Die Demenz stellt eine wachsende Herausforderung für unsere Gesellschaft dar, da immer mehr Menschen in einem höheren Lebensalter von dieser Erkrankung betroffen sind. Neben genetischen Faktoren und dem Alter selbst spielen auch Lebensgewohnheiten und Umweltfaktoren eine entscheidende Rolle bei der Entstehung von Demenz. Glücklicherweise gibt es Möglichkeiten, das Demenzrisiko zu senken, und eine davon ist regelmäßige körperliche Aktivität, insbesondere Schwimmen.
Körperliche Aktivität als Therapie
Körperliche Aktivität kann den altersbedingten Belastungen entgegenwirken und therapeutisch wirksam sein. Typische Erscheinungen im Alter sind die Reduzierung der Ausdauerleistungsfähigkeit mit Kurzatmigkeit, Verlust von Muskelmasse und Kraftfähigkeiten, Einschränkung der koordinativen Fähigkeiten mit Erhöhung der Sturzgefährdung sowie arthrotische und osteoporotische Veränderungen des Skelettsystems. Bei Demenzerkrankten kommt noch die Reduktion der kognitiven Leistungsfähigkeit hinzu, was zu einem hohen Verlust an Alltagsleistungen, einer gesteigerten Einschränkung im motorischen Bereich und einem erhöhten Sturzrisiko führt.
Studien haben gezeigt, dass Demenzerkrankte von körperlichem Training im selben Ausmaß profitieren wie gesunde Personen. Ein speziell auf Demenzerkrankte abgestimmtes Trainingsprogramm kann die körperliche Leistungsfähigkeit steigern und sich positiv auf die kognitive Leistungsfähigkeit auswirken. Es besteht ein Zusammenhang zwischen kognitiver Leistung und zu geringer körperlicher Aktivität als Risikofaktor für Demenz.
Gleichgewicht, Kräftigung und Multitasking
Bewegungstherapie ist für Patienten mit kognitiven Einschränkungen sehr sinnvoll. Ein wichtiger Bestandteil ist das Gleichgewichts- und Balancetraining, bei dem der Stand geübt wird, gegebenenfalls mit bewussten Störungen durch Armbewegungen oder auf einer instabilen Unterlage.
Das Kräftigungstraining sollte nahe an den Alltagsbewegungen gestaltet und mit einer höheren Trainingsintensität durchgeführt werden. Ideal sind einstellbare Trainingsgeräte für die Beinmuskulatur und den Rumpf.
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Im Alltag ist man oft gefordert, mehrere Dinge gleichzeitig zu tun. Dies kann mit Multitaskingaufgaben trainiert werden, z. B. indem während einer sportlichen Bewegung eine Rechenaufgabe gelöst wird oder Silben in einem gleichen Rhythmus aufgesagt werden.
Methodik
Bei der Sport- und Bewegungstherapie bei Demenzerkrankungen sind einige methodische und didaktische Punkte zu beachten. Die Anleiter sollten langsam, deutlich und geduldig vorgehen. Kurze, klare Anweisungen, verbunden mit Bildern und Bewegungsdemonstrationen, sind hilfreich. Taktile und rhythmische Hilfen können ergänzt werden. Gewohnte Räumlichkeiten, ein fester Organisationsablauf und eine kleine Gruppengröße mit Individualisierungsmöglichkeiten sind günstige Rahmenbedingungen.
Die Akzeptanz und der Erfolg hängen von der Integration der Emotion ab. Wenn es gelingt, Freude zu wecken, bleibt die Aufmerksamkeit erhalten. Ein sozialer Rahmen und der Einsatz von Musik können dabei hilfreich sein. Alte, in der Jugend der Betroffenen aktuelle Stücke rufen oft Erinnerungen hervor und lösen Bewegung aus.
Bewegungstherapie und Gehirnleistung
Das Gehirn ist das anpassungsfähigste Organ unseres Körpers. Die Veränderungsvorgänge werden unter dem Begriff der Neuroplastizität zusammengefasst. Sport- und Bewegungstherapie können diese Veränderungsprozesse stimulieren. Die aktuellen Erklärungsmuster für die neurobiologischen Zusammenhänge von körperlicher Aktivität und zerebraler Leistungsfähigkeit beruhen teilweise auf Tierversuchen, aber auch auf aussagefähigen Untersuchungen mit der funktionellen Magnetresonanz.
Durchblutungssteigerung
Gehirnareale haben bei körperlichen Aktivitäten ein gesteigertes Stoffwechselbedürfnis. Schon geringe körperliche Aktivität ist mehr als durch jegliche geistige Aktivität allein erreicht werden kann.
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Sinne schärfen
Die menschlichen Sinne bilden die Voraussetzung für eine Informationsaufnahme aus der Umwelt. Es gilt, möglichst viele Sinne durch Aktivität zu schärfen. Der Tastsinn, der Hörsinn, der Sehsinn und der Gleichgewichtssinn spielen dabei eine wichtige Rolle.
Synapsenverbindungen
Das Gehirn ist mit möglichst vielseitigen Anforderungen zu konfrontieren, um die Vernetzung der Gehirnzellen zu fördern. Je koordinativ komplexer eine Bewegung ist, desto mehr Verstrickungen der Gehirnzellen entstehen. Wichtig ist, dass diese Vernetzung nicht nur in dem Gehirnbereich stattfindet, der für die Körperteile verantwortlich ist, die die Bewegung ausführen, sondern auch mit Neuronen aus den Motivations-, Aufmerksamkeits- und Emotionszentren. Für dauerhaft stabile Verbindungen ist die Anzahl der Wiederholungen entscheidend.
Neubildung von Nervenzellen (Neurogenese)
Obwohl sich schon in den ersten Lebensjahren Nervenzellen im Gehirn abbauen, können sich bei entsprechenden Stimuli auch wieder neue Neuronen bilden.
Neurotransmitter steigen
Für die Gehirnleistung sind neben der Anzahl der Synapsen auch die Überträgerstoffe entscheidend. Eine zentrale Bedeutung nimmt der Substanzkomplex BDNF (Brain Derived Neurotrophic Factors) ein. Es konnte nachgewiesen werden, dass es einen kausalen Zusammenhang von körperlicher Aktivität und der kognitiven Verbesserung durch Steigerung der BDNF gibt.
Warum Bewegung das Gehirn schützt
Bewegung hält das Gehirn gesund. Es gibt keine „beste“ Sportart - wichtig ist, dass sie Spaß macht und regelmäßig ausgeübt wird. Gut geeignet sind Ausdauersportarten wie Gehen, Radfahren oder Schwimmen für Herz und Kreislauf, Ganzkörpertrainings wie Yoga oder Pilates zur Förderung von Beweglichkeit und Balance, Tanzen oder Tai-Chi zur Stärkung der Koordination und des Gedächtnisses sowie Krafttraining zur Vorbeugung von Muskelabbau und Stürzen.
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Neben gezieltem Sport hält auch Bewegung im Alltag Körper und Geist fit. Ein Spaziergang, Treppensteigen oder Gartenarbeit - jede Bewegung bringt den Kreislauf in Schwung, versorgt das Gehirn mit Sauerstoff und stärkt die geistige Fitness. Der Einstieg fällt leichter mit kleinen Schritten. Bewegung hält das Gehirn aktiv und kann helfen, den Krankheitsverlauf von Menschen mit Demenz zu verlangsamen. Auch depressive Symptome, die oft als Begleiterscheinung einer Demenz auftreten, können durch Bewegung positiv beeinflusst werden. Wer sich bewegt, fühlt sich sicherer, spürt seinen Körper und bleibt besser in Kontakt mit seiner Umgebung. Besonders in Gruppen kann Aktivität Lebensfreude schenken und das Gefühl stärken, dazuzugehören.
Menschen mit Demenz müssen keine neuen Sportarten erlernen - wer schon immer gerne spazieren gegangen ist, sollte dies auch weiterhin tun. Es muss nicht perfekt sein - Hauptsache, es fühlt sich gut an. Ein kurzer Spaziergang, ein paar Tanzschritte in der Küche oder gemeinsames Gärtnern: Oft sind es die vertrauten Bewegungen, die Sicherheit geben und Freude machen.
Die Rolle des Schwimmens bei der Demenzprävention
Schwimmen ist eine besonders effektive Sportart zur Demenzprävention. Es fordert das Gehirn in besonderem Maße, da es einen komplexen Bewegungsablauf erfordert. Die hohe Konzentration, die beim Schwimmen erforderlich ist, trainiert die Leistungsfähigkeit des Gehirns und verbessert die Durchblutung. Dies führt zur Förderung des Proteins BDNF, das wie ein Hirndünger wirkt und die Nervenzellen und Synapsen vor dem Verfall schützt sowie deren Neubildung fördert.
Durch die bessere Durchblutung werden auch mehr Ablagerungen abgetragen, die für die Alzheimer-Erkrankung verantwortlich sind. Schwimmen kann das Risiko für Alzheimer zwar nicht auf null bringen, aber reduzieren. Durch die körperliche Betätigung können auch psychische Erkrankungen wie Depressionen zumindest teilweise verbessert werden, da beim Sporttreiben das Glückshormon Serotonin ausgeschüttet wird.
Um einen positiven Effekt zu haben, sollte man drei bis vier Trainingseinheiten in der Woche einlegen und dabei „richtig“ schwimmen und sich anstrengen. 20 Minuten sind dabei ausreichend.
Studien haben gezeigt, dass Kinder, die nach dem Lernen neuer Wörter ein Schwimmtraining absolvierten, eine signifikant höhere Genauigkeit bei der Worterkennung hatten als Kinder, die gemalt oder ein Workout absolviert hatten. Schwimmen verbessert die Konzentrations- und Aufmerksamkeits-Fähigkeit.
Schwimmen ist im Vergleich zu anderen Sportarten sehr gelenkschonend und beansprucht viele Muskelgruppen. Es fördert die Durchblutung des Gehirns und erhöht seine Leistungsfähigkeit. Beim Schwimmen muss das Gehirn besonders schnell die Körpersignale verarbeiten, da im Wasser ein fester Untergrund fehlt.
Schwimmbewegungen sind komplex und erfordern eine gute Koordination. Diese Herausforderung für das Gehirn könnte die Gehirnfunktion verbessern und die mentale Gesundheit positiv beeinflussen. Die erhöhte Durchblutung des Gehirns fördert die Produktion des Wachstumsfaktors BDNF. Dieses Protein schützt bestehende Nervenzellen und fördert die Neubildung von Synapsen.
Schwimmen lässt auch im Hippocampus, einer wichtigen Hirnstruktur für das Gedächtnis, neue Nervenzellen entstehen und stärkt den Übergang vom Kurz- ins Langzeitgedächtnis.
Schwimmen setzt Serotonin frei, einen Neurotransmitter, der die Stimmung hebt. Es wirkt entstressend, weil man sich stark auf die Bewegungen konzentrieren muss. Diese Fokussierung trainiert die Achtsamkeit und lässt negative Gedanken schnell verfliegen.
Auch Menschen mit Herzproblemen können vom Schwimmen profitieren, wenn sie ärztlichen Rat einholen und einige Vorsichtsmaßnahmen beachten.
Prävention von Demenz
Prävention bezeichnet die gezielte Vorbeugung oder Vermeidung von Gesundheitsproblemen. Im Falle der Demenzprävention geht es darum, Risikofaktoren zu identifizieren und zu beeinflussen, die die Wahrscheinlichkeit erhöhen, an Demenz zu erkranken. Es gibt 14 beeinflussbare Risikofaktoren, die, wenn sie ausgeräumt würden, bis zu 45 Prozent aller Demenzerkrankungen verhindern oder zumindest deutlich hinauszögern könnten.
Die wichtigste Ursache von Demenz sind Durchblutungsstörungen des Gehirns. Daher müssen die Risikofaktoren Bluthochdruck, Diabetes, Herzrhythmusstörungen, Abweichungen des Fettstoffwechsels, Übergewicht und hohes LDL-Cholesterin behandelt werden. Rauchen sowie übermäßigen Alkoholkonsum sollte man entsprechend vermeiden. Zu den vermeidbaren Ursachen einer Demenz gehören auch Vitamin- und Hormonmangelzustände. Hier sind regelmäßige Kontrollen sinnvoll. Das Risiko für eine Demenz wird auch durch Schwerhörigkeit und den Verlust der Sehkraft erhöht. Dem kann man durch das frühzeitige Tragen von Hörgeräten und Sehhilfen entgegenwirken. Auch Schädel-Hirn-Verletzungen erhöhen das Demenzrisiko. Deshalb ist es sinnvoll, beim Radfahren, Skaten usw. einen Helm zu tragen und vor allem bei Kindern auf intensives Kopfballtraining zu verzichten. Studien belegen, dass Musik positive Auswirkungen auf den Menschen hat, indem sie kognitive Funktionen stärkt und das Risiko für Demenz senkt.
Weitere Maßnahmen zur Demenzprävention
Neben regelmäßiger Bewegung, insbesondere Schwimmen, gibt es weitere Maßnahmen, die zur Demenzprävention beitragen können:
- Anpassung der Lebensgewohnheiten: Regelmäßige körperliche Aktivität, Verzicht auf Rauchen, eine ausgewogene Ernährung und der maßvolle Umgang mit Alkohol können das Demenzrisiko senken.
- Geistige Fitness: Kognitives Training, lebenslanges Lernen und soziale Interaktion können die geistige Leistungsfähigkeit erhalten und das Gehirn stimulieren.
- Soziale Kontakte: Der soziale Austausch ist wichtig, da durch ihn zusätzliche Hirnareale angeregt werden und somit chronischen Krankheiten vorgebeugt wird.
- Vermeidung von Übergewicht: Ein zu hohes Gewicht kann gesundheitliche Probleme mit sich bringen, die sich auch auf die geistige Gesundheit auswirken können.
- Behandlung von Erkrankungen: Ein erhöhter Blutdruck, Schwerhörigkeit, Diabetes, Dyslipidämie und Depression stehen auf der Liste der Demenzrisikofaktoren und sollten frühzeitig behandelt werden.
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