Schlaganfall: Was nun? Ein umfassender Leitfaden zu Anzeichen, Behandlung und Rehabilitation

Ein Schlaganfall, auch Apoplex oder Insult genannt, ist ein medizinischer Notfall, der sofortiges Handeln erfordert. Jedes Jahr erleiden in Deutschland rund 270.000 Menschen einen Schlaganfall, wobei zehn bis 15 Prozent von ihnen unter 55 Jahre alt sind. Ein Schlaganfall entsteht durch eine plötzliche Durchblutungsstörung im Gehirn, die zum Absterben von Nervenzellen führt.

Anzeichen eines Schlaganfalls erkennen

Schnelles Handeln ist entscheidend, um die Auswirkungen eines Schlaganfalls zu minimieren. Die Symptome können vielfältig sein, da sie davon abhängen, welcher Teil des Gehirns betroffen ist und wie schwerwiegend die Ausfälle sind. Zu den häufigsten Anzeichen gehören:

  • Plötzlich einsetzende Schwäche oder Lähmung auf einer Körperseite, beispielsweise eines Armes, Beines oder im Gesicht (einseitig verzogenes Gesicht beim Lächeln deutet auf Halbseitenlähmung hin)
  • Sprachschwierigkeiten oder Schwierigkeiten, Gesprochenes zu verstehen (verwaschene Stimme, Unfähigkeit, Sätze nachzusprechen, oder Unverständnis von Aufforderungen)
  • Sehstörungen (Doppelbilder, verschwommenes Sehen, vorübergehender Sehverlust auf einem Auge, halbseitiger Ausfall eines Gesichtsfelds)
  • Schwindel mit Gangunsicherheit, Verlust von Gleichgewicht oder Koordination
  • Plötzliche Bewusstseinstrübung bis zur Bewusstlosigkeit
  • Übelkeit, Erbrechen, Verwirrtheit
  • Plötzlich auftretende sehr starke Kopfschmerzen

Der FAST-Test: Die Deutsche Schlaganfallhilfe bietet einen einfachen Test, um einen Schlaganfall-Verdacht zu überprüfen:

  • Face (Gesicht): Bitten Sie die Person zu lächeln. Ist das Gesicht einseitig verzogen?
  • Arms (Arme): Bitten Sie die Person, beide Arme gleichzeitig in die Waagerechte zu heben und die Handflächen nach oben zu drehen. Kann sie die Position halten?
  • Speech (Sprache): Lassen Sie die Person einen einfachen Satz nachsprechen. Klingt die Stimme verwaschen oder ist die Person nicht dazu in der Lage?
  • Time (Zeit): Wenn eines oder mehrere dieser Symptome auftreten, wählen Sie sofort den Notruf 112.

Auch wenn sich die Symptome schnell zurückbilden, ist es wichtig, sofort zu handeln und den Notarzt zu rufen. Diese vorübergehenden Durchblutungsstörungen, sogenannte transitorische ischämische Attacken (TIA), sind Warnzeichen für einen drohenden Schlaganfall.

Ursachen und Risikofaktoren

Es gibt im Wesentlichen zwei Formen von Schlaganfällen:

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  • Ischämischer Schlaganfall: In etwa 80 Prozent der Fälle wird der Schlaganfall durch eine Verstopfung einer Hirnarterie verursacht, was zu einer mangelnden Durchblutung des Gehirns führt. Ursache hierfür ist oft Arteriosklerose, bei der sich Kalk- und Fettablagerungen an den Gefäßwänden bilden und diese verengen. An den Engstellen können sich Blutgerinnsel bilden, die das Gefäß teilweise oder vollständig verschließen. Auch Gerinnsel, die sich in den Halsgefäßen bilden, können ins Gehirn geschwemmt werden.
  • Hämorrhagischer Schlaganfall: Dieser Schlaganfall wird durch eine Hirnblutung verursacht, bei der eine Hirnarterie reißt.

Bei bis zu 30 Prozent der Schlaganfälle bleibt die Ursache zunächst unklar (kryptogener Schlaganfall). Experten vermuten jedoch, dass in vielen Fällen Vorhofflimmern die Ursache ist.

Risikofaktoren:

Die wichtigsten Risikofaktoren für einen Schlaganfall gelten für alle Geschlechter:

  • Bluthochdruck
  • Vorhofflimmern
  • Diabetes
  • Rauchen
  • Bewegungsmangel
  • Fettstoffwechselstörung
  • Übergewicht
  • Alter (steigendes Risiko mit zunehmendem Alter)
  • Erhöhte Luftverschmutzung
  • Dauerstress
  • Vererbung
  • Bereits erlittener Schlaganfall

Besondere Risikofaktoren bei Frauen:

Einige Faktoren begünstigen Schlaganfälle besonders bei Frauen:

  • Vorhofflimmern (Frauen mit Vorhofflimmern bekommen doppelt so häufig einen Schlaganfall wie Männer)
  • Diabetes (Frauen mit Diabetes sind stärker gefährdet als Männer)
  • Migräne mit Aura (erhöht das Schlaganfallrisiko für Männer und Frauen, aber Frauen sind häufiger betroffen)
  • Bluthochdruck in der Schwangerschaft (Präeklampsie)
  • Hormonelle Verhütung
  • Hormonersatztherapie wegen Beschwerden durch die Wechseljahre
  • Hormonschwankungen

Weitere Ursachen:

  • Offenes Foramen ovale (PFO): Bei jungen Menschen (16 bis 55 Jahre), die keine klassischen Risikofaktoren aufweisen, kann ein angeborener Defekt im Herzen, ein offenes Foramen ovale (PFO), die Ursache sein. Dabei handelt es sich um eine Verbindung zwischen dem rechten und dem linken Herzvorhof, die sich normalerweise nach der Geburt verschließt. Bleibt das Loch offen, können kleine Blutgerinnsel aus den Venen ins Gehirn gelangen und einen Schlaganfall auslösen.
  • Dissektion der Hals- oder Hirnarterien: Ein Riss in der inneren Gefäßwand einer Halsschlagader (Dissektion) oder der Vertebralis-Arterie kann ebenfalls zu einem Schlaganfall führen. Der Bluterguss in der Gefäßwand verengt die Ader, behindert den Blutfluss und kann zur Bildung eines Blutgerinnsels führen.

Akutversorgung im Krankenhaus

Bei einem akuten Schlaganfall ist eine schnelle und spezialisierte Behandlung entscheidend. Idealerweise werden die Betroffenen auf einer Stroke Unit behandelt.

Diagnostik:

Unmittelbar nach der Einlieferung wird eine Computertomographie (CT) oder Magnetresonanztomographie (MRT) des Kopfes durchgeführt, um festzustellen, ob es sich um einen Hirninfarkt oder eine Hirnblutung handelt.

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Therapie bei Hirninfarkt:

Ziel ist es, die Durchblutung des betroffenen Gehirnbereichs so schnell wie möglich wiederherzustellen:

  • Thrombolyse (Lyse): Dabei wird ein Medikament verabreicht, das das Blutgerinnsel auflösen soll, entweder über die Vene oder mittels Katheter direkt in das verschlossene Gehirngefäß. Die Therapie sollte idealerweise innerhalb von viereinhalb Stunden nach Auftreten der ersten Symptome beginnen.
  • Thrombektomie: Bei größeren Blutgerinnseln wird ein Katheter durch die Leiste ins Gehirn eingeführt, um das Gerinnsel mit einem Metallgitter-Geflecht einzufangen und abzusaugen. In manchen Fällen kann das verstopfte Gefäß mit einem Ballonkatheter geweitet und anschließend ein Stent eingesetzt werden.

Therapie bei Hirnblutung:

Bei einer Hirnblutung muss die Blutung gestoppt und Schädigungen durch austretendes Blut vermieden werden. In manchen Fällen ist es erforderlich, das Blut durch eine Operation zu entfernen oder Teile des Schädelknochens zu entfernen, um den Druck auf das Gehirn zu reduzieren.

Rehabilitation: Zurück ins Leben finden

Nach der Akutversorgung ist eine langfristige Nachbehandlung und Rehabilitation entscheidend, um Langzeitschäden zu minimieren und die Lebensqualität der Betroffenen zu verbessern.

Frührehabilitation:

Idealerweise beginnt die Rehabilitation bereits in den ersten Tagen im Krankenhaus. Häufige Probleme wie Schluckstörungen müssen frühzeitig erkannt und behandelt werden.

Anschlussbehandlung:

Nach der Akuttherapie haben Betroffene in der Regel Anspruch auf eine Anschlussbehandlung in einer Rehaklinik. Die Dauer der Rehabilitation richtet sich nach der Schwere der Beeinträchtigungen.

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Therapiebereiche:

Die Rehabilitation umfasst verschiedene Therapiebereiche, die individuell auf die Bedürfnisse des Patienten abgestimmt werden:

  • Physiotherapie/Krafttraining: Übungen zur Verbesserung von Gleichgewicht, Kraft, Ausdauer und Koordination, um die Bewegungsfähigkeit wiederherzustellen.
  • Logopädie: Behandlung von Sprach-, Sprech- und Schluckstörungen.
  • Ergotherapie: Training von Alltagsfertigkeiten wie Anziehen, Essen, Körperpflege sowie Wahrnehmungs- und Konzentrationsübungen.
  • Neuropsychologische Therapie: Training von Gedächtnis, Aufmerksamkeit und Wahrnehmung sowie Strategien zum Umgang mit Einschränkungen im Alltag.
  • Pflege: Aktivierende Pflege, die den Patienten unterstützt, sich trotz Einschränkungen selbst zu helfen.

Ziele der Rehabilitation:

  • Wiedererlangen von Fähigkeiten
  • Linderung von Folgen des Schlaganfalls wie Lähmungen, Sprachstörungen, Gedächtnisprobleme und Depressionen
  • Umgang mit Einschränkungen
  • Vorbereitung auf die Rückkehr nach Hause und in den Alltag

Langfristige Maßnahmen:

  • Regelmäßige Überprüfung und Einstellung von Blutdruck, Cholesterinwerten und Blutzucker
  • Umstellung des Lebensstils mit viel Bewegung, gesünderer Ernährung und Verzicht auf Rauchen
  • Fortführung des Trainings zu Hause
  • Teilnahme an Selbsthilfegruppen
  • Inanspruchnahme von Unterstützungsangeboten wie Schlaganfall-Lotsen

Leben mit den Folgen eines Schlaganfalls

Die Folgen eines Schlaganfalls sind sehr unterschiedlich und hängen von der betroffenen Hirnregion und dem Schweregrad des Schlaganfalls ab. Zu den häufigsten Folgen gehören:

  • Neurologische Folgen: Halbseitige Lähmungen, Spastik, Schluckstörungen, epileptische Anfälle
  • Neuropsychologische Folgen: Aufmerksamkeits- und Konzentrationsschwierigkeiten, Neglect (gestörte Wahrnehmung der betroffenen Körperseite), Demenz
  • Psychische Folgen: Depressionen, Angststörungen

Es ist wichtig, sich der unsichtbaren Folgen des Schlaganfalls bewusst zu sein und Strategien zu entwickeln, um mit ihnen umzugehen.

Prävention: Das Risiko minimieren

Eine gesunde Lebensweise kann das Schlaganfallrisiko deutlich senken:

  • Gesunde Ernährung (ausgewogene, mediterrane Ernährung mit viel Gemüse, wenig Fleisch und wenig Alkohol)
  • Ausreichend Bewegung (20 bis 30 Minuten pro Tag, bei der man leicht schwitzt)
  • Nichtrauchen
  • Vermeidung von Übergewicht
  • Kontrolle und Behandlung von Bluthochdruck, Diabetes und Fettstoffwechselstörungen
  • Vermeidung von Dauerstress
  • Regelmäßige ärztliche Untersuchungen, insbesondere bei Vorliegen von Risikofaktoren
  • Schlaganfall-Risikotest durchführen (z.B. auf der Seite der Deutschen Schlaganfall Gesellschaft)

Unterstützung für Betroffene und Angehörige

Nach einem Schlaganfall benötigen sowohl Betroffene als auch ihre Angehörigen Unterstützung. Es gibt zahlreiche Angebote, die Hilfe und Orientierung bieten:

  • Pflegestützpunkte: Beratung zu Leistungen der Pflegeversicherung und zu Kursen für pflegende Angehörige
  • Selbsthilfegruppen: Möglichkeit zum Austausch mit anderen Betroffenen und Angehörigen
  • Schlaganfall-Lotsen: Unterstützung bei der Rückkehr in die gewohnte Lebensumgebung
  • Sozialdienste der Krankenhäuser und Rehakliniken: Beratung und Organisation von Hilfsmaßnahmen
  • Pflegeberatungsstellen: Unterstützung bei der Organisation der pflegerischen Versorgung
  • Deutsche Schlaganfallhilfe: Informationen und Unterstützung für Betroffene und Angehörige (www.schlaganfall-hilfe.de)

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