Seltene Ursachen für Schlaganfall: Ein umfassender Überblick

Jährlich erleiden etwa 350.000 Menschen in Deutschland einen Schlaganfall (Apoplex). Trotz der Tatsache, dass der Schlaganfall als ein plötzliches Ereignis wahrgenommen wird, gibt es oft Warnsignale, die Monate vorher auftreten können und die Möglichkeit bieten, durch Früherkennung einem drohenden Infarkt vorzubeugen.

Schlaganfall: Ursachen und Entstehung

Ein Schlaganfall, auch als "Gehirnschlag" bekannt, ist eine Reaktion des Gehirns auf eine plötzliche oder vermehrte Störung der Durchblutung. Dabei kann es sich um drei Hauptursachen handeln:

  • Thrombose: Eine Gefäßverstopfung durch Blutgerinnsel, die sich an einer atherosklerotisch vorgeschädigten Stelle der Gefäßwand bildet.
  • Embolie: Ein Blutgerinnsel (Embolus), das an anderer Stelle (meist im Herzen) gebildet und mit dem Blutstrom verschleppt wird.
  • Hirnblutung (Hämorrhagie): Der Austritt von Blut aus einer Hirnarterie, meist verursacht durch unerkannte Schwachstellen oder Fehlbildungen.

Insgesamt sind vaskuläre Ursachen für 95% aller plötzlich auftretenden neurologischen Defizite verantwortlich. Im Gegensatz dazu sind Enzephalitiden, Migräne, metabolische Störungen, Hirnödem, Tumor, Gasembolie oder psychische Ursachen seltene Ursachen für schlaganfallähnliche Störungen.

Wenn der Blutstrom unterbrochen wird, erhalten die Gehirnzellen nicht mehr genügend Sauerstoff und Glukose, was zu Funktionsverlust und Absterben der Zellen führt. Die Symptome hängen von der Geschwindigkeit der Schädigung, der betroffenen Region und dem Ausmaß ab.

Risikofaktoren für einen Schlaganfall

Ein Risikofaktor ist ein Umstand oder eine Verhaltensweise, die das Auftreten eines Schlaganfalls begünstigt. Der wichtigste Risikofaktor ist der erhöhte Blutdruck (Hypertonie). Weitere Risikofaktoren sind:

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  • Erhöhte Fibrinogenspiegel
  • Diabetes mellitus
  • Rauchen
  • Lipoprotein A
  • Erniedrigtes HDL-Cholesterin
  • Körperliche Inaktivität
  • Adipositas
  • Ovulationshemmer (insbesondere in Verbindung mit Rauchen)
  • Hoher Alkoholkonsum
  • Höheres Alter
  • Herzrhythmusstörungen oder Herzmuskelschwäche (für Embolien)
  • Entzündliche Veränderungen (z.B. durch Chlamydien-Infektion)

Vorboten eines Schlaganfalls

Vorboten eines Schlaganfalls können plötzliche Lähmungen, Schwäche oder Empfindungsstörungen, Sehstörungen, Sprachschwierigkeiten, Hör-, Geschmacks- oder Schluckstörungen, starke Kopfschmerzen, Schwindel, Gangunsicherheit oder erhebliche Müdigkeit sein. Diese Symptome können nur kurzzeitig auftreten und wieder verschwinden, sollten aber dennoch ernst genommen werden.

Diagnostik und Vorsorge

Die erste Anlaufstelle bei Verdacht auf einen Schlaganfall ist der Hausarzt. Eine umfassende Diagnostik umfasst eine ausführliche Befragung, Blutentnahme, Blutdruckmessung, EKG, bildgebende Verfahren zur Gefäßuntersuchung (z.B. Farbdoppler) und Herzdiagnostik (Echokardiographie) sowie eine neurologische Untersuchung.

Zur Vorsorge sollten Risikofaktoren behandelt werden, wie z.B. Blutdrucksenkung, Normalisierung der Blutfette, Gewichtsreduktion, Behandlung einer Herzerkrankung und Aufgabe von Rauchgewohnheiten. Auch die Einnahme von Acetylsalicylsäure (ASS) oder Clopidogrel kann das Schlaganfallrisiko senken. Bei einer höhergradigen Stenose (Engstelle) an einem Blutgefäß am Hals kann eine Operation oder ein Stenting erforderlich sein.

Notfallbehandlung

Ein Schlaganfall ist ein Notfall und erfordert sofortige Behandlung im Krankenhaus. Die Behandlung richtet sich nach der Ursache des Schlaganfalls. Bei einem Blutgerinnsel kann eine Lysetherapie oder eine operative Entfernung erforderlich sein. Bei einer Hirnblutung muss diese rasch gestillt werden.

Schweregrade von Schlaganfällen

Schlaganfälle können in verschiedenen Schweregraden auftreten, von asymptomatisch bis hin zum dauerhaften Funktionsverlust. Die zerebrovaskuläre Insuffizienz wird in folgende Stadien eingeteilt:

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  • I: asymptomatisch
  • IIa: TIA (transitorische ischämische Attacke, innerhalb 24 h voll reversibel)
  • IIb: PRIND (prolongiert/partiell reversibles ischämisch - neurologisches Defizit, Restdefizit verbleibt)
  • III: ischämischer Schlaganfall (ohne Bewusstseinsverlust)
  • IV: PS (progredienter Schlaganfall; dauerhaftes neurologisches Defizit, z. T. Bewusstseinsstörungen)

Bildgebende Diagnose

Die Bildgebung spielt eine entscheidende Rolle bei der Diagnose von Schlaganfällen. Standardmäßig wird zunächst eine native Computertomografie (CT) des Kopfes angefertigt, um eine Blutung auszuschließen. Anschließend kann eine CT-Angiografie durchgeführt werden, um die Durchgängigkeit der Gefäße zu beurteilen. Alternativ kann auch eine Magnetresonanztomografie (MRT) angeordnet werden.

Seltene Schlaganfallursachen

Seltene Schlaganfallursachen liegen bei mindestens fünf Prozent der betroffenen Schlaganfallpatienten vor, bei jungen Patienten unter 45 Jahren ist der Anteil deutlich höher. Zu den seltenen Ursachen gehören Dissektionen, Vaskulitiden, nicht-vaskulitische Vaskulopathien, Infektionskrankheiten, Stoffwechselerkrankungen oder Malignome.

Dissektionen

Die häufigste Gruppe bei jüngeren Patienten unter 45 Jahren ist die Dissektion hirnversorgender Arterien, die oft mit einer fibromuskulären Dysplasie (FMD) assoziiert ist. Genetische Vorbelastungen wie das Ehlers-Danlos- oder Mahlers-Syndrom oder die osteogeneis imperfecta sind ebenfalls Risikofaktoren für eine Dissektion.

CADASIL

CADASIL (Cerebral Autosomal Dominant Arteriopathy with Subcortical Infarcts and Leukoencephalopathy) ist eine erbliche zerebrovaskuläre Erkrankung, die im mittleren Erwachsenenalter mit rezidivierenden subkortikalen ischämischen Schlaganfällen und kognitiven Defiziten beginnt.

Moyamoya-Erkrankung

Bei der Moyamoya-Erkrankung handelt es sich um eine seltene Erkrankung der Hirngefäße, bei der es zu einer langsam fortschreitenden Verengung oder einem Verschluss des Endabschnitts der inneren Halsschlagader im Bereich des Gehirns und der angrenzenden Hirngefäße kommt.

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Reversibles zerebrales Vasokonstriktionssyndrom (RCVS)

Das reversible zerebrale Vasokonstriktionssyndrom (RCVS) ist eine seltene zerebrovaskuläre Störung mit oder ohne fokale neurologische Defizite oder Krampfanfälle. Charakteristisch für die Erkrankung sind donnerschlagartige Kopfschmerzen und eine reversible segmentale und multifokale Vasokonstriktion der zerebralen Arterien.

Stroke Mimics

Stroke Mimics sind Symptompräsentationen, die als Schlaganfall fehldiagnostiziert werden und eine andere nicht-ischämische Genese haben. Dazu gehören epileptische Anfälle, Migräne, Gehirntumore, Demenz, Sepsis oder auch metabolische Ursachen.

Schlaganfall bei jüngeren Menschen

Etwa ein Viertel aller Schlaganfälle ereignen sich bei Menschen unter 65 Jahren und jeder siebte Schlaganfallpatient ist jünger als 50. Zwischen 18 und 35 Jahren sind Frauen statistisch gesehen häufiger vom Schlaganfall betroffen als Männer. Bei ihnen spielen das Risiko der Pille und der Risikofaktor Migräne mit Aura eine besondere Rolle. Auch Schwangerschaften erhöhen das Risiko für einen Schlaganfall. In der Altersspanne von 35 bis 50 Jahren sind dann Männer häufiger vom Schlaganfall betroffen.

Die Ursachen für Schlaganfälle bei jüngeren Menschen sind oft angeborene Ursachen wie Herzfehler, Gerinnungsstörungen, Gefäßeinrisse und seltene Syndrome. In der Altersgruppe der 35 bis 50-jährigen hingegen findet man vorwiegend die klassischen Ursachen wie Gefäßverkalkung oder ein durch Herzrhythmusstörung aus dem Herzen eingeschwemmtes Blutgerinnsel.

Spezifische Ätiologien - Diagnostik, Therapie und Prognose

Spontane zervikale Gefäßdissektionen

Spontane zervikale Gefäßdissektionen stellen mit 10-25 % eine der häufigsten Ursache für juvenile Schlaganfälle dar. Die häufigsten klinischen Symptome sind Kopf- und Halsschmerzen, ein Horner-Syndrom, Hirnnervenausfälle und ein pulssynchroner Tinnitus. Diagnostischer Goldstandard ist eine MRT-Untersuchung des Halses. Zur Sekundärprophylaxe werden Thrombozytenfunktionshemmer oder eine Antikoagulation eingesetzt.

Kardial-embolische Ursachen und persistierendes Foramen ovale

Zwischen 5-25 % der juvenilen Schlaganfälle werden auf kardiale Embolien zurückgeführt. Vorhofflimmern ist bei älteren Menschen mit 25-35 % eine der häufigsten Schlaganfallursachen, wird aber beim juvenilen Schlaganfall nur relativ selten gefunden. Kontrovers diskutiert wird die Rolle eines persistierenden Foramen ovale (PFO). Zur Sekundärprophylaxe beim Vorliegen eines PFO werden aktuell Thrombozytenfunktionshemmer empfohlen.

Klassische vaskuläre Risikofaktoren

Die Bedeutung klassischer kardiovaskulärer Risikofaktoren nimmt mit dem Lebensalter deutlich zu. Die wesentlichen Risikofaktoren sind arterielle Hypertonie, Zigarettenrauchen, Fettstoffwechselstörungen und Diabetes mellitus.

Andere, seltene und sehr seltene Ursachen

Beim juvenilen Schlaganfall sind auch eine Reihe anderer, seltener Ursachen zu berücksichtigen, wie z.B. Schwangerschaft, Migräne, orale Kontrazeption, Hormonersatztherapie und der Konsum illegaler Substanzen.

Stufendiagnostik

Basierend auf dem Ursachenspektrum und der Häufigkeitsverteilung empfiehlt sich beim juvenilen Schlaganfall eine Stufendiagnostik, bestehend aus Basisdiagnostik, erweiterter Diagnostik und schließlich Spezialdiagnostik.

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