Die Rückenmarkstimulation (engl. spinal cord stimulation bzw. SCS), oft auch als "Schmerzschrittmacher" bezeichnet, ist ein minimalinvasives operatives Verfahren zur Behandlung chronischer Schmerzen. Dieses Verfahren wird in der Neurochirurgie der Beta Klinik Bonn und anderen spezialisierten Zentren angewandt. Dabei kommt ein sogenannter Neurostimulator bzw. Neuromodulator zum Einsatz. Ein Neurostimulator ist ein Gerät, das unter die Haut implantiert wird und elektrische Impulse an Nerven sendet. Auf diese Weise lassen sich zum Beispiel therapieresistente, chronische Schmerzen permanent ausschalten bzw. lindern. Die elektrischen Impulse bewirken eine Veränderung der Schmerzempfindung, ohne dass dabei Nerven geschädigt werden.
Was ist ein Schmerzschrittmacher?
Ein Schmerzschrittmacher besteht aus einem kleinen, elektronischen Impulsgeber und einer oder zwei Elektroden. Er ähnelt in Form und Aufbau einem Herzschrittmacher. Der Schmerzschrittmacher ist ein operativ eingesetzter Neurostimulator. Das kleine Gerät sendet über einen dünnen Draht, die Elektrode, elektrische Signale (Strom) an die Nerven am Rückenmark. So hindert er bestimmte Nerven daran, die Schmerzinformation an das Gehirn weiterzuleiten. D.h. der Schmerzschrittmacher setzt direkt am Schmerzsignal an. Er schwächt es ab bzw. unterbricht es. Der Schmerzschrittmacher wird auf Gesäßhöhe unter die Haut implantiert. Über feine Drähte sendet er elektrische Impulse in den Wirbelkanal. Die schon vor 50 Jahren entwickelte Methode heißt auch Neuromodulation.
Wann kommt ein Schmerzschrittmacher in Frage?
Viele Patienten, für die eine Rückenmarkstimulation in Betracht kommt, bekommen oft bereits stärkste Schmerzmittel in immer höheren Dosierungen verschrieben. Glücklicherweise findet hier langsam ein Umdenken statt, da die Nebenwirkungen der Opiate natürlich gravierend sind. Oft sind die Patienten müde und antriebslos, sodass Sie allein durch die Schmerzmedikation keiner Beschäftigung mehr nachgehen können. Die Rückenmarkstimulation wird bei chronischen Schmerzen eingesetzt. Zunächst erfolgt in der Regel eine medikamentöse Schmerztherapie, die jedoch in manchen Fällen keine ausreichende Schmerzlinderung erzielen oder erhebliche Nebenwirkungen mit sich bringen kann. Ziel der Spinal Cord Stimulation ist eine nachhaltige Linderung der Schmerzen, sodass den Betroffenen wieder ein weitgehend beschwerdefreies Alltagsleben möglich ist. Insbesondere Patienten mit therapierefraktären (nicht auf die üblichen Therapien ansprechenden) Rücken-Beinschmerzen, die häufig mehrfach an der Wirbelsäule operiert wurden, erfahren durch die SCS eine signifikante Beschwerdelinderung und Verbesserung der Lebensqualität. Dies konnten Studien eindeutig belegen. Aber auch Patienten, die unter der peripheren arteriellen Verschlusskrankheit (pAVK) oder dem komplexen regionalen Schmerzsyndrom I und II (CRPS/Morbus Sudeck) leiden, erfahren eine nachweisbare Beschwerdebesserung. chronische therapierefraktäre (nicht auf die üblichen Therapien ansprechende) Angina-pectoris-Schmerzen, z. B.
Die Neurostimulation mittels Schmerzschrittmacher bewirkt laut Expertenaussage in mehr als 60 Prozent der Fälle eine lang anhaltende Schmerzreduktion. Diese Therapieoption eignet sich vor allem für:
- Chronische Rückenschmerzen, zum Beispiel nach Bandscheibenvorfall, die in die Beine ausstrahlen
- Phantom- und Stumpfschmerzen
- Diabetische Polyneuropathie
- Schmerzen nach Gürtelrose (Post-Zoster-Neuralgie)
- Austherapierte Angina pectoris
- Austherapierte periphere arterielle Verschlusskrankheit (pAVK, Schaufensterkrankheit)
- Schwerste, medikamentös nicht beeinflussbare Kopfschmerzen
Weitere Krankheitsbilder sind:
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- die periphere arterielle Verschlußkrankheit, kurz: pAVK,
- die sogenannte Schaufensterkrankheit,
- der Phantomschmerz beziehungsweise Amputationsschmerz,
- die Polyneuropathie,
- das Complexe regionale Schmerzsyndrom, kurz: CRPS,
- Schmerzen nach Gürtelrose, also Post-Zoster-Neuralgie, sowie auch
- die austherapierte Angina pectoris, also Herzschmerzen.
Die Implantation des Schmerzschrittmachers eignet sich auch für Patienten mit chronischen Rückenschmerzen, schmerzinduzierenden Nervenleiden wie der diabetischen Polyneuropathie und chronischen Schmerzen nach schweren Unfällen und Operationen im Bereich der Wirbelsäule, des Becken und der Beine. Hier erfolgt die gemeinsame Indikationsstellung für einen Schmerzschrittmacher über einen multimodalen Behandlungsansatz gemeinsam mit den jeweiligen Schmerztherapeuten.
Wie funktioniert die Rückenmarkstimulation?
Das Prinzip ist einfach: Der Schmerzschrittmacher ist ein operativ eingesetzter Neurostimulator. Das kleine Gerät sendet über einen dünnen Draht, die Elektrode, elektrische Signale (Strom) an die Nerven am Rückenmark. So hindert er bestimmte Nerven daran, die Schmerzinformation an das Gehirn weiterzuleiten. D.h. der Schmerzschrittmacher setzt direkt am Schmerzsignal an. Er schwächt es ab bzw. unterbricht es. Die elektrischen Impulse stimulieren jene Nervenbahnen, die für Schmerzwahrnehmung im Gehirn zuständig sind. Die Schmerzweiterleitung ans Gehirn wird beeinflusst, wodurch der Patient weniger Schmerzen empfindet. Indem der Schrittmacher verhindert, dass die Schmerzinformation ins Gehirn gelangt, werden die Schmerzen abgeschwächt oder ganz unterbrochen.
Grundsätzlich wird zwischen nozizeptiven Schmerzen und neuropathischen Schmerzen unterschieden. Die nozizeptiven Schmerzen entstehen durch Reize, die aus einem Gewebeschaden resultieren. Die können mechanische Einflüsse, Sportverletzungen, Zustände nach einer Operation oder auch Krisen bei angeborenen oder erworbenen inneren Erkrankungen sein. Neuropathische Schmerzen dagegen entstehen als Folge einer Funktionsstörung oder Läsion des Nervensystems. Ursachen können beispielsweise ein Bandscheibenvorfall, eine Trigeminusneuralgie oder etwa diabetische Polyneuropathie sein. Und es gibt Mischformen, bei denen sowohl nozizeptive als auch neuropathische Schmerzen gleichzeitig auftreten.
Das Schmerzempfinden entsteht, weil Schmerzsignale als Impulse über die Nerven, das Rückenmark und den Thalamus in das zentrale Nervensystem geleitet werden. Dort werden Schmerzen bewusst wahrgenommen und emotional bewertet. Erst hier entsteht also das eigentliche Schmerzempfinden. Wird nun die Weiterleitung der Impulse durch das Rückenmark mittels elektrischer Stimulation gestört, spricht man von einer Neuromodulation oder Rückenmarksstimulation. Durch diese Stimulationen wird das betroffene Nervengewebe gereizt, sodass die eigentlichen Schmerzsignale überlagert werden. Häufig zu beobachten ist, dass sich die Schmerzsignale in eine leicht kribbelnde Empfindung verwandeln, die von den Patienten meist als angenehm empfunden wird. Aber auch hier entwickelt sich die Technologie weiter, sodass mittlerweile auch eine Stimulation ohne Kribbeln möglich ist.
Funktionsprinzip der SCS-Systeme
Das Prinzip ist einfach: Der Schmerzschrittmacher ist ein operativ eingesetzter Neurostimulator. Das kleine Gerät sendet über einen dünnen Draht, die Elektrode, elektrische Signale (Strom) an die Nerven am Rückenmark. So hindert er bestimmte Nerven daran, die Schmerzinformation an das Gehirn weiterzuleiten. D.h .der Schmerzschrittmacher setzt direkt am Schmerzsignal an. Er schwächt es ab bzw. unterbricht es.
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Es gibt verschiedene Schmerzschrittmacher-Modelle mit unterschiedlichen Stimulationsformen. Welches zum Einsatz kommt, hängt vom individuellen Krankheitsbild ab. Einige Geräte erzeugen bei bestimmten Bewegungen ein Kribbeln im Schmerzbereich. Diese eigenen sich besonders bei Beinschmerzen. Neuere Rückenmarkstimulatoren gibt es auch „kribbelfrei“. Diese wirken bei chronischen Rückenschmerzen. Diese Modelle sind in der Regel wiederaufladbar und Ganzkörper-MRT geeignet.
Tonische Stimulation vs. Burst-Stimulation
Die tonische Stimulation stellt die konventionelle Form der Neurostimulation dar: Sie gibt die elektrischen Impulse in stets gleichbleibendem Rhythmus an das Rückenmark ab, um chronische Rückenschmerzen zu lindern. Bei der Burst-Stimulation werden die Impulse stattdessen in kurzer Folge bzw. mit kurzen Pausen stoßweise abgegeben („burst“ steht in etwa für „Explosion“).
Ablauf der Behandlung mit einem Neurostimulator
Bevor wir einen Neurostimulator als Therapie in Erwägung ziehen, muss abgeklärt werden, welche Beschwerdeursache vorliegt. Dies erfolgt zum einen durch eine sorgfältige neurologisch-orthopädische Untersuchung und ein umfangreiches Anamnesegespräch. Je nach Beschwerdebild werden dann zusätzliche Untersuchungen wie MRT oder CT durchgeführt, um etwa die Wirbelsäule genauer untersuchen zu können. Die Behandlung mit einem Neurostimulator läuft in 3 Schritten ab. Zunächst werden Elektroden auf minimalinvasivem Weg eingesetzt (Schritt 1). Als nächstes schließt sich eine Testphase an (Schritt 2).
Schritt 1: Implantation der Elektroden
Ca. Über einen kleinen Schnitt in Höhe der mittleren Brustwirbelsäule werden kleine Elektroden auf der Dura, der äußeren Schicht des Rückenmarks und der Nervenwurzeln, platziert. Dies erfolgt perkutan, also durch ein kleines Röhrchen durch die Haut hindurch.
Bei der ersten Operation unter Vollnarkose werden zwei dünne Elektroden in den Spinalkanal implantiert - am Hinterstrang des Rückenmarks. Zunächst werden die Patientinnen und Patienten mit einem externen Schrittmacher verbunden, der sich noch außerhalb des Körpers befindet.
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Schritt 2: Testphase
Der Test-Neurostimulator kann bequem mit einer Hand auf eine bestimmte elektrische Impulsstufe eingestellt werden. So testen wir 2-3 Tage die Spinal Cord Stimulation auf der Station der Beta Klinik zusammen mit Ihnen und ermitteln, welche Stufe eine Schmerzfreiheit bzw. starke Schmerzlinderung bewirkt. Anschließend werden Sie nach Hause entlassen und testen die Wirkung der Rückenmarkstimulation für 3-4 weitere Tage. Nach etwa einer Woche stellen Sie sich erneut in der Klinik vor und wir besprechen das Ergebnis.
Ja. Dazu setzen wir eine feine Elektrode an die Rückenmarkshaut, die mit einem externen Neurostimulator verbunden wird. Für den kleinen Eingriff erhalten Sie eine lokale Betäubung. In den nächsten Tagen merken Sie, ob eine deutliche Schmerzlinderung eintritt.
Während dieser Zeit beurteilt der Patient zu Hause, ob seine Schmerzen zufriedenstellend gelindert werden. Die Schmerzreduktion muss mindestens 50 Prozent betragen. Wenn die Schmerzreduktion 50 Prozent oder mehr beträgt, können wir den eigentlichen Schrittmacher implantieren.
Schritt 3: Implantation des Neurostimulators
Bei Beschwerdelinderung durch die Rückenmarkstimulation wird der Neurostimulator über einen kleinen Schnitt von ca. 4 cm im Brustbereich (bei Okzipitalneuralgie) oder vorderen bzw. hinteren Lendenbereich unter die Haut implantiert. Hierbei wird diejenige Einstellungsstufe gewählt, die in der Testphase zur größtmöglichen Beschwerdelinderung oder -freiheit beigetragen hat. Für 2 bis 3 Tage bleiben Sie zur Beobachtung auf der Station der Beta Klinik. Die Batterien des Neurostimulators haben eine Lebenszeit von etwa 8 Jahren, nach deren Ablauf ein neues Stimulationsgerät eingesetzt werden kann.
Ist die Probephase erfolgreich verlaufen, kann in einer weiteren Operation - diesmal unter Vollnarkose - der Neurostimulator eingepflanzt werden. Das Gerät, das ungefähr so groß wie eine Stoppuhr ist, wird meist in der Bauchwand platziert. Es gibt unterschiedliche Stimulationsgeräte, darunter auch solche, die sich von außen wieder aufladen lassen. Sie können einige Jahre länger als batteriebetriebene Modelle im Körper verbleiben, bevor sie ausgewechselt werden müssen. Über ein externes Handgerät kann der Patient die Stärke der Neurostimulation je nach aktuellem Bedarf anpassen.
Der Schrittmacher wird dann unter der Haut, erneut im Rahmen eines ambulanten Eingriffes und unter einer lokalen Anästhesie, implantiert.
Vorteile der Rückenmarkstimulation
- Nachhaltige Schmerzlinderung: Ziel der Spinal Cord Stimulation ist eine nachhaltige Linderung der Schmerzen, sodass den Betroffenen wieder ein weitgehend beschwerdefreies Alltagsleben möglich ist.
- Verbesserung der Lebensqualität: Insbesondere Patienten mit therapierefraktären Rücken-Beinschmerzen, die häufig mehrfach an der Wirbelsäule operiert wurden, erfahren durch die SCS eine signifikante Beschwerdelinderung und Verbesserung der Lebensqualität. Dies konnten Studien eindeutig belegen.
- Reduktion der Schmerzmitteleinnahme: Manche Patienten können ihre Schmerzmittel reduzieren oder weitgehend absetzen, da die Beschwerden zum großen Teil verschwunden sind.
- Steigerung der Mobilität: Der Schmerzschrittmacher macht Patienten mit chronischen Schmerzen schnell wieder mobil.
- Wirkungsvolle Behandlung: Studien zeigen, dass ein Schmerzschrittmacher Schmerzen deutlich besser lindern kann als eine ausschließlich konventionelle Schmerztherapie. Dies gilt besonders für Patienten, die im Nachgang einer Bandscheiben- oder Wirbelsäulenoperation mit chronischen Rücken- und neuropathischen Beinschmerzen zu kämpfen haben. Auch die Einnahme von starken Medikamenten ist nicht mehr nötig.
Risiken und Nebenwirkungen
Die Implantation des Neurostimulators und der Elektroden wird unter sterilen Bedingungen in einem hochmodernen Operationssaal von erfahrenen Ärzten durchgeführt. Daher ist auch das Risiko von Infektionen, Blutungen, Wundheilungsstörungen oder anderen Risiken, die bei allen Operationen gegeben sind, minimal.
Wie bei jeder Operation können auch bei der Implantation des Schmerzschrittmachers Nebenwirkungen auftreten. Größere Risiken wie Infektionen und Wundheilungsstörungen sind aber extrem selten. Zu den weiteren Risiken des Schmerzschrittmachers gehören Probleme mit dem Neuromodulator selbst: Die Elektroden können sich verschieben und die Kabel brechen. Außerdem sind Schmerzen im Bereich der Batterietasche möglich.
Bei älteren Geräten kam es häufig zu einem Kribbeln durch eine Unterstimulation. Dank technischer Weiterentwicklungen gibt es mittlerweile Stimulationsprogramme, bei denen das Kribbeln im Rahmen der Stimulation gänzlich entfällt.
Nachbehandlung und Kontrollen
Eine Nachbehandlung ist in der Regel nicht notwendig. Mit dem Schmerzschrittmacher manche Menschen leiden Jahre oder sogar Jahrzehnte unter chronischen Rückenschmerzen, die selbst Medikamenten und Operationen trotzen.
Speziell beim Rückenmarkstimulator sind regelmäßige Kontrollen nötig, da es sich um ein implantiertes Gerät handelt: Dabei überprüfen wir die Stromstärke und besprechen mit Ihnen, wie Sie mit dem Aufladen des Akkus und dem Ein- und Ausschalten nach Bedarf zurechtkommen. Außerdem stimmen wir eventuell noch notwendige Schmerzmittel mit Ihnen ab und diese abgesetzt werden können. Die erste Kontrolle findet bereits vier bis sechs Wochen nach dem Eingriff statt, die zweite nach weiteren drei Monaten und die dritte nach weiteren sechs Monaten.
Damit Ihr Neuromodulator wie gewünscht funktioniert, kommen Sie zur Wartung regelmäßig in unser Wirbelsäulenzentrum.
Alltag mit einem Schmerzschrittmacher
Anfangs spüren viele Patienten das Gerät im Körper, mit der Zeit gewöhnen sie sich aber daran und bemerken es nicht mehr. Eine der wenigen Gelegenheiten, bei der ein Rückenmarkstimulator auffällt, ist bei der Sicherheitskontrolle am Flughafen. Dort erzeugt er ein lautes Warnpiepen. Auch eine MRT-Untersuchung ist mit einem Nervenstimulator in der Regel kein Problem.
Die ersten zwei Wochen nach dem Eingriff sollten Sie körperliche Belastungen so gut wie möglich vermeiden, also keine ruckartigen Bewegungen und kein schweres Heben! Wir empfehlen grundsätzlich eine sportfreie Zeit nach Entlassung aus der stationären Behandlung für eine Zeitdauer von vier Wochen.
Kostenübernahme
Ja, die Krankenkassen übernehmen die Kosten des Neurostimulators vollständig. Durch die Einsparung teurer Schmerzmittel kann sich das Verfahren häufig innerhalb von zwei bis vier Jahren amortisieren. Die Kosten der Behandlung werden von den gesetzlichen Krankenkassen übernommen.
Schmerzschrittmacher der neuesten Generation
Mittlerweile ist das Verfahren aus dem experimentellen Stadium heraus, und es existiert seit 2010 eine S3-Leitlinie nach dem System der Arbeitsgemeinschaft der Wissenschaftlichen Medizinischen Fachgesellschaften e. V. (AWMF). Die S3-Leitlinien stellen die höchste Stufe solcher Leitlinien dar, und in dieser Leitlinie wird die Neuromodulation mit einem hohen Empfehlungsgrad beurteilt. Die Geräte der neuesten Generation verfügen über eine sogenannte Closed-Loop-Technik und reagieren damit beispielsweise auch auf Einflüsse wie Lageänderungen, Hustenattacken o. Ä., indem sie die Impulsstärke regulieren.
Ein besonders leichtes Akku-Schrittmachermodell, das viel seltener als seine Vorgänger aufgeladen werden muss, nur noch fünfmal jährlich anstatt wöchentlich, ist seit Kurzem im Einsatz. Auch eine MRT-Untersuchung stellt damit kein Problem mehr dar.
Das neueste Modell, das seit 2024 verfügbar ist, ist ein wieder aufladbarer Stimulator und verfügt über mehrere Stimulationsformen. Er verursacht in diesem Fall kein Kribbeln. Durch die sogenannte Closed Loop Funktion misst der Stimulator die biologischen Signale der Person und passt die Stimulation sofort an jede Bewegung an, z.B.: Anlehnen, Liegen, Laufen. 24 Stunden am Tag misst der Loop die Aktivierung der Neuronen im Rückenmark. Eine mögliche Über- oder Unterstimulation, welche von vielen Patient*innen als unangenehmes Kribbeln beschrieben wird, kann dadurch verhindert werden.
Fallbeispiele
Rupert K.: Der 54-jährige Unternehmensberater aus Dortmund hatte lange mit einem Bandscheibenvorfall zu kämpfen. Konservative Behandlungen und eine Bandscheibenoperation brachten nur kurzfristige Linderung. Nach einer Versteifungsoperation und anschließender Kur erfüllten sich seine Hoffnungen auf Schmerzfreiheit nicht. Er musste starke Schmerzmittel wie zum Beispiel Opiate einnehmen, die starke Nebenwirkungen hatten und auch allmählich an Wirkung verloren. Schließlich erhielt er einen Schmerzschrittmacher. „Der neue Mikrostimulator war meine Rettung. Ich war auf Knopfdruck wieder schmerzfrei. Jetzt kontrolliert der Schmerz nicht mehr mich, sondern ich kontrolliere den Schmerz!“, freut sich der Unternehmensberater.
Ein 59-jähriger Patient: litt seit drei Jahren unter zunehmenden belastungsabhängigen Lumboischialgien auf der linken Seite, also unter ziehend-stechenden Schmerzen, die vom Rücken in das linke Bein und bis zum Fuß ausstrahlten. Die Schmerzen waren so stark, dass er trotz der Einnahme von drei verschiedenen Schmerzmitteln, darunter ein hoch dosiertes Morphiumderivat, maximal 50 Meter ohne Pause gehen konnte. Ursächlich für die starken Schmerzen war eine Erkrankung der L5-Nervenwurzel. Anstatt eine Versteifung der Wirbelsäule zu empfehlen, wurde gemeinsam mit dem Patienten beschlossen, das Ansprechen auf eine Neuromodulation (engl. spinal cord stimulation (SCS)) zu testen. Schon während der Testphase konnte der Patient seine Schmerzmedikamente bereits erheblich reduzieren, sodass eine dauerhafte Implantation eines permanenten Impulsgebers vorgenommen wurde. Innerhalb eines halben Jahres konnte der Patient seine Schmerzmittel fast vollständig reduzieren und hatte eine weitgehend schmerzfreie Gehstrecke von ca. fünf Kilometern.
Raphaela B.: Die 39-Jährige litt nach einem Bandscheibenvorfall jahrelang unter chronischen Schmerzen und galt als „austherapiert“. Sie erhielt als erste Patientin in Südbayern einen „Schmerzschrittmacher“ der neuesten Generation. Nach der Testphase erhielt sie ihren Schmerzschrittmacher und kann das Gerät im Alltag selbst per Smartphone und App steuern.
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