Rückenmarksverletzungen: Ursachen, Symptome und Behandlungen

Rückenmarksverletzungen sind schwerwiegende Ereignisse, die das Leben der Betroffenen drastisch verändern können. Sie entstehen durch Schädigungen des Rückenmarks, die zu vorübergehenden oder dauerhaften Funktionsveränderungen führen. Die Ursachen sind vielfältig, die Symptome hängen von der Art und Schwere der Verletzung ab, und die Behandlung erfordert einen multidisziplinären Ansatz.

Aufbau und Funktion des Rückenmarks

Das Rückenmark ist ein Teil des zentralen Nervensystems und befindet sich im Wirbelkanal. Es leitet Informationen zwischen Gehirn und Körper weiter. Die Wirbelsäule besteht aus Wirbelkörpern, Bandscheiben, Bändern, Muskeln und Nervenstrukturen. Der Spinalkanal, der von den Wirbeln gebildet wird, beherbergt das Rückenmark. Durch seitliche Öffnungen (Foramina) treten die Spinalnerven aus und versorgen bestimmte Körperbereiche.

Ursachen von Rückenmarksverletzungen

Die Ursachen für Rückenmarksverletzungen sind vielfältig:

  • Unfälle: Verkehrsunfälle, Sportunfälle und Stürze sind häufige Auslöser. Besonders gefährlich sind Stürze aus großer Höhe und Kopfsprünge in seichtes Wasser.
  • Gewalteinwirkung: Schussverletzungen und andere Gewalttaten können das Rückenmark direkt schädigen.
  • Erkrankungen: Bandscheibenvorfälle, Tumore, Entzündungen und Knochenerkrankungen wie Osteoporose können das Rückenmark indirekt schädigen oder komprimieren.
  • Degenerative Veränderungen: Arthrose und andere degenerative Prozesse können zu Wirbelbrüchen oder Verletzungen der kleinen Wirbelgelenke führen.
  • Medizinische Eingriffe: Selten können chirurgische Komplikationen zu Rückenmarksverletzungen führen.

Arten von Rückenmarksverletzungen

Rückenmarksverletzungen werden hauptsächlich in zwei Kategorien eingeteilt:

  • Vollständige Rückenmarksverletzung: Hierbei gibt es keinen Informationsaustausch zwischen Gehirn und Körper unterhalb der Verletzungsstelle. Dies führt zu einem vollständigen Verlust von Empfindungen und willkürlichen Bewegungen.
  • Unvollständige Rückenmarksverletzung: Bei dieser Art der Verletzung ist das Rückenmark nicht vollständig durchtrennt. Einige Nervenbahnen bleiben intakt, wodurch ein gewisses Maß an sensorischer oder motorischer Funktion unterhalb der Verletzungsstelle erhalten bleiben kann.

Symptome von Rückenmarksverletzungen

Die Symptome einer Rückenmarksverletzung variieren je nach Lokalisation und Schweregrad der Schädigung. Zu den häufigsten Symptomen gehören:

Lesen Sie auch: Die Rolle der Schutzeinrichtungen des Rückenmarks

  • Schmerzen: Starke Rückenschmerzen, Nackenschmerzen oder ausstrahlende Schmerzen in Arme oder Beine können auftreten.
  • Bewegungseinschränkungen: Eine eingeschränkte Beweglichkeit des Rumpfes oder der Gliedmaßen ist typisch.
  • Sensibilitätsstörungen: Taubheitsgefühle, Kribbeln oder ein Verlust der Empfindung in bestimmten Körperbereichen sind häufig.
  • Muskelschwäche und Lähmungen: Je nach Höhe der Verletzung können Muskelschwäche oder vollständige Lähmungen der Arme, Beine oder des Rumpfes auftreten.
  • Blasen- und Darmstörungen: Der Verlust der Kontrolle über die Blase und den Darm ist eine häufige Folge von Rückenmarksverletzungen. Es kann zu Urinverhalt, Inkontinenz oder Stuhlinkontinenz kommen.
  • Sexuelle Dysfunktion: Rückenmarksverletzungen können die sexuelle Funktion beeinträchtigen.
  • Spastik: Unkontrollierte Muskelkrämpfe und -steifheit können auftreten und die Bewegung erschweren.
  • Vegetative Störungen: Störungen der Herzfrequenz, des Blutdrucks, der Temperaturregulation und der Atmung können auftreten, insbesondere bei Verletzungen der Halswirbelsäule.

Diagnose von Rückenmarksverletzungen

Die Diagnose einer Rückenmarksverletzung umfasst mehrere Schritte:

  • Klinische Untersuchung: Der Arzt erfragt die Krankengeschichte, den Unfallhergang und die aktuellen Symptome. Er untersucht die Motorik, Sensibilität und Reflexe des Patienten.
  • Neurologische Untersuchung: Eine detaillierte neurologische Untersuchung hilft, die Höhe und das Ausmaß der Rückenmarksschädigung zu bestimmen.
  • Bildgebende Verfahren:
    • Röntgenaufnahmen: Dienen zur Beurteilung von knöchernen Verletzungen der Wirbelsäule.
    • Computertomographie (CT): Liefert detaillierte Informationen über Frakturen, Verschiebungen und andere knöcherne Veränderungen.
    • Magnetresonanztomographie (MRT): Ermöglicht die Darstellung von Weichteilstrukturen wie Rückenmark, Bandscheiben und Bändern. Sie ist besonders wichtig, um das Ausmaß der Rückenmarksschädigung zu beurteilen.

Behandlung von Rückenmarksverletzungen

Die Behandlung von Rückenmarksverletzungen zielt darauf ab, die Schädigung des Rückenmarks zu minimieren, die Stabilität der Wirbelsäule wiederherzustellen, Komplikationen zu vermeiden und dieFunktionsfähigkeit des Patienten zu verbessern. Die Behandlung umfasst in der Regel:

  • Akutversorgung:
    • Stabilisierung der Vitalfunktionen: Die Sicherung von Atmung, Kreislauf und Blutdruck hat oberste Priorität.
    • Immobilisierung der Wirbelsäule: Um weitere Schäden zu vermeiden, wird die Wirbelsäule sofort stabilisiert, z. B. mit einer Halskrawatte oder einem Stützkorsett.
    • Medikamentöse Therapie: Hochdosierte Kortikosteroide können in den ersten Stunden nach der Verletzung eingesetzt werden, um die Schwellung des Rückenmarks zu reduzieren. Ihre Wirksamkeit ist jedoch umstritten.
  • Operative Behandlung:
    • Dekompression des Rückenmarks: Wenn das Rückenmark durch Knochenfragmente, Bandscheibenvorfälle oder Blutergüsse komprimiert wird, kann eine Operation erforderlich sein, um den Druck zu entlasten.
    • Stabilisierung der Wirbelsäule: Instabile Wirbelbrüche oder Luxationen müssen operativ stabilisiert werden, um weitere Schäden zu verhindern und die Wirbelsäule auszurichten. Dies kann mit Schrauben, Platten oder anderen Implantaten erfolgen.
  • Konservative Behandlung:
    • Schmerztherapie: Schmerzmittel werden eingesetzt, um die Schmerzen zu lindern.
    • Physiotherapie: Gezielte Übungen helfen, die Muskelkraft zu erhalten oder wiederherzustellen, die Beweglichkeit zu verbessern und Komplikationen wieSpastik vorzubeugen.
    • Ergotherapie: Ergotherapeuten helfen dem Patienten,Alltagsaktivitäten wieder zu erlernen und Hilfsmittel anzupassen.
    • Logopädie: Bei Verletzungen der Halswirbelsäule kann die Sprach- und Schluckfunktion beeinträchtigt sein. Logopäden helfen, diese Funktionen wiederherzustellen.
    • Psychologische Betreuung: Eine Rückenmarksverletzung ist ein traumatisches Ereignis, das oft mit Angst, Depression und Verzweiflung verbunden ist. Psychologische Unterstützung kann dem Patienten helfen, mit der neuen Lebenssituation umzugehen.
  • Rehabilitation:
    • Frührehabilitation: Beginnt so früh wie möglich nach der Verletzung und zielt darauf ab, Komplikationen zu vermeiden und dieFunktionsfähigkeit des Patienten zu verbessern.
    • Spätere Rehabilitation: Umfasst ein umfassendes Programm, das auf die individuellen Bedürfnisse des Patienten zugeschnitten ist. Ziel ist es, dem Patienten ein möglichst selbstständiges Leben zu ermöglichen.
    • Hilfsmittelversorgung: Je nach Bedarf werden Hilfsmittel wie Rollstühle, Orthesen,Badhilfen und Kommunikationshilfen angepasst.
  • Spezielle Therapien:
    • Spastikbehandlung: Medikamente,Injektionen oder operative Eingriffe können eingesetzt werden, um die Spastik zu reduzieren.
    • Blasen- und Darmmanagement: Spezielle Techniken und Hilfsmittel helfen, die Blasen- und Darmfunktion zu kontrollieren.
    • Behandlung von Druckgeschwüren: Druckgeschwüre sind eine häufige Komplikation beiQuerschnittlähmung. Eine konsequente Druckentlastung und Wundversorgung sind wichtig, um die Heilung zu fördern.

Komplikationen von Rückenmarksverletzungen

Rückenmarksverletzungen können eine Reihe von Komplikationen verursachen, darunter:

  • Druckgeschwüre: Durch den verminderten oder fehlenden Druckempfindung entstehen leicht Druckstellen, die sich zu offenen Geschwüren entwickeln können.
  • Spastik: Unkontrollierte Muskelverkrampfungen können Schmerzen verursachen und dieFunktionsfähigkeit einschränken.
  • Blasen- und Darminfektionen: Der Verlust der Kontrolle über die Blase und den Darm erhöht das Risiko für Infektionen.
  • Atemwegsprobleme: Verletzungen der Halswirbelsäule können die Atemmuskulatur beeinträchtigen und zu Atemnot oder Lungenentzündung führen.
  • Herz-Kreislauf-Probleme: Störungen der Herzfrequenz, des Blutdrucks und der Durchblutung können auftreten.
  • Osteoporose: Der Mangel an Bewegung und Belastung der Knochen kann zu Knochenschwund führen.
  • Chronische Schmerzen: Nervenschmerzen, Muskelschmerzen oder Gelenkschmerzen können chronisch werden.
  • Psychische Probleme: Depressionen, Angstzustände und posttraumatische Belastungsstörungen sind häufige Begleiter von Rückenmarksverletzungen.

Rehabilitation und langfristige Perspektiven

Die Rehabilitation spielt eine entscheidende Rolle bei der Behandlung von Rückenmarksverletzungen. Sie hilft den Patienten, ihreFunktionsfähigkeit zu verbessern,Komplikationen vorzubeugen und ein möglichst selbstständiges Leben zu führen. Die Rehabilitation umfasst ein multidisziplinäres Team aus Ärzten, Therapeuten, Pflegekräften und Sozialarbeitern.

Die langfristigen Perspektiven für Menschen mit Rückenmarksverletzungen hängen von der Schwere der Verletzung, demAlter des Patienten, dem Vorhandensein von Begleiterkrankungen und der Qualität der Rehabilitation ab. DankFortschritten in der medizinischen Versorgung und Rehabilitation können viele Menschen mit Rückenmarksverletzungen heute ein erfülltes und aktives Leben führen.

Lesen Sie auch: Symptome erkennen: Rückenmarkkompression

Vorbeugung von Rückenmarksverletzungen

Einige Maßnahmen können helfen, das Risiko von Rückenmarksverletzungen zu verringern:

  • Verkehrssicherheit: Achten Sie auf sicheres Fahren, vermeiden Sie Alkohol und Drogen am Steuer und tragen Sie Sicherheitsgurte.
  • Sportliche Aktivitäten: Tragen Sie beim Sport Schutzausrüstung und vermeiden Sie riskante Manöver.
  • Stürze vermeiden: Sorgen Sie für eine sichere Umgebung zu Hause und vermeiden Sie Stolperfallen.
  • Osteoporose vorbeugen: Achten Sie auf eine ausreichende Kalzium- und Vitamin-D-Zufuhr und treiben Sie regelmäßig Sport.

Lesen Sie auch: Symptome und Diagnose

tags: #Verletzungen #des #Rückenmarks #Ursachen, #Symptome, #Behandlung