hämatom schränkt die Funktion von Neuronen und Glia ein. Dies führt zu einer Unterversorgung mit Sauerstoff und Nährstoffen, Freisetzung von Neurotransmittern, mitochondrialen Dysfunktion und Zellschwellung. Thrombin aktiviert Mikrogliazellen und verursacht Entzündungen und Ödeme.

Die primäre Schädigung ist auf die hämatominduzierte Kompression des Hirngewebes und eine intrakranielle Druckerhöhung zurückzuführen. Die sekundären Verletzungen entstehen aufgrund von entzündlichen Prozessen, Störungen der Blut-Hirn-Schranke, Ödemen, der Überproduktion freier Radikale wie reaktive Sauerstoffspezies (ROS), einer glutamatinduzierten Exzitotoxizität und der Freisetzung von Hämoglobin und Eisen.

In der Regel vergrößert sich das Hämatom innerhalb von 3-12 Stunden. Um das Hämatom herum befindet sich ein Bereich mit Hypoperfusion. Faktoren, die zu einer Verschlechterung der ICB führen können, sind die Ausdehnung des Hämatoms, eine intraventrikuläre Blutung, ein perihämorrhagisches Ödem und Entzündungsreaktionen.

Symptome

Das klinische Bild eines Schlaganfalls ist äußerst heterogen. Beim ischämischen Insult sind die Beschwerden meist unspezifisch - mitunter fallen nur leichter Schwindel, kurzzeitiges Zittern oder eine kaum wahrnehmbare Gangunsicherheit auf. Auf einen hämorrhagischen Insult weisen beispielsweise akute Kopfschmerzen, Erbrechen und Nackensteifigkeit hin.

Symptome beim ischämischen Insult

Klassische Symptome, die auf einen ischämischen Insult hinweisen, sind:

  • Plötzlich einsetzende Hemiparesen (Mundwinkel, Gesicht oder eine Körperhälfte)
  • Artikulationsstörungen (oft mit verwaschener Sprache)
  • Dysphagie
  • Aphasie
  • Apraxie
  • Ataxie
  • Sehbeeinträchtigungen (zum Beispiel Diplopie, Hemianopsie, Quadrantenanopsie oder Herdblick)
  • Bewusstseinseinschränkungen

Die Symptomatik richtet sich vor allem nach der Infarktlokalisation und lässt sich topografisch zuordnen.

Besonderheiten beim Hirnstamminfarkt

Beim Hirnstamminfarkt kommt es zu Schädigungen im Bereich des Hirnstamms, die sich durch eine Vielzahl von Leitsymptomen äußern, darunter Schwindel, Dysarthrie, Dysphagie, Ataxie, Blickparese, Hemi- und Tetraparesen sowie Singultus.

Zudem können verschiedene Hirnstamm-Syndrome auftreten, die durch unterschiedliche Symptom-Kombinationen gekennzeichnet sind, darunter das:

  • Alternans-Syndrom bzw. gekreuztes Hirnstamm-Syndrom: ipsilateraler Hirnnervenausfall, kontralaterale Hemiparese
  • Foville-Syndrom bzw. Inferior-Medial-Pontine-Syndrom: kontralaterale Hemiparese, Fazialisparese, internukleäre Ophthalmoplegie
  • Jackson-Syndrom bzw. ventrales paramedianes Oblongata-Syndrom: kontralaterale Hemiparese, ipsilateraler Ausfall des N.

Diagnose

Sofort nach der Aufnahme in der Schlaganfall-Ambulanz oder der Stroke Unit schaut der Arzt meistens mit einer ganz kurzen Ultraschalluntersuchung, ob ein großes Gefäß im Hals oder im Gehirn verschlossen ist. Die genaue Art des Schlaganfalls stellt er dann durch eine Kernspintomographie oder Computertomographie fest.

Behandlung

Ein Schlaganfall muss so schnell wie möglich behandelt werden - jede Minute zählt. Es gilt das Motto „time is brain“, damit es nicht zu bleibenden Schäden durch Absterben von Gehirnzellen kommt. Je schneller die Behandlung erfolgt, desto höher sind die Chancen auf eine weitgehende oder vollständige Genesung.

Akuttherapie

Ziel der Akuttherapie ist, die Versorgung betroffener Hirnregionen schnellstmöglich wiederherzustellen, damit es nicht zu bleibenden Schäden kommt.

  • Ischämischer Schlaganfall: Bei einem ischämischen Schlaganfall muss das durch ein Blutgerinnsel akut verstopfte Gefäß so schnell wie möglich wiedereröffnet werden. Dies kann durch eine medikamentöse Therapie erfolgen, die als Thrombolyse (kurz auch: „Lyse“) bezeichnet wird. Grundsätzlich sollte die Lysetherapie innerhalb von 4,5 Stunden nach Beginn der Schlaganfallsymptome begonnen werden. Neue Studien haben gezeigt, dass unter bestimmten Umständen eine Lysetherapie auch noch später erfolgreich sein kann. Reicht eine Lysetherapie zur Auflösung des die Arterie verstopfenden Blutgerinnsels nicht aus, gibt es die Möglichkeit der sogenannten Thrombektomie, einem Eingriff, bei dem das Blutgerinnsel mechanisch entfernt wird. Dabei werden meist Katheter verwendet, die an ihrer Spitze ein Drahtgeflecht (Stent) besitzen. Diese Katheter werden so weit in das Hirngefäß vorgeschoben, dass sie hinter den Thrombus zu liegen kommen. Dann wird das Gittergeflecht an der Stelle des Thrombus entfaltet, so dass sich das Gerinnsel darin verfängt.
  • Hämorrhagischer Schlaganfall: Zunächst wird versucht, die Ausbreitung der Blutung zu bremsen, durch Senkung des Blutdrucks und ggf. den Einsatz gerinnungsaktiver Medikamente. Bei ausgedehnten Hirnblutungen wird operiert.

Weitere Maßnahmen

  • Stroke Units: Die Erstversorgung in einer Stroke Unit ist essentiell. In Deutschland wird heutzutage auch der Großteil der Schlaganfall-Patienten auf solchen Stroke Units behandelt. In Stroke Units ist die diagnostische und therapeutische Expertise sehr hoch und daher können die Experten einschätzen, ob im individuellen Fall zum Beispiel eine Spezialtherapie möglich und nötig ist wie beispielweise eine Lyse-Therapie oder eine katheterbasierte sogenannte Thrombektomie. Auf diesen Stroke Units wird nicht nur die Akuttherapie gestartet, sondern es erfolgt in den folgenden Tagen auch ein Herz-Kreislauf-Monitoring. Nach der Akuttherapie wird der Fokus auf die Ursachenforschung des Schlaganfalls gelegt. Es wird immer das Herz-Kreislauf-Monitoring gemacht, bei dem Herzfrequenz, Atemfrequenz und Blutdruck beobachtet werden. Zudem werden natürlich bei allen Schlaganfall-Patienten mithilfe bildgebender Verfahren wie MRT und CT die gehirnversorgenden Gefäße untersucht, um die Art und das Ausmaß des Schlaganfalls abzuklären.
  • Frührehabilitation: Die Frührehabilitation mit Krankengymnastik, Ergo- und Sprachtherapie unterstützt die Rückbildung neurologischer Ausfälle. Erste Übungen beginnen bereits innerhalb der ersten 24 Stunden nach dem Schlaganfallereignis.

Sekundärprävention

Nach einem ischämischen Schlaganfall, auch bei einem „Mini-Schlaganfall“ (TIA), erfolgt eine therapeutische Beeinflussung der Blutgerinnung, um das Risiko zu minimieren, dass sich ein neues Blutgerinnsel bildet und zu einem Folgeschlaganfall führt. Oft wird dafür Aspirin/ASS eingesetzt, da es die Blutplättchenbildung hemmt. Wenn ein Vorhofflimmern ursächlich war, erfolgt die sogenannte Antikoagulationstherapie.

Wichtig ist die medikamentöse Einstellung von Blutdruck, Diabetes mellitus und Cholesterin. Vieles haben Schlaganfallpatienten/-patientinnen selbst in der Hand. Die entscheidenden Faktoren sind einfach eine gesunde Ernährung, ausreichend Bewegung, kein Diabetes, kein Bluthochdruck usw.

Prognose

Die Prognose nach einem Schlaganfall ist in den ersten Tagen und Wochen im Wesentlichen durch mögliche Komplikationen bestimmt. Die Erholungsfähigkeit von Gehirngewebe mit Wiedererlernen von verlorenen Funktionen ist von einem Menschen zum anderen völlig verschieden und hängt von vielen verschiedenen Faktoren ab.

Die Lebenserwartung von Patienten nach einem ersten Schlaganfall hängt wesentlich vom Ausmaß und Typ des Schlaganfalls ab. Die Mortalität von Patienten nach einem ersten Schlaganfall liegt bei 25 bis 30 Prozent. Das betrifft allerdings nur die Subgruppe der sehr schweren Schlaganfälle. Das sind ja letztlich Patienten, die schwerste Lähmungen, schwerste Sprachstörungen, schwerste Sehstörungen haben und die nach dem ersten Schlaganfall in der Regel bettlägerig und stark pflegebedürftig sind. Von diesen schwerwiegenden Fällen stirbt eine sehr hohe Zahl innerhalb des ersten Jahres.

Es gibt eine Reihe an Rezidiv-Schlaganfällen und die Zahl liegt bei rund 50.000 bis 70.000 pro Jahr. Auch wegen dieses hohen Rezidiv-Risikos ist aber so wichtig, nach dem ersten Schlaganfall die genauen Ursachen zu erforschen, um daraus eine gute Sekundär-Prävention aufbauen zu können.

Es kann immer bessere und schlechtere, erfolgreiche oder auch frustrierende Tage geben. Es ist wichtig, dass Angehörige die Betroffenen dazu motivieren, Übungen und Therapien weiter umzusetzen. Den Betroffenen muss das Gefühl vermittelt werden, dass Sie nicht alleine sind, sondern sich auf die Hilfe und liebevolle Pflege der Angehörigen verlassen können.

Erste Hilfe

Was soll man tun, wenn man bei sich oder bei einer anderen Person typische Symptome eines Schlaganfalls erkennt? Sie rufen sofort die 112. Das Wichtigste ist, dass der Rettungsdienst alarmiert wird und so schnell wie möglich Hilfe eintrifft. Sie können denjenigen natürlich beruhigen und darauf achten, dass er nicht stürzt, falls er eine Gangstörung hat.

Wenn der Notarzt eintrifft, sind für ihn drei Dinge besonders wichtig:

  1. Welche Symptome sind aufgetreten?
  2. Wann sind die Symptome aufgetreten?
  3. Welche Vorerkrankungen liegen vor?

Diese Informationen sind relevant für die Auswahl der richtigen Therapie nach einem Schlaganfall. Wenn Sie wissen, dass Sie ein erhöhtes Schlaganfall-Risiko haben, sollten Sie immer einen aktuellen Medikamentenplan, die Adresse Ihres Arztes und eine kurze Auflistung Ihrer Vorerkrankungen bereitliegen haben.

Eine einfache Test-Methode, mit der Sie einen Schlaganfall schnell erkennen können, ist der sogenannte FAST-Test.

Ausblick

Ein Bereich der Forschung dreht sich aktuell um die Verbesserung der Akuttherapie. Da haben wir ja mit der Thrombektomie eine sensationell wirksame neue Therapiemethode hinzugewonnen. Auf dem Gebiet der Schlaganfall-Früherkennung wird natürlich auch viel an der Genetik des Schlaganfalls geforscht. Warum treten Schlaganfälle zum Beispiel in manchen Familien häufiger auf als in anderen? Woran kann man eine Art Veranlagung erkennen? An diese und ähnlichen Fragen wird stark geforscht. Zuletzt gibt es auch viele Forschungsprojekte zur Verbesserung der Regeneration und Rehabilitation nach Schlaganfall.

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