Beziehungen nach Schlaganfall: Herausforderungen, Veränderungen und Wege zur Bewältigung

Ein Schlaganfall ist ein einschneidendes Ereignis, das nicht nur den Betroffenen selbst, sondern auch dessen Angehörige und insbesondere die partnerschaftliche Beziehung vor große Herausforderungen stellt. Die plötzlichen Veränderungen, sowohl körperlicher als auch emotionaler Natur, können das Leben der Beteiligten grundlegend verändern. Dieser Artikel beleuchtet die vielfältigen Aspekte von Beziehungen nach einem Schlaganfall, von den Auswirkungen auf die Partnerschaft und Sexualität bis hin zu den Veränderungen der Persönlichkeit und den Möglichkeiten der Unterstützung.

Der Einfluss des Familienstands auf die Überlebenschancen nach einem Schlaganfall

Studien haben gezeigt, dass der Familienstand einen signifikanten Einfluss auf die Überlebenschancen nach einem Schlaganfall haben kann. Für alleinlebende Menschen sind die Überlebenschancen tendenziell schlechter als für Verheiratete. Eine US-amerikanische Studie, die eine repräsentative Stichprobe von über 2.351 US-amerikanischen Personen über 40 Jahre im Mittel 5,3 Jahre lang nachverfolgte, ergab, dass Schlaganfall-Patienten, die niemals eine Ehe eingegangen sind, im Vergleich zu Verheirateten ein um 71% erhöhtes Risiko hatten zu versterben. Für Geschiedene stieg das Risiko um 23% und für Verwitwete um 25%. Selbst Personen, die nach einer Scheidung eine erneute Ehe eingegangen waren, hatten mit einem Sterberisiko von 23% eine schlechtere Prognose als dauerhaft Verheiratete. Besonders ungünstig war die Prognose für Teilnehmer, die in ihrem Leben mehrere Scheidungen oder Verluste des Ehepartners erlebt hatten, selbst wenn sie danach erneut geheiratet haben (Hazard Ratio, HR: 1,41).

Sozioökonomische Faktoren, wie ein in der Regel höheres Einkommen von Eheleuten im Vergleich zu Alleinlebenden, spielen hierbei sicherlich eine Rolle. Allerdings bleibt das Risiko für Alleinlebende auch nach Adjustierung auf diese Faktoren erhöht. Dies deutet darauf hin, dass psychologische Faktoren, wie die emotionale Unterstützung des Partners, in solch lebensbedrohlichen Situationen eine vorteilhafte Rolle spielen. Umgekehrt können der Verlust eines Partners, Stress und Depressionen Mechanismen in Gang setzen, die sich nachteilig auswirken.

Die Partnerschaft auf dem Prüfstand: Herausforderungen und Chancen

Ein Schlaganfall kann eine Beziehung auf eine harte Probe stellen. Neben Krankenhausbesuchen und Therapien bleibt oft wenig Raum für die Partnerschaft. Nicht jede Liebe übersteht diese Belastung. Es ist entscheidend, dass Paare offen zueinander sind und sich über ihre Ängste austauschen. Zugleich sollten sie einander Freiräume zugestehen, insbesondere dem Partner des Betroffenen, um sich mit der neuen Realität zu arrangieren und Kraft zu tanken.

Es kann hilfreich sein, den Partner einmal mit zur Therapie zu nehmen. Fachleute können dort viele Symptome besser erklären, was dazu beitragen kann, bestimmte Verhaltensweisen im Alltag besser zu verstehen und einzuordnen.

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Sexualität nach dem Schlaganfall: Ein sensibles Thema

Viele Paare haben Schwierigkeiten, nach dem Schlaganfall eines Partners ihre Sexualität wiederzufinden. Es ist wichtig, nicht darüber zu schweigen, sondern Bedürfnisse und Befürchtungen anzusprechen. Wenn es beiden schwerfällt, über sensible Themen zu sprechen, sollte man rechtzeitig eine Paar- oder Eheberatung in Betracht ziehen.

Studien haben gezeigt, dass sowohl bei männlichen als auch bei weiblichen Schlaganfall-Patienten und deren Ehepartnern sexuelle Funktionsstörungen und ein unbefriedigendes Sexualleben weit verbreitet sind. Vor allem psychologische und soziale Faktoren scheinen einen starken Einfluss auf die sexuelle Funktion und die Qualität des Sexuallebens nach einem Schlaganfall zu haben.

Eine große Sorge vieler Betroffener ist, dass Geschlechtsverkehr einen erneuten Schlaganfall auslösen könnte. In den meisten Fällen kann hier Entwarnung gegeben werden, da Sex nicht mit einem höheren Energieaufwand verbunden ist als die Bewältigung von ein oder zwei Treppenläufen. Allerdings können bestimmte Medikamente, wie z.B. bestimmte Blutdrucksenker oder Medikamente gegen Depression, die Potenz beeinflussen.

Persönlichkeitsveränderungen: Wenn der Partner sich verändert

Ein Schlaganfall kann auch zu Persönlichkeitsveränderungen führen. Emotionale Veränderungen wirken sich auf das Verhalten einer Person aus, was so weit gehen kann, dass Angehörige den schlaganfallbetroffenen Menschen in seinem gesamten Wesen kaum noch wiedererkennen. Die Veränderungen können vielfältig sein und sich in zwei Richtungen äußern:

  • Minus-Syndrom: Antriebsarmut, Apathie, Desinteresse, wenige Emotionen, emotionslose Sprechweise oder Mimik.
  • Plus-Syndrom: Impulsivität, Aufbrausen, Aggressivität, zum Teil paranoide Verdächtigungen.

Wesensveränderungen kommen besonders häufig vor, wenn die Schädigung im Bereich des Frontal- und Temporallappens des Gehirns liegt. Es ist wichtig zu wissen, dass sich manche Persönlichkeitsveränderungen zurückbilden können, andere jedoch nicht. Es ist ratsam, die Situation zu thematisieren und Fachleute (Neurologen, Neuropsychologen, Psychologen, Psychotherapeuten etc.) zu Rate zu ziehen, um individuelle Therapien zu entwickeln, die langfristig sowohl den Betroffenen als auch den Angehörigen den Umgang mit den Veränderungen erleichtern.

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Unterstützung für Betroffene und Angehörige

Nach einem Schlaganfall ist es wichtig, dass sowohl Betroffene als auch Angehörige die notwendige Unterstützung erhalten.

  • Angehörige als wichtige Bezugspersonen: Angehörige sind oft die wichtigsten Bezugspersonen für die Patienten. Ihr Verhalten kann dazu beitragen, dass sich insbesondere der psychische Zustand der Patienten kurz nach einem Schlaganfall stabilisiert. Bereits beim ersten Besuch im Krankenhaus sollten sie Ruhe ausstrahlen. Durch Berührung können sie dem Patient ihre Liebe, Anteilnahme, Verständnis und Fürsorge zeigen. Im Falle einer Sprachstörung können einfache Zeichen der Verständigung dienen. Während der Rehabilitation können und sollen Angehörige die therapeutischen Maßnahmen aktiv unterstützen. Dies ist ein entscheidender Punkt, um Fortschritte bei dem Patient zu erzielen und fördert zudem sein Selbstwertgefühl.
  • Vorbereitung des Wohnraums: Ist der Patient wieder zu Hause, sollte die Wohnung so gestaltet sein, dass er sich möglichst selbstständig bewegen und agieren kann. Zu den größten Gefahrenquellen gehören hohe Türschwellen, über die Rampen mit rutschfesten Bodenbelegen gelegt werden sollten. Im Bad sind Haltgriffe am Waschbecken, in der Dusche und an der Toilette wichtig.
  • Medikamenteneinnahme und Ernährung: Eine wichtige Aufgabe der Angehörigen ist es, auf die regelmäßige Einnahme der vom Arzt verordneten Medikamente zu achten. Die Ernährung sollte fettarm und die Flüssigkeitszufuhr ausreichend sein.
  • Selbsthilfegruppen: Neben dem behandelnden Arzt und den an der Rehabilitation beteiligten Therapeuten sind Selbsthilfegruppen eine wichtige Anlaufstelle. Sie dienen dem Austausch von Erfahrungen, ermöglichen die gegenseitige Unterstützung bei Problemen und bieten häufig Angebote für die gemeinsame Freizeitgestaltung an. In Deutschland gibt es mehr als 350 Selbsthilfegruppen. Auch für junge Schlaganfall-Patienten gibt es mittlerweile spezielle Selbsthilfegruppen.
  • Weitere Anlaufstellen: Für Themen wie Funktionsstörungen oder Problemen wie Urin-Inkontinenz sowie Fragen rund um die Fortpflanzung können sich Schlaganfall-Betroffene auch an ihren Urologen und Gynäkologen wenden.

Leben mit den Folgen: Perspektiven und Möglichkeiten

Ein Schlaganfall ist ein einschneidendes Ereignis, das viele Lebensbereiche verändern kann. Es ist wichtig, die Krankheit und ihre Folgen anzunehmen und sich damit auseinanderzusetzen. Wird der Patient pflegebedürftig oder ist er im alltäglichen Leben durch eine bleibende Behinderung beeinträchtigt, müssen sich auch die Angehörigen an ein neues Leben unter veränderten Bedingungen gewöhnen.

Für Patienten, die in ihrer Mobilität eingeschränkt sind, gibt es eine Vielzahl von Hilfsmitteln, wie beispielsweise Rollstühle, Gehhilfen, Treppenlifte etc., die das Leben erleichtern. Wenn es der körperliche Zustand des Patienten zulässt, sollten die Angehörigen ihn motivieren, sich sportlich zu betätigen. Sport führt zu einer Verbesserung des Gesamtzustandes des Patienten, indem er anregt, Selbstvertrauen schafft und die Lebensfreude steigert. Zudem hilft sportliche Aktivität dabei, die Muskulatur zu stärken und Bewegungsabläufe zu verbessern. Regelmäßig Sport treiben verringert die Risiken für weitere Schlaganfälle.

Auch Reisen sind für Schlaganfall-Patienten möglich, sollten aber keinen Extremsituationen ausgesetzt sein.

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