Ein Hirntumor und dessen operative Entfernung stellen eine erhebliche Belastung für den Patienten dar. Neben den direkten Auswirkungen des Tumors selbst können auch die Operation und die anschließende Behandlung, wie Bestrahlung oder Chemotherapie, zu Komplikationen und Langzeitfolgen führen. Eine dieser gefürchteten Komplikationen ist der Schlaganfall. Dieser Artikel beleuchtet die möglichen Ursachen für einen Schlaganfall nach einer Hirntumor-Operation, die damit verbundenen Risiken und die langfristigen Auswirkungen für die Betroffenen.
Ursachen für Schlaganfall nach Hirntumor-OP
Ein Schlaganfall nach einer Hirntumor-Operation kann verschiedene Ursachen haben:
- Direkte Schädigung von Blutgefäßen während der Operation: Bei der Entfernung eines Hirntumors kann es zu Verletzungen oder Verschlüssen von Blutgefäßen kommen, die das Gehirn versorgen. Dies kann insbesondere dann der Fall sein, wenn der Tumor in der Nähe wichtiger Gefäße liegt oder diese sogar umschließt.
- Thrombembolische Ereignisse: Operationen erhöhen generell das Risiko für die Bildung von Blutgerinnseln (Thromben), die sich lösen und in die Blutbahn gelangen können (Embolie). Gelangen diese Embolien in das Gehirn, können sie dort ein Blutgefäß verschließen und einen Schlaganfall verursachen.
- Hirnschwellung und erhöhtem Hirndruck: Die Operation selbst kann zu einer Schwellung des Hirngewebes führen. Diese Schwellung kann den Druck im Schädelinneren erhöhen und die Durchblutung des Gehirns beeinträchtigen, was wiederum einen Schlaganfall begünstigen kann.
- Bestrahlung: Die Strahlentherapie, die häufig nach einer Hirntumor-Operation eingesetzt wird, kann langfristig die Blutgefäße im Gehirn schädigen und das Risiko für einen Schlaganfall erhöhen.
- Chemotherapie: Einige Chemotherapeutika können ebenfalls neurotoxische Wirkungen haben und das Risiko für Schlaganfälle erhöhen.
- Tumorbedingte Ursachen: In seltenen Fällen kann der Tumor selbst zu einer erhöhten Gerinnungsneigung des Blutes führen und somit das Risiko für einen Schlaganfall erhöhen. Studien haben gezeigt, dass eine unentdeckte Krebserkrankung einen Infarkt im Hirn begünstigen kann.
Risikofaktoren
Neben den genannten Ursachen gibt es auch bestimmte Risikofaktoren, die das Auftreten eines Schlaganfalls nach einer Hirntumor-Operation begünstigen können:
- Alter: Ältere Patienten haben generell ein höheres Risiko für Schlaganfälle, da ihre Blutgefäße oft bereits vorgeschädigt sind.
- Vorerkrankungen: Patienten mit Vorerkrankungen wie Bluthochdruck, Diabetes mellitus, Fettstoffwechselstörungen oder Herzerkrankungen haben ein erhöhtes Schlaganfallrisiko.
- Rauchen: Rauchen schädigt die Blutgefäße und erhöht das Risiko für Blutgerinnsel.
- Lage und Größe des Tumors: Tumoren, die in der Nähe wichtiger Blutgefäße liegen oder diese umschließen, erhöhen das Risiko für Gefäßverletzungen während der Operation.
- Art des Tumors: Einige Tumorarten, wie z.B. Glioblastome, neigen dazu, in das umliegende Hirngewebe einzuwachsen und somit die Operation zu erschweren, was das Risiko für Komplikationen, einschließlich Schlaganfall, erhöhen kann.
- Vorherige Schlaganfälle oder transitorische ischämische Attacken (TIA): Patienten, die bereits einen Schlaganfall oder eine TIA hatten, haben ein erhöhtes Risiko für weitere Schlaganfälle.
- Genetische Faktoren: Bestimmte genetische Veranlagungen können das Risiko für Schlaganfälle erhöhen.
Symptome eines Schlaganfalls
Die Symptome eines Schlaganfalls können je nach betroffenem Hirnareal variieren. Typische Symptome sind:
- Plötzliche Lähmungen oder Schwäche einer Körperhälfte (Hemiplegie/Hemiparese): Einseitige Kraft- und Bewegungsstörungen (Motorik) sowie Muskelverkrampfungen im Gesicht oder an Armen und Beinen können den Alltag erheblich einschränken.
- Sprachstörungen (Aphasie): Schwierigkeiten, sich auszudrücken oder Gesprochenes zu verstehen.
- Sehstörungen: Plötzliche Verschlechterung des Sehvermögens, Doppelbilder oder Gesichtsfeldausfälle.
- Gleichgewichtsstörungen und Koordinationsprobleme: Schwierigkeiten beim Gehen oder Stehen.
- Sensibilitätsstörungen: Taubheitsgefühl oder Kribbeln in einer Körperhälfte.
- Verwirrtheit und Bewusstseinsstörungen: Benommenheit, Desorientiertheit oder Bewusstlosigkeit.
- Starke Kopfschmerzen: Plötzlich auftretende, heftige Kopfschmerzen, oft in Verbindung mit anderen Symptomen.
Es ist wichtig zu beachten, dass ein Schlaganfall ein Notfall ist und sofortige medizinische Hilfe erfordert. Je schneller die Behandlung erfolgt, desto besser sind die Chancen, bleibende Schäden zu minimieren.
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Diagnose
Zur Diagnose eines Schlaganfalls werden verschiedene bildgebende Verfahren eingesetzt:
- Computertomographie (CT): Ermöglicht die schnelle Darstellung von Blutungen im Gehirn und kann andere Ursachen für die Symptome ausschließen.
- Magnetresonanztomographie (MRT): Bietet eine detailliertere Darstellung des Hirngewebes und kann auch kleinere Schlaganfälle oder ischämische Läsionen erkennen. Mit der Diffusions-Tensor-Bildgebung (DWI) kann auch ohne Voraufnahmen eindeutig gezeigt werden, dass es sich um akute ischämische Läsionen handelt, die nicht älter als etwa zehn Tage sind.
- Funktionelle Magnetresonanztomographie (fMRT): Darstellung der Durchblutung und Stoffwechselaktivität in bestimmten Gehirnregionen während einer Aufgabe
- Elektroenzephalografie (EEG): Darstellung der elektrischen Hirnaktivität mit hoher zeitlicher Auflösung
- Angiographie: Darstellung der Blutgefäße im Gehirn, um Verengungen oder Verschlüsse zu erkennen.
Therapie
Die Therapie eines Schlaganfalls zielt darauf ab, die Durchblutung des Gehirns so schnell wie möglich wiederherzustellen und weitere Schäden zu verhindern. Die Behandlungsmöglichkeiten hängen von der Art des Schlaganfalls (ischämisch oder hämorrhagisch) und der Schwere der Symptome ab.
- Thrombolyse: Bei einem ischämischen Schlaganfall kann versucht werden, das Blutgerinnsel mit Medikamenten (Thrombolyse) aufzulösen. Dies muss jedoch innerhalb eines bestimmten Zeitfensters nach Beginn der Symptome erfolgen.
- Thrombektomie: Bei größeren Blutgerinnseln kann eine mechanische Entfernung des Gerinnsels (Thrombektomie) in Erwägung gezogen werden.
- Medikamentöse Behandlung: Zur Vorbeugung weiterer Schlaganfälle werden häufig Medikamente zur Blutverdünnung (Antikoagulantien oder Thrombozytenaggregationshemmer) eingesetzt.
- Rehabilitation: Nach einem Schlaganfall ist eine umfassende Rehabilitation wichtig, um verlorengegangene Funktionen wiederzuerlangen und die Lebensqualität zu verbessern. Die Rehabilitation kann Physiotherapie, Ergotherapie, Logopädie und neuropsychologische Therapie umfassen.
Langzeitfolgen
Ein Schlaganfall kann eine Vielzahl von Langzeitfolgen haben, die das Leben der Betroffenen erheblich beeinträchtigen können:
- Motorische Defizite: Lähmungen oder Schwäche einer Körperhälfte, Gleichgewichtsstörungen und Koordinationsprobleme.
- Sprachstörungen: Schwierigkeiten, sich auszudrücken oder Gesprochenes zu verstehen.
- Kognitive Beeinträchtigungen: Gedächtnisprobleme, Aufmerksamkeitsstörungen, Konzentrationsschwierigkeiten und Exekutivfunktionsstörungen.
- Psychische Probleme: Depressionen, Angststörungen und Apathie.
- Schmerzen: Kopfschmerzen, neuropathische Schmerzen und Muskelverspannungen.
- Schluckstörungen: Schwierigkeiten beim Schlucken von Nahrung und Flüssigkeiten.
- Blasen- und Darmfunktionsstörungen: Inkontinenz oder Verstopfung.
- Ermüdung (Fatigue): Chronische Müdigkeit und Erschöpfung.
- Sehstörungen: Schielstand
Die Art und Schwere der Langzeitfolgen hängen von der Größe und Lokalisation des Schlaganfalls sowie von der Effektivität der Behandlung und Rehabilitation ab.
Stumme Schlaganfälle
Neben den symptomatischen Schlaganfällen gibt es auch sogenannte "stumme Schlaganfälle". Diese verursachen keine offensichtlichen Symptome, können aber dennoch das Gehirn schädigen und langfristig zu kognitiven Beeinträchtigungen führen. Eine Studie hat gezeigt, dass bei Senioren nach einer elektiven nichtkardialen Operation in der Magnetresonanztomografie (MRT) eine oder mehrere stumme Ischämien nachweisbar waren, die bei einer Kontrolluntersuchung nach einem Jahr mit einer Verschlechterung der kognitiven Leistungen verbunden waren.
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Prävention
Es gibt verschiedene Maßnahmen, die dazu beitragen können, das Risiko für einen Schlaganfall nach einer Hirntumor-Operation zu senken:
- Optimale operative Planung und Durchführung: Eine sorgfältige Planung der Operation und eine schonende Operationstechnik können das Risiko für Gefäßverletzungen minimieren.
- Frühzeitige Erkennung und Behandlung von Risikofaktoren: Die Behandlung von Bluthochdruck, Diabetes mellitus, Fettstoffwechselstörungen und Herzerkrankungen kann das Schlaganfallrisiko senken.
- Rauchverzicht: Rauchen schädigt die Blutgefäße und erhöht das Risiko für Blutgerinnsel.
- Gesunde Ernährung und regelmäßige Bewegung: Eine gesunde Lebensweise kann dazu beitragen, das Schlaganfallrisiko zu senken.
- Medikamentöse Prophylaxe: In bestimmten Fällen kann eine medikamentöse Prophylaxe mit Blutverdünnern sinnvoll sein, um das Risiko für Blutgerinnsel zu reduzieren.
- Regelmäßige Kontrolluntersuchungen: Regelmäßige Kontrolluntersuchungen nach der Operation können dazu beitragen, Komplikationen frühzeitig zu erkennen und zu behandeln.
Umgang mit der Situation und professionelle Hilfe
Viele Patienten berichten von einem Gefühl des "Kopf wie in Watte gepackt", Sehstörungen durch Schielen und einem Gefühl des Verlusts des "alten Lebens" nach der Operation. Es ist wichtig zu akzeptieren, dass die Situation schwierig ist und professionelle Hilfe in Anspruch zu nehmen, wenn nötig. Der Austausch mit anderen Betroffenen in Selbsthilfegruppen oder Online-Foren kann ebenfalls hilfreich sein. Es ist wichtig, sich nicht zu überfordern und sich realistische Ziele zu setzen. Kleine Fortschritte sollten gefeiert werden, und es ist wichtig, sich auf die Dinge zu konzentrieren, die man noch tun kann.
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