Schwerbehinderung bei Demenz: Voraussetzungen, Vorteile und Beantragung

Eine Demenzdiagnose ist oft mit vielen Fragen verbunden, insbesondere hinsichtlich der finanziellen und rechtlichen Unterstützung. Dieser Artikel beleuchtet die Voraussetzungen für eine Schwerbehinderung bei Demenz, die damit verbundenen Vorteile und den Prozess der Beantragung.

Demenz und Behinderung

Demenz ist eine Erkrankung, die das Gehirn schädigt und mittel- bis längerfristig zu einer Behinderung führt. Eine Schwerbehinderung kann bei Demenz anerkannt werden, wenn ein Grad der Behinderung (GdB) von mindestens 50 festgestellt wird. Dies ermöglicht es Betroffenen, verschiedene Hilfen und Nachteilsausgleiche in Anspruch zu nehmen.

Grad der Behinderung (GdB) bei Demenz

Der Grad der Behinderung (GdB) bei Demenz wird nach der Schwere der Symptome eingeteilt und individuell festgelegt. Die Einstufung erfolgt auf Grundlage von ärztlichen Unterlagen, medizinischen Gutachten und Berichten von Pflegekräften.

Die GdB-Spanne bei Demenz reicht von 30 bis 40 im frühen Stadium bis 100 bei schwerer Demenz:

  • Leichte Demenz (GdB 30-40): Leichte Beeinträchtigungen der Gedächtnisleistung, leichte Einschränkungen im Alltag, weitgehende Selbstständigkeit. Betroffene erhalten zwar noch keinen Schwerbehindertenausweis, können aber steuerliche Nachteilsausgleiche geltend machen.
  • Mittelschwere Demenz (GdB 50-70): Deutliche Gedächtnis- und Orientierungsstörungen, Hilfsbedürftigkeit bei alltäglichen Aufgaben (Haushalt, Körperpflege). Ab diesem Stadium sollte ein Behindertenausweis beantragt werden, da Haushaltsführung, Alltagsbewältigung und Selbstständigkeit maßgeblich beeinträchtigt sind.
  • Schwere Demenz (GdB 80-100): Schwere Gedächtnisverluste und Orientierungs-Probleme, dauerhafte Betreuung und Pflege notwendig. Bei schwerer Demenz wird in der Regel ein GdB von 100 angenommen, und das Merkzeichen "H" (Hilflosigkeit) kann in den Schwerbehindertenausweis eingetragen werden.

Merkzeichen bei Schwerbehinderung - Demenz

Bei einer Schwerbehinderung durch Demenz werden bestimmte Merkzeichen im Schwerbehindertenausweis eingetragen, um die Einschränkungen deutlich zu machen. Diese Merkzeichen berechtigen zu besonderen Nachteilsausgleichen:

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  • G (erhebliche Gehbehinderung): Erhebliche Einschränkung der Bewegungsfähigkeit im Straßenverkehr.
  • aG (außergewöhnliche Gehbehinderung): Dauernde Notwendigkeit der Nutzung eines Rollstuhls oder ähnliche schwerwiegende Beeinträchtigung.
  • B (Notwendigkeit ständiger Begleitung): Notwendigkeit einer ständigen Begleitung, beispielsweise beim Einkaufen oder bei Arztbesuchen.
  • H (Hilflosigkeit): Unterstützungsbedarf bei grundlegenden Verrichtungen wie Essen oder Körperpflege.
  • RF (Befreiung von der Rundfunkgebühr): Starke Einschränkung der Teilhabe am öffentlichen Leben.
  • Bl (Blindheit): Blindheit im Sinne des Gesetzes, oft in Verbindung mit Demenz.

Voraussetzungen für einen Schwerbehindertenausweis bei Demenz

Voraussetzung für den Antrag auf einen Schwerbehindertenausweis ist eine gesicherte Demenzdiagnose. Ein Antrag kann bereits im Frühstadium der Demenz gestellt werden, da finanzielle und organisatorische Vorteile auch ohne Pflegebedürftigkeit bestehen. Ab der mittleren Phase der Demenz ist ein Antrag unbedingt empfehlenswert, da Haushaltsführung, Alltagsbewältigung und Selbstständigkeit in diesem Stadium maßgeblich beeinträchtigt sind.

Wann lohnt es sich, einen Schwerbehindertenausweis zu beantragen?

  • Frühstadium der Demenz: Antrag möglich, um steuerliche Nachteilsausgleiche geltend zu machen (GdB 30-40).
  • Mittleres Stadium der Demenz: Antrag dringend empfohlen, da erhebliche Beeinträchtigungen vorliegen (GdB 50-70).
  • Fortgeschrittenes und schweres Stadium der Demenz: Antrag notwendig, da Betroffene komplett auf Hilfe angewiesen sind (GdB 80-100).

Beantragung eines Schwerbehindertenausweises bei Demenz

Der Antrag auf Schwerbehinderung wird in den meisten Bundesländern an das zuständige Versorgungsamt gestellt. In Nordrhein-Westfalen sind die Kreise oder kreisfreien Städte zuständig.

Benötigte Unterlagen

Für die Beantragung eines Schwerbehindertenausweises bei Demenz sind folgende Unterlagen erforderlich:

  • Ausgefüllter Antrag auf Feststellung einer Behinderung
  • Ärztliche Gutachten und Befundberichte, die die Demenzerkrankung und ihre Auswirkungen beschreiben
  • Krankenhaus- und Reha-Berichte (sofern vorhanden)
  • Medikamentenplan
  • Pflegetagebuch (sofern vorhanden)
  • Kontaktdaten aller behandelnden Ärzte, Krankenhäuser und Reha-Kliniken

Ablauf des Antragsverfahrens

  1. Antragstellung: Stellen Sie den Antrag beim zuständigen Versorgungsamt oder der zuständigen Stelle.
  2. Begutachtung: Das Versorgungsamt prüft die vorliegenden Unterlagen und fordert gegebenenfalls weitere Berichte von Ärzten und Krankenhäusern an.
  3. Feststellungsbescheid: Das Versorgungsamt erstellt einen Feststellungsbescheid, der den Grad der Behinderung (GdB) und die zuerkannten Merkzeichen enthält.
  4. Ausstellung des Schwerbehindertenausweises: Bei einem GdB von mindestens 50 wird der Schwerbehindertenausweis ausgestellt.

Gültigkeit und Verlängerung des Schwerbehindertenausweises

In den frühen Stadien der Demenz kann der Schwerbehindertenausweis nur für einen begrenzten Zeitraum (in der Regel maximal fünf Jahre) ausgestellt werden. Der Ausweis kann zweimal verlängert werden. Bei schwerer Demenz wird in der Regel ein unbefristeter Schwerbehindertenausweis ausgestellt.

Rechtzeitig vor Ablauf der Gültigkeit sollte man sich um die Verlängerung bemühen. Für die Verlängerung ist das Versorgungsamt oder der Kreis zuständig.

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Widerspruch

Wenn der Antrag abgelehnt wird oder der GdB zu niedrig erscheint, kann innerhalb eines Monats Widerspruch eingelegt werden. Es ist ratsam, sich hierbei von einer Beratungsstelle oder einem auf Sozialrecht spezialisierten Anwalt unterstützen zu lassen.

Vorteile und Nachteilsausgleiche mit Schwerbehindertenausweis bei Demenz

Ein Schwerbehindertenausweis bei Demenz bringt eine Reihe von Vorteilen und Nachteilsausgleichen mit sich. Diese sollen die behinderungsbedingten Nachteile und Mehrkosten ausgleichen und die Teilhabe am Leben in der Gesellschaft erleichtern.

Finanzielle Vorteile

  • Steuerfreibetrag: Je nach Grad der Behinderung können Betroffene einen pauschalen Steuerfreibetrag zwischen 384 und 2.840 Euro geltend machen. Bei Vorliegen bestimmter Merkzeichen (H, B, TBl) oder eines Pflegegrades 4 oder 5 erhöht sich der Steuerfreibetrag auf 7.400 Euro jährlich.
  • Kfz-Steuer: Reduzierungen oder Befreiung von der Kraftfahrzeugsteuer bei erheblicher oder außergewöhnlicher Gehbehinderung (Merkzeichen G oder aG) oder Hilfsbedürftigkeit (Merkzeichen H), wenn das Auto auf den Demenzkranken zugelassen ist.
  • Rundfunkbeitrag: Ermäßigung oder Befreiung von der Rundfunkgebühr (Merkzeichen RF), wenn die Betroffenen aufgrund ihrer Demenz nicht mehr am öffentlichen Leben teilnehmen können.

Mobilität

  • Öffentlicher Personennahverkehr (ÖPNV): Preisnachlässe oder kostenlose Nutzung von Bussen und Bahnen (Merkzeichen G, aG oder H).
  • Begleitperson: Kostenlose Mitfahrt einer Begleitperson im ÖPNV (Merkzeichen B).
  • Parkausweis: Anspruch auf einen Parkausweis für Behindertenparkplätze (Merkzeichen aG).

Berufliche Vorteile

  • Besonderer Kündigungsschutz: Erweiterter Kündigungsschutz für schwerbehinderte Arbeitnehmer.
  • Zusätzliche Urlaubstage: Anspruch auf fünf zusätzliche bezahlte Urlaubstage pro Jahr.
  • Früherer Renteneintritt: Möglichkeit, zwei Jahre früher abschlagsfrei in Rente zu gehen (bei mindestens 35 Jahren Einzahlung in die Rentenversicherung).

Weitere Vorteile

  • Vergünstigte Eintritte: Vergünstigte Eintritte in Museen, Theater, Konzerte und andere kulturelle Einrichtungen.
  • Vergünstigte Mitgliedsbeiträge: Vergünstigte Mitgliedsbeiträge in Vereinen und Verbänden.
  • Sonderregelungen bei Sozialleistungen: Berücksichtigung eines Mehrbedarfs bei bestimmten Sozialleistungen (Merkzeichen G oder aG).

Nachteile

Verglichen mit den Vorteilen sind die Nachteile eines Schwerbehindertenausweises bei Demenz gering. Sie können darin bestehen, dass der Demenzerkrankte Probleme hat, beispielsweise eine Lebensversicherung neu abzuschließen, oder dass die geldwerten Vorteile Auswirkungen auf Sozialleistungen haben. Es ist wichtig zu beachten, dass ein Behindertenausweis nicht überall vorgelegt werden muss.

Pflegegrad bei Demenz

Es ist wichtig zu beachten, dass ein Schwerbehindertenausweis nicht automatisch zu einem Pflegegrad führt und umgekehrt. Ein Schwerbehindertenausweis bezieht sich auf die Benachteiligung bei der Teilhabe am gesellschaftlichen Leben, während der Pflegegrad die Frage der dauerhaften Unterstützungsbedürftigkeit im Alltag berücksichtigt. Es ist jedoch möglich und oft der Fall, dass Menschen mit Demenz sowohl einen Schwerbehindertenausweis als auch einen Pflegegrad haben.

Pflegegrad beantragen

Wer Pflegegeld oder andere Leistungen der Pflegeversicherung erhalten möchte, muss zunächst einen Pflegegrad beantragen. Die Pflegekasse entscheidet spätestens 25 Arbeitstage nach dem Termin mit einem Gutachter des Medizinischen Dienstes (MD), ob ein Pflegegrad vorliegt und welcher. Die Leistungen erfolgen rückwirkend ab dem Datum des Erstantrags.

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Alle Antragsteller haben Anspruch auf eine persönliche Pflegeberatung. Wird die Pflege durch Angehörige übernommen, wird Pflegegeld gezahlt. Wird ein ambulanter Pflegedienst beauftragt, übernimmt die Pflegeversicherung die Kosten als Sachleistung. Auch eine Kombination beider Leistungen ist möglich.

Umgang mit Fassadenverhalten

Viele Angehörige erleben es, dass die erkrankte Person beim Besuch des Medizinischen Dienstes erstaunlich wach, klar und selbstständig wirkt. Probleme werden heruntergespielt oder verschwiegen (Fassadenverhalten). Dieses Verhalten ist oft auf die Angst vor dem Verlust der Selbstständigkeit und Scham über die eigenen Defizite zurückzuführen.

In solchen Fällen ist es wichtig, die Gutachterin oder den Gutachter beiseite zu nehmen und ehrlich zu beschreiben, in welchen Situationen tatsächlich Hilfe notwendig ist. Es ist auch wichtig, das Thema frühzeitig anzusprechen und mit kleinen, konkreten Schritten zu beginnen, um Akzeptanz für die notwendige Unterstützung zu schaffen.

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